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  • 01.05.2006 | Bundesfinanzhof

    Umsatzbesteuerung bei innergemeinschaftlicher Schiffs-, Bahn- oder Flugreise

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Lieferungen von Gegenständen an Bord eines Kreuzfahrtschiffes unterliegen der deutschen Umsatzsteuer, wenn die Kreuzfahrt in Deutschland beginnt und dort oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet endet. Ausgenommen von der Steuerbarkeit sind allerdings Lieferungen während eines Zwischenaufenthaltes in Drittländern, bei denen die Reisenden das Schiff – und sei es auch nur für kurze Zeit – verlassen können – so der BFH mit Urteil vom 20.12.05 (V R 30/02, Abruf-Nr. 060533).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin betrieb im Streitjahr 1994 auf einem Kreuzfahrtschiff eine Boutique. Die Kreuzfahrten begannen jeweils in deutschen Häfen und endeten auch dort bzw. im Gemeinschaftsgebiet. Bei den Reisen waren keine Zustiegs- oder Ausstiegsmöglichkeiten vorgesehen, ein kurzzeitiges Verlassen des Schiffes für einige Stunden oder einen Tag für Besichtigungen war allerdings eingeplant. Das beklagte FA behandelte die Boutiqueverkäufe der Klägerin als steuerbare Umsätze, weil Start und Ziel des Schiffes jeweils im Gemeinschaftsgebiet gelegen hätten.  

     

    Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machte die Klägerin mit der Klage geltend, dass es bei den Reisen kurzfristige Zwischenaufenthalte in Häfen von Drittländern gegeben habe, sodass keine Beförderung „innerhalb des Gemeinschaftsgebiets“ vorliege (§ 3e UStG 1993). Nachdem das FG Düsseldorf (22.3.02, EFG 02, 1484) die Klage abgewiesen hatte, weil „Zwischenaufenthalte“ i.S. des § 3e UStG nur „Zu- und Aussteigehalte“ seien, legte der BFH im Revisionsverfahren dem EuGH die Frage vor, wie der Begriff „Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft“ i.S. des Art. 8 Abs. 1c 6. EG-RL (Richtlinie 77/388/EWG) auszulegen sei. Der EuGH (15.9.05, C-58/04, Abruf-Nr. 053529) beantwortete die Vorlagefrage dahingehend, dass Schiffsaufenthalte in Häfen von Drittländern, bei denen die Reisenden das Schiff – sei es auch nur für kurze Zeit – verlassen können, „Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft“ i.S. der EG-RL seien. Auf dieser Basis hat der BFH nunmehr das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur abschließenden Entscheidung zurückverwiesen.  

     

    Anmerkungen

    Der BFH entschied im Ausgangsfall die Rechtsfrage, wie der Begriff „Zwischenaufenthalt“ auszulegen ist, in Übereinstimmung mit dem EuGH. Liegt ein solcher „Zwischenaufenthalt“ in einem Drittland vor, ist nur während dessen Dauer die Steuerbarkeit entsprechender Umsätze an Bord des Reisemittels ausgesetzt. In diesem Fall besteht lediglich eine Besteuerungskompetenz des Drittstaates. Damit lebt vor und nach dem jeweiligen Zwischenaufenthalt des Beförderungsmittels das deutsche Besteuerungsrecht wieder auf, sodass entsprechende Umsätze im Inland steuerbar sind.