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  • · Nachricht · Honorar

    Zum Honoraranspruch des Zahnarztes bei rechtswidrigem Eingriff

    von RAin Susanne Schuster, LL.M., Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, Gießen, www.hfbp.de 

    | Ein alltäglicher Vorgang: Der Patient wird behandelt, der Zahnarzt stellt die Rechnung. Doch statt zu bezahlen wendet der Patient ein, die Behandlung sei eine rechtswidrige Körperverletzung gewesen, weil er nicht aufgeklärt worden sei und somit nicht in die Behandlung habe einwilligen können - er müsse also nicht zahlen. Mit einem solchen Fall, der zunächst vor dem Landgericht (LG) und später vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main spielte, hatte sich das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 17. April 2012 (Az. 1 BvR 3071/10, Abruf-Nr. 131188 ) zu beschäftigen. Letztlich ging es also um die Frage, ob bei einer fehlenden Einwilligung des Patienten infolge einer mangelhaften oder fehlenden Eingriffsaufklärung der Honoraranspruch des Zahnarztes entfällt, weil die Behandlung eine rechtswidrige Körperverletzung darstellt.  |

    Der Hintergrund

    Der Behandlungsvertrag eines Zahnarztes stellt einen Dienstvertrag nach den §§ 611 ff. BGB dar, weshab er keinen Erfolg seiner zahnärztlichen Bemühungen schuldet. Der Zahnarzt behält grundsätzlich auch dann seinen vollen Honoraranspruch, wenn die Behandlung aufgrund seiner fehlerhaften Leistung erfolglos geblieben ist oder sich Risiken verwirklicht haben. Er hat die zahnärztliche Leistung allerdings mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen. Beruht ein Behandlungsmisserfolg auf einer schuldhaften Fehlleistung des Zahnarztes, kann der Patient unter Umständen gegen den Honoraranspruch mit einem Gegenanspruch auf Schadenersatz aufrechnen.

    Honoraranspruch entfällt nur bei grober Pflichtverletzung

    In Einzelfällen kann ein schuldhafter Behandlungsfehler durchaus auch einmal einer Nichterfüllung des Behandlungsvertrages gleichgesetzt werden. Der Verlust des Honoraranspruchs kommt unter diesem Gesichtspunkt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) nur bei besonders groben, in der Regel vorsätzlichen und strafbaren Pflichtverletzungen in Betracht. Wenn der Zahnarzt sich zum Beispiel weigert, Schwierigkeiten bei der Anpassung des Zahnersatzes zu beheben, gibt er schuldhaft Anlass zur Kündigung des Dienstvertrages mit dem Patienten. Die Folge: Er muss das Honorar zurückerstatten, soweit der Patient an der bisherigen Leistung kein Interesse mehr hat.

     

    In der Rechtsprechung und der juristischen Literatur wurde diskutiert, ob der (zahn)ärztliche Honoraranspruch entfällt, wenn der (Zahn-)Arzt schuldhaft die (zahn)ärztliche Aufklärungspflicht verletzt. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage ist bis heute nicht erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 17. April 2012 letztlich offengelassen und die Sache an das OLG Frankfurt am Main zurückverwiesen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts steht noch aus.

    Der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht

    In dem Ausgangsverfahren hatte ein Zahnarzt verschiedene Zähne im Ober- und Unterkiefer des Patienten saniert und dies berechnet. Der Patient hingegen vertrat die Ansicht, dass dem Zahnarzt aufgrund von Aufklärungs- und Behandlungsmängeln kein Zahlungsanspruch zustehe. Während das LG dem Zahnarzt Recht gab, änderte das OLG das Urteil zugunsten des Patienten teilweise ab (Urteil vom 31. August 2010, Az. 8 U 31/10, Abruf-Nr. 131189).

     

    Die OLG-Richter entschieden, dass die Honorarforderung des Zahnarztes dem Grunde nach unstreitig sei, allerdings könne der Patient teilweise mit Gegenforderungen aus Schadenersatzansprüchen aufrechnen, da die Behandlung nicht rechtmäßig gewesen sei - die ordnungsgemäße Risikoaufklärung des Patienten habe gefehlt. Der Patient erhob gegen dieses Urteil eine „Anhörungsrüge“ vor dem Bundesverfassungsgericht. Zur Begründung führte er an, das OLG habe sich mit seinem Kernvortrag zu den Rechtsfolgen einer fehlenden Aufklärung - den Wegfall des Vergütungsanspruchs - nicht auseinandergesetzt.

    Bundesverfassungsgericht: OLG übersah Vortrag des Patienten

    Das Bundesverfassungsgericht bejahte einen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs. Das OLG habe den Vortrag des Patienten, der Zahnarzt könne deswegen keine Vergütung verlangen, weil die Behandlung eine schuldhafte Körperverletzung darstelle, in der Abfassung der Entscheidungsgründe offensichtlich übersehen - es handele sich hierbei um eine Frage von zentraler Bedeutung. Inhaltlich führte das Bundesverfassungsgericht zu dem Fall lediglich Folgendes aus: Es sei nicht auszuschließen, dass das OLG zu einem für den Patienten vorteilhafteren Ergebnis gelangt wäre, hätte es sich mit der Rechtsauffassung des klagenden Patienten auseinandergesetzt.

     

    FAZIT |  Unabhängig von der rechtlichen Frage, ob der Honoraranspruch des Zahnarztes im Falle einer schuldhaften Verletzung der Aufklärungspflicht entfällt oder nicht, ist dem Zahnarzt zu raten: Klären Sie Ihre Patienten umfassend auf über die Risiken, die mit Ihrem jeweiligen Heileingriff verbunden sind! Sofern man einen Wegfall des zahnärztlichen Honoraranspruchs allein aufgrund eines schuldhaften Aufklärungsfehlers verneint, besteht für den Patienten immer noch die Möglichkeit, im Falle von gleichzeitig unterlaufenen Behandlungsfehlern mit etwaigen Schadenersatz- und/oder Schmerzensgeldansprüchen aufzurechnen. Die Höhe dieser Ansprüche kann leicht zu einem faktischen Verlust des Honoraranspruchs des Zahnarztes führen. Daher dürte es für den Zahnarzt dem Grunde nach unerheblich sein, ob der Vergütungsanspruch bereits an sich entfällt oder erst infolge einer Aufrechnung.

    Quelle: ID 40164740