· Fachbeitrag · Kostenerstattung
Begründungen - so machen Sie es richtig!
von Christine Baumeister-Henning, Haltern am See
| Die KZBV hat wieder ihr neues Jahrbuch veröffentlicht. Es enthält auch die GOZ-Analyse der Bundeszahnärztekammer. Betrachtet man hier die durchschnittlichen Steigerungsfaktoren, so wird deutlich, dass sich auch mit Inkrafttreten der aktuellen GOZ 2012 an der Bemessung des zahnärztlichen Honorars wenig geändert hat. Grund genug, sich in diesem Beitrag mit der optimalen Vorgehensweise bei Begründungen zu beschäftigen. |
Leistungsbereich | Jahrbuch 2011 | Jahrbuch 2013 |
Allgemeine Leistungen | 2,38 | 2,35 |
Prophylaxe | 2,35 | 2,17 |
Konservierende Leistungen | 2,53 | 2,62 |
Chirurgie | 2,56 | 2,52 |
Parodontologie | 2,20 | 2,32 |
Prothetik | 2,82 | 2,66 |
Funktionsanalyse | 2,48 | 2,44 |
Implantologie | 2,84 | 2,69 |
Wie ist die Zurückhaltung bei Steigerungsfaktoren zu erklären?
Im Wesentlichen ist die zaghafte Anwendung höherer Steigerungsfaktoren nach unserer Erfahrung jedoch eher darauf zurückzuführen, dass durch die Kostenträger - insbesondere Beihilfestellen - bei Patienten oft der Eindruck erweckt wird, der Zahnarzt habe seinen Spielraum bei der Gebührenbemessung überzogen und der 2,3-fache Satz sei als angemessen anzusehen. Vor diesem Hintergrund finden sich Zahnärzte und ihre Teams in einer ihnen unangenehmen Rechtfertigungssituation. Erschwerend kommt hinzu:
Das Praxisteam ist in der Regel bemüht, den Patienten den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Eventuelle Schwierigkeiten oder Besonderheiten der Behandlung werden so weit überspielt, dass der Patient den Eindruck gewinnt, es sei alles in Ordnung. Und dann bekommt er eine Rechnung, in der es heißt, seine Behandlung bzw. bestimmte Maßnahmen seien extrem schwierig, weit überdurchschnittlich zeitaufwendig gewesen etc.
Das System der perfekten Begründung
Das Begründen beginnt am Behandlungsstuhl. Das System der perfekten Begründung lautet: wahrnehmen, dokumentieren, kommunizieren, berechnen.
Wahrnehmen: Hier sind die Behandlungsteams gefordert, aufmerksam die Besonderheiten wahrzunehmen. Beispiel: Der Patient ist stark erkältet.
Dokumentieren: Dieser Sachverhalt muss in der Kartei vermerkt werden, denn diejenigen, die die Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt schreiben werden, haben den Patienten möglicherweise gar nicht gesehen und wenn die Rechnung geschrieben wird, hat der Zahnarzt dies eventuell vergessen.
Kommunizieren: Der Patient muss schon in der Behandlung erfahren, dass diese Sitzung nicht normal (= 2,3) ablaufen wird. Hier gilt es jetzt im Team, die richtige Sprachregelung zu finden, die auf der einen Seite den Patienten nicht beunruhigt, auf der anderen Seite aber gleich schon deutlich macht, dass ein außergewöhnlicher Ablauf der Behandlung erfolgen wird. Folgendes könnte gesagt werden: „Sie sind aber stark erkältet. Die Atmung durch die Nase fällt Ihnen wohl schwer? Wir werden das berücksichtigen und uns die Zeit für Sie nehmen, die Behandlung des Öfteren unterbrechen.“
Abrechnen: Genau dieser Sachverhalt wird jetzt als Begründung für erhöhte Faktoren angeführt: „Deutlich erhöhter Zeitaufwand: Aufgrund der starken Erkältung des Patienten (keine Nasenatmung möglich) war es notwendig, die Behandlung öfter zu unterbrechen. Das Behandlungsfeld musste mehrfach neu eingestellt werden.“ In diesem System findet sich auch der Patient wieder, wenn er seine Rechnung liest: Er weiß, dass er erkältet war, und er weiß außerdem, dass seine Erkältung bei der Behandlung berücksichtigt wurde - mit der Folge, dass diese dann länger als normal dauerte.
Gibt es schlechte Begründungen?
Ja, die gibt es. Sehr häufig anzufinden sind reine Situationsbeschreibungen, die in der Tat den zeitlichen Mehraufwand oder die besondere Schwierigkeit nicht ausreichend darstellen, oder sogar nicht verordnungskonform erfolgen.
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Ein Mehraufwand von Materialien und Instrumentarium ist als Kriterium für die Gebührenbemessung in § 5 GOZ nicht vorgesehen. Richtig wäre es, die besonderen - abweichenden - Umstände der Behandlung zu schildern. Besser: „Der Zahn wies eine überdurchschnittlich große und tiefe kariöse Läsion auf. Der Zeitaufwand für die Kariesentfernung und Präparation der Kavität war im Vergleich zu durchschnittlichen Füllungen signifikant erhöht.“ |
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Diese Formulierung beschreibt nur eine Abweichung vom anatomischen Ideal. Es wird aus dieser Begründung nicht ersichtlich, dass durch die Abweichung von der Norm ein Mehraufwand für den Behandler entstand. Besser ist die Begründung so: „Erhöhter Zeitaufwand: Wegen der starken Kippung der Pfeilerzähne war eine überdurchschnittlich langsame Präparation nötig, um die Pulpa bei der Herstellung der erforderlichen Parallelität nicht zu verletzen.“ |
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Besondere Grunderkrankungen eines Patienten können tatsächlich einen Einfluss auf die zahnärztliche Behandlung haben. Für eine vollständige Begründung ist es jedoch notwendig zu beschreiben, welche der Erkrankungen welchen Einfluss auf die Behandlung hatten. Auch hierzu ein besseres Beispiel: „Besondere Schwierigkeit des Krankheitsfalles: Wegen einer rheumatischen Erkrankung konnte der Patient nur in aufrechter Sitzposition behandelt werden. Eine behandlungsgerechte Lagerung für die Behandlung des Oberkiefers war ausgeschlossen. Durch diesen Umstand war nur sehr erschwert eine Einsichtnahme in das Behandlungsgebiet möglich.“ |