· Fachbeitrag · Kostenerstattung
Zahnzusatzversicherung: Wann besteht Anspruch auf die Erstattung einer Zahnersatz-Versorgung?
| Immer wieder schließen Patienten eine private Zahnzusatzversicherung ab, nachdem bei einem Zahnarztbesuch eine Behandlungsbedürftigkeit festgestellt wurde. Das kann später zu Schwierigkeiten mit dem Versicherer führen, wie zwei vom OLG Karlsruhe entschiedene Fälle zeigen. |
Versicherungsfall vor Vertragsabschluss eingetreten: Keine Erstattung
Im Urteil vom 7. Mai 2013 (Az. 12 U 153/12, Abruf-Nr. 132219) hatte der Patient im April 2009 seine Zahnärztin aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt war keiner der vorhandenen Zähne mehr erhaltungsfähig. Danach schloss der Patient eine Zahnzusatzversicherung ab - mit einer Wartezeit von acht Monaten. Im Frühjahr 2010 stellte die Zahnärztin eine medizinische Indikation für eine Implantatversorgung fest. Die Implantate wurden eingesetzt, die Behandlungskosten betrugen 25.000 Euro. Die Versicherung lehnte eine Kostenbeteiligung ab, es kam zur Klage. Das OLG Karlsruhe wies die Klage ab. Begründung: Der Versicherungsschutz beginnt nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages und vor Ablauf der Wartezeit. Damit haftet die Versicherung nicht für Fälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind.
Der Erkrankungsfall war hier jedoch bereits früher eingetreten, denn der Versicherungsfall ist die „medizinisch notwendige Heilbehandlung“. Für den Beginn der Heilbehandlung ist der richtige Bezugspunkt nicht der konkrete Auftrag des Patienten an den Zahnarzt, sondern die behandlungsbedürftige Krankheit selbst. Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen zahnärztlichen Tätigkeit - also schon mit der ersten zahnärztlichen Untersuchung. Der Versicherungsfall endet erst dann, wenn nach objektiv medizinischem Befund keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht.
Neuer Behandlungsfall, daher Erstattungsanspruch
Im zweiten Fall (27. Juni 2013, Az. 12 U 127/12, Abruf-Nr. 132220) suchte der Patient Mitte August 2008 seinen Zahnarzt auf, der eine Röntgenaufnahme anfertigte und dann eine PA-Behandlung durchführte. Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, dass im Bereich anderer Zähne (15 bis 17) ein nicht idealer Gebisszustand vorhanden war. Der Patient war diesbezüglich jedoch beschwerdefrei. Für die Neuanfertigung von Zahnersatz lag nach Auffassung des Zahnarztes kein akuter Behandlungsbedarf vor. Im November 2008 schloss der Patient eine Zahnzusatzversicherung ab. 2011 wurden Implantate eingesetzt. Auch hier lehnte die Versicherung eine Kostenbeteiligung ab.
Das OLG Karlsruhe hat sie jedoch zur Zahlung verurteilt. Begründung: Mit der Untersuchung der Zähne 15 bis 17 war die Heilbehandlung beendet und die Implantatversorgung stellte einen neuen Versicherungsfall dar. Die Frage der Behandlungsbedürftigkeit bemisst sich nach objektiven Kriterien, wobei ein Entscheidungsspielraum für den Zahnarzt besteht. Die Entscheidung, die Behandlung im August 2008 nicht durchzuführen, war medizinisch vertretbar.