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  • · Nachricht · Aktuelle Rechtsprechung

    OLG Düsseldorf: PKV durfte einem Zahnarzt wegen 8,0-fachem Steigerungssatz Wucher vorwerfen

    | Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat die Klage eines Zahnarztes abgewiesen, der sich gegen herabsetzende Äußerungen einer privaten Krankenversicherung (PKV) gegenüber seinem Patienten zur Wehr gesetzt hatte. |

    Der Fall

    Die PKV hatte im Schreiben an einen Versicherten eine bei ihr eingereichte Zahnarztrechnung wie folgt kommentiert:

     

    „Außerdem verstößt die Vereinbarung wegen des sehr hohen Steigerungssatzes gegen § 138 Abs. 2 BGB und ist daher unwirksam. Gemäß § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Bei Prüfung des Begriffs ‚auffällig‘ ist stets eine umfassende Würdigung des Einzelfalls vorzunehmen. Bei Zinsen und bei anderen marktgängigen Leistungen ist auf das Verhältnis des vereinbarten Preises und des Marktpreises abzustellen. Die Wuchergrenze liegt dort in der Regel mindestens beim Zweifachen. Bei der Vereinbarung des über 8,0-fachen Gebührensatzes kann man unseres Erachtens Wucher annehmen.“

    Das Urteil

    Der auf diese Weise bei seinem Patienten in Misskredit gebrachte Zahnarzt wehrte sich gerichtlich gegen diese Feststellungen, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Das OLG Düsseldorf wies im Urteil vom 28. Mai 2014 (Az. I-15 U 45/14) die Klage ab und begründete dies wie folgt:

     

    „Die betreffende Passage aus dem streitgegenständlichen Schreiben der Beklagten ist keine bloße Beeinträchtigung der Ehre des Klägers; vielmehr steckt in ihr ebenso wie im gesamten Schreiben eine noch sachliche Begründung für die Ablehnung einer Versicherungsleistung (in einer bestimmten Höhe). Es ist der Beklagten unbenommen, eine eigene Rechtsauffassung zu vertreten, die sich an der Höhe des Gebühren- bzw. Steigerungssatzes orientiert, und diesbezüglich eine Erstattung jedenfalls für eine solche Honorarforderung abzulehnen, die über dem Achtfachen des einfachen Gebührensatzes liegt, weil dieser ihrer Ansicht nach generell sittenwidrig sei. Insbesondere hat die Beklagte dezidiert erläutert, weshalb sie diese Rechtsauffassung vertritt.“

     

    Weiterhin heißt es in der Urteilsbegründung: „Die Grenze zur Schmähkritik bzw. Formalbeleidigung wird schließlich auch nicht dadurch überschritten, dass die Beklagte ihr Schreiben mit dem Satz ‚Unabhängig hiervon empfehlen wir Ihnen, sofern Sie die Behandlung bei Herrn Dr. G fortsetzen, uns seinen Heil- und Kostenplan zur Vorabprüfung einzureichen.‘ abschließt. Selbst wenn Herr E diesen Satz zum Anlass genommen haben sollte, sich nicht mehr vom Kläger behandeln zu lassen, besagt dies noch nichts über das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers von dieser Passage.“

     

    UNSER KOMMENTAR | Wie das Gericht die drastischen und herabsetzenden Äußerungen der Versicherung als eine „noch sachliche Begründung für die Ablehnung einer Versicherungsleistung“ beurteilen kann, ist aus Sicht eines neutralen Beobachters völlig unverständlich. Das Urteil zeigt leider erneut, dass den Versicherungen von Gerichten in derartigen Fällen erhebliche Freiheiten bei der Beurteilung der Angemessenheit von Zahnarztrechnungen gegenüber Patienten eingeräumt werden.

    Quelle: ID 42929130