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  • 04.09.2008 | DBA

    Abfindungszahlungen – Aktuelle Entwicklungen zum abkommensrechtlichen Besteuerungsrecht

    von StB RA Dipl.-Jur. Tim Lühn, Düsseldorf

    Zwischen der deutschen Finanzverwaltung und der Schweiz, Belgien sowie den Niederlanden wurden Verständigungsvereinbarungen geschlossen, wonach das Besteuerungsrecht für Abfindungen je nach Hintergrund und Charakter der Zahlungen – entgegen dem abkommensrechtlichen Grundsatz – nicht nur dem Ansässigkeitsstaat, sondern auch dem Tätig­keitsstaat zugewiesen werden kann. Damit will die deutsche Finanzverwaltung ein deutsches abkommensrechtliches Besteuerungsrecht von Abfindungszahlungen sicherstellen. Der folgende Beitrag stellt die aktuellen Entwicklungen vor.  

    1. Besteuerung von Abfindungen nach nationalem Recht

    Abfindungszahlungen sind nach nationalem Steuerrecht bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht aufgrund des Welteinkommensprinzips als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach § 19 EStG in Deutschland steuerpflichtig. Bei nur beschränkter Einkommensteuerpflicht sind Abfindungszahlungen seit der Einführung von § 49 Abs. 1 Nr. 4 d) EStG mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2004 in Deutschland steuerpflichtig, wenn die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben. 

    2. Abfindungen im Abkommensrecht

    Nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 OECD-MA wird das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen, es sei denn, dass die Tätigkeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden ( Art. 15 Abs. 1 S. 1 2. HS S. 2 OECD-MA). Abfindungszahlungen an Arbeitnehmer werden als nachträglich gezahlte Tätigkeitsvergütungen dabei grundsätzlich den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit gemäß Art. 15 Abs. 1 OECD-MA zugeordnet. Entsprechend wird das Besteuerungsrecht für eine Abfindungszahlung dem Ansässigkeitsstaat und/oder dem Tätigkeitsstaat zugewiesen. 

     

    Seit der maßgeblichen Entscheidung des BFH mit Urteil vom 10.7.96 (I R 83/95, BStBl II 97, 341) sollen Abfindungszahlungen aber dann kein zusätzliches Entgelt für eine konkrete im In- oder Ausland ausgeübte Tätigkeit darstellen, wenn sie einem Arbeitnehmer anlässlich des Ausscheidens aus seinem Arbeitsverhältnis gezahlt werden und dem Übergang in eine neue Tätigkeit dienen. In diesem (Spezial-)Fall mangelt es nach Ansicht des BFH an einer Anknüpfung an eine konkrete inländische Tätigkeit, sodass vielmehr Einkünfte besonderer Art vorliegen (nämlich insbesondere der Erleichterung des Übergangs in den neuen Beruf bzw. der Zukunft dienende). Daher wird das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht – entgegen dem Grundsatz – nicht dem früheren Tätigkeitsstaat, sondern ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zugewiesen (Art. 15 Abs. 1 S. 1 1. HS OECD-MA). Der maßgebliche Zeitpunkt für die entsprechende Qualifikation des Rechtsgrundes der Abfindungszahlung und Zuweisung des Besteuerungsrechts ist dabei der Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung (BFH 24.2.98, BStBl II 98, 819 und 10.7.96, BStBl II 97, 341).