· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Im Brennpunkt: 10 Fallstricke der neuen Wegzugsbesteuerung
von Univ.-Prof. Dr. Stephan Kudert, Berlin/Frankfurt (Oder)
| Aufgrund der in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Mobilität steht die Wegzugsbesteuerung immer Stärker im Fokus des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung. Während die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des § 6 AStG im Grunde klar sind, bergen sie im Detail doch eine Reihe von Fallstricken. Die Veröffentlichung der „Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes“ durch die Finanzverwaltung gibt Anlass, wichtige Fallstricke für die Beratungspraxis zu diskutieren. |
1. Voraussetzungen und Verschärfungen seit 2022
Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG ist eine Vermögenszuwachsbesteuerung, denn sie soll den Fiskus davor schützen, dass der Vermögenszuwachs bei Beteiligungen i. S. d. § 17 EStG (z. B. beim Wegzug) dem deutschen Steuerzugriff entzogen wird. Allerdings ist die Norm keine Missbrauchsvermeidungsnorm; sie soll lediglich in grenzüberschreitenden Fällen den deutschen Steuerzugriff sichern. Dies kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass sie Abkommensrecht nicht überschreibt.
§ 6 Abs. 1 S. 1 AStG setzt tatbestandlich voraus, dass unbeschränkt Steuerpflichtige mit Beteiligungen i. S. v. § 17 Abs. 1 EStG aus der unbeschränkten Steuerpflicht ausscheiden (Nr. 1: Wegzug) oder ihre Anteile an nicht unbeschränkt Steuerpflichtige unentgeltlich übertragen (Nr. 2: Schenkung/Erbe). Ein Sonderfall ist Nr. 3. Er erweitert die Wegzugsbesteuerung auf Fälle, bei denen das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns bei der Veräußerung der Anteile durch irgendein anderes Ereignis ausgeschlossen oder beschränkt wird. Greift § 6 Abs. 1 AStG, ist ein fiktiver Veräußerungsgewinn zu versteuern.
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