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  • 05.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120619

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 14.10.2011 – III B 202/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe

    1

    I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verzog mit seiner Ehefrau, einer Spanierin, und seinen zwei Kindern im Frühjahr 2006 nach Spanien. Aufgrund der Angaben des Klägers über die Nutzung einer ihm zur Verfügung stehenden inländischen Mietwohnung setzte die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) weiter Kindergeld fest. Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen hob die Familienkasse im September 2009 die Festsetzung des Kindergeldes ab Januar 2007 auf, weil der Kläger keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe und in Deutschland auch weder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei noch als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werde. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; eine mündliche Verhandlung war mit Einverständnis der Beteiligten unterblieben.

    2

    Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, da eine Vielzahl von Bundesbürgern wie er zeitlich beschränkt im Ausland arbeite, aber für den Arbeitgeber zeitweise in Deutschland im Einsatz sei und sich dann im Inland aufhalte, wo sie auch gemeldet blieben. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei insoweit auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Das FG-Urteil beruhe zudem auf einem Verfahrensfehler, da das FG wegen der Zweifel am Umfang der Aufenthalte in der von seiner Mutter angemieteten Wohnung diese als Zeugin hätte hören müssen.

    3

    II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit ihre Darlegung überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, nicht vor.

    4

    1. Die Frage, ob ein Kindergeldberechtigter seinen inländischen Wohnsitz beibehält, wenn er mit seiner Familie ins Ausland verzieht, sich aber mitunter im Inland aufhält und hier für seinen Arbeitgeber tätig wird, ist weder grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch bedarf es hierzu einer rechtsfortbildenden Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO). Denn die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hat, sind durch langjährige Rechtsprechung geklärt (vgl. Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 53/05, BFH/NV 2009, 564, betr. Wegzug der Kindergeldberechtigten in die USA). Danach wird bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubszwecken, Berufszwecken oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen, nicht beibehalten oder begründet. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die inländische Wohnung für ein längeres Wohnen nicht eignet, was das FG angesichts der lediglich 51 qm großen Zweizimmerwohnung der Mutter des Klägers in nachvollziehbarer Weise angenommen hat.

    5

    Die Beurteilung der Begleitumstände des Innehabens einer Wohnung liegt zudem weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigungen des FG sowie Schlussfolgerungen tatsächlicher Art sind jedoch nach § 118 Abs. 2 FGO einer Nachprüfung durch den BFH entzogen, sofern nicht Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze zu beanstanden sind (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 30).

    6

    2. Dem FG ist auch kein Verfahrensmangel unterlaufen, auf dem seine Entscheidung beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

    7

    a) Die Rüge, das FG habe die Pflicht zur Sachaufklärung verletzt (§ 76 Abs. 1 FGO), wurde nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise vorgebracht. Denn sie hätte einen substantiierten Vortrag erfordert, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sie auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Mai 2007 X B 143/06, BFH/NV 2007, 1692; vom 29. Januar 2010 III B 50/09, BFH/NV 2010, 919).

    8

    b) Das FG hat aber im Übrigen seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nicht verletzt. Da es die vom Kläger angegebenen Aufenthalte in der Wohnung seiner Mutter nicht für ausreichend erachtet hat, um dort einen Wohnsitz zu begründen (S. 9 des Urteils), hätte auch eine Bestätigung seiner vom FG für widersprüchlich gehaltenen Angaben durch Zeugenbeweis nicht zu einer Klagestattgabe geführt. Das FG hat mithin die Frage, an welchen Tagen sich der Kläger in der Wohnung seiner Mutter aufgehalten hat, nicht für entscheidungserheblich gehalten und sie ausdrücklich offen gelassen.