01.07.2007 | Bundesfinanzhof
Auslegung einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d EStG
Mit Urteil vom 20.12.06 hat der BFH (I R 13/06, Abruf-Nr. 071766) dazu Stellung genommen, wann eine inländische Tochtergesellschaft für eine Quellensteuer haftet, die bei einer Dividendenzahlung an eine im EU-Ausland ansässige Muttergesellschaft anfällt. Hierbei liefert der BFH auch Praxishilfen zur Auslegung einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d EStG. |
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war im Streitjahr (1996) die inländische Tochtergesellschaft einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Frankreich. Die Gesellschafterversammlung der GmbH beschloss am 19.4.96 eine Gewinnausschüttung an die ausländische Muttergesellschaft, die „nach dem 30.6.96“ stattfinden sollte. Hintergrund war, dass Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie (RL EWG 90/435 v. 23.7.90) – unter den hier erfüllten Voraussetzungen – die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne in Deutschland von der Kapitalertragsteuer befreit. Diese Regelung trat für Deutschland am 1.7.96 in Kraft. Auf Antrag der Klägerin erteilte das BfF am 11.7.96 einen Freistellungsbescheid. Demgemäß zahlte die Klägerin die Dividende im Juli 1996 ohne Abzug von Kapitalertragsteuer aus.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung nahm aber das beklagte FA die Klägerin in Bezug auf die Gewinnausschüttung als Haftungsschuldnerin für die nicht abgeführte Kapitalertragsteuer in Anspruch. Da in dem Beschluss vom 19.4.96 der Auszahlungstag nicht festgelegt war, gelte die Ausschüttung nach der Fiktion des § 44 Abs. 2 S. 2 EStG 90 als am Tag nach der Fassung des Ausschüttungsbeschlusses (also am 20.4.96) als zugeflossen. Da zu diesem Zeitpunkt keine Freistellungsbescheinigung vorgelegen habe, sei Kapitalertragsteuer von 25 v.H. einzubehalten gewesen. Die gegen den Haftungsbescheid gerichtete Klage hat das FG München stattgegeben, auf die Revision hat der BFH die Klage abgewiesen.
Anmerkungen
Als ausschüttende Gesellschaft war die Klägerin gemäß § 43 EStG grundsätzlich verpflichtet, für Rechnungen ihrer Gesellschafterin Kapitalertragsteuer einzubehalten, und zwar unabhängig davon, ob im Ergebnis keine oder nur Kapitalertragsteuer in geringerer Höhe geschuldet ist – etwa auf Basis eines DBA. Die Mutter-Tochter-Richtlinie ordnet unter den näheren Voraussetzungen des § 43b EStG eine Befreiung von der Kapitalertragsteuer an. Ist der Steuerabzug an der Quelle erfolgt, wird tatsächlich die Steuer aber nicht geschuldet, erstattet das Bundeszentralamt für Steuern (früher BfF) auf Antrag auch der Vergütungsgläubigerin die Steuer. Alternativ kann von der Erhebung der Steuer abgesehen werden, falls die abzugsverpflichtete Vergütungsschuldnerin eine Freistellungsbescheinigung nach § 50d EStG erhalten hat (zu den Möglichkeiten des Vergütungsgläubigers im Freistellungsverfahren siehe Jahn, PIStB 06, 194/195).
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