01.10.2006 | Beihilfe
OVG Koblenz: Vertretbare Auslegung der Gebührenordnung reicht für Beihilfeanspruch aus
Bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob eine bestimmte Gebührenposition im entsprechenden Fall vom Zahnarzt in Ansatz gebracht werden kann, ist die gewählte Abrechnung des Zahnarztes bereits angemessen im Sinne der Beihilfevorschriften, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht. Unklarheiten bei der Auslegung der GOZ dürfen nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 7. April 2006 (Az: 10 A 11692/05) in letzter Instanz rechtskräftig entschieden.
Der Fall
Das Gericht hatte über die Erstattungsfähigkeit einer zahnärztlichen Liquidation im Rahmen der Beihilfe zu entscheiden. Streitpunkt war die Frage, ob die Abrechnung der GOÄ-Nr. 3 (Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung) durch einen Zahnarzt nur als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung nach den GOÄ-Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 möglich ist. Im ärztlichen Bereich gilt nach allgemeiner Auffassung, dass der Arzt die Ä 3 nicht mit anderen GOÄ-Positionen frei kombinieren kann. Entscheidend in diesem Fall war nun, ob der Wortlaut der GOÄ in dieser Form auch für den Zahnarzt bindend ist (siehe zu dieser Problematik „Privatliquidation aktuell“ Nr. 3/2002, S. 6).
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 21. Dezember 2000, Az: 8 U 4/99) und verschiedene Kommentare haben klargestellt, dass die Einschränkungen in der Leistungslegende der Ä 3 nicht für Leistungen gelten, die auf Grundlage der GOZ erbracht werden. Die Beihilfestelle sah dies anders und bezog sich unter anderem auf eine Empfehlung der Bundesärztekammer sowie eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen.
Die Entscheidung
Das OVG Koblenz sah im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit, die Auslegung der Gebührenfrage zu entscheiden. Für die Beihilfefähigkeit der zahnärztlichen Liquidation sei bereits ausreichend, dass der Ansatz der Ä3 – wie Rechtsprechung und Kommentierung zeigen – auf einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung beruht. Im Beihilferecht dürften Unklarheiten bei der Auslegung des Gebührenrechts nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen, indem dieser vor die Wahl gestellt wird, entweder auf sein Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die Gebührenfrage zu führen oder den auf die Beihilfe entfallenen Anteil selbst zu tragen. Diese Erwägung zu Gunsten des Beihilfeberechtigten kann nur entkräftet werden, sofern der Dienstherr rechtzeitig, konkret und durch öffentlichen Hinweis seinen Rechtsstandpunkt offenbart, damit der Beihilfeberechtigte sich darauf einstellen kann.