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  • 05.05.2011 | Innergemeinschaftliche Lieferung

    Neues zur Bestimmung der „bewegten Lieferung“ im Reihengeschäft

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Bei einem umsatzsteuerlichen Reihengeschäft über die Grenze in einen anderen EU-Staat ist zur Bestimmung der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung eine vorgreifliche Festlegung der „bewegten Lieferung“ erforderlich. Hierzu hat der EuGH nun erstmals entsprechende Zuordnungsgrundsätze aufgestellt, die mit der bisherigen Verwaltungsauffassung nicht vollständig übereinstimmen (EuGH 16.12.10, C-430/09, Euro Tyre Holding BV, Abruf-Nr. 110178).

     

    Sachverhalt

    Die in den Niederlanden ansässige ETH betrieb einen Kfz-Zubehörhandel. Insofern schloss sie mit der in Belgien ansässigen BE1 Verträge über die Lieferung von Reifen zu den Lieferkonditionen „ab Lager Venlo" ab, d.h. eine Abholung nach Belgien auf Rechnung und Gefahr der BE1. Ferner hatte BE1 mit der gleichfalls in Belgien ansässigen BE2 eine Weiterlieferung der Reifen zu den Lieferkonditionen „frei Haus BE2“ - Transport für Rechnung und auf Gefahr der BE1 - vereinbart. Die Ware wurde dabei von BE1 im Lager der ETH in Venlo abgeholt und unmittelbar bei der BE2 in Belgien angeliefert. Dabei bestand die Besonderheit, dass die BE1 sich zur Transportdurchführung Lkw nebst Fahrer bediente, die sie von der BE2 angemietet hatte. Der Fahrer übergab der ETH bei der Abholung eine von ihm unterzeichnete Erklärung, dass die Ware nach Belgien befördert werde. Der ETH wurde dabei nachträglich mitgeteilt, dass das Transportziel nicht die Unternehmensanschrift der BE1, sondern das Lager der BE2 in Belgien gewesen sei. Da BE1 bei den Reifenbestellungen gegenüber ETH mit ihrer belgischen USt-IdNr. auftrat, erteilte die ETH ihr insofern Rechnungen über steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.  

     

    Die niederländische Finanzverwaltung verneinte diese Exportsteuerbefreiung dagegen mit der Begründung, der von BE1 durchgeführte Warentransport sei der nachfolgenden Lieferung BE1 an BE2 zuzuordnen und daher sei nicht die Lieferung der ETH, sondern die in der Kette nachfolgende Lieferung der BE1 die umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Nach Einsprüchen und nachfolgendem Klageverfahren fragte das niederländische Gericht beim EuGH an, welche Umsatzsteuerfolgen sich bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft im Fall eines Warentransports durch den mittleren Unternehmer im Hinblick auf die Warenbewegungszuordnung und die Exportsteuerbefreiung ergeben.  

     

    Anmerkungen

    Der EuGH bekräftigte die bereits in der Entscheidung EMAG (EuGH 6.4.06, C-245/04, DStR 06, 699) diskutierte These, dass bei Reihengeschäften mit innergemeinschaftlicher Beförderung/Versendung die Warenbewegung nur einem der beiden Liefervorgänge zugeordnet werden könne und dabei nur für die so ermittelte „bewegte Lieferung" eine Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung i.S. von Art. 28c Teil A Buchst. a) Unterabs. 1 der 6. EG-RL (§ 6a UStG) in Betracht komme. Bislang fehlten in der EuGH-Rechtsprechung jedoch entsprechende Zuordnungskriterien zur Bestimmung der „bewegten Lieferung". Auch das Unionsrecht enthält keine klaren Regelungen, unter welchen Voraussetzungen bei der Beförderung oder Versendung durch den mittleren Unternehmer seine Warenbewegung der von ihm bezogenen oder der von ihm getätigten Lieferung zuzuordnen sei.