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  • 09.03.2009 | Europäischer Gerichtshof

    Doppelte Buchwertverknüpfung nach dem UmwStG verstößt gegen EG-Vertrag

    von VRiFiG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe

    Im Jahre 1990 wurde die Fusionsrichtlinie (Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23.7.90) verabschiedet, die 1992 umgesetzt worden ist. Von Anfang an stand insbesondere die doppelte Buchwertverknüpfung nach § 23 Abs. 4 UmwStG im Mittelpunkt der Kritik. Diese sei weder so in der Richtlinie vorgesehen noch mit den Grundfreiheiten im EGV vereinbar. Trotzdem hat es bis zum Jahre 2005 gedauert, bis ein FG sich mit der Streitfrage beschäftigen konnte und im Sinne der herrschenden Meinung in der Literatur entschied. Der BFH, der von der unterlegenen Finanzverwaltung angerufen wurde, legte die Streitfrage dem EuGH vor, und der hat nun endlich Klarheit geschaffen: Die doppelte Buchwertverknüpfung als deutscher Sonderweg war nicht vereinbar mit der Fusionsrichtlinie (EuGH 11.12.08, C-285/07, Abruf-Nr. 090650).

     

    Sachverhalt

    Zur Unternehmensgruppe der inländischen A.T.-AG gehörte die C-GmbH, an der die A.T.-AG 89,5 % der Anteile hielt. Im April 2000 brachte die A.T.-AG diese Beteiligung in die französische G-SA ein und erhielt dafür im Wege der Kapitalerhöhung neue Aktien an dieser Gesellschaft. Diese Aktien, deren Börsenkurs in der Folgezeit stark sank, mussten aufgrund börsenaufsichtsrechtlicher Verpflichtungen binnen fünf Jahren veräußert werden. Nach der Einbringung wurden diese von der A.T.-AG an der C-GmbH gehaltenen Anteile bei der G-SA nicht mit ihrem bis dahin in der Steuerbilanz der A.T.-AG festgelegten Buchwert, sondern mit ihrem Verkehrswert angesetzt. Aufgrund dieses Teilwertansatzes in der Steuerbilanz der G-SA verweigerte das FA die Fortführung der historischen Buchwerte der veräußerten Anteile an der C-GmbH für die im Gegenzug erworbenen neuen Aktien an der G-SA. § 23 Abs. 4 S. 1 UmwStG verweise für die Bewertung der erhaltenen neuen Anteile auf § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG. Danach bestimmen sich die Anschaffungskosten für diese Anteile nach dem Wert, mit dem die aufnehmende Gesellschaft (hier G-SA) die eingebrachten Anteile ansetzt (s. auch BMF-Schreiben 25.3.98, BStBl I 98, 268). Das FA sah den Einbringungsvorgang infolgedessen als steuerpflichtig an und besteuerte einen Einbringungsgewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den ursprünglichen Anschaffungskosten der Anteile an der C-GmbH und ihrem Verkehrswert. Die Klage der A.T.-AG hatte in der ersten Instanz Erfolg (FG Baden-Württemberg 17.2.05, 6 K 209/02, EFG 05, 994). Das FA hat daraufhin beim BFH Revision eingelegt. Das Gericht hatte Zweifel, ob das Erfordernis der doppelten Buchwertverknüpfung bei grenzüberschreitenden Einbringungen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und hat daher dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BFH 7.3.07, I R 25/05, BStBl II 07, 679):  

     

    1. Steht Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 90/434 der Steuerregelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach welcher bei der Einbringung von Anteilen an einer EU-Kapitalgesellschaft in eine andere EU-Kapitalgesellschaft dem Einbringenden nur dann die Fortführung der Buchwerte der eingebrachten Anteile ermöglicht wird, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die eingebrachten Anteile ihrerseits mit den Buchwerten angesetzt hat (doppelte Buchwertverknüpfung)?

     

    2. Falls dies zu verneinen ist: Widerspricht die vorstehende Regelungslage Art. 43 EG und Art. 56 EG, obwohl die doppelte Buchwertverknüpfung auch bei der Einbringung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft verlangt wird?

     

    Anmerkungen

    Der EuGH geht von Ziel und Zweck des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 90/434 aus: Der Anteilstausch für sich allein darf keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen. Durch dieses Gebot der steuerlichen Neutralität soll gewährleistet werden, dass ein Austausch von Anteilen, der Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betrifft, nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert wird.