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  • 08.09.2010 | Innergemeinschaftlicher Erwerb

    Ausnahmen vom Vorsteuerabzug

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Anders als beim rechnungsgebundenen Vorsteuerabzug des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG macht § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG den Vorsteuerabzug nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig. Der Unternehmer konnte bislang davon ausgehen, dass ihm aus der auf innergemeinschaftliche Erwerbe von ihm geschuldeten Umsatzsteuer auch stets der korrespondierende Vorsteuerabzug zustand. In einem niederländischen Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH jedoch klargestellt, dass es auch hier Einschränkungen beim Vorsteuerabzug geben kann (EuGH 22.4.10, C-536/08, Abruf-Nr. 102683 und EuGH 22.4.10, C-539/08, Abruf-Nr. 102684).

     

    Vorlageverfahren

    Die in den Niederlanden ansässige Unternehmerin NL handelte mit Computerbauteilen, die sie in anderen EU-Staaten erwarb und innerhalb der EU weiterveräußerte. So kaufte sie vom deutschen Unternehmer DE Komponenten und verkaufte diese unmittelbar an den in Zypern ansässigen - aber unter einem griechischen Fiskalvertreter auftretenden - Abnehmer CY weiter, die CY wiederum an den spanischen Händler ES veräußerte. Die Ware wurde dabei von Deutschland unmittelbar nach Spanien transportiert. Beim Wareneinkauf trat NL mit seiner niederländischen USt-IdNr. auf und fakturierte gegenüber CY eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung - allerdings unter Angabe der USt-IdNr. des griechischen Fiskalvertreters. Bei späteren Prüfungen stellte sich heraus, dass CY weder unter der zypriotischen, noch unter der griechischen USt-IdNr. innergemeinschaftliche Erwerbe oder Lieferungen erklärt hatten und auch ES in Spanien weder steuerlich registriert war, noch die Erwerbe erwerbsbesteuert hatte.  

     

    Der niederländische Fiskus ging davon aus, dass die Erwerbsumsatzsteuer gemäß Art. 28b Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL in Spanien abzuführen sei, aber NL zusätzlich - bis zum Beweis der Umsatzversteuerung in Spanien - gemäß Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL auch in den Niederlanden eine Erwerbsumsatzsteuer schulde, die ihn jedoch nicht zum korrespondierenden Vorsteuerabzug berechtige. Diese Sichtweise des niederländischen Fiskus bestätigte der EuGH in seiner Entscheidung.  

     

    Anmerkungen

    Der EuGH betont zwar einleitend, das Recht auf Vorsteuerabzug sei Bestandteil des Mehrwertsteuersystems. Zweck des Dualismus zwischen Art. 28b Teil A Abs. 1 und Abs. 2 der 6. EG-RL (Art. 40 und 41 MwStSystRL) sei es jedoch, die Erwerbsbesteuerung im Warenbestimmungsland - und damit mutmaßlich auch Endverbrauchsland - sicherzustellen und bis zum Beweis der dortigen Besteuerung eine Erwerbsbesteuerung (zusätzlich) in jenem Staat vorzunehmen unter dessen USt-IdNr. der Erwerber aufgetreten sei. Während die Entlastung hinsichtlich der ersteren Erwerbsumsatzsteuer (im Warenbestimmungsland) über den regulären Vorsteuerabzug erfolge, sehe Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL hinsichtlich der Erwerbsumsatzsteuer im „vom Bestimmungsland abweichenden Land der USt-IdNr.-Ausgabe“ eine Entlastung nur im Wege der Besteuerungsstornierung nach erfolgtem Nachweis der Bestimmungslandsbesteuerung vor. Ein Vorsteuerabzug hinsichtlich der letztgenannten Erwerbsumsatzsteuer sei daher systematisch ausgeschlossen, denn er würde auch den vom Richtliniengeber konzipierten Anreiz zum Nachweis der Bestimmungslandsbesteuerung untergraben.