02.12.2013
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 11.10.2013 – 13 K 4438/12 E
- Tagegelder an ein im Inland ansässiges Mitglied der OSZE-Mission im Kosovo unterliegen nicht dem deutschen Besteuerungsrecht,
da sie i.S.d. Art. 16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien von einer festen Einrichtung der OSZE im Kosovo getragen werden.
- Dass die OSZE kein Unternehmen ist, das eine Geschäftstätigkeit oder eine selbständige Arbeit ausübt, steht der Einordnung
als feste Einrichtung nicht entgegen.
- Die OSZE-Mission im Kosovo ist auch Träger der gezahlten Vergütungen, da sie wirtschaftlich gesehen mit dem Arbeitslohn belastet
ist.
- § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG begründet kein Besteuerungsrecht Deutschlands, da der Kosovo auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet
hat.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und wohnen in „X-Stadt”. Sie werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin, die die „…” Staatsbürgerschaft besitzt, war seit 01.11.2008 als abgeordnetes Missionsmitglied (Seconded Mission
Member) der „…” Regierung im Rahmen einer Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Landesteil
Kosovo der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien tätig. Für diese Tätigkeit erhielt sie von der OSZE-Mission im Kosovo ein
Tagegeld für die Kosten von Unterkunft und Verpflegung. Ihre Einnahmen aus den Tagegeldern beliefen sich im Jahr 2009 (Streitjahr)
auf insgesamt 24.237€. Die Klägerin hielt sich im Streitjahr vom 01.01. bis 09.04.2009 im Kosovo und vom 10.04. bis 31.12.2009
in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) auf. Da sie schwanger war, ließ sie sich für die Zeit vom 10.04. bis 08.07.2009 von
der OSZE-Mission im Kosovo unbezahlt beurlauben. Ab dem 09.07.2009 befand sie sich im bezahlten Mutterschutz. Nach der Geburt
des Kindes am „…” und dem Ende des Mutterschutzes nahm die Klägerin den ihr zustehenden Resturlaub. Anschließend beantragte
sie ihre Entlassung und schied aus dem Dienst der OSZE-Mission im Kosovo aus.
Im Rahmen des Einkommensteuerbescheids 2009 vom 29.09.2010 behandelte der Beklagte die Einnahmen der Klägerin als im Inland
steuerpflichtig. Er berücksichtigte nach dem Abzug von Werbungskosten von 3.801 € Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
von 20.436 €. In den Werbungskosten waren Verpflegungsmehraufwendungen für die Monate Januar bis April 2009 enthalten.
Der Beklagte wies den fristgerecht eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06.11.2012 als unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 03.12.2012 Klage erhoben, mit der sie zunächst begehrt haben, die Einkünfte der Klägerin in Höhe von
20.436 € nicht der deutschen Besteuerung zu unterwerfen, sondern lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Am 19.09.2013 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden. Im Rahmen dieses Erörterungstermins haben
die Kläger ihr Begehren dahingehend eingeschränkt, dass Verpflegungsmehraufwendungen nur noch für Januar 2009, und nicht wie
bisher für Januar bis April 2009, zu berücksichtigen seien.
Die Kläger machen geltend, die Einkünfte der Klägerin seien im Inland von der Besteuerung freizustellen und unterlägen dem
Progressionsvorbehalt.
Die Kläger beantragten,
den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 29.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2012 dahingehend zu ändern,
dass die ausländischen Einkünfte der Klägerin nicht als steuerpflichtig behandelt werden, sondern lediglich dem Progressionsvorbehalt
unterliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte macht geltend, der BRD stehe das Besteuerungsrecht zu. Die Voraussetzungen des Art. 16 Abs.2 des Abkommens zwischen
der BRD und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und Vermögen vom 26.03.1987 (DBA-Jugoslawien) seien erfüllt. Bei der OSZE-Mission im Kosovo handele es sich
weder um eine Betriebsstätte noch um eine feste Einrichtung der OSZE i. S. des Art.16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien. Die
OSZE-Mission im Kosovo habe die Vergütungen auch nicht getragen. Außerdem hätten die Kläger nicht gem. § 50d Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) nachgewiesen, dass der Kosovo auf sein Besteuerungsrecht verzichtet habe.
Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 19.09.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Gründe
Angesichts des Einverständnisses der Beteiligten hält der Senat es für sachgerecht, gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2009 vom 29.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2012 ist rechtswidrig
und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Die Klägerin erzielt durch ihre Tätigkeit bei der OSZE-Mission im Kosovo Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S.
des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Da die Klägerin im Streitjahr im Inland einen Wohnsitz hatte, unterliegt sie grundsätzlich mit
sämtlichen Einkünften der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V. m. § 8 der Abgabenordnung --AO--).
Diese Einkünfte der Klägerin aus der Tätigkeit bei der OSZE-Mission im Kosovo sind jedoch im Inland steuerfrei und unterliegen
gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt. Das Besteuerungsrecht der BRD hinsichtlich dieser Einkünfte ist durch
das DBA-Jugoslawien, das nach der Vereinbarung der BRD und der Bundesrepublik Jugoslawien vom 20.03.1997 (BGBl II 1997, 961)
auch nach dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien weiter anzuwenden ist, ausgeschlossen.
2. Die Einnahmen der Klägerin sind nach Maßgabe von Art. 16 Abs. 1 i. V. m. Art. 24 Abs. 1 DBA-Jugoslawien von der inländischen
Besteuerung freizustellen. Das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte steht dem Kosovo zu.
a) Gem. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 DBA-Jugoslawien können Einkünfte aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat
des Arbeitnehmers besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Tätigkeit dort
ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 DBA-Jugoslawien).
Gem. Art. 24 Abs. 1 Buchst. a DBA-Jugoslawien werden bei einer in der BRD ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der
deutschen Steuer die Einkünfte aus Jugoslawien ausgenommen, die nach diesem Abkommen in Jugoslawien besteuert werden können.
b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
Da die Klägerin im Streitjahr im Inland einen Wohnsitz und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hatte, ist sie abkommensrechtlich
in Deutschland ansässig (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a DBA-Jugoslawien). Sie war auch bis zum 09.04.2009 aktiv für die
OSZE-Mission im Kosovo tätig und hat dort ihre Tätigkeit ausgeübt. Die ihr zugeflossenen Tagegelder rühren, auch soweit sie
erst während des Mutterschutzes und während der Gewährung des Resturlaubs ausgezahlt wurden, insgesamt aus dieser Tätigkeit
her. Auch bei nachträglich ausbezahltem Arbeitslohn handelt es sich um entsprechende Einkünfte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
--BFH-- vom 12.01.2011 I R 49/10, Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 232, 436, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2011,
446, unter II.3.a, zu Bezügen, welche ein in Frankreich ansässiger Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für eine in Deutschland
ausgeübte nichtselbständige Arbeit während der Freistellungsphase nach dem sog. Blockmodell im Rahmen der Altersteilzeit erhält).
3. Dem Besteuerungsrecht des Kosovo steht Art. 16 Abs. 2 DBA-Jugoslawien nicht entgegen.
a) Das Besteuerungsrecht des Kosovo entfällt, wenn die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 DBA-Jugoslawien erfüllt sind. Nach
dieser Regelung steht dem Ansässigkeitsstaat – hier der BRD – das alleinige Besteuerungsrecht zu, wenn
der Empfänger – der Arbeitnehmer – sich im anderen Staat (Kosovo) insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden
Kalenderjahres aufhält (Art. 16 Abs. 2 Buchst. a DBA-Jugoslawien) und
die Vergütungen von einer Person oder für eine Person gezahlt werden, die nicht im anderen Staat (Kosovo) ansässig ist, (Art.
16 Abs. 2 Buchst. b DBA-Jugoslawien) und
die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, welche die Person im anderen
Staat (Kosovo) hat (Art. 16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien).
b) Im Streitfall sind nicht sämtliche in Art. 16 Abs. 2 Buchst. a bis c DBA-Jugoslawien genannten Voraussetzungen erfüllt.
Es liegen nur die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Buchst. a und b DBA-Jugoslawien vor, nicht aber die des Art. 16 Abs.
2 Buchst. c DBA-Jugoslawien.
aa) Die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Buchst. a DBA-Jugoslawien sind erfüllt, da die Klägerin sich an weniger als 183
Tagen während des Streitjahres im Kosovo aufgehalten hat.
bb) Auch die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Buchst. b DBA-Jugoslawien liegen vor, denn die Tagegelder wurden von einer
Person, der OSZE, gezahlt, die nicht im Kosovo, sondern in Wien (Österreich), ansässig ist. Der in dem DBA-Jugoslawien verwendete
Begriff „Person” ist gleichgestellt mit dem Begriff des Arbeitgebers in Art.15 Abs.2 Buchst. b des OECD-Musterabkommens (OECD-MA)
(vgl. Raber in: Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Jugoslawien Art. 16 Tz. 17). Arbeitgeberin der Klägerin ist – entgegen
der Ansicht der Kläger – nicht die OSZE-Mission im Kosovo, sondern die OSZE in Wien. Auch der BFH hat in seinem Urteil vom
20.08.2008 (I R 35/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2009, 26, unter II.3.c) ausgeführt,
bei einer Mitarbeiterin der OSZE-Mission im Kosovo habe ein Dienstverhältnis zwischen der OSZE (in Wien) und ihr bestanden.
cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien nicht erfüllt.
Die Tagegelder wurden nämlich von einer festen Einrichtung getragen, welche die Person (OSZE) im anderen Staat (Kosovo) hat.
(1) Bei der OSZE-Mission im Kosovo handelt es sich um eine feste Einrichtung der OSZE im Kosovo.
Durch die Formulierung „feste Einrichtung” in Art. Art. 16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien sollen Fälle in die Regelung
mit einbezogen werden, in denen der Arbeitgeber keine unternehmerische Tätigkeit, sondern eine selbständige Arbeit i. S. des
Art. 15 DBA-Jugoslawien ausübt, für die ihm eine feste Einrichtung zur Verfügung steht (vgl. Raber in: Debatin/Wassermeyer,
Doppelbesteuerung, Jugoslawien Art. 16 Tz. 18 i. V. m. Wassermeyer/Schwenke in: Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA
Art. 15 Tz. 129). Eine feste Einrichtung liegt vor, wenn eine bestimmte selbständige unternehmerische Tätigkeit durch eine
Geschäftseinrichtung mit einer festen örtlichen Bindung ausgeübt wird und der Bezug der Tätigkeit zum Ort der Ausübung auf
eine gewisse Dauer angelegt ist (BFH-Urteil vom 28.06.2006 I R 92/05, BFHE 214, 295, BStBl II 2007, 100, unter II.3.; BFH-Urteil
vom 02.12.1992 I R 77/91, BFHE 170, 126, unter II.1. zur ständigen Einrichtung i. S. des Art. 12 Abs. 2 DBA-Frankreich).
Die OSZE-Mission im Kosovo verfügt im Kosovo über feste Geschäftseinrichtungen, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind.
Die OSZE-Mission im Kosovo wurde im Jahr 1999 ins Leben gerufen. Sie hat dort fünf Außenstellen, nämlich in Gjilan, Mitrovica,
Pec, Pristina und Prizren, beschäftigt ca. 1.200 Bedienstete und verfügt über ein Budget von jährlich über 20 Mio. € (OSCE
Mission in Kosovo Fact Sheet 2013, facts and figures, unter www.osce.org/kosovo).
Gegen die Einordnung der OSZE-Mission im Kosovo als feste Einrichtung der OSZE spricht nach Ansicht des Senats nicht, dass
die OSZE kein Unternehmen ist, das eine Geschäftstätigkeit i. S. des Art. 7 DBA-Jugoslawien oder eine selbständige Arbeit
i. S. des Art. 15 DBA-Jugoslawien ausübt. Internationalen Organisationen, Vertragsstaaten und deren Gebietskörperschaften
üben grundsätzlich keine Geschäftstätigkeit und keine selbständige Arbeit aus. Dies allein kann nach Ansicht des Senats jedoch
nicht dazu führen, dass das Besteuerungsrecht an den Wohnsitzstaat zurückfällt.
(2) Die OSZE-Mission im Kosovo hat die an die Klägerin gezahlten Vergütungen getragen.
Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, kommt es für die Frage, wer im Sinne dieser Vorschrift den
Arbeitslohn getragen hat, darauf an, ob eine Betriebsstätte oder feste Einrichtung wirtschaftlich gesehen mit dem Arbeitslohn
belastet ist. Hierfür ist allein entscheidend, ob und ggf. in welchem Umfang die von dem Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit
nach den Grundsätzen der Betriebsstättenbesteuerung (Art. 7 DBA-Jugoslawien und Art. 15 Abs. 1 Buchst. a DBA-Jugoslawien)
der Betriebsstätte oder der festen Einrichtung zuzuordnen ist. Ob das Stammhaus später den Arbeitslohn für die Zeit, für die
der Arbeitnehmer für das Stammhaus im Ausland tätig war, erstattet oder dies intern auf anderem Weg verrechnet wird, ist unerheblich.
Das Besteuerungsrecht steht allein dem Staat des Arbeitsorts zu, soweit die Tätigkeit des Arbeitnehmers objektiv der dortigen
Betriebsstätte oder der dortigen festen Einrichtung zuzuordnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.1988 I R 143/84, BFHE 152, 500,
BStBl II 1988, 819, unter II.4.b; ebenso Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 30.05.2000 9 K 228/95, Entscheidung der
Finanzgerichte 2000, 941, beide zur Betriebsstätte).
Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die OSZE-Mission im Kosovo die Tagegelder der Klägerin getragen. Die OSZE-Mission im
Kosovo war durch diese wirtschaftlich belastet. Die Klägerin war im fraglichen Zeitraum für die OSZE-Mission im Kosovo tätig.
Die OSZE-Mission hat die Tagegelder unmittelbar mit der Klägerin abgerechnet und sie ausgezahlt. Entgegen der Ansicht des
Beklagten ist insoweit nicht entscheidungserheblich, dass die OSZE (in Wien) der OSZE-Mission im Kosovo das Budget zur Verfügung
gestellt hat. Maßgeblich ist, dass die Tätigkeit der Klägerin objektiv der OSZE-Mission im Kosovo zuzuordnen ist.
4. § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG begründet kein Besteuerungsrecht der BRD an den der Klägerin zugeflossenen Einkünften.
Nach dieser Vorschrift wird, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG)
nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind,
die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der
Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem
Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Dabei erfasst § 50d Abs. 8 EStG die Fälle, in denen Einkünfte
nicht oder zu gering besteuert werden, weil die Vertragsstaaten entweder von unterschiedlichen Sachverhalten ausgehen oder
das Abkommen unterschiedlich auslegen, z. B. weil sie ein unterschiedliches Verständnis von Abkommensbegriffen haben (BFH-Urteil
vom 05.03.2008 I R 54/07, I R 55/07, BFH/NV 2008, 1487, unter II.3.b).
Die Voraussetzungen des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG sind nicht erfüllt.
Der Kosovo hat die Tagegelder der Klägerin nicht aufgrund einer abweichenden Auslegung von Bestimmungen des DBA-Jugoslawien
oder deshalb nicht besteuert, weil er einen anderen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Die unterbliebene Besteuerung beruht
darauf, dass der Kosovo nach Art. 7 Abs. 1.4 des Law No. 03/L-115 on personal income tax i. V. m. Section 1 der Regulation
No. 2000/47 vom 18.08.2000 on the status, privileges and immunities of KFOR und UNMIK (United Nations Interim Administration
Mission in Kosovo, deutsch: Interimsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo) and their personnel in Kosovo Gehälter
von Angestellten der OSZE nicht besteuert. Nach diesen Regelungen sind Löhne von ausländischen „UNMIK”-Angestellten steuerfrei.
Gem. Section 1 der Regulation No. 2000/47 wird die OSZE als Teil der UNMIK angesehen. Der Kosovo ist sich mithin als Ausübungsort
der nichtselbständigen Tätigkeit der Mitarbeiter der OSZE-Mission seines Besteuerungsrechts hinsichtlich dieser Einkünfte
bewusst, hat jedoch auf dieses verzichtet.
5. Die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ermitteln sich wie folgt:
Einnahmen | 24.237,30 € |
Flugkosten | 1.619,72 € |
Telefonkosten | 183,83 € |
Verpflegungsmehraufwendungen | 1.014,00 € |
Einkünfte | 21.419,75 € |
abgerundet | 21.419,00 € |
6. Der Senat berechnet die festzusetzende Einkommensteuer 2009 wie folgt:
zu versteuerndes Einkommen bisher | „…” € |
Verminderung Einkünfte Klägerin | -20.436 € |
zu versteuerndes Einkommen neu | „…” € |
Einkünfte unter Progressionsvorbehalt bisher | 3.860 € |
Erhöhung Einkünfte Klägerin | + 21.419 € |
Einkünfte unter Progressionsvorbehalt neu | 25.279 € |
zu versteuern nach Splittingtarif | „…” € |
Ermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen | -251 € |
dazu Kindergeld | 920 € |
festzusetzende Einkommensteuer | „…” € |
7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Kläger sind nur zu einem geringen Teil
unterlegen.
8. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Besteuerung von durch internationale Organisationen
gezahlten Vergütungen erscheint für den Fall, dass der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage
während des betreffenden Kalenderjahres aufhält, grundsätzlich klärungsbedürftig.
9. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§151 Abs.3, 155 FGO i.V.m. §§708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung.