01.04.2006 | Europäischer Gerichtshof
Berücksichtigung von Vermietungsverlusten bei Auslandsimmobilien
Erst vor kurzem hatte der EuGH (13.12.05, PIStB 06, 4) in der mit Spannung erwarteten Entscheidung „Marks & Spencer“ zur Verlustverrechnung ausländischer Tochtergesellschaften entschieden. In einem weiteren Urteil zur Verlustverrechnung nach § 2a EStG hat der EuGH (21.2.06, Rs. C-152/03, Ritter-Coulais, Abruf-Nr. 060598) nun festgestellt, dass das Verlustverrechnungsverbot bei der Vermietung von Auslands-immobilien gegen Europarecht verstößt. Damit rückt die inländische Berücksichtigung von Auslandsverlusten bei Immobilien, Betriebsstätten oder Tochtergesellschaften immer weiter in den Blick des öffentlichen Interesses und erhöht den Handlungsdruck für den Gesetzgeber. |
Sachverhalt
Die im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger, ein Ehepaar, erzielten im Streitjahr (1987) in Deutschland Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wohnten aber im selbstgenutzten Wohneigentum in Frankreich. Ein Ehegatte besaß die deutsche, der andere die deutsche und die französische Staatsangehörigkeit. Im Rahmen ihrer gemeinsamen Steuerveranlagung im Inland begehrten die Kläger die Berücksichtigung der Verluste ihrer selbstgenutzten Auslandsimmobilie, weil diese negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung in Frankreich unterlagen (Art. 3 Abs. 1 DBA-Frankreich). Demgemäß beantragten die Kläger die Berücksichtigung im Wege des negativen Progressionsvorbehalts (§ 32b Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG 87).
Nachdem ihr Einspruch und die erstinstanzliche Klage erfolglos blieben, verfolgten die Kläger ihr Ziel beim BFH weiter. In einem Vorabentscheidungsverfahren (Art. 234 EGV) hat der BFH dem EuGH die Frage gestellt, ob die Nichtabzugsfähigkeit von Verlusten von selbstgenutzten Auslands-immobilien gegen die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Folgt der EuGH dem nicht, soll er klären, ob die entsprechenden Grundfreiheiten verletzt sind, wenn die erwähnten Verluste auch nicht im Wege des negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden können (BFH 13.12.02, Wilke, PIStB 03, 115).
Anmerkungen
Im Ausgangsfall ging es um Verluste aus einer in Frankreich belegenen selbstgenutzten Immobilie, die im Streitjahr (1987) noch der Nutzungswertbesteuerung unterlag. Nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG 87 hatten Personen, die wie die Kläger in Deutschland arbeiteten, aber im eigenen Haus in einem anderen Mitgliedsstaat wohnten, wegen fehlender positiver Einkünfte im Mitgliedsstaat keinen Anspruch darauf, dass bei der Festsetzung ihres Einkommensteuersatzes die Verluste berücksichtigt wurden, die mit der Nutzung ihres Hauses verbunden waren. Im Gegensatz dazu konnten Personen, die in Deutschland arbeiteten und dort im eigenen Haus wohnten, ihre Verluste berücksichtigen. Schon der BFH (13.11.02, I R 13/02, Abruf-Nr. 030829) hatte sich in seinem Vorlagebeschluss eindeutig zu Gunsten der Kläger geäußert. Hiernach verstößt die unterschiedliche Behandlung in- und ausländischer negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Ermittlung der ESt-Bemessungsgrundlage bzw. des zu versteuernden Einkommens zur Berechnung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG 87 gegen die EU-Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV). Diese Regelung sei daher gemeinschaftsrechtswidrig.
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