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  • Betriebstätte

    Die Checkliste zum Betriebstättenbegriff

    von Dr. Monique Reis, Würzburg

    Immer mehr Unternehmen versuchen in der Praxis, ihre Marktanteile durch ein Auslandsengagement zu erweitern. Dafür bietet sich die Begründung einer festen Geschäftseinrichtung in Form einer Betriebstätte an. Der Betriebstättenbegriff ist nun durch das Urteil des BFH vom 21.4.99 zu Beginn und Ende einer Montagebetriebstätte sowie den Betriebstättenerlass erneut ins Blickfeld geraten. Die „Checkliste zum Betriebstättenbegriff“ erleichtert die Prüfung, ab wann eine solche Betriebstätte vorliegt.

    1. Der Betriebstättenbegriff

    Der Betriebstättenbegriff ist sowohl im deutschen Steuerrecht als auch im Abkommensrecht von erheblicher Bedeutung. Er entscheidet darüber, ob gegebenenfalls

    • nach nationalem Recht die beschränkte Steuerpflicht i.S.d. § 1 Abs. 4 EStG eintritt,
    • im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht Erträge aus der Gewerbesteuerpflicht ausscheiden,
    • nach dem DBA der BRD das Besteuerungsrecht zugewiesen wird und auf Grund des DBA das Ergebnis einer ausländischen Betriebstätte aus der Weltbesteuerung herausgenommen wird.

    2. Wann liegt eine Betriebstätte nach § 12 AO vor?

    Das Vorliegen einer Betriebstätte nach § 12 AO erfordert:

    • eine Geschäftseinrichtung oder Anlage
    • mit fester Beziehung zur Erdoberfläche,
    • die von gewisser Dauer ist,
    • die der Tätigkeit des Unternehmens dient und
    • über die der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.

    Alle Tatbestandsmerkmale sind dabei weit auszulegen. So ist für das Vorliegen der Verfügungsmacht des Unternehmens über die Geschäftseinrichtung weder juristisches noch wirtschaftliches Eigentum erforderlich, allein die Möglichkeit der Dispositionsbefugnis reicht völlig aus.

    Unter Geschäftseinrichtung oder Anlage versteht man einen körperlichen Gegenstand oder eine Zusammenfassung körperlicher Gegenstände. Art und Umfang hängen von der Tätigkeit des Unternehmens ab. Die Aufzählung von Betriebstätten in § 12 Satz 2 AO ist nicht abschließend. So kann eine Büroecke in einer Wohnung genügen (BFH 15.7.86, BStBl II, 744).

    Fest ist die Geschäftseinrichtung oder Anlage, wenn sie eine Beziehung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche aufweist, die von gewisser Dauer ist; eine mechanisch feste Verbindung zur Erdoberfläche ist nicht erforderlich. Mangels fester Verbindung zur Erdoberfläche kann ein Unternehmen aber keine Betriebstätte in diesem Sinne auf einem Schiff oder einem Flugzeug eines anderen Unternehmens haben (BFH 26.8.87, BStBl II 88, 201; BFH 26.6.96, BStBl II 98, 278).

    Erforderlich ist auch, dass die Geschäftseinrichtung von gewisser Dauer ist. Abgestellt wird auf einen Moment der organisatorischen Verfestigung (BFH 19.5.93, BStBl II, 655).

    Die Geschäftseinrichtung oder Anlage dient der Tätigkeit des Unternehmens, wenn das Unternehmen dort eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausübt, wobei es sich um Haupt- oder Hilfstätigkeiten, wesentliche oder unwesentliche Tätigkeiten handeln kann (BFH 10.2.88, BStBl II, 653). Die gewerbliche Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks begründet für sich mangels eigener Tätigkeit auf dem Grundstück keine Betriebstätte des Vermieters oder Verpächters (BFH 19.3.81, BStBl II, 538).

    Dagegen kann das Durchleiten von Erdölprodukten durch eine Pipeline eine Betriebstätte begründen, wenn es sich bei dem Durchleiten um eine eigene Tätigkeit eines Erdöltransportunternehmens handelt (BFH 30.10.96, BStBl II 97, 12). Bemerkenswert ist, dass es für den BFH unerheblich war, dass im entschiedenen Fall das inländische Rohrleitungsnetz ohne den Einsatz von Personal im Inland und ohne inländische Pumpstationen vom Ausland aus ferngesteuert wurde.

    Der Steuerpflichtige muss außerdem – wie oben angesprochen – eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht haben (BFH 11.10.89, BStBl II 90, 166). Der Steuerpflichtige muss danach eine Rechtsposition innehaben, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen werden kann. Die bloße Berechtigung zur Nutzung eines Raumes im Interesse eines anderen sowie die bloße tatsächliche Mitbenutzung eines Raumes begründen für sich genommen noch keine Betriebstätte.

    Nach § 12 Satz 2 Nr.1 AO ist aber als Betriebstätte insbesondere auch der Ort der Geschäftsleitung anzusehen. Der Ort der Geschäftsleitung kann sich auch am Wohnsitz des Unternehmens befinden. Voraussetzung ist dafür nicht, dass die Wohnung Betriebsvermögen darstellt (BFH 28.7.93, BStBl II 94, 148).

    3. Maßgeblichkeit des Betriebstättenbegriffs nach § 12 AO

    Der Betriebstättenbegriff nach dem nationalen deutschen Steuerrecht ist nicht identisch mit dem Begriff der DBA-Betriebstätte. Die Definition in § 12 AO ist zum Beispiel maßgeblich für

    • das Vorliegen ausländischer Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 34d Nr. 2a EStG,
    • die Verlustabzugsbeschränkung nach § 2a EStG,
    • die Kürzung des Gewerbeertrages bei ausländischen Betriebstätten im Sinne des § 9 Nr.3 GewStG,
    • den Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs.1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 UStG,
    • das Auslandsvermögen im Sinne des § 21 Abs.2 ErbStG i.V.m. § 121 Nr.3 BewG,
    • inländische Betriebstätten ausländischer Unternehmen (BFH 3.2.93, BStBl II, 462).

    4. Maßgeblichkeit des Betriebstättenbegriffs nach DBA

    Der Betriebstättenbegriff in dem jeweiligen DBA entscheidet letztendlich darüber, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht. Liegt eine Betriebstätte nach DBA vor, dann steht dem Betriebstättenstaat das Besteuerungsrecht zu. Dem Wohnsitz- bzw. Geschäftsleitungsstaat steht das Besteuerungsrecht zu, wenn keine Betriebstätte vorliegt. Allein der Blick in das jeweilige DBA entscheidet darüber, ob eine Betriebstätte vorliegt oder nicht.

    Der Betriebstättenbegriff ist in den neueren DBA grundsätzlich einheitlich geregelt, da Aufbau und Struktur aus dem OECD-Musterabkommen abgeleitet wurden. Der Betriebstättenbegriff nach DBA ist enger gefasst als nach § 12 AO. Denn die DBA enthalten – im Gegensatz zu § 12 AO – einen sogenannten Negativkatalog, nach dem bestimmte gewerbliche Hilfstätigkeiten nicht zu einer Betriebstätte führen, mit der Folge, dass die Freistellungsmethode nicht zur Anwendung kommt (BMF 24.12.99, BStBl I, 1082, Tz. 1.2.1.1).

    Nach Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 95 gelten Geschäftseinrichtungen unterstützender oder vorbereitender Art, wie z.B. Warenlager oder Einkaufs- und Informationsstellen, wegen ihres bloßen Hilfscharakters nicht als Betriebstätten. Es handelt sich hierbei insbesondere um Einrichtungen zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens. Vorbereitende Tätigkeiten sind solche, die zeitlich vor der Haupttätigkeit ausgeübt werden (BFH 23.1.85, BStBl II, 417).

    5. Der Betriebstättenbegriff nach § 12 AO

    Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Als Betriebstätte sind insbesondere anzusehen:

    • Stätte der Geschäftsleitung,
    • Zweigniederlassungen,
    • Geschäftsstellen,
    • Fabrikations- oder Werkstätten,
    • Warenlager,
    • Ein- oder Verkaufsstellen,
    • Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen,
    • Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn diese länger als sechs Monate dauern.

    6. Der Betriebstättenbegriff nach Art. 5 OECD-Musterabkommen

    Der Ausdruck „Betriebstätte“ bedeutet eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Der Ausdruck „Betriebstätte“ umfasst insbesondere:

    • Ort der Leitung,
    • Zweigniederlassung,
    • Fabrikationsstätte,
    • Werkstätte,
    • Bergwerk, Öl- oder Gasvorkommen, Steinbruch oder andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen.
    • Eine Bauausführung oder Montage ist nur dann eine Betriebstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet (variiert in den einzelnen DBA der Bundesrepublik zwischen 3 und 12 Monaten).


    Quelle: Praxis Internationale Steuerberatung - Ausgabe 05/2000, Seite 112

    Quelle: Ausgabe 05 / 2000 | Seite 112 | ID 105069

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