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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    So können Sie das Aufbereiten eines Wurzelkanals nach der GOZ-Nr. 2410 richtig begründen

    von Ann-Kathrin Grieße, Bad Zwischenahn

    | Immer wieder erlebt man in der Praxis, dass die Begründungen für das Überschreiten des 2,3-fachen Satzes bei der Liquidation nach GOZ-Nr. 2410 von den privaten Kostenerstattern moniert und Teile der Liquidation daher nicht erstattet werden. Das gilt auch für das erneute Berechnen der Position, deren Leistungsinhalt im Zuge einer endodontischen Behandlung durchaus mehrfach notwendig sein kann. |

    Welche Informationen werden benötigt?

    Ein Begründungskatalog kann die Arbeit bei der Nachbegründung erleichtern und im Vorfeld dazu führen, dass Erstattungsverweigerungen gar nicht erst auftreten. Da oftmals die Bereiche Abrechnung und Assistenz voneinander getrennt sind und der Alltag meist keine zeitnahe Rücksprache der beiden Abteilungen über die jeweiligen Behandlungsumstände ermöglicht, muss sich die Abrechnungsabteilung anderer Informationsquellen bedienen, um eine verständliche, nachvollziehbare und verifizierbare Begründung zu erstellen. Meistens erlaubt bereits die Regio, in der die endodontische Behandlung durchgeführt wird, Rückschlüsse auf die besonderen Umstände bei der Behandlung. Vor allem im Bereich der Sechser und Siebener besteht oft ein sehr geringes Platzangebot zur Gegenbezahnung, was wiederum das Positionieren der Instrumente erschwert. Dazu ein Beispiel:

     

    • Beispiel 1

    Bei der Aufbereitung der Wurzelkanäle an Ihrem Zahn 27 bestand ein überdurchschnittlich großer Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand. Zu Ihrer Gegenbezahnung im Unterkiefer war ein stark eingeschränktes Platzangebot, sodass das Positionieren der Aufbereitungsinstrumente erheblich erschwert war. Mit dem eingeschränkten Platzangebot lagen außerdem sehr stark eingeschränkte Sichtbedingungen vor, sodass die Aufbereitung Ihrer Kanäle insgesamt überdurchschnittlich schwierig und zeitaufwendig war.

     

    Im Unterkiefer in Regio der Sechser und Siebener kommt erschwerend hinzu, dass sich hier viel Flüssigkeit ansammelt, sodass die Trockenlegung - oft mit Unterbrechen der Behandlung - wiederholt werden muss. Weiteres Beispiel:

     

    • Beispiel 2

    Bei der Aufbereitung Ihrer Wurzelkanäle an Ihrem Zahn 36 bestand ein überdurchschnittlich großer Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand. Zum einen war das Platzangebot zur Gegenbezahnung 26 stark eingeschränkt, weshalb das Positionieren der Aufbereitungsinstrumente erschwert war. Zum anderen sammelte sich hier sehr viel Flüssigkeit, sodass die Behandlung zum Zwecke der wiederholten Trockenlegung mehrfach unterbrochen werden musste.

     

    Auch im Frontzahnbereich des Oberkiefers ist die Behandlung oft erschwert. Der Zugang zu den Kanälen erfolgt hier meist von lingual, sodass auch hier nicht selten unter erschwerter Erreichbarkeit und eingeschränkten Sichtbedingungen gearbeitet werden muss. Wenn dann noch eine eingeschränkte Mundöffnung vorliegt, ist das Aufbereiten eines Wurzelkanals im Frontzahnbereich des Oberkiefers Schwerstarbeit.

     

    • Beispiel 3

    Bei der Aufbereitung Ihres Wurzelkanals an Zahn 22 bestand ein überdurchschnittlich großer Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand. Der Zugang zum Wurzelkanal wurde von lingual geschaffen. Da Ihre Mundöffnung stark eingeschränkt war, geschah die Behandlung unter schwersten Sicht- und Platzbedingungen. Das Positionieren der Instrumente war erheblich erschwert. Die Behandlung musste mehrfach unterbrochen werden, um die Instrumente neu auszurichten.

     

    Patientenbezogene Begründungen

    Hinweise für die erschwerten Behandlungsumstände sind häufig auch in den Gesundheitsangaben eines Patienten zu finden. So gibt es diverse Vorerkrankungen, die eine Behandlung erschweren. Angaben dazu finden sich in aller Regel in der Anamnese, dem Gesundheitsfragebogen der Patienten.

     

    • Begründungen zu erhöhtem Schwierigkeitsgrad aufgrund von Vorerkrankungen des Patienten

    Bei der Aufbereitung Ihres Wurzelkanals/Ihrer Wurzelkanäle an Zahn XY bestand ein überdurchschnittlich großer Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand, weil

    • Sie aufgrund Ihres Rückenleidens nicht in die optimale Behandlungsposition gebracht werden konnten. Daher bestanden eingeschränkte Sichtverhältnisse, eine suboptimale Erreichbarkeit und insgesamt ein erschwertes Positionieren der Aufbereitungsinstrumente.
    • Sie aufgrund Ihres chronischen Schwindels nach einem Schlaganfall nicht in die optimale Behandlungsposition gebracht werden konnten. Daher bestanden eingeschränkte Sichtverhältnisse, eine suboptimale Erreichbarkeit und insgesamt ein erschwertes Positionieren der Aufbereitungsinstrumente.
    • die Aufbereitung des Kanals/der Kanäle bei Ihrer Vorerkrankung Parkinson naturbedingt extrem erschwert war. Der vorhandene Tremor brachte ein erhöhtes Verletzungsrisiko mit sich, weshalb bei der maschinellen Aufbereitung die Drehzahl der Instrumente reduziert und die Behandlung durch mehrfaches Neupositionieren wiederholt unterbrochen werden musste.
    • wegen einer Neigung zur Überreaktion auf Adrenalin ein spezielles, adrenalinfreies Anästhetikum gewählt werden musste, dessen Wirkungseintritt verzögert und dessen Wirkungsdauer eingeschränkt ist. Daher verzögerte sich der Behandlungsbeginn nach Setzen der Anästhesie und es musste wiederholt nachbetäubt werden.
    • Sie ein stark eingeschränktes Seh- oder Hörvermögen haben. Dadurch war zum einen die Aufklärung über die Behandlungsalternativen erschwert, zum anderen schränkte dies Ihr Verständnis für die Maßnahmen ein, sodass sich die Behandlungsabläufe insgesamt verzögerten und einen Mehraufwand an Zeit mit sich brachten.
    • Sie wegen der Einnahme von Medikamenten (z. B. Betablockern) zu einer Mundtrockenheit neigen. Dadurch musste die Behandlung wiederholt unterbrochen werden, um das regelmäßige Ausspülen zu ermöglichen.
    • Sie zur Zeit der Behandlung an einer Erkältung erkrankt waren, weshalb Sie erschwert Luft bekamen und die Behandlung mehrfach unterbrochen werden musste.
     

    Der Idealfall: Begründungen der Dokumentation entnehmen

    Im besten Fall sind die notwendigen Informationen über die besonderen Schwierigkeiten bei der Behandlung dokumentiert. Es folgen einige Beispiele für besondere Umstände bei der Aufbereitung von Wurzelkanälen.

     

    • Begründungsbeispiele für besondere Umstände bei der Aufbereitung von Wurzelkanälen

    Bei der Aufbereitung Ihres Wurzelkanals/Ihrer Wurzelkanäle an Zahn XY bestand ein überdurchschnittlich großer Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand, weil

    • Ihre Kanäle teilverlegt und daher extrem schwierig aufzufinden und aufzubereiten waren.
    • sich Dentikel vor Ihren Kanälen befanden, deren Entfernung die Wurzelkanalbehandlung extrem erschwerte.
    • bei Ihnen bereits eine Kalzifizierung der Kanäle eingesetzt hatte. Die Kanäle waren daher sehr schwer gängig, die Aufbereitung erheblich erschwert.
    • sich die Kanäle bei Ihnen aufgrund des tiefen Defekts bereits tief in den Zahn hinein zurückgezogen hatten. Daher waren sie sehr schwer aufzufinden und aufzubereiten.
    • Ihre Kanäle mit einer Länge von ... mm überdurchschnittlich lang sind. Daher war es sehr schwer, die Kanäle bis in den Apex hinein aufzubereiten.
    • die Aufbereitung Ihrer Kanäle mit einer sehr starken Blutung einherging. Daher bestanden sehr schlechte Sichtverhältnisse.
    • Ihre Kanäle sehr stark obliteriert (gekrümmt) sind. Hierbei bestand eine erhebliche Frakturgefahr für die Aufbereitungsinstrumente.
    • Ihr Zahn aufgrund des tiefen Defekts bereits große Substanzverluste erlitten hat und somit eine erhöhte Frakturgefahr und eine erschwerte relative Trockenlegung vorlagen.
    • sich sehr viel nekrotisches Gewebe in Ihren Kanälen befand, dessen Entfernung sehr zeitaufwendig war.
    • Ihr Zahn aufgrund der vorangeschrittenen Entzündung sehr schwer zu betäuben war. Die Behandlung musste daher mehrfach unterbrochen werden, um eine Nachbetäubung zu setzen.
    • Ihr Zahn atypisch viele Kanäle aufwies. Normalerweise hat ein Molar drei, bei Ihnen konnten vier (fünf) Kanäle aufgefunden werden. Das Auffinden der weiteren Kanäle brachte einen erhöhten Zeitaufwand mit sich.
     

    Richtig begründen beim erneuten Ansatz der GOZ-Nr. 2410

    Wenn ein Zahn durch das einmalige Aufbereiten der Wurzelkanäle nicht beschwerdefrei wird, ist der erneute Ansatz der Nr. 2410 gestattet. Dies muss in der Rechnung gesondert begründet werden, auch wenn der Schwellenwert von 2,3 nicht überschritten wird. Häufig sind spezielle Einstellungen in den Stammdaten der Praxissoftware notwendig, damit diese Begründungen dann auch beim Ansatz des 2,3-fachen Satzes in der Rechnung aufgeführt werden. Anderenfalls läuft man bei der Liquidation Gefahr, dass die eingegebene Begründung nicht in der Rechnung aufgeführt wird. Gerade wenn eine Zahnarztpraxis die Liquidation über ein Rechenzentrum oder eine Factoringgesellschaft abwickelt, werden Fehler in der Rechnung erst viel zu spät bemerkt. Folgende Begründungen bieten sich für die erneute Berechnung an.

     

    • Begründungsbeispiele für das erneute Berechnen der Aufbereitung

    Die Aufbereitung Ihrer Wurzelkanäle/Ihres Wurzelkanals an Zahn ... musste in einer folgenden Sitzung erneut durchgeführt werden, weil

    • Ihr Zahn nach der ersten Aufbereitung immer noch nicht beschwerdefrei war und noch Restvitalität vorhanden war.
    • nach der ersten Aufbereitung sehr viel Zeit verstrichen ist, in der sich Ihre Kanäle reinfizierten.
    • das nekrotische Gewebe sich aufgrund der starken Krümmung Ihrer Kanäle in der ersten Sitzung nicht vollständig entfernen ließ.
    • in der ersten Sitzung aufgrund der Überlänge nicht bis zum Apex vorgedrungen werden konnte.
    • es sich bei der Aufbereitung Ihrer Kanäle um die Revision einer Wurzelbehandlung handelte und nicht das gesamte alte Füllmaterial in der ersten Sitzung entfernt werden konnte.
    • wegen einsetzender Kalzifizierung Ihrer Kanäle in der ersten Sitzung nicht in den Apex vorgedrungen werden konnte.
    • sich erst in der Folgesitzung herausstellte, dass weitere Wurzelkanäle vorhanden sind, mit denen in der ersten Sitzung noch nicht zu rechnen war.
    • Ihre Schwellung nicht abklang und somit der Verdacht bestand, dass nicht alles entzündliche Gewebe in der ersten Sitzung entfernt worden ist.
     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 6 | ID 44161902