· Fachbeitrag · Der praktische Fall
(Un)gewollte Begründung einer Vertreterbetriebsstätte
von StB Dipl.-Kfm. Sören Goebel und StB Dipl.-Kfm. Sebastian Schmidt, MBA, Dortmund/Essen
| Angesichts jüngster Entwicklungen auf OECD-Ebene sowie in der nationalen Gesetzgebung gewinnt die Betriebsstättenproblematik erneut an Schärfe. Bereits in der Vergangenheit konnte beobachtet werden, dass von Steuerpflichtigen bzw. deren Beratern und der Finanzverwaltung der Betriebsstättenbegriff unterschiedlich ausgelegt wird. Wird eine Betriebsstätte erst einige Jahre später - z.B. während einer Außenprüfung - „entdeckt“, drohen drakonische Strafen. Insbesondere die Problematik der „Vertreterbetriebsstätte“ führt in der Praxis immer wieder zu Abgrenzungsproblemen. |
1. Aktuelle Entwicklungen der Betriebsstättenbesteuerung
Gemäß Art. 7 Abs. 1 OECD-MA können Gewinne eines Unternehmens nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Dem Betriebsstättenstaat wird nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA ein umfassendes Besteuerungsrecht bzgl. des Betriebsstättengewinns zugesprochen, währenddessen dem Ansässigkeitsstaat die Vermeidung der Doppelbesteuerung obliegt. Infolgedessen ist das Vorliegen einer Betriebsstätte für die Besteuerung grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten - aus dem Blickwinkel beider Vertragsstaaten - von fundamentaler Bedeutung.
Auf OECD-Ebene zirkuliert derzeit ein Entwurf vom 12.10.11 zur Revision des Musterkommentars zu Art. 5 OECD-MA (Betriebsstätte), der zugleich Ausdruck der internationalen Ausweitung des Betriebsstättenbegriffes ist (vgl. Hoor, IStR 12, 17). Zusätzlich hat die OECD sowohl den Wortlaut als auch den Musterkommentar zu Art. 7 OECD-MA mittels des „Authorized OECD Approach“ (AOA) abgeändert. Hiernach wird für Zwecke der Betriebsstättengewinnermittlung eine uneingeschränkte Selbstständigkeit der Betriebsstätte fingiert. Transaktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte werden damit steuerlich wie Leistungen zwischen nahestehenden Personen behandelt.
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