01.06.2006 | Kostenerstattung
Musterschreiben zur Forderung, den Faktor einer Vergütungsvereinbarung zu begründen
Immer wieder verlangen private Kostenerstatter, den Steigerungsfaktor einer mit einem Patienten getroffenen abweichenden Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ individuell zu begründen. Zur Rechtfertigung dieser Aufforderung wird häufig angeführt, aus den Unterlagen des Versicherten sei „kein besonders schwerwiegendes Krankheitsbild zu erkennen, das eine Überschreitung des üblichen Gebührenrahmens rechtfertige“, oder es wird behauptet, die Auskunftserteilung ergebe sich als „Nebenpflicht aus dem mit dem Patienten abgeschlossenen Behandlungsvertrag“.
Im Folgenden stellen wir Ihnen zu diesem Thema ein aktualisiertes Musterschreiben vor, das Ihnen Argumentationshilfen bietet, ein solches Ansinnen entweder kategorisch abzulehnen oder sich allenfalls gegen eine entsprechende Vergütung zur Auskunftserteilung bereit zu erklären.
Musterschreiben
Sehr geehrte(r) Frau/Herr,
Ihr Verlangen, den in der mit meinem Patienten ….. getroffenen abweichenden Vereinbarung festgesetzten Multiplikationsfaktor kostenfrei näher zu begründen, ist nicht nachvollziehbar. Aus § 2 GOZ kann eine derartige Begründungspflicht nicht abgeleitet werden, vielmehr erfüllt allein schon die Tatsache, dass eine mit der Formulierung „… gemäß Vereinbarung nach § 2 GOZ“ versehene Vergütungsvereinbarung rechtswirksam zu Stande gekommen ist, die in § 10 Abs. 3 geforderte schriftliche Begründungspflicht bei Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes.
Laut § 2 GOZ muss eine freie Vereinbarung der Gebührenhöhe zwischen Zahnarzt und Patient hinsichtlich ihrer Abfassung lediglich zwei Kriterien erfüllen: Zum einen muss sie vor Erbringung der Leistung schriftlich getroffen werden, zum anderen muss sie die Feststellung enthalten, dass eine Übernahme der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen – und damit auch eine eventuelle Begründung für den vereinbarten Steigerungsfaktor – sind auf diesem Schriftstück nicht nur überflüssig, sondern laut § 2 Abs. 2 GOZ sogar explizit untersagt! Das bedeutet, dass ein Satz zur Begründung der vereinbarten Gebührenhöhe die gesamte Vereinbarung unwirksam machen würde.
Hierzu heißt es in der GOZ-Fibel der Bayerischen Landeszahnärztekammer, in der die bei der Abfassung einer abweichenden Vereinbarung unbedingt zu beachtenden formalen Vorschriften der Reihe nach aufgelistet werden: „Keine weiteren Erklärungen! Keine Begründungen (nicht erforderlich und auf der Vereinbarung nicht zulässig)! Jeder weitere Text (auch separates Merkblatt) kann die Wirksamkeit gefährden (Ablenkung)!“ Weder ist aus § 2 GOZ das Recht irgendeiner Instanz abzuleiten, zu überprüfen, ob es sich bei dem betroffenen Patienten um ein besonders schwer wiegendes Krankheitsbild handelt, noch ergibt sich daraus eine Nebenpflicht zur Auskunftserteilung. Vielmehr stellt eine abweichende Vereinbarung nichts anderes als einen privatrechtlichen Vertrag dar, mit dem eine Vergütungshöhe außerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 5 GOZ festgelegt wird. Sie ist also immer dann erforderlich, wenn Leistungen unterhalb des einfachen oder – weitaus häufiger – oberhalb des 3,5fachen Steigerungssatzes liquidiert werden sollen.
In der Vergangenheit haben sich wiederholt Gerichte mit dieser Thematik beschäftigt und sind ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass eine Begründung im Zusammenhang mit einer abweichenden Vereinbarung nicht erforderlich ist, da die GOZ eine solche weder verlangt noch überhaupt vorsieht. So stellt das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 8. Januar 2004 (Az: 3 O 535/03) eindeutig fest: „Bei einem bestehenden Honorarvertrag bedarf es keiner Begründung für die Überschreitung der Gebührenrahmensätze im Sinne des § 5 (2).“
Und in seinem Urteil vom 20. Oktober 2004 (Az: 3 O 218/04) kommt dasselbe Gericht zu folgendem Schluss: „Die in § 10 GOZ vorgesehene Begründung für die Überschreitung des 2,3fachen Steigerungssatzes ist nicht notwendig, wenn der Steigerungssatz in einer Honorarvereinbarung von den Parteien einvernehmlich festgelegt worden ist. Der Begründungszwang dient der Nachprüfung des Ermessens, das der Zahnarzt bei der Bemessung des Steigerungssatzes innerhalb des Gebührenrahmens auszuüben hat. Fehlt es – wie im Fall der einvernehmlichen Festlegung des Steigerungssatzes – an einer Ermessensausübung, bedarf es keiner Begründung für Überschreitungen des 2,3fachen Satzes. Sie könnte ohnehin nur in einem formelhaften Verweis auf die geschlossene Honorarvereinbarung bestehen. Ist nämlich eine Honorarvereinbarung getroffen, ist allein diese und nicht die in § 5 (2) genannten Bemessungskriterien Rechtfertigung für die Überschreitung des 2,3fachen Steigerungssatzes.“
Die Forderung nach einer Begründung für den mit meinem Patienten vereinbarten Gebührensatz entbehrt somit jeglicher Grundlage. Gleichwohl bin ich gegebenenfalls zu einer ausführlichen Erläuterung bereit, allerdings nur gegen eine angemessene Honorierung gemäß § 612 BGB. Sobald mir Ihre Einverständniserklärung vorliegt, mir meinen mit der Bearbeitung Ihrer Anfrage verbundenen Zeitaufwand mit einem Betrag von ...... Euro zu vergüten, werde ich Ihnen gegenüber den in der abweichenden Vereinbarung festgelegten und vom Patienten nach eingehender Aufklärung akzeptierten Multiplikationsfaktor schriftlich begründen.
Mit freundlichen Grüßen
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Hinweis: Das Schreiben steht Ihnen im Onlineservice für Zahnärzte unter www.iww-onlineservice.de in der Rubrik „Musterschreiben“ zum Download zur Verfügung.
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