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  • 08.10.2009 | Bundesfinanzhof/EuGH

    Zellkultivierung als Gegenstandsbearbeitung

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen werden nach § 3a Abs. 2 Nr. 3c UStG am Tätigkeitsort erbracht. Durch Auftreten unter einer abweichenden USt-IdNr. hat der Leistungsempfänger allerdings die Möglichkeit, die Besteuerung in sein Land zu verlagern ( § 3a Abs. 2 Nr. 3c S. 2 UStG). In Bezug auf Gewebezüchtungsleistungen hat der BFH nun per Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH angefragt, ob insofern Gegenstandsbearbeitungen vorliegen und unter welchen Voraussetzungen die USt-IdNr. des Leistungsempfängers zur Ortsverlagerung führen könne (EuGH C-156/09, Vorinstanz: BFH 1.4.09, XI R 52/07, Abruf-Nr. 091645).

     

    Sachverhalt

    Eine in Deutschland ansässige AG bot ausländischen Leistungsempfängern (Ärzte, Krankenhäuser) Gewebezüchtungsleistungen an. Streitig war die umsatzsteuerliche Leistungsortsbestimmung. Das FA bestimmte den Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG. Selbst wenn man die Leistungen als Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen (§ 3a Abs. 2 Nr. 3c UStG) beurteile, so verlange Satz 2 dieser Vorschrift, dass der Leistungsempfänger die USt-IdNr. verwende und die AG sie nicht nur auf der Ausgangsrechnung aufführe. Der BFH hielt das für fraglich und legte dem EuGH die Fragen vor,  

     

    • ob wegen Art. 9 Abs. 2 Buchst. c 6. EG-RL die excorporale Vermehrung menschlicher Zellen als Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen beurteilt werden könne und, falls ja,

     

    • ob eine Ortsverlagerung wegen Verwenden einer von einem anderen Mitgliedsstaat erteilten USt-IdNr. i.S. von § 3a Abs. 2 Nr. 3c S. 2 UStG auch nach den Vorgaben des Art. 28b Teil F Unterabs. 1 der 6. EG-RL ein aktives Verwenden bzw. eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien voraussetze.

     

    Anmerkungen

    Für eine Einordnung des Knorpelmaterials als bewegliche körperliche Gegenstände spreche, so der BFH, dass Art.13 Teil A Abs. 1 Buchst. d. EG-RL die zur Transplantation in einen fremden Körper bestimmten menschlichen Organe als Gegenstand beurteile. Für fraglich hielt der BFH allerdings, ob entsprechendes auch bei autologen - also vom Patienten selbst stammende - Zellen oder Geweben gelten könne, oder ob diese aufgrund der nur vorübergehenden Trennung vom Körper noch eine gedachte Einheit mit diesem bildeten und sich daher eine Wertung als Gegenstand verbiete. Der BFH verweist hier auf das gemeinschaftsrechtliche Arzneimittelrecht, wonach der Einordnung als Arzneimittel - und damit als Gegenstand - nicht entgegen stehe, dass es lebensfähige Zellen oder Gewebe enthält - unabhängig davon, ob es sich dabei um autologes oder von Fremdspendern stammendes Körpermaterial handele. Demnach tendiert er dazu, auch bei autologen Zellzüchtungsverfahren von einer umsatzsteuerlichen Gegenstandsbearbeitung auszugehen, wobei seiner Ansicht nach auch die schlichte Vermehrung von Zellen eine Bearbeitung darstelle.