05.12.2008 | EU-Verschmelzungsrichtlinie
Verschmelzung von ausländischen Tochtergesellschaften auf die deutsche Konzernmutter
von RA Dr. Stephan Ulrich, Maître en Droit, Düsseldorf
Unternehmensgruppen sind im In- und Ausland in der Vergangenheit durch die Gründung oder den Zukauf von Tochtergesellschaften gewachsen. Komplexe gesellschaftsrechtliche Unternehmensstrukturen sind die Folge. Mit dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Integration der EU erscheinen ausländische Tochtergesellschaften mehr und mehr hinderlich. Verschiedene Gründe sprechen für die Eliminierung ausländischer Tochtergesellschaften und die Fortführung des Geschäftsbetriebs unter Verzicht auf eine eigene legal entity. Zum einen akzeptieren Kunden heute innerhalb Europas im Regelfall die Aufnahme von Vertragsbeziehungen mit und die Belieferung durch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten. Zum anderen kann die Verringerung der Anzahl der rechtlich selbstständigen Einheiten im Konzern helfen, den Aufwand für die Beteiligungsverwaltung zu verringern. Darüber hinaus können Entscheidungsprozesse zentralisiert werden, wenn lokale Geschäftsführungsebenen eingespart werden. Ob die grenzüberschreitende Verschmelzung im Einzelfall rechtlich der richtige Weg zur Beseitigung einer ausländischen Tochtergesellschaft ist, bleibt jeweils zu prüfen. Spätestens seit Ablauf der Umsetzungsfrist der EU-Verschmelzungsrichtlinie am 15.12.07 steht jedenfalls das rechtliche Instrumentarium hierfür zur Verfügung (Richtlinie 2005/56/EG zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 310/1 vom 25.11.05 (RL)).
1. Beispielsfall
Das folgende Beispiel soll zur verständlichen Darstellung des Ablaufs einer grenzüberschreitenden Verschmelzung aus der Sichtweise der Unternehmenspraxis und der involvierten Berater dienen:
Sachverhalt |
Die deutsche S-AG hat den französischen Markt in der Vergangenheit über ihre 100-prozentige Tochtergesellschaft S-Sàrl (Société à responsabilité limitée) betreut, eine nach dem Modell der deutschen GmbH eingeführte französische Rechtsform einer haftungsbeschränkten Privatgesellschaft. Die S-AG möchte zukünftig die Geschäfte in Frankreich über eine Niederlassung direkt betreiben und beabsichtigt daher, die S-Sàrl up-stream auf die deutsche Mutter zu verschmelzen. |
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
Grenzüberschreitende Verschmelzungen waren in der Vergangenheit vom deutschen Gesetzgeber nicht vorgesehen. Praktiziert wurden für Verschmelzungen aus Deutschland heraus allerdings die sogenannten Anwachsungsmodelle. Dabei tritt der vorletzte Gesellschafter aus einer deutschen Personengesellschaft mit der Folge aus, dass das Vermögen der deutschen Personengesellschaft bei ihrem einzigen verbleibenden (ausländischen) Gesellschafter anwächst (hierzu etwa Engert in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 2004, Rn. 186 ff.).
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