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  • 01.05.2007 | Europäischer Gerichtshof

    Die Betriebstättenklausel im Visier des EuGH

    RA StB Dipl.-Volksw. Dr. Adrian Cloer und Dipl.-Kff. Nino Lavrelashivili, Berlin*
    Nachdem der EuGH kürzlich die britische Hinzurechnungsbesteuerung in der Rs. Cadbury Schweppes kippte und im Nachgang auch von der deutschen Regelung nicht mehr viel übrigbleiben dürfte, steht nun die Komplementärvorschrift des § 20 Abs. 2 AStG im Fokus des Gemeinschaftsrechts: Werden passive Einkünfte im Ausland niedrig besteuert und diese über eine Betriebsstätte erzielt, so kommt ungeachtet einer abkommensrechtlichen Freistellung nur die Anrechnungsmethode zur Anwendung und der Steuervorteil im Ausland geht verloren.

     

    Sachverhalt

    Steuerpflichtige mit Wohnsitz in Deutschland beteiligten sich an einer belgischen KG. Diese übernahm für ein deutsches Unternehmen die Finanzierungsfunktion und erzielte aus deutscher Sicht passive Einkünfte (Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter). Aufgrund der belgischen Steuerbegünstigung für Koordinierungszentren, die die KG in Anspruch nehmen konnte, lag aus deutscher Sicht eine Niedrigbesteuerung vor. Folglich kam es anstelle der gewünschten Freistellung zur Anwendung der Anrechnungsmethode. 

     

    Schlussanträge des Generalanwalts (GA)

    Der GA stellt in seinen Schlussanträgen fest, dass bei Vergleich eines innerstaatlichen mit einem grenzüberschreitenden Sachverhalt keine Benachteiligung vorliegt. Denn in beiden Fällen erfolgt die Besteuerung in Höhe des höheren deutschen Steuersatzes. Unter Anwendung des auch in der Rs. Cadbury Schweppes verwandten horizontalen Vergleichspaares, nämlich eines in Belgien und in einem anderen Staat investierenden Steuerpflichtigen, ergibt sich aber eine Ungleichbehandlung. Diese Beschränkung sei auch nicht zu rechtfertigen. Der GA weist darauf hin, dass die Frage der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit des Treaty-overrides nicht vom EuGH zu prüfen sei. 

     

    Praxishinweise

    Folgt der EuGH den Schlussanträgen des GA, so wäre § 20 Abs. 2 AStG nicht mehr anwendbar. Diese Regelung soll verhindern, dass die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung durch Aufsetzen einer Betriebsstättenstruktur umgangen werden. Ob auch in DBAs enthaltene Aktivitätsvorbehalte gemeinschaftsrechtswidrig sind, ist noch nicht geklärt. Zwar verneinte der EuGH in der Rs. D einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Meistbegünstigung, jedoch bezog sich dies nur auf den Quellenstaat und nicht auf den Ansässigkeitsstaat. Für Steuerpflichtige gilt darüber hinaus, missliebige Missbrauchsvorschriften darauf zu überprüfen, ob diese sich – gemeinschaftskonform – auf künstliche Strukturen beschränken oder im Wege eines Rundumschlags Sachverhalte pauschalierend sanktionieren. Mittelfristig kann die EuGH-Rechtsprechung dazu führen, dass missbräuchliche Gestaltungen wieder verstärkt im Rahmen von § 42 AO aufgegriffen werden.