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  • 11.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141707

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 18.02.2014 – 5 K 5235/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Berlin-Brandenburg

    18.02.2014

    5 K 5235/12

    In dem Rechtsstreit
    der Frau A...,
    Klägerin,
    bevollmächtigt:
    gegen
    das Finanzamt,
    Beklagter,
    wegen Umsatzsteuer 2007 und 2008
    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 5. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Februar 2014 durch
    den Vizepräsidenten des Finanzgerichts ...,
    die Richterin am Finanzgericht ... und
    den Richter am Finanzgericht ...
    sowie die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    Die die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 2.2.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 9.7.2012 werden aufgehoben.

    Die Revision wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
    Tatbestand

    Die Klägerin handelt mit Gebrauchsgegenständen, die sie in größerem Umfang insbesondere nach B... und in die C... exportiert. In ihren Umsatzsteuererklärungen behandelte sie diese Exporte als steuerfreie Ausfuhrlieferungen.

    Im Rahmen einer im Jahr 2010 für die Streitjahre durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Voraussetzungen für steuerfreie Ausfuhrlieferungen in zahlreichen Fällen nicht erfüllt seien. Auf den Ausgangsrechnungen und den Ausfuhrbelegen führe die Klägerin als Artikelbezeichnung Sammelbezeichnungen an, wie z.B. Lederware Dupont, Gürtel Dupont oder Kugelschreiber Montegrappa. Es lägen auch Ausgangsrechnungen vor, die als Artikelbezeichnung lediglich eine Artikelnummer ohne weitere Angaben aufweisen würden. Auf den Rechnungen und Ausfuhrbelegen sei die Anzahl der jeweiligen verkauften Gegenstände angegeben. Als Rechnungsbetrag werde nur eine Gesamtsumme angeführt, aus der der Wert der einzelnen veräußerten Gegenstände nicht ersichtlich sei. Ergänzende Unterlagen lägen nach Auskunft der Klägerin nicht vor. Damit erfüllten die Ausgangsrechnungen nicht die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen, weil eine Identifikation der ausgeführten Gegenstände nicht möglich sei. Dem stehe auch der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen, selbst wenn die Handhabung durch die Klägerin in anderen Veranlagungszeiträumen nicht beanstandet worden sei. Die Steuerfreiheit sei auch deshalb zu verneinen, weil die Klägerin den erforderlichen Buchnachweis nicht erbracht habe. Dieser setze voraus, dass die für die Steuerfreiheit erforderlichen Angaben aufgezeichnet würden. Dies habe die Klägerin unterlassen. Der Buchnachweis könne nicht mehr nachgeholt werden, da die Ausgangsrechnungen die wesentlichen Angaben nicht enthielten. Aus diesem Grund sei eine Erhöhung der zu 19 % steuerpflichtigen Umsätze vorzunehmen, und zwar für das Streitjahr 2007 in Höhe von 1.126.103,00 € und für das Streitjahr 2007 in Höhe von 1.171.909,00 €, was eine Umsatzsteuererhöhung für 2007 von 946.305,04 € und für 2008 von 984.797,48 € zur Folge habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Betriebsprüfungsberichts vom 23.1.2012 verwiesen und dort insbesondere auf Textziffer 16 (Bl. 34 ff. der Gerichtsakte).

    Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 2.2.2012 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre (Bl. 46 ff. der Gerichtsakte). Die dagegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 9.7.2012 als unbegründet zurück (Bl. 93 ff. der Gerichtsakte).

    Mit der Klage macht die Klägerin geltend, dass aufgrund der vorliegenden Ausfuhrbestätigungen der objektive Nachweis geführt worden sei, dass die fraglichen Gegenstände der bezeichneten Lieferung in ein Drittland versendet worden seien. Damit seien die Ausfuhrlieferungen steuerfrei, und zwar nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sogar dann, wenn nicht alle Nachweispflichten erfüllt worden seien.

    Die ausgeführten Waren seien auch hinreichend bezeichnet. Die Bezeichnung ergebe sich aus den nachträglich erstellten Anlagen zu den einzelnen Rechnungen, die dem Gericht und dem Beklagten vorlägen. Eine solche Ergänzung sei zulässig. Die vorgenommene Ergänzung sei auch ausreichend. Sie, die Klägerin, habe keine hochpreisigen Waren ausgeführt, wie der Beklagte dies behaupte. Die Waren hätten zum überwiegenden Teil einen Stückpreis im zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Euro-Bereich. Angesichts dessen reiche es aus, wenn sich aus den Rechnungen nebst Anlagen ergebe, welche Waren mit welchen Gattungsmerkmalen ausgeführt worden seien. Eine Individualisierbarkeit könne nicht gefordert werden. Diese wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden.

    Sie, die Klägerin, habe auch den Buchnachweis geführt. Wie sich aus den Kontenblättern zum Kto. 4120 "Steuerfreie Umsätze § 4 Nr. 1 a UStG" ersehen lasse, würden dort die Nummern der Ausgangsrechnungen in Bezug genommen. Auf Bl. 62 ff. der Gerichtsakte wird verwiesen. Damit habe sie, die Klägerin, die entsprechenden Buchungen direkt nach den Lieferungen vorgenommen. Das Argument des Beklagten, der Buchnachweis habe zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgelegen, sei damit falsch. Der Buchnachweis sei lediglich später ergänzt worden. Dies sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht zulässig. Zusammen mit den Bezeichnungen der Waren in den Ausfuhrrechnungen und den später erstellten Anlagen sowie den Ausfuhrbestätigungen lägen alle Angaben vor, die für den Buchnachweis erforderlich seien.

    Die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen sei schließlich auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben anzuerkennen. Die unverändert gehandhabten Ausfuhrlieferungen seien durch zwei Prüfungen für die Zeiträume Mai 2005 bis August 2005 und die Jahre 2005 und 2006 überprüft worden und ohne Beanstandungen geblieben.

    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 2.2.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 9.7.2012 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er beruft sich darauf, dass die Anlagen zu den Rechnungen weder dem Zoll noch der Betriebsprüfung vorgelegen hätten. Folglich könne mit den Ausfuhrbescheinigungen lediglich nachgewiesen werden, dass Waren ausgeführt worden seien, nicht aber welche. Es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Unterlagen die Klägerin die Anlagen nachträglich erstellt habe, zumal keine Inventur erfolgt sei und sie nach ihren eigenen Angaben alle Unterlagen zum Umfang und Wert des Warenbestandes vernichtet habe. Die Klägerin habe auch kein Warenausgangsbuch geführt. Die nachträglich angefertigten Anlagen gäben auch nicht die tatsächlichen Lieferungen wieder, weil zu den Rechnungen aus dem Jahr 2007 mit den Nrn. 36, 47, 66, 67, 69, 77, und 112 Lieferscheine vorlägen, die im Vergleich zu den Rechnungsanlagen Abweichungen enthielten. Auf die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Kopien der Lieferscheine wird Bezug genommen.

    Der Unternehmer müsse den buchmäßigen Nachweis der steuerfreien Lieferungen bis zu dem Zeitpunkt führen, zu dem er die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume abgebe, in denen die Ausfuhrlieferungen stattgefunden hätten. Lediglich den Belegnachweis könne der Unternehmer bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht erbringen. Werde der Buchnachweis erst nachträglich geführt, so sei die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen nicht anzuerkennen. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Der Buchnachweis habe bis zur Durchführung der Betriebsprüfung nicht vorgelegen und könne demnach auch nicht ergänzt werden. Ohne Erfolg berufe sich die Klägerin auf die Kontenblätter zu dem Konto 4120. Darin seien zwar in der Spalte "Belegfeld" die Rechnungsnummern aufgeführt. Die Spalte "Buchungstext" enthalte keine Angaben. Der bloße Hinweis auf die Rechnungsnummern sei aufgrund der Art der während der Betriebsprüfung vorgelegen Ausgangsrechnungen, die nur Sammelbezeichnungen enthalten hätten, nicht ausreichend, um einen Buchnachweis zu führen. Dieser solle nämlich der Finanzbehörde eine leichte Nachprüfung der Ausfuhrlieferungen ermöglichen, was angesichts der unzureichenden Angaben nicht möglich sei. In den Einkaufsrechnungen seien für alle Gegenstände Artikelnummern vorhanden gewesen. Diese stellten die handelsüblichen Bezeichnungen dar und hätten damit in den Ausgangsrechnungen aufgeführt werden müssen.

    Der Buchnachweis sei schließlich auch deshalb nicht geführt, weil sich aus den Kontenblättern der Tag der Lieferung nicht ersehen lasse. Hierfür wäre es notwendig gewesen, einen Hinweis auf den Speditionsbeleg mit Liefervorgang aufzunehmen. Die Buchführung der Klägerin sei zudem nicht ordnungsgemäß gewesen, weil sie kein detailliertes Inventar geführt habe, sondern stattdessen vorhandene Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens mit Gattungsbezeichnungen erfasst und für die Warengruppen lediglich einen Gesamtbetrag angesetzt habe

    Neben der Gerichtsakte und der Akte zum vorläufigen Rechtsschutz (Az. 5 V 5236/12) haben dem Gericht bei der Entscheidung folgende Akten des Beklagten vorgelegen: Bilanzakte, Umsatzsteuerakte sowie Umsatzsteuerakte mit Rechnungen. Ferner haben dem Gericht sechs Aktenordner mit Rechnungen und Ausfuhrbelegen vorgelegen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die streitigen Lieferungen sind als Ausfuhrlieferungen umsatzsteuerfrei.

    Nach § 4 Nr. 1 Buchst. a Umsatzsteuergesetz - UStG - sind unter anderem die Ausfuhrlieferungen von der Umsatzsteuer befreit. Eine Ausfuhrlieferung liegt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG unter anderem vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG muss der Unternehmer die Voraussetzungen für die Ausfuhrlieferungen nachweisen. Das Bundesministerium der Finanzen kann nach Satz 2 der zitierten Regelung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat. Regelungen hierzu finden sich in der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung in der in den Streitjahren geltenden Fassung - UStDV -. Danach hat der Unternehmer gemäß §§ 8 ff. und § 17 UStDV einen Nachweis durch Belege (Belegnachweis) zu führen und gemäß § 13 UStDV einen Nachweis durch Aufzeichnungen (Buchnachweis). Diesen Nachweispflichten ist die Klägerin nachgekommen.

    Die Klägerin hat den Belegnachweis erbracht. Der Belegnachweis erfordert nach § 8 Abs. 1 UStDV, dass der Unternehmer durch die Vorlage von Belegen nachweist, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. Versendet der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, so soll der Unternehmer den Ausfuhrnachweis nach § 10 Abs. 1 UStDV regelmäßig durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder deren Doppelstücke, oder durch einen sonstigen handelsüblichen Beleg, insbesondere durch eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs oder durch eine Versandbestätigung des Lieferers führen. Ein solcher Versendungsfall liegt hier vor, da die Klägerin die zur Ausfuhr bestimmten Gegenstände durch eine Spedition in das Drittlandsgebiet versendet hat.

    Die Klägerin hat die in § 10 Abs. 1 UStDV geforderten Belege zwar nicht vorgelegt. Dies steht dem Belegnachweis indes nicht entgegen. Bei der Regelung des § 10 Abs. 1 UStDV handelt es sich schon nach dem Wortlaut um eine Sollvorschrift. Folglich kann der Unternehmer die Ausfuhr der Waren auch auf andere Weise nachweisen (siehe Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 1.2.2007 - V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059; Urteil vom 7.12.2006 - V R 52/03, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2007, 420, jeweils zu der vergleichbaren Regelung bei der innergemeinschaftlichen Lieferung; Tehler in Rau/Dürrwächter, UStG, § 6 Rn. 671.2). Dieser Nachweis ist z.B. durch das Exemplar Nr. 3 des Einheitspapiers möglich, wenn dieses mit einem Ausfuhrvermerk der Ausgangszollstelle versehen ist (Tehler in Rau/Dürrwächter, UStG, § 6 Rn. 678; Abschnitt 133 Abs. 2 Satz 3 UStHA 2008). Diese Unterlagen hat die Klägerin für jede Ausfuhr vorgelegt.

    Aus den Einheitspapieren ergeben sich im Zusammenhang mit den Rechnungen für die jeweiligen Lieferungen und den dazu später gefertigten Anlagen alle Angaben, die der Unternehmer im Rahmen des Belegnachweises nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStDV nachzuweisen hat, nämlich der Name und die Anschrift des Ausstellers des Belegs, der hier identisch ist mit dem Namen und der Anschrift des liefernden Unternehmens, die Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der ausgeführten Gegenstände, der Ort und der Tag der Ausfuhr, der Empfänger der ausgeführten Gegenstände und der Bestimmungsort im Drittlandsgebiet sowie - durch die Ausfuhrbestätigung der Zollbehörde - auch die Überprüfung der Richtigkeit der Angaben.

    Die Klägerin hat zwar eingeräumt, dass während der Betriebsprüfung nur die Rechnungen und die Ausfuhrpapiere vorlagen. Dies steht der Ordnungsmäßigkeit des Belegnachweises indes nicht entgegen. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin in den Rechnungen zum Teil Sammelbezeichnungen verwendet hat, wie z.B. "Ware aus Leder Montblanc", "Ware aus Metall Montblanc" oder "Zubehör zu Schreibgeräten M.B." - so etwa in der Rechnung vom 8.3.2007 über insgesamt 2.440 € - und dass die Klägerin damit jedenfalls in zahlreichen Fällen die handelsübliche Bezeichnung der ausgeführten Gegenstände nicht hinreichend konkret angegeben hat. Diesen Mangel hat die Klägerin aber durch die spätere Erstellung der Anlagen zu den Rechnungen korrigiert. Zu dieser Korrektur war die Klägerin berechtigt.

    Der Belegnachweis ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs BFH, der sich der Senat anschließt, keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit. Folglich kann er bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht erbracht werden (BFH, Urteil vom 28.5.2009 - V R 23/08, BStBl. II 2010, 517). Das bedeutet, dass der Unternehmer bis zu diesem Zeitpunkt unklare oder auch unvollständige Angaben ergänzen darf. Hierfür sehen weder das Umsatzsteuergesetz noch die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung oder die Mehrwertsteuersystemrichtlinie Einschränkungen vor.

    Mit der Erstellung der Anlagen zu den Rechnungen hat die Klägerin vor der letzten mündlichen Verhandlung die erforderlichen Spezifizierungen vorgenommen. Sie hat diese anhand der Eingangsrechnungen angefertigt, was - wie der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat - möglich war, weil die An- und Verkäufe in einem engen zeitlichen Zusammenhang miteinander standen. Die gemachten Angaben sind zur Bezeichnung von Menge und Art der ausgeführten Gegenstände auch ausreichend, weil durch die gewählten Bezeichnungen für einen sachkundigen Dritten eindeutig feststellbar ist, welche Waren die Klägerin ausgeführt hat. Der Angabe einer Artikelnummer bedurfte es dabei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, zumal diese zwischen dem Ankauf (Artikelnummer des Lieferanten) und dem Verkauf (Artikelnummer der Klägerin) variieren kann und deshalb nicht immer aussagekräftig ist.

    Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, dass die nachträglich angefertigten Anlagen schon deshalb nicht die tatsächlichen Lieferungen wiedergeben würden, weil zu den Rechnungen aus dem Jahr 2007 mit den Nrn. 36, 47, 66, 67, 69, 77, und 112 Lieferscheine vorlägen, die im Vergleich zu den Rechnungsanlagen Abweichungen enthielten. Es trifft zwar zu, dass die in den Lieferscheinen genannten Einzelpreise von den Einzelpreisen in den Anlagen zu den Rechnungen differieren. Dies ist für die Frage des Ausfuhrnachweises indes ohne Bedeutung, da es hierfür ausschließlich darauf ankommt, welche Gegenstände ausgeführt worden sind. Wie die Klägerin diese gegenüber ihren Abnehmern berechnet hat, ist dafür unerheblich. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob die angegebenen Artikelnummern übereinstimmen, weil diese - wie ausgeführt - für die Angabe der handelsüblichen Bezeichnung nicht zwingend erforderlich sind.

    Auch die von dem Beklagten aufgeworfenen inhaltlichen Widersprüche zwischen den Lieferscheinen einerseits und den Anlagen zu den Rechnungen andererseits vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. In der Anlage zur Rechnung 2007/36 werden vier Vasen aus Bleikristall und zwei Figuren aus Bleikristall angegeben, im Lieferschein sind es drei Vasen und drei Figuren aus Bleikristall. Gleiches gilt für Rechnung 2007/66. In der Anlage hierzu werden zwei Vasen und drei Figuren aus Bleikristall genannt, im Lieferschein drei Vasen und zwei Figuren aus Bleikristall. Dies führt nach Auffassung des Senats nicht zu einem Mangel des Belegnachweises, weil die Grenze zwischen Vasen und Figuren fließend ist und eine Vase auch in Form einer Figur denkbar ist und umgekehrt. Maßgeblich ist für den Nachweis der Ausfuhr, dass im ersten Fall sechs Waren aus Bleikristall und im zweiten Fall fünf Waren aus Bleikristall ausgeführt worden sind, wie sich dies auch aus den Ausfuhrpapieren ersehen lässt. Dies gilt nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt, dass die ausgeführten Waren nicht derart hochpreisig waren, dass an die Warenbezeichnung überhöhnte Anforderungen zu stellen wären.

    Keine Abweichungen zwischen den Anlagen zu den Rechnungen und den Lieferscheinen ergeben sich für die Rechnungen 2007/67 und 2007/77. Hier sind lediglich die Einzelbeträge unterschiedlich. Auf die oben gemachten Ausführungen wird verwiesen. Die inhaltlichen Angaben sind identisch.

    Abweichungen weisen jedoch die Anlagen zu den Rechnungen 2007/47, 2007/69 und 2007/112 im Vergleich zu den diesbezüglichen Lieferscheinen auf. Die Abweichungen ergeben sich bereits nach der Gesamtenge der gelieferten Gegenstände. Bei der Rechnung 2007/47 sollen ausweislich der Anlage zur Rechnung 33 Gegenstände geliefert worden sein, nach dem Lieferschein sind es 34 Gegenstände. Gleiches gilt für die Rechnung 2007/112. Nach der Anlage zur Rechnung umfasste die Lieferung 60 Gegenstände, nach dem Lieferschein lediglich 54 Gegenstände. Bei beiden Rechnungen sind auch die Einzelangaben in den Anlagen und den Lieferscheinen unterschiedlich. Bei der Rechnung 2007/69 stimmt die Anzahl der gelieferten Gegenstände zwar überein, nicht aber die Warenbezeichnung im Einzelnen. Dies führt gleichwohl nicht zu einer Versagung der Steuerfreiheit der diesbezüglichen Ausfuhrlieferungen, weil sich unter Einbeziehung der Ausfuhrpapiere ergibt, dass die Lieferscheine offensichtlich falsch sind.

    Aus den Ausfuhrpapieren zur Rechnung 2007/47 ergibt sich, dass 10 Stück Manschettenknöpfe, Krawattennadeln und Geldklammern, 8 Stück Visitenkartenetuis, Terminkalender und Passetuis und 15 Stück Sonnenbrillen ausgeführt worden sind. Dies stimmt mit den Angaben in der Anlage zur Rechnung überein. Da davon auszugehen ist, dass der Zoll die Lieferung überprüft hat, ergibt sich daraus zwingend, dass der abweichende Lieferschein falsch ist.

    Nach den Ausfuhrpapieren zur Rechnung 2007/69 wurden zehn Aktentaschen ausgeführt, wie sich dies auch aus der Anlage zur Rechnung ergibt. Auch dies spricht dafür, dass der abweichende Lieferschein nicht den Tatsachen entspricht. Gleiches gilt für die Rechnung 2007/112. Insofern fehlt es zwar an einer Einzelaufzählung der Güter in dem Ausfuhrbeleg. Insgesamt wurden jedoch 60 Einzelstücke ausgeführt, was wiederum mit der Anlage zur Rechnung übereinstimmt.

    Der Senat hat daher keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Angaben in den nachträglich erstellten Anlagen zu den Rechnungen nicht den tatsächlichen Ausfuhren entsprechen. Da die Klägerin mit den Spezifizierungen in den Anlagen zu den Rechnungen die handelsüblichen Bezeichnungen der ausgeführten Waren in hinreichendem Umfang angegeben hat, hat sie den erforderlichen Belegnachweis erbracht.

    Die Klägerin hat auch den erforderlichen Buchnachweis geführt. Dieser erfordert nach § 13 Abs. 1 Satz 2 UStDV, dass die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sind. Nach § 13 Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig Folgendes aufzeichnen:

    1. die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands der Lieferung oder die Art und den Umfang der Lohnveredelung;

    2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers oder Auftraggebers;

    3. den Tag der Lieferung oder der Lohnveredelung;

    4. das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung;

    5. die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Ausfuhr;

    6. die Ausfuhr.

    Diese Angaben finden sich in der Buchführung der Klägerin zwar nicht im Einzelnen. Die Klägerin hat die Ausfuhrlieferungen jedoch zum einen unter dem Kto. 4120 "Steuerfreie Umsätze § 4 Nr. 1 a UStG" separat aufgezeichnet und zum anderen im Belegfeld die jeweilige Rechnungsnummer angegeben. Angesichts dessen war für einen Dritten unter Heranziehung der per Rechnungsnummer gekennzeichneten Rechnungen nebst den dazugehörigen Ausfuhrbelegen leicht nachprüfbar, um welche konkrete Ausfuhrlieferung es sich gehandelt hat, an wen diese ging und wann diese erfolgt war (siehe zur Zulässigkeit der Bezugnahme auf Rechnungen und Ausfuhrbescheinigungen auch Tehler in Rau/Dürrwächter, UStG, § 6 Anm. 733). Dem steht auch der Einwand des Beklagten nicht entgegen, die Buchführung der Klägerin sei nicht ordnungsgemäß gewesen, weil diese kein detailliertes Inventar geführt habe, sondern stattdessen vorhandene Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens mit Gattungsbezeichnungen erfasst und für die Warengruppen lediglich einen Gesamtbetrag angesetzt habe. Dies bezieht sich nicht auf die ordnungsgemäße Ablage der hier maßgebenden Ausgangsrechnungen nebst Ausfuhrbelegen, auf die es im Rahmen des Buchnachweises ausschließlich ankommt.

    Unvollständig war der ursprünglich geführte Buchnachweis allerdings im Hinblick auf die handelsübliche Bezeichnung der ausgeführten Gegenstände, weil die zunächst nur vorhandenen Rechnungen insoweit keine detaillierten Angaben enthielten. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass der von der Klägerin geführte Buchnachweis als nicht existent anzusehen wäre. Der Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - hat in seinem Urteil vom 27.9.2007 (C-146/05, Collée, Sammlung der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union - Slg. - 2007, I-7861, Rn. 33 ff.) ausgeführt, dass der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer es gebiete, dass der Unternehmer nachträgliche Korrekturen in seiner Buchführung vornehmen könne, sofern eine Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen seien (EuGH, am angegebenen Ort, Rn. 35). Eine solche Korrektur der Buchführung kann dann - wie auch der Belegnachweis - bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht vorgenommen werden (BFH, Urteil vom 28.5.2009 - V R 23/08, BStBl. II 2010, 517). Das ist hier der Fall.

    Durch die Erstellung der Anlagen zu den einzelnen Rechnungen waren weder das Steueraufkommen gefährdet, noch die Steuererhebung beeinträchtigt. Die Klägerin hat darin - wie zum Belegnachweis ausgeführt - die handelsüblichen Bezeichnungen der ausgeführten Gegenstände benannt. Diese Ergänzung wirkt sich auch auf den Buchnachweis aus, den die Klägerin damit ebenfalls erbracht hat.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

    RechtsgebieteUStG, UStDVVorschriften§ 4 Nr. 1 Buchst. a) UStG; § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG; § 6 Abs. 4 S. 1 UStG; § 8 Abs. 1 UStDV; § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. b) UStDV; § 13 Abs. 1 S. 2 UStDV; § 13 Abs. 2 UStDV