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  • 01.08.2007 | Auskunftsverlangen

    Krankenunterlagen unrechtmäßig erlangt: Vertrauensärztliches Gutachten nicht verwertbar

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat sich in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 27. Dezember 2006, Az: 17 K 1608/06 (Abruf-Nr. 072391) eingehend mit der Frage befasst, inwieweit die Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung durch Gutachter sowie die Weitergabe von Behandlungsunterlagen an diese rechtmäßig ist. Zwar beruht die Entscheidung auf verwaltungsrechtlichen Vorschriften, da die Klägerin bei der Postbeamtenkrankenkasse versichert war, die juristischen Folgerungen des Gerichts liefern jedoch ausdrücklich gewichtige Argumente auch im Hinblick auf die vergleichbare Problematik im privaten Krankenversicherungsrecht.  

    Der Fall

    Im Urteilsfall wollte die Krankenkasse die medizinische Notwendigkeit der Behandlung von einem Gutachter beurteilen lassen, um so „die Beihilfe- und Erstattungsfähigkeit beurteilen zu können“. Zu diesem Zweck forderte sie die Patientin unter Hinweis auf deren Mitwirkungspflicht auf, die entsprechenden vollständigen Krankenunterlagen zusammenzustellen und mit der Einverständniserklärung zur vertrauensärztlichen Begutachtung einzureichen. Die Patientin kam der Aufforderung der Krankenkasse nach und legte nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht die angeforderten Unterlagen vor. Die Krankenkasse leistete daraufhin Erstattung nur auf einen Teil der Behandlungsaufwendungen. Dagegen richtete sich die Klage der Patientin.  

    Die Entscheidung

    Das Gericht verurteilte die Krankenkasse zur Erstattung auch der weiteren Behandlungskosten. Begründung: Die Anforderung der Einverständniserklärung zur vertrauensärztlichen Begutachtung und der vollständigen Krankenunterlagen sei rechtswidrig, so dass das von der Krankenkasse eingeholte „Privatgutachten“ nicht verwertet werden könne. Hier gelte nichts anderes als im Zivilrecht, wonach ein widerrechtlich unter Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung erlangtes Privatgutachten nicht verwertet werden dürfe. Das Gericht verwies hierzu auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. März 2006, Az: XII ZR 210/04. Das Verwaltungsgericht nennt in seiner Entscheidung zudem folgende Voraussetzungen, unter denen ein Auskunftsverlangen mit entsprechender Entbindung von der Schweigepflicht rechtmäßig ist:  

     

    Ärztliche Verordnung impliziert – auch im Zweifel – die Notwendigkeit

    Besteht Uneinigkeit über die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung, so ist gemäß Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 1968 (Az: C II C 11.67) und der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart davon auszugehen, dass bei Behandlungen und Verordnungen durch Ärzte der Grundsatz gilt, dass in der Regel die aufgrund ärztlicher Verordnung entstehenden Aufwendungen nach objektivem Maßstab auch medizinisch notwendig sind. Dies korrespondiere mit den Regelungen in § 1 Abs. 2 GOÄ bzw. § 1 Abs. 2 GOZ, wonach der Arzt bzw. Zahnarzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen darf, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Verordnung erforderlich sind.