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  • 12.01.2009 | Bundesfinanzhof

    Abzugsfähigkeit von Schulgeldzahlungen an ein Auslandsinternat

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

    Auch das Schulgeld für den Besuch eines englischen Internats kann nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abziehbar sein. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht hat insbesondere zur Folge, dass gemeinschaftsrechtswidrige nationale Steuervorschriften auch ohne Vorlage an das BVerfG oder den EuGH nicht anzuwenden sind - so der BFH in einem aktuellen Urteil (17.7.08, X R 62/04, BFH/NV 08, 1927,Abruf-Nr. 083116).

     

    Sachverhalt

    Die Kläger machten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 1998 Aufwendungen für die Schulausbildung ihres Kindes an einem staatlich anerkannten Internat in England geltend. Das beklagte FA lehnte den Sonderausgabenabzug ab. Nachdem Einspruch und Klage vor dem FG Köln (28.6.01, 7 K 8690/99, EFG 04, 1044) erfolglos geblieben waren, hat der BFH nunmehr den Klägern in der Sache Recht gegeben und die Streitsache an die Vorinstanz zurückverwiesen.  

     

    Anmerkungen

    Aufwendungen für die Ausbildung im Ausland können entweder nach § 33a Abs. 2 S. 1 EStG oder als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG abzugsfähig sein. Die damit zusammenhängenden Streitfragen waren zuletzt wiederholt Gegenstand der Finanzrechtsprechung (s. zuletzt BFH 21.2.08, III B 46/07, Abruf-Nr. 082487; Jahn, PIStB 08, 262). Der EuGH hatte mit Urteil vom 11.9.07 (C-76/05, Slg. 07, I-6849) entschieden, dass es mit Art. 18 und 49 EG nicht zu vereinbaren ist, dass Schulgeldzahlungen zwar für bestimmte Privatschulen im Inland, nicht aber für Privatschulen in anderen Mitgliedstaaten als Sonderausgaben abgezogen werden können. Nunmehr schließt sich auch der BFH dieser Sichtweise an. Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BFH 11.6.97, X R 74/95, BStBl II, 617) erkennt der BFH jetzt ausdrücklich den Vorrang des Gemeinschaftsrechts an. Das bedeutet: § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist europarechtskonform auszulegen mit der Folge, dass das „europarechtswidrige Tatbetandsmerkmal“ nicht zu beachten ist. Das bedeutet für die Praxis: Führt die Schule im EU-Ausland - gleichgültig ob öffentliche oder Privatschule im Sinne des EuGH-Urteils - zu einem im Inland ohne Abstriche anerkannten Schulabschluss, ist der Abzug des für den Besuch der Schule gezahlten Schulgelds zulässig. Lediglich Aufwendungen für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung bleiben außer Betracht.  

     

    Mit dieser Feststellung betont der BFH den Vorrang des Gemeinschaftsrechts: Gemeinschaftsrechtswidrige Vorschriften des nationalen Steuerrechts sind nicht anzuwenden, ohne dass es einer Vorlage an das BVerfG oder den EuGH bedarf.