05.07.2010 | Einkommensteuer
Berücksichtigung von Auslandsverlusten
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
Ein im Jahr 2003 in Österreich erzielter Verlust ist nicht aus europarechtlichen Gründen ohne ein Verlustfeststellungsverfahren nach § 10d EStG im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2004 zu berücksichtigen (BFH 24.2.10, IX R 57/09, Abruf-Nr. 101141). |
Sachverhalt
Die im Inland steuerpflichtige deutsche Klägerin lebte 2003 in Österreich, wo sie als Unternehmensberaterin einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte erzielte. Bereits Ende 2003 zog die Klägerin wieder nach Deutschland und war dort von 2004 bis 2006 ausschließlich als selbstständige Unternehmensberaterin tätig. Für das Streitjahr 2004 erklärte die Klägerin positive Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und machte gleichzeitig den Verlust aus der Einkommensteuerveranlagung in Österreich aus dem Jahr 2003 geltend. Das FA und FG berücksichtigten den Auslandsverlust nicht, weil dieser während der im Ausland bestehenden unbeschränkten Einkommensteuerpflicht zuvor hätte gesondert festgestellt werden müssen (§ 10d Abs. 4 S. 1 EStG). Die auf eine nicht europarechtskonforme Anwendung des nationalen Steuerrechts (§§ 2, 10d EStG) gestützte Revision war erfolglos.
Anmerkungen
Nach § 10d Abs. 4 S. 1 EStG ist der am Schluss des Veranlagungszeitraumes verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Der Verlustfeststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid (BFH 17.9.08, IX R 72/06, BStBl II 09, 639). Das bedeutet: Im Veranlagungsverfahren können nur solche Verluste aus anderen Veranlagungszeiträumen berücksichtigt werden, die gesondert festgestellt sind. Über die Frage, welche Verluste gesondert festzustellen sind, ist im Verfahren nach § 10d EStG zu entscheiden. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (10.12.00, C-480/98) ist nach Maßgabe des nationalen Steuerverfahrensrechts zu entscheiden, ob ein Verlust unter europarechtlichen Gesichtspunkten materiell-rechtlich abziehbar ist oder nicht. Folglich musste die Klage im Streitfall erfolglos bleiben, da ein Verfahren nach 10d EStG nicht durchgeführt worden war.
Praxishinweis
Das BFH-Urteil macht deutlich, wie wichtig die verfahrensrechtlichen Anforderungen der Verlustfeststellung nach § 10d EStG sind. Im schlimmsten Fall kann ein nicht genutzter Verlust ganz verloren gehen. Im Streitfall hatte der BFH deshalb keinerlei Anlass Stellung zu nehmen, wie die Klägerin denn ihren Verlustabzug noch hätte realisieren können. Materiell-rechtlich war § 10d EStG im Streitfall auf die in Österreich erzielten Verluste zwar nicht anwendbar, da die Klägerin im Jahr der Verlustentstehung weder im Inland unbeschränkt steuerpflichtig war (§ 1 Abs. 1 bis 3 EStG) noch die in Österreich erzielten Verluste inländischer Einkünfte eines im Inland beschränkt Steuerpflichtigen (§ 1 Abs. 4, §§ 49 ff. EStG) darstellen. Die Gewährung des Verlustabzugs scheiterte bereits verfahrensrechtlich, weil das Verfahren nach § 10d EStG nicht durchgeführt worden war.
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