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Ist die Delegation der subgingivalen Kürettage an nichtärztliches Fachpersonal zulässig?
| Darf die Kürettage an nichtärztliches Fachpersonal delegiert werden? Mit dieser interessanten Rechtsfrage befasst sich der folgende Beitrag. |
von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg
Was sagt das Zahnheilkundegesetz?
§ 1 Abs. 1 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) regelt, dass Zahnheilkunde nur durch einen approbierten Zahnarzt ausgeübt werden darf, womit gleichzeitig geregelt ist, dass der Zahnarzt seine zahnärztlichen Leistungen grundsätzlich persönlich erbringen muss. Diese Vorgabe dient der Patientensicherheit und hat insbesondere haftungsrechtliche sowie gebührenrechtliche Relevanz. Auch nach den Regelungen des Dienstvertragsrechts (§ 613 BGB), die auf den zahnärztlichen Behandlungsvertrag Anwendung finden, sowie den Berufsordnungen der Zahnärztekammern hat der Zahnarzt seine Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen.
Voraussetzung für Vergütungsanspruch: Korrekte Delegation
Dieser Grundsatz ist auch Voraussetzung für den Vergütungsanspruch des Zahnarztes. Für die Privatbehandlung ist in § 4 Abs. 2 GOZ verankert, dass der Zahnarzt Gebühren nur für selbstständige zahnärztliche Leistungen berechnen kann, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Letztere Alternative erfasst die zulässige Delegation grundsätzlich persönlich zu erbringender Leistungen auf qualifiziertes Personal, wie zum Beispiel auf die ZMF (Zahnmedizinische Fachassistentin), ZMP (Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin) oder DH (Dentalhygienikerin). Zulässig delegierte zahnärztliche Leistungen sind als „eigene Leistungen“ des Zahnarztes anzusehen.
„Unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ bedeutet nicht, dass der Zahnarzt jede delegierte Leistung stets selbst kontrollieren muss. Es reicht aus, dass er das Personal grundsätzlich in die Ausführung der delegierten Leistungen eingewiesen hat und zwecks Rückfragen oder bei Komplikationen erreichbar ist und eine (End-)Kontrolle vornimmt, sofern das Fachpersonal von seinem Ausbildungs- und Weiterbildungsstand in der Lage ist, die übertragenen Leistungen selbstständig und qualifiziert auszuführen. Es gilt, dass der Zahnarzt nach den Vorgaben der Berufsordnungen der Zahnärztekammern (siehe § 19 Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer) Hilfspersonal nur für Aufgaben einsetzen darf, für die es ausreichend qualifiziert ist.
Wann ist ein Mitarbeiter für die delegierte Leistung qualifiziert?
Ob ein Mitarbeiter für die an ihn delegierte Leistung hinreichend qualifiziert ausgebildet ist/wird, lässt sich maßgeblich den Fortbildungsordnungen der Landeszahnärztekammern, aber auch den Fortbildungsinhalten privater Anbieter entnehmen. Der Gesetzgeber fordert lediglich eine ausreichende Qualifikation gemäß dem Zahnheilkundegesetz. Dies gilt, weil es keinen bundeseinheitlich geregelten Fachabschluss gibt und sich die Fortbildungsordnungen der Kammern von Bundesland zu Bundesland zum Teil erheblich in den Zulassungsvoraussetzungen, Inhalten, Prüfungsverfahren sowie der Fortbildungsdauer unterscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, dass die erworbenen Fähigkeiten - sei es durch eine praxisinterne Fortbildung oder den Besuch eines Kurses - vom delegierenden Zahnarzt ausführlich beschrieben und dokumentiert sind.
Welche Maßnahmen dürfen delegiert werden?
Nun sind selbstverständlich nicht alle zahnärztlichen Leistungen auf - qualifiziertes - Fachpersonal delegierbar. Die Delegierbarkeit ist die Ausnahme von der Regel. Der Kernbereich ärztlichen wie auch zahnärztlichen Handelns (Anamnese, Untersuchung, Diagnose, Indikationsstellung sowie Eingriffe, die wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit oder der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen zahnärztliches Fachwissen voraussetzen), ist nicht delegierbar. Delegierbar ist auch nicht die Überwachung des nicht ärztlichen Personals (etwa auf Ausbildungsassistenten oder andere Angestellte), sie obliegt zwingend dem approbierten Zahnarzt.
Welche Maßnahmen auf Hilfspersonal übertragen werden dürfen und welche nicht, regelt maßgeblich § 1 Abs. 5 ZHG, auch für den Bereich der Parodontalbehandlungen. Danach können approbierte Zahnärzte insbesondere folgende Tätigkeiten an dafür qualifiziertes Personal mit abgeschlossener Ausbildung wie zahnmedizinische Fachhelferin, weitergebildete Zahnarzthelferin, Prophylaxehelferin oder Dental-Hygienikerin delegieren:
Herstellung von Röntgenaufnahmen; Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen; Füllungspolituren; Legen und Entfernen provisorischer Verschlüsse; Herstellung provisorischer Kronen und Brücken; Herstellung von Situationsabdrücken; Trockenlegen des Arbeitsfeldes relativ und absolut; Erklärung der Ursache von Karies und Parodontopathien; Hinweise zu zahngesunder Ernährung; Hinweise zu häuslichen Fluoridierungsmaßnahmen; Motivation zu zweckmäßiger Mundhygiene; Demonstration und praktische Übungen zur Mundhygiene; Remotivation; Einfärben der Zähne, Erstellen von Plaque- und Blutungs-Indizes; Kariesrisikobestimmung; lokale Fluoridierung zum Beispiel mit Lack oder Gel, Versiegelung von kariesfreien Fissuren |
Die Aufzählung in § 1 Abs. 5 ZHG ist nicht abschließend („insbesondere“). Eventuell weitere delegierbare Aufgaben müssen jedoch vom Schwierigkeitsgrad her und einer möglichen Gefährdung des Patienten vergleichbar sein.
Was gilt für die Delegierbarkeit bei Par-Behandlungen?
Im Bereich der Parodontal-Behandlungen ist insbesondere die Frage der Delegierbarkeit der Leistungen nach den GOZ-Nrn. 4070 und 4075 auf qualifiziertes Hilfspersonal und damit zusammenhängend die Frage der Berechnungsfähigkeit relevant. Die Frage der Delegierbarkeit resultiert im Wesentlichen aus dem Umstand, dass die Leistungsbeschreibung der GOZ die betreffenden Leistungen als „parodontalchirurgische Therapie“ ausweisen und chirurgische Leistungen an sich dem Kernbereich ärztlichen wie auch zahnärztlichen Handels zuzuordnen sind. Dementsprechend werden chirurgische Leistungen in § 1 Abs. 5 ZHG nicht als delegierbare Leistungen ausgewiesen.
„scaling“ und „root planing“ an Praxismitarbeiter delegierbar
Zumindest für die Leistungen nach den Nrn. 4090 und 4100 (Offene Kürettage) ist eindeutig von chirurgischen Maßnahmen auszugehen, die deshalb auch nicht an nicht approbiertes Personal delegierbar sind.
Das Entfernen subgingivaler Konkremente („scaling“) und die Wurzelglättung („root planing“) im geschlossenen Verfahren ist dagegen in den Nrn. 4070 und 4075 erfasst und dies sind nach aktuellem Stand der Zahnmedizin die eigentlichen regelmäßigen Hauptleistungen der hier erfassten Maßnahmen. Diese sind - soweit klinisch erreichbare subgingivale weiche oder harte Konkremente im geschlossenen Verfahren entfernt werden - unter medizinischen Gesichtspunkten keine chirurgischen Maßnahmen. Dementsprechend wird das Entfernen von weichen und harten klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen nach § 1 Abs. 5 ZHG ausdrücklich als delegierbare Leistung ausgewiesen (siehe dazu auch „Delegationsrahmen für zahnmedizinische Fachangestellte“ der Bundeszahnärztekammer vom 16. September 2009).
Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durch den approbierten Zahnarzt dient dem Patientenschutz. Auch vor diesem Hintergrund dürfte medizinisch gesehen kein Grund bestehen, das Entfernen klinisch erreichbarer subgingivaler weicher oder harter Konkremente und die Wurzelglättung im geschlossenen Verfahren - jedoch nur diese Leistungen der GOZ-Nrn. 4070 und 4075 - von der Delegierbarkeit an qualifiziertes und geschultes Personal auszuschließen. Hinzu kommt, dass die Fortbildungsordnungen zumindest der DH, ZMF und ZMP diese Leistungen als Schulungsinhalt vorsehen.
Delegationsauftrag muss auf diese Leistungen beschränkt sein
Wegen der unklaren Abgrenzung dieser Leistungen - zumindest nach der Leistungsbeschreibung der Gebührenordnung - zur parodontalchirurgischen Therapie muss der Delegationsauftrag ausschließlich auf diese Leistungen beschränkt sein. Dabei müssen die Qualifikation des Hilfspersonals und die Aufsicht durch den approbierten Zahnarzt - siehe oben - sichergestellt sein.
Weiterführende Hinweise
- Vertiefend zu dieser Problematik: Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. September 2004, Az. L 5 KA 3947/03, ablehnend für die Abrechnung der P 200 BEMA-Z. Das Urteil finden Sie unter der Abruf-Nr. 051754 auf pa.iww.de).
- Den in diesem Beitrag zitierten Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer finden Sie hier: http://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/grafiken/Delegationsrahmen.pdf