01.11.2005 | Der praktische Fall
Steuerfolgen beim Wegzug nach Großbritannien
Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz von Deutschland nach Großbritannien verlegen, können in Großbritannien mit der so genannten „Remittance-Basis-Besteuerung“ die Steuerlast auf Einkünfte, die außerhalb von Großbritannien erzielt werden, nach einem Zuzug deutlich reduzieren. Besonderen Charme hat diese Besteuerungsform im Zusammenspiel mit Regelungen des DBA zwischen Deutschland und Großbritannien, wenn der Wegziehende den Verkauf deutscher Kapitalgesellschaftsbeteiligungen plant. Der folgende Praxisfall soll dies verdeutlichen.
1. Sachverhalt
Die Eheleute M (50 Jahre alt) und F (48 Jahre alt) sind deutsche Staatsbürger und leben in Deutschland im Güterstand der Gütertrennung. M hält 72 v.H. der deutschen, nicht börsennotierten M-AG, diverse deutsche und ausländische Fonds-Beteiligungen, umfangreiche Festgeldkonten und ein umfangreiches Aktiendepot mit Streubesitz-Beteiligungen an deutschen und europäischen Einzelwerten bei seiner Hausbank in Deutschland. M und F denken über einen Wegzug nach Großbritannien nach. M fragt seine Berater, welche steuerlichen Folgen sich daraus ergeben und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich in diesem Zusammenhang anbieten. Er teilt ihnen noch mit, dass er kurz- bis mittelfristig über einen Verkauf seiner gesamten Beteiligung an der M-AG, jedenfalls eines umfangreichen Pakets, nachdenkt. Des weiteren möchte er seiner Frau F zu deren Absicherung in den nächsten Jahren substantielle Vermögenswerte zuwenden.
2. Steuerfolgen eines Wegzugs nach Großbritannien
Hinsichtlich der Fonds-Beteiligungen sowie des Aktien-Streubesitzes ist der Wegzug als solcher steuerneutral. Bezogen auf die Beteiligung an der M-AG wird aber die deutsche Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG ausgelöst. Nach dieser Regelung sind bei einer Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland die stillen Reserven in Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften i.S. des § 17 EStG nach § 6 Abs. 1 S. 1 AStG auch ohne Realisierungsvorgang beim Wegzug zu versteuern. Seit der Entscheidung des EuGH (11.3.04, Rs. Hughes de Lasteyrie du Saillant) zur französischen Wegzugsbesteuerung wird allerdings in der deutschen Literatur davon ausgegangen, dass die vergleichbare deutsche Regelung des § 6 AStG ebenfalls EG-rechtswidrig und damit unanwendbar ist (Knies, PIStB 04, 256).
Dennoch hält das BMF (8.6.05, BStBl I, 714) § 6 AStG mit bestimmten Einschränkungen aufrecht, bis die geplante, als Entwurf bereits vorliegende Neuregelung des § 6 AStG in Kraft tritt (vgl. Ettinger, PIStB 05, 196). Danach würde die Wegzugssteuer für M zwar festgesetzt, aber zunächst gestundet werden. Erst bei einer späteren Realisierung, z.B. beim geplanten Verkauf von Anteilen in Großbritannien, würde die Wegzugssteuer dann fällig werden. Die Remittance-Basis-Besteuerung stellt u.E. eine der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbare Steuerpflicht dar, so dass die Stundung gewährt werden muss.
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