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  • 06.04.2009 | Europäischer Gerichtshof

    Zur Verlagerung des Besteuerungsorts bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Abweichend vom Grundsatz des Unternehmersitzortprinzips nach § 3a Abs. 1 UStG kann es bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen gemäß § 3a Abs. 3 i.V.m Abs. 4 UStG auch zur Leistungs- und Besteuerungsortsverlagerung zum Sitzort des Leistungsempfängers kommen. Der Anwendungsbereich dieser Regelung war allerdings bislang umstritten. Zu Beratungsleistungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) der 6. EG-RL (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG) hat der EuGH nun entschieden, dass es auch dann zur Besteuerungsortsverlagerung an den Sitz des unternehmerischen Leistungsempfänger kommt, wenn die Dienstleistung vom Empfänger für seinen außerunternehmerischen Bereich bezogen wurde (EuGH 6.11.06, C-291/07, Abruf-Nr. 090863).

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall ging es um die schwedische Stiftung S, die sich sowohl unternehmerisch als auch auf nichtwirtschaftlichem (außerunternehmerischem) Gebiet betätigte. Ihr Betätigungsbereich bestand zum einen in der Zahlung von Abfindungen an gekündigte Arbeitnehmer sowie in der Förderung solcher Arbeitnehmer durch Fortbildungs- und Umschulungsangebote. Zum anderen war sie in der Beratung und Unterstützung von Unternehmen mit Personalüberhang sowie bei Betriebsverlagerungen tätig. Die S beabsichtigte für ihren außerunternehmerischen Tätigkeitsbereich den Bezug von Beratungsdienstleistungen von einem in Dänemark ansässigen Unternehmen. Sie beantragte bei den schwedischen Steuerbehörden einen Vorbescheid über die Frage, ob der Leistungsort in Dänemark oder in Schweden liege und dementsprechend dänische oder schwedische Mehrwertsteuer anfalle. Als die Steuerbehörden diese Anfrage mit einer Besteuerungsortsverlagerung nach Schweden beschieden, erhob die S Klage mit der Begründung, sie sei zwar Unternehmerin, aber der fragliche Leistungsbezug sei für ihren außerunternehmerischen Bereich bestimmt, sodass die Besteuerungsortsverlagerung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) der 6. EG-RL nicht greife. Das schwedische Gericht fragte daraufhin beim EuGH an, ob die Vorschrift auch bei außerunternehmerischen Bezügen eines unternehmerisch tätigen Leistungsempfängers zur Anwendung komme. Der EuGH hat dies nun bejaht.  

     

    Anmerkungen

    Der EuGH weist zunächst darauf hin, dass der Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) der 6. EG-RL keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass seine Anwendung einen Leistungsbezug für den wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich des Leistungsempfängers voraussetze. Im Gegensatz hierzu betone die 6. EG-RL an anderer Stelle (Art. 2 Nr. 1 oder Art. 17 Abs. 2) die Notwendigkeit einer solchen Voraussetzung. Im Umkehrschluss sei demnach davon auszugehen, dass die Verwendung der fraglichen Dienstleistung im außerunternehmerischen Tätigkeitsbereich des (ansonsten) unternehmerischen Leistungsempfängers der Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen stehe.  

     

    Eine solche Auslegung hält der EuGH auch für sinn- und zweckmäßig. Denn mit Art. 9 der 6. EG-RL sollten Besteuerungskonflikte in Form einer Doppel- oder Nichtbesteuerung vermieden werden. Das setzt eine leichte und eindeutige Auslegung für die Beteiligten voraus. Dies sei bei dem vorstehenden Auslegungsverständnis gegeben. Denn um zu klären, ob Art. 9 der 6. EG-RL eine Besteuerungsortsverlagerung zum Leistungsempfänger verfüge, bräuchte der leistende Unternehmer dann nur zu ermitteln, ob der Empfänger Unternehmer sei, aber nicht - was für ihn häufig kaum feststellbar wäre - ob die fragliche Leistung auch für dessen unternehmerische Sphäre bestimmt sei.