09.06.2009 | Griechenland
Der deutsch-griechische Erbfall
von RA FA Steuerrecht Dr. Marc Jülicher, Bonn
Deutsch-griechische Erbfälle sind nicht selten, aber auch nicht einfach zu lösen. Dies liegt neben den ausgeprägt verschiedenen Zivilrechten beider Staaten auch am Anwendungskonflikt der Rechtsordnungen bei Doppelstaatsangehörigen. Die erbschaftsteuerliche Behandlung des Vermögensanfalls wird darüber hinaus auch durch die Anwendung eines sehr alten DBA vom Anfang des 20. Jahrhunderts erschwert, das zunächst nur schwer verständlich erscheint.
1. Internationales Privatrecht (IPR)
Im griechischen Internationalen Privatrecht bestimmt sich das maßgebliche Erbrecht mangels Rechtswahl nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Todeszeitpunkt (Art. 28 IPRG). Wohnsitze sind insoweit zunächst bedeutungslos. Für unbewegliches Vermögen greift keine „Nachlassspaltung“. Es sind aber eher sachenrechtliche Formerfordernisse bei der Umschreibung griechischer Grundstücke für den Nachlass eines Ausländers zu beachten. Im deutsch-griechischen Verhältnis ist aufgrund des übereinstimmend angewandten Staatsangehörigkeitsrechts kein Konflikt zu erwarten, außer bei Doppelstaatsangehörigen (Deutsch-Griechen), die wegen des Vorrangs jeweils der eigenen Staatsangehörigkeit in beiden Staaten unterschiedlich beurteilt werden.
Wird im griechischen IPRG auf eine ausländische Rechtsordnung verwiesen, zielt der Verweis zunächst auf das Internationale Privatrecht dieses Staates, nicht etwa direkt auf dessen materielles innerstaatliches Erbrecht. Dort kann der Verweis angenommen werden oder z.B. auch in das griechische Recht zurückverwiesen werden; dann wird die Verweiskette abgebrochen (sog. Gesamtverweisung ggf. mit Rückverweisung; zur Parallele im deutschen Recht vgl. Art. 4 Abs. 1 S. 1 und 2 EGBGB).
Das anwendbare Erbrecht bestimmt grundsätzlich alle mit dem Erbfall zusammenhängenden Fragen, auch das Pflichtteilsrecht. Nach einer Sonderregelung aus dem Jahr 1987 (vgl. Stamatiadis, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2007, 688) gilt allerdings für griechische Staatsangehörige, die zum Zeitpunkt ihres Todes bereits 25 Jahre ununterbrochen im Ausland lebten, für im Ausland befindliches Vermögen nicht mehr griechisches Pflichtteilsrecht, sondern das Recht der betroffenen Rechtsordnung. Das gilt auch dann, wenn es vom griechischen, zumeist strengeren Pflichtteilsrecht in Form eines dinglichen Noterbrechts abweicht.
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