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  • · Nachricht · Versicherungsrecht

    Darf die PKV ein Feststellungsgutachten vor Behandlungsbeginn verlangen?

    | Eine private Krankenversicherung (PKV) möchte nicht zahlen und verlangt vor Behandlungsbeginn für Zahnersatz beim Versicherten ein Feststellungsgutachten. Ist das zulässig und wie kann die Praxis darauf reagieren? |

    Wie ist die Rechtslage?

    Ein Verfahren zur Begutachtung ist nur für gesetzlich versicherte (GKV-)Patienten bekannt. Die PKV möchte hier vor Beginn die medizinische Notwendigkeit der Behandlung prüfen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle führt in den Entscheidungsgründen zu seinem Urteil vom 12. Januar 2012 (Az. 8 U 181/11) aus:

     

    „§ 192 VVG sowie die dem Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien zugrunde liegenden MB/KK [Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung; die Redaktion] bestimmen, dass der private Krankenversicherer dem Versicherungsnehmer die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen aufgrund Krankheit etc. in vertraglich vereinbartem Umfang zu ersetzen hat. Die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung ist Leistungsvoraussetzung. Damit hat nach den allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast der Versicherungsnehmer die Voraussetzungen dafür zu beweisen. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Begriff der medizinischen Notwendigkeit wegen der Besonderheiten der Medizin und dem Fortschreiten ihrer Erkenntnisse einerseits und der Unsicherheiten bei der Diagnostik andererseits einen Behandlungskorridor eröffnet, der mehrere Behandlungsmethoden als medizinisch vertretbar möglich macht […], sind die bereits in erster Instanz vom Kläger vorgelegten Belege prüffähig und für den Beklagten einlassungsfähig.“

     

    Allerdings hat ein PKV-Patient nach den einschlägigen Vorschriften einige Pflichten, beispielsweise vor bestimmten Behandlungen einen Heil- und Kostenplan einzureichen, damit sich die Versicherung schon im Vorfeld Gedanken über ihre Leistungspflicht machen kann. Hat die Versicherung Bedenken gegen die medizinische Notwendigkeit einer geplanten Behandlung - fordert sie zum Beispiel Röntgenbilder, Auszüge aus den Karteikarten und/oder Modelle an -, sollte die Praxis mit dem Beginn der Behandlung warten, bis sich der Versicherer geäußert hat.

    Was folgt daraus für den Zahnarzt?

    Mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2003 (Az. IV ZR 278/01, Abruf-Nr. 030948) ist klargestellt, dass sich die Leistungspflicht der PKV nicht auf die kostengünstigere Behandlung beschränkt. Sie muss auch Kosten für kostenintensivere Behandlungen übernehmen, solange diese medizinisch notwendig sind und keine „Übermaßbehandlung“ darstellen. Lässt der Versicherte die Behandlung dann trotzdem so durchführen wie geplant, kann die Versicherung daraufhin ganz oder teilweise die Zahlung verweigern. Dann bleibt dem Versicherten nur noch der Klageweg. Für den Zahnarzt kann sich gegenüber dem Versicherten eine erhöhte wirtschaftliche Aufklärungspflicht ergeben, wenn er über die Bedenken der Versicherung informiert ist. Er sollte dem Versicherten im eigenen Interesse schriftlich mitteilen, dass seine PKV möglicherweise im Bereich der geäußerten Bedenken keine Erstattung vornehmen wird.

     

    Quelle: „Praxisteam professionell“ Nr. 3/2015

    Quelle: ID 43237855