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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Die grenzüberschreitende Verschmelzung einer deutschen Kapitalgesellschaft

    von StB Dipl.-Kfm. (FH) Sören Goebel, StB Fachberater IStR Dipl.-Fw. (FH) Markus Ungemach, MBA, beide Dortmund, StB Dr. Markus Stefaner, Wien, StB Frank Steevensz, Venlo, RA Stéphane Thomas und RA Valérie Fluck, beide Straßbourg

    | Das SEStEG (7.12.06, BGBl I 06, 2782) hat das Umwandlungssteuerrecht internationalisiert. Ist das Umwandlungssteuerrecht schon vorher eine komplexe Rechtsmaterie gewesen, muss der Rechtsanwender sich nunmehr auch mit den Regelungen einschlägiger DBA sowie möglichen Implikationen aus Sicht der nationalen Steuerrechtsordnungen der vom Umwandlungsvorgang betroffenen ausländischen Staaten befassen. Anhand eines praxisrelevanten Beispielsfalls werden die Folgen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung im Verhältnis zu Österreich, den Niederlanden und Frankreich aufgezeigt. |

    1. Sachverhalt

    Die in Deutschland ansässige A-GmbH soll grenzüberschreitend auf die in

     

    • Fall 1: Österreich ansässige Ö-GmbH
    • Fall 2: den Niederlanden ansässige NL-BV
    • Fall 3: Frankreich ansässige F-SAS

     

    verschmolzen werden. Die A-GmbH unterhält eine Produktions-Betriebsstätte in

     

    • Fall 1: Österreich
    • Fall 2: den Niederlanden
    • Fall 3: Frankreich,

     

    in welcher hohe stille Reserven gebunden sind.

     

    Gesellschafter der A-GmbH und der Ö-GmbH bzw. NL-BV bzw. F-SAS sind jeweils zu 50 % die in Deutschland ansässige natürliche Person A sowie

     

    • Fall 1: zu 50 % die in Österreich ansässige natürliche Person B
    • Fall 2: zu 50 % die in den Niederlanden ansässige natürliche Person B
    • Fall 3: zu 50 % die in Frankreich ansässige natürliche Person B.

     

    A und B halten ihre Beteiligungen an der A-GmbH sowie Ö-GmbH bzw. NL-BV bzw. F-SAS jeweils im Privatvermögen. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 UmwStG sollen als erfüllt angesehen werden. Es ist davon auszugehen, dass die der inländischen sowie der österreichischen bzw. niederländischen bzw. französischen Betriebsstätte der A-GmbH vor der Verschmelzung jeweils zuzuordnenden Wirtschaftsgüter auch nach der Verschmelzung der jeweiligen Betriebsstätte in funktionaler Hinsicht zuzuordnen sind.

     

    In den maßgebenden DBA ist jeweils zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für die Gewinne aus der Veräußerung der der österreichischen bzw. niederländischen bzw. französischen Betriebsstätte zuzurechnenden Wirtschaftsgüter aufgrund des Betriebsstättenprinzips die Anwendung der Freistellungsmethode durch Deutschland als Ansässigkeitsstaat der A-GmbH vorgesehen (s. Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-Ö, Art. 5 Abs. 1 u. 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 DBA D-NL bzw. Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-NL 2012, Art. 4 Abs. 1 u. 4 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-F).

     

    Das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der A-GmbH bzw. Ö-GmbH bzw. NL-BV bzw. F-SAS steht dem Ansässigkeitsstaat des jeweiligen Gesellschafters zu (s. Art. 13 Abs. 5 DBA D-Ö, Art. 8 Abs. 1 DBA D-NL bzw. Art. 13 Abs. 5 DBA D-NL 2012, Art. 7 Abs. 1 DBA D-F).

     

     

    2. Lösungshinweise

    Bei einer Verschmelzung geht Vermögen von der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft über, woraufhin die übertragende Gesellschaft zu bestehen aufhört. Die Rechtsfolgen des Praxisfalls müssen nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften der beteiligten Staaten überprüft werden.

     

    2.1 Deutschland

    Grundsätzlich sieht § 11 Abs. 1 UmwStG vor, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden A-GmbH mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind.

     

    MERKE | Abweichend davon kann die A-GmbH den Buchwert- oder einen Zwischenwertansatz wählen, soweit es u.a. gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG verschmelzungsbedingt nicht zu einem Ausschluss bzw. nicht zu einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter kommt (s. Rn. 11.09 i.V.m. Rn. 03.18 - 03.20 UmwStE).

     

    • a) Inländisches Betriebsstättenvermögen: Nach der Verschmelzung wird das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung der der inländischen Betriebsstätte zuzuordnenden Wirtschaftsgüter weiterhin Deutschland als Betriebsstättenstaat zugewiesen (s. Art. 13 Abs. 3 DBA D-Ö, Art. 5 Abs. 1 u. 3 DBA D-NL bzw. Art. 13 Abs. 3 DBA D-NL 2012, Art. 4 Abs. 1 u. 4 DBA D-F). Sowohl vor als auch nach der Verschmelzung hat Deutschland ein Besteuerungsrecht. Unter der im Sachverhalt getroffenen Annahme, wonach sich nach der Verschmelzung in funktionaler Hinsicht keinerlei Veränderungen in der Zuordnung der Wirtschaftsgüter zur inländischen Betriebsstätte ergeben sollen, wird das deutsche Besteuerungsrecht daher weder ausgeschlossen noch beschränkt (s. Goebel/Ungemach/Glaser in W/S/G, § 11 UmwStG Rn. 17 m.w.N.). Die A-GmbH kann also für das inländische Betriebsvermögen gemäß § 11 Abs. 2 UmwStG den Buchwert- oder einen Zwischenwertansatz wählen.

     

    • b) Ausländisches Betriebsstättenvermögen: Das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung der der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnenden Wirtschaftsgüter steht bereits vor der Verschmelzung dem jeweiligen Betriebsstättenstaat zu (Österreich bzw. Niederlande bzw. Frankreich zu (s. Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-Ö, Art. 13 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-NL 2012, Art. 4 Abs. 1 u. 4 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a) DBA D-F). Somit mangelt es bereits vor der Verschmelzung an einem deutschen Besteuerungsrecht, sodass demzufolge ein Ausschluss bzw. eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nicht möglich ist (s. Goebel/Ungemach/Glaser in W/S/G, § 11 UmwStG Rn. 18; Rödder in R/H/vL, § 11 UmwStG Rn. 119 u. 127; Schmitt in S/H/S, § 11 UmwStG Rn. 117).

     

    Die Anteile an der übertragenden A-GmbH gelten grundsätzlich gemäß § 13 Abs. 1 UmwStG als zum gemeinen Wert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile an der übernehmenden Körperschaft (Ö-GmbH bzw. NL-BV bzw. F-SAS) gelten als zum gemeinen Wert angeschafft.

     

    MERKE | Nach § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 3 UmwStG ist es auf Antrag möglich, die Anteile an der übernehmenden Körperschaft mit den Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden A-GmbH anzusetzen, sofern das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft weder ausgeschlossen noch beschränkt wird.

     

    Das deutsche Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft wird in Bezug auf den in Deutschland ansässigen Gesellschafter A nicht ausgeschlossen oder beschränkt. Dieses steht nach dem jeweils maßgebenden DBA Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters A zu (s. Art. 13 Abs. 5 DBA D-Ö, Art. 8 Abs. 1 DBA D-NL bzw. Art. 13 Abs. 5 DBA D-NL 2012, Art. 7 Abs. 1 DBA D-F). Ein Ansatz der Anschaffungskosten ist gemäß § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 3 UmwStG daher möglich (s. Trossen in R/H/vL, § 13 UmwStG Rn. 37).

     

    Das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an der A-GmbH bzw. Ö-GmbH bzw. NL-BV bzw. F-SAS steht dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters B (Österreich bzw. die Niederlande bzw. Frankreich) zu (s. Art. 13 Abs. 5 DBA D-Ö, Art. 8 Abs. 1 DBA D-NL bzw. Art. 13 Abs. 5 DBA D-NL 2012, Art. 7 Abs. 1 DBA D-F). Es besteht vor der Verschmelzung demnach kein deutsches Besteuerungsrecht, welches im Zuge der Verschmelzung ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte (s. Trossen in R/H/vL, § 13 UmwStG Rn. 32).

     

    2.2 Österreich (Fall 1)

    Gemäß § 1 Abs. 1 des österreichischen Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) ist Art. I UmgrStG (§§ 1 bis 6 UmgrStG - Verschmelzung) auch auf grenzüberschreitende Verschmelzungen einer EU-Kapitalgesellschaft auf eine österreichische GmbH anwendbar. Voraussetzung ist u.a., dass das österreichische Besteuerungsrecht am Vermögen nicht eingeschränkt wird. Wird kein Vermögen aus Österreich einer etwaig verbleibenden deutschen Betriebsstätte zugeordnet, wird auch kein österreichisches Besteuerungsrecht eingeschränkt.

     

    Gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Z 1 UmgrStG übernimmt die Ö-GmbH das Vermögen zu steuerlichen Buchwerten. Daher unterbleibt eine Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven der österreichischen Betriebsstätte der A-GmbH. Diese werden von der Ö-GmbH weitergeführt. Soweit ein Besteuerungsrecht am Vermögen entsteht, können Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert angesetzt werden (§ 3 Abs. 1 Z 2 UmgrStG).

     

    Achtung | Die Finanzverwaltung geht offenbar davon aus, dass eine Erweiterung des Besteuerungsrechts nur bei Auslandsvermögen vorliegt, bei dem die Doppelbesteuerung nicht oder mittels Anrechnungsmethode vermieden wird, (UmgrStR Rn. 160c; m.E. fälschlich - vgl. zur vergleichbaren Frage bei Art. II UmgrStG Stefaner in Kofler, UmgrStG § 9 Rn. 43 m.w.N.). Nach der Verwaltungspraxis könnten daher beim Vermögen der deutschen Betriebsstätte die gemeinen Werte nicht angesetzt werden. Stattdessen wären die Buchwerte fortzuführen.

     

    Durch die Verschmelzung kommt es zu keiner Anteilsverschiebung. Aufgrund der Beteiligungsidentität kann i.d.R. auch eine Ausgabe von Anteilen unterbleiben. In diesem Fall sind die maßgebenden steuerlichen Werte (Buchwerte bzw. Anschaffungskosten) der Anteile an der übertragenden Körperschaft den Anteilen an der übernehmenden Körperschaft zuzurechnen (§ 5 Abs. 5 UmgrStG). Durch die Verschmelzung kommt es weder zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts am Vermögen (dies ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 UmgrStG auch für die Anteilsebene relevant) noch in den Anteilen. Da keine Spezialregel greift, bleibt es bei der Fortführung der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten.

     

    2.3 Niederlande (Fall 2)

    2.3.1 Niederländische Körperschaftsteuer 

    In dem hier zu beurteilenden Fall ist die übertragende A-GmbH nicht in den Niederlanden ansässig. Sofern sich die Verschmelzung auf die Aktivitäten und das Vermögen der A-GmbH in Deutschland bezieht, ist diese für das niederländische Steuerrecht nicht relevant. Nach der Verschmelzung setzt die übernehmende NL-BV die Unternehmensaktivitäten der A-GmbH in Deutschland fort. Sie verfügt dann in Deutschland über eine Betriebsstätte. Das Besteuerungsrecht für laufende Gewinne und Veräußerungsgewinne aus dieser Betriebsstätte steht aus abkommensrechtlicher Sicht Deutschland zu. Die Niederlande gewähren eine Freistellung.

     

    Eine andere steuerrechtliche Beurteilung ergibt sich für die Aktivitäten und das Vermögen in den Niederlanden. Bis zur Verschmelzung unterliegt die A-GmbH hinsichtlich der Ergebnisse aus der Betriebsstätte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht in den Niederlanden (s. Art. 17 des niederländischen KStG [NL-KStG; Wet op de Vennootschapsbelasting]). Beim Übergang der Aktivitäten und des Vermögens muss die A-GmbH grundsätzlich in den Niederlanden den Mehrwert des Vermögens versteuern, sofern sich dieser auf die Betriebsstätte in den Niederlanden bezieht, da dafür nach dem DBA D-NL das Besteuerungsrecht den Niederlanden zugewiesen wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Gemäß Art. 14b NL-KStG besteht die Möglichkeit, dass - unter bestimmten Voraussetzungen - beim Übergang der Aktivitäten und des Vermögens von einer Besteuerung abgesehen werden kann. Auch von einem beschränkt Steuerpflichtigen (hier: A-GmbH) kann Art. 14b NL-KStG in Anspruch genommen werden, wenn dieser in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist (s. Art. 14b Abs. 8 und Art. 18 Abs. 1 NL-KStG).

     

    Ausgehend davon, dass auf Ebene der A-GmbH eine Besteuerung mit Körperschaftsteuer in den Niederlanden möglichst unterbleiben soll, wird die A-GmbH Art. 14b NL-KStG in Anspruch nehmen wollen. In diesem Fall weist die übernehmende NL-BV nach der Verschmelzung das auf sie übergegangene Betriebsvermögen des fortzusetzenden niederländischen Unternehmens (Betriebsstätte) mit den steuerrechtlichen Buchwerten in ihrer Bilanz aus.

     

    2.3.2 Niederländische Einkommensteuer

    Infolge der Verschmelzung liegt bei den natürlichen Personen A und B eine fiktive Veräußerung der Geschäftsanteile an der A-GmbH vor. Die fiktive Veräußerung durch die natürliche Person A (in Deutschland wohnhaft) ist für das niederländische Steuerrecht nicht relevant.

     

    Bei der natürlichen Person B verhält sich dies anders, weil B in den Niederlanden wohnhaft ist. Wie bereits in den Ausführungen zu Deutschland dargestellt, steht das Besteuerungsrecht hinsichtlich des (fiktiven) Veräußerungsgewinns ausschließlich den Niederlanden (als Wohnsitzland des B) zu. B hat sowohl an der A-GmbH als auch an der NL-BV jeweils eine Beteiligung von mehr als 5 %. Somit gelten beide Beteiligungen als sog. wesentliche Beteiligungen (aanmerkelijk belang) i.S.d. niederländischen Einkommensteuergesetzes (NL-EStG; Wet inkomstenbelasting). Vorteile aus einer wesentlichen Beteiligung werden mit einem Steuersatz von 25 % in Box 2 besteuert (s. ausführlich zum Boxensystem nach dem niederländischen Einkommensteuerrecht s. Lühn, PIStB 13, 302). Dies gilt grundsätzlich auch für den fiktiven Veräußerungsgewinn aus den Anteilen an der A-GmbH infolge der Verschmelzung (s. Art. 4.16 Abs. 1d NL-EStG).

     

    PRAXISHINWEIS | Bei der Verschmelzung hat B jedoch die Möglichkeit, die Verlagerungsvergünstigung gemäß Art. 4.41 Abs. 3 NL-EStG in Anspruch zu nehmen. Dadurch braucht B bei der Verschmelzung keine Einkommensteuer zu entrichten, sondern verlagert den ursprünglichen Anschaffungspreis für seine Anteile an der A-GmbH auf seine Anteile an der NL-BV. Der Anspruch der niederländischen Finanzverwaltung auf Besteuerung des Wertzuwachses in den Anteilen bleibt dadurch gewährleistet. Wenn B in der Zukunft die Anteile an der NL-BV veräußern sollte, müsste er den sich zum Zeitpunkt der Verschmelzung ergebenden Mehrwert seiner Anteile an der A-GmbH versteuern.

     

    2.4 Frankreich (Fall 3)

    2.4.1 Französische Körperschaftsteuer

    Aus steuerrechtlicher Sicht ist die Verschmelzung zwischen der A-GmbH und der F-SAS wie ein Betreiberwechsel auf Ebene der französischen Betriebsstätte zu behandeln. Der Wechsel des Betreibers hat grundsätzlich die gleichen Auswirkungen wie die Schließung eines Unternehmens, im Einzelnen:

     

    • Unverzügliche Besteuerung der Gewinne der Betriebsstätte, die seit dem ersten Tag des laufenden Geschäftsjahres, in dessen Verlauf die Verschmelzung eingetreten ist, bis zum Eintritt des steuerlichen und buchhalterischen Stichtags der Verschmelzung erzielt wurden.

     

    • Unverzügliche Besteuerung der im Zuge der Verschmelzung aufgelösten stillen Reserven, der Gewinne, deren Besteuerung aufgeschoben wurde, sowie der noch nicht aufgelösten Rückstellungen, die im Zusammenhang mit der Geschäftsaktivität der französischen Betriebsstätte gebildet wurden.

     

    • Besteuerung wie im Fall einer Dividendenausschüttung für Anteile, die im Gegenzug zu einer Einbringung im Rahmen einer Verschmelzung gewährt werden.

     

    Grundsätzlich kann die Übertragung einer französischen Betriebsstätte im Rahmen einer Verschmelzung zwischen der A-GmbH und der F-SAS in den Genuss der in Art. 210 A des französisches Steuergesetzbuches (F-StGB; Code général des impôts) vorgesehenen Vorzugsbehandlung für Verschmelzungen kommen, sofern die übernehmende Gesellschaft im Rahmen des Verschmelzungsvertrages alle in Art. 210 A F-StGB vorgesehenen Verpflichtungen übernimmt. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Verpflichtungen,

     

    • Veräußerungsgewinne aus der späteren Veräußerung der nicht abschreibungsfähigen Vermögensgegenstände aufgrund ihrer Buchwerte innerhalb der übertragenden Gesellschaft zu kalkulieren bzw. die Rückstellungen der übertragenden Gesellschaft in den Büchern der übernehmenden Gesellschaft zu übernehmen und

     

    • gegenüber den französischen Steuerbehörden bestimmte Informationen offenzulegen.

     

    Die französischen Rechnungslegungsstandards in Bezug auf die Umschreibung von Verschmelzungen sind im vorliegenden Fall anwendbar, da es sich bei dem übernehmenden Unternehmen um eine französische Gesellschaft handelt.

     

    Die Verschmelzung ist aus buchhalterischer Sicht zwingend mit ihrem Marktwert anzusetzen, sofern die beteiligten Gesellschaften gemeinsam von natürlichen Personen gehalten werden.

     

    Bei Inanspruchnahme der Vorzugsbehandlungen für Verschmelzungen, stellen sich die Auswirkungen der Verschmelzung wie folgt dar:

     

    • Die Gewinne, deren Besteuerung aufgeschoben ist, sind nicht steuerpflichtig und die Rückstellungen für den übertragenen Geschäftsbetrieb werden nicht aufgelöst, sondern verbleiben in der Bilanz der F-SAS.

     

    • Die Zuteilung der Anteile an der F-SAS an die ehemaligen Gesellschafter der A-GmbH (A und B) ist in Frankreich nicht steuerbar (Art. 115.1 und Art. 121 F-StGB).

     

    • Da die Verschmelzung zum Marktwert vollzogen wird, gilt für Veräußerungsgewinne, die sich für nicht abschreibbare Sachanlagen ergeben, ein Steueraufschub. Die sich für abschreibungsfähige Sachanlagen ergebenden Veräußerungsgewinne werden über einen längeren Zeitraum hinweg hinzugerechnet (über eine Dauer von 15 Jahren bei Immobilien und 5 Jahren bei Mobilien) und sind in Frankreich steuerpflichtig. Bei letztgenannter Alternative verfügt die übernehmende Gesellschaft über eine neu bewertete Abschreibungsgrundlage, sodass die Abschreibungen die Hinzurechnung der steuerbaren Veräußerungsgewinne grundsätzlich kompensieren.

     

    Abkommensrechtlicher Hinweis | Das Besteuerungsrecht für die Gewinne einer Betriebsstätte steht Frankreich zu, sofern die Betriebsstätte in Frankreich gelegen ist (Art. 4 Abs. 1 DBA D-F). Dieser Grundsatz ist ebenfalls auf die Gewinne anwendbar, die sich aus der Übertragung der Betriebsstätte im Ganzen ergeben (Art. 4 Abs. 4 DBA D-F).

     

    2.4.2 Französische Einkommensteuer

    Im Anschluss an die Übernahme der A-GmbH durch die F-SAS erhält B im Austausch für die von ihm gehaltenen Anteile an der A-GmbH Anteile der F-SAS. Das französische Steuergesetz sieht vor, dass die kostenfreie Zuteilung dieser Anteile an der F-SAS an B nicht zu einer Besteuerung führt (Art.  115.1 und Art. 121.1 Abs. 2 F-StGB).

     

    Tauschgewinne hingegen, die sich aus dem Tausch der Anteile an der A-GmbH mit den Anteilen an der F-SAS ergeben, sind grundsätzlich einkommensteuerpflichtig (Art. 150-0 A F-StGB). Dieser Veräußerungsgewinn kommt jedoch gemäß Art. 150-0 B F-StGB automatisch in den Genuss des Steueraufschubs, da es sich um Gesellschaften handelt, die ihren Sitz in einem der EU-Mitgliedstaaten unterhalten, in denen die Transaktion als Verschmelzung im Sinne des Mitgliedstaates der betroffenen Gesellschaften qualifiziert wird. Des Weiteren darf die Verschmelzung nicht zu einer Entrichtung einer baren Zuzahlung (d.h. einer Barvergütung für einen Teil der im Zuge der Verschmelzung eingebrachten Vermögenswerte) von mehr als 10 % des Nennwertes der erhaltenen Anteile führen. Der Steueraufschub ist für Kapitalgesellschaften anwendbar. Gemäß der Steueraufschubregelung wird der im Zuge einer späteren Veräußerung der Anteile an der F-SAS erzielte Veräußerungsgewinn unter Berücksichtigung des Steuerwerts der Anteile an der A-GmbH im Vermögen von B vor der Transaktion ermittelt.

     

    Abkommensrechtlicher Hinweis | Das Besteuerungsrecht für die Zuteilung der Anteile an der F-SAS an B steht Frankreich zu, sofern B seinen Wohnsitz in Frankreich hat (Art. 9 Abs. 1 DBA D-F). Weiterhin gilt, dass Frankreich ebenfalls das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus der Übertragung einer Beteiligung (einschließlich Tauschgewinne im Rahmen einer Verschmelzung) zusteht, sofern sich der steuerrechtliche Wohnsitz von B in Frankreich befindet (Art. 7 Abs. 1 DBA D-F)

     

    FAZIT | Die vorstehenden Lösungen des Praxisfalls zeigen, dass trotz der Europäisierung der Steuerrechtsordnungen Deutschlands, Österreichs, der Niederlande sowie Frankreichs auf Basis der Vorgaben der EU-Fusionsrichtlinie nicht von einem harmonisierten europäischen Umwandlungssteuerrecht gesprochen werden kann. Da die Fusionsrichtlinie letztlich nur den allgemeinen, für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Rahmen vorgibt, haben die einzelnen Staaten den ihnen bei der konkreten Ausgestaltung ihrer nationalen Rechtsvorschriften eröffneten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum unterschiedlich genutzt, was sich insbesondere an den individuellen einzelstaatlichen Voraussetzungen für die Steuerneutralität von Verschmelzungen zeigt. Es reicht daher nicht aus, die konkrete Verschmelzung nur aus Sicht eines der beteiligten Staaten zu prüfen. Vielmehr steht der Rechtsanwender vor der Herausforderung, die Verschmelzung „multinational“ zu beurteilen, um im Ergebnis eine ganzheitlich steueroptimierte Umwandlung zu erreichen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Dieser Beitrag stellt einen Auszug aus dem demnächst im HDS-Verlag erscheinenden „Praktiker-Kommentar Umwandlung von Unternehmen“ dar.

     

    Zu den Autoren | StB Sören Goebel, Ernst & Young Dortmund/Essen, StB Markus Ungemach, Fachberater IStR, Ernst & Young Dortmund, StB Dr. Markus Stefaner, Ernst & Young Wien, StB Frank Steevensz, Venlo, RA Stéphane Thomas, Landwell & Associés Straßbourg, RA Valérie Fluck, Landwell & Associés Straßbourg.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 49 | ID 42467917