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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Medizinische Notwendigkeit der BCS®-Implantate in der jüngeren Rechtsprechung

    von Anja Mehling, RAin und FAin für MedR, Hamburg

    | Der Begriff der medizinischen Notwendigkeit steht anhaltend im Zentrum zahlreicher Auseinandersetzungen zwischen Zahnärzten, Patienten und privaten Krankenversicherungen. Dabei gibt es häufiger Diskussionen über die medizinische Notwendigkeit von Implantaten, also die Indikation, ihre Anzahl bzw. Einschränkungen mit einer pauschalen Obergrenze, behauptete Alternativen, z. B. bei Einzelimplantaten wie Brückenversorgungen etc. In den letzten Jahren nimmt die Insertion von Bicortical-Schraub-Implantaten (BCS®) immer mehr zu, was gleiches Streitpotenzial birgt. Inzwischen haben sich auch einige Gerichte mit dem Einsatz solcher Implantate befasst. Die Rechtsprechung sollte unter Implantologen bekannt sein. Ein Überblick. |

    LG Memmingen, Urteil vom 17.07.2020, Az. 23 O 143/19

    Im Fall des Landgerichts (LG) Memmingen stritten der privat versicherte Patient und seine private Krankenversicherung (PKV) um die Frage, ob die Versorgung mit BCS®-Implantaten der Schulmedizin zuzuordnen ist. Bei dem klagenden Patienten wurden im Oberkiefer sechs und im Unterkiefer acht BCS®-Implantate eingebracht. Er behauptete, dass die Einbringung von BCS®-Implantaten medizinisch notwendig gewesen sei, da die Verwendung klassischer Implantate aufgrund eines bei ihm bestehenden zunehmenden Knochenschwundes erst nach einem mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbundenen Knochenaufbau möglich gewesen wäre. Die BCS®-Implantate seien wissenschaftlich mit Langzeitstudien dokumentiert, bewährt und von der Schulmedizin überwiegend anerkannt. Hingegen vertrat die PKV die Ansicht, ihre Eintrittspflicht beschränke sich auf eine allgemein anerkannte und geeignete Behandlungsmethode bzw. ‒ in Ermangelung einer solchen ‒ auf eine wahrscheinlich zur Verhinderung der Verschlimmerung der Erkrankung oder zumindest zur Verlangsamung geeignete Methode ‒ was auf die Versorgung nicht zutreffe.

     

    Das Gericht stellte nach sachverständiger Beratung fest, dass die Insertion der BCS®-Implantate nicht medizinisch notwendig und keine Methode der Schulmedizin gewesen sei. Nach Durchführung eines Knochenaufbaus ‒ unter Inkaufnahme der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung ‒ wäre die Verwendung herkömmlicher Implantate möglich gewesen. Nach Wertung des Gerichts war nicht bewiesen, dass sich die durchgeführte Behandlung aus Ex-ante-Sicht ebenso wie eine von der Schulmedizin anerkannte Behandlung Erfolg versprechend bewährt hätte und dass keine schulmedizinisch anerkannten Methoden zur Verfügung gestanden hätten.