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  • 28.07.2015 · IWW-Abrufnummer 145003

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 08.05.2015 – 9 K 400/14 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.


    Tatbestand:

    Die Beteiligten streiten darum, ob Beiträge der Kläger zur niederländischen Krankenversicherung als Sonderausgaben abzugsfähig sind.

    Die Kläger sind verheiratet, wohnen in Deutschland und sind in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

    Die Klägerin erzielte im Streitjahr inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 83.562 €. Neben diesen Einkünften bezog sie gesetzliche Renten aus den Niederlanden, die auf früheren Dienstverhältnissen in den Niederlanden beruhten. Sie bezog die gesetzliche sogenannte "AOW" in Höhe von brutto 6.404 €. Außerdem erhielt sie eine Rente aus der sogenannten "ABP" in Höhe von 11.131 €. Hinsichtlich dieser Renten stand den Niederlanden das Besteuerungsrecht gemäß Art. 12 Abs. 2 Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (DBA-Niederlande) zu. Diese Renten wurden allerdings in der Bundesrepublik Deutschland in Höhe des Ertragsanteils von 58 % dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterworfen.

    Der Kläger bezog ausschließlich ausländische Renten. Er erhielt eine sogenannte "AOW" in Höhe von brutto 7.502 € sowie eine "ABP"-Rente in Höhe von brutto 18.569 €. Diese Renten wurden in Höhe eines Ertragsanteils von 35 % dem Progressionsvorbehalt unterworfen.

    Von diesen Renten wurde den Klägern der Pflichtanteil zur niederländischen gesetzlichen Sozialversicherung in Abhängigkeit von der Höhe der von ihnen erzielten Einnahmen einbehalten. Diese Beiträge sind im Fall der Kläger als Rentnern den Beiträgen zu einer inländischen Kranken- und Pflegeversicherung vergleichbar.

    Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen folgende Beträge geltend:



    Ehemann


    Ehefrau








    procentuele bijdrage buitenland


    407


    351


    bijdrage Zvw buitenland


    674


    404


    1.081


    755


    bijdrage AWBZ


    1.632


    980


    nominale premie


    937


    937


    Haftpflichtversicherung


    421

    9

    Das Finanzamt strich die Beträge von 1.081 € und 1.632 € beim Ehemann und von 755 € und 980 € bei der Ehefrau. Es erkannte in dem erlassenen Steuerbescheid insgesamt nur 2.297 € (937 € x 2 + 2 € + 421 €) an.

    Das Finanzamt ließ die Beträge von 1.081 €, 1.632 €, 755 € und 980 € mit der Begründung unberücksichtigt, nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) seien Krankenversicherungsbeiträge, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden, nicht als Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig.

    Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein mit folgender Begründung: Die Beiträge stünden nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu steuerfreien Einnahmen. Außerdem verstoße die Versagung des Sonderausgabenabzugs gegen das Gemeinschaftsrecht.

    Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, wenn diese Einnahmen und die Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst seien. Dies sei hier der Fall, da die Kläger steuerfreie Einnahmen bezogen hätten und dieser Tatbestand gleichzeitig Pflichtbeiträge an den Sozialversicherungsträger ausgelöst habe.

    Die Kläger haben hierauf Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, es bestehe kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den steuerfreien Einnahmen und den Pflichtbeiträgen.

    Ihre Rentenbezüge seien keineswegs steuerfrei, da diese in den Niederlanden als steuerpflichtig behandelt würden.

    Außerdem bestehe auch kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Pflichtbeiträgen und den Renteneinnahmen. Die Beiträge zur Pflichtversicherung stünden vielmehr im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in der Vergangenheit bezogenen steuerpflichtigen Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Sozialversicherungspflicht in den Niederlanden resultiere aus der ehemaligen Tätigkeit in ihrem ehemaligen Wohnsitzstaat. Sie seien erst im Jahre 2001 nach Deutschland umgesiedelt. Sie hätten in den Niederlanden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen und versteuert. Die damals und heute geleisteten Beiträge zur Pflichtversicherung stünden im Zusammenhang mit den ehemals bezogenen steuerpflichtigen Einnahmen aus der nichtselbständigen Tätigkeit.

    Nach der Rechtsprechung des BFH solle § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG verhindern, dass Steuerpflichtige durch die Zulassung des Sonderausgabenabzugs einen doppelten steuerlichen Vorteil erhalten (BFH vom 18.04.2012 X R 62/09, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2012, 721). Im Streitfall würden die Renteneinkünfte unter Berücksichtigung der beschränkten Steuerpflicht in den Niederlanden aber bereits besteuert, und es würden dort Sozialversicherungsbeiträge einbehalten, die weder in den Niederlanden noch in Deutschland zum Abzug zugelassen würden.

    Die Kläger sind der Ansicht, sie würden zu Unrecht steuerlich schlechter gestellt als privat Krankenversicherte. Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung seien unabhängig von der Höhe des Einkommens nach dem persönlichen Versicherungsrisiko und den gewünschten Leistungen zu zahlen. Damit könnten bei einem Privatversicherten die Beiträge nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu steuerfreien Einkünften stehen, so dass dieser die Beiträge selbst dann als Sonderausgaben abziehen könne, wenn er ausschließlich Einkünfte beziehe, die im Inland nicht besteuert würden.

    Darüber hinaus verstoße es gegen das Gemeinschaftsrecht, wenn der Abzug der Beiträge als Sonderausgaben verwehrt werde. Handelte es sich um inländische Renten, würde ihnen der Sonderausgabenabzug für Pflichtbeiträge vollumfänglich gewährt. Bei den von ihnen bezogenen ausländischen Renten käme es aber zu einer staatenübergreifenden Doppelbelastung. Die Renten würden in den Niederlanden besteuert und es würden in den Niederlanden Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, es erfolge aber kein Ausgleich in Form eines Sonderausgabenabzugs für die Sozialversicherungsbeiträge. In Deutschland würden die bereits in den Niederlanden versteuerten Renten dem Progressionsvorbehalt unterworfen und es werde ein Sonderausgabenabzug versagt. Der Steuerpflichtige, der eine ausländische Rente beziehe und im Inland wohne, werde diskriminiert.

    In den Niederlanden werde keine dem Sonderausgabenabzug in Deutschland vergleichbare Abgabenermäßigung gewährt. Sie erhielten eine allgemeine Abgabenermäßigung in Höhe von 120 € zuzüglich der Seniorenermäßigung von jeweils 218 €, die auf die niederländische Einkommensteuer angerechnet würden. Die allgemeine Abgabenermäßigung aber werde jedem Steuerpflichtigen in den Niederlanden gewährt und decke auch der Höhe nach bei Weitem nicht den Betrag der geleisteten Beiträge zur Sozialversicherung in den Niederlanden.

    Die Kläger sind der Ansicht, die von ihnen geleisteten Sozialversicherungsbeiträge müssten zumindest bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b EStG berücksichtigt werden.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 02.08.2013 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2014 dahin zu ändern, dass Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 4.448 € zusätzlich als Sonderausgaben zum Abzug zugelassen werden,

    hilfsweise, die gezahlten Beiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Ansicht, die von den Kläger gezahlten Pflichtbeiträge stünden im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den bezogenen, in Deutschland steuerfreien Renteneinkünften. Sie stünden nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den ehemals bezogenen steuerpflichtigen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit. Wenn in den Streitjahren keine Renteneinkünfte bezogen worden wären, wären auch keine Beiträge zu leisten gewesen.

    Es bestehe keine Verpflichtung für den deutschen Staat, die in den Niederlanden gezahlten Pflichtbeiträge im Inland zum Abzug zuzulassen, wenn gleichzeitig die Renten im Inland nicht der Steuer unterlägen.

    Der Beklagte meint, ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht könne allenfalls dann vorliegen, wenn die Beiträge der Kläger in den Niederlanden nicht im Rahmen der steuerlichen Veranlagung berücksichtigt würden. Das sei jedoch für die in den Niederlanden gezahlten Beiträge nicht der Fall. In den Niederlanden würden die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge bei der Berechnung der niederländischen Einkommensteuer berücksichtigt. Steuerpflichtige, die in den Niederlanden in einem Beschäftigungsverhältnis stünden oder Sozialleistungen bezögen, erhielten eine allgemeine Abgabenermäßigung. So heiße es in den Erläuterungen des niederländischen Belastingdienstes, dass Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz außerhalb der Niederlande hätten und niederländisches Einkommen erhielten, durch diese Abgabenermäßigung bereits weniger Lohnabgaben über den Lohn oder die Sozialleistungen bezahlten. Der Beklagte verweist insoweit auf Informationen des Belastingdienstes (Blatt 57 der FG-Akte).

    Der Beklagte ist der Auffassung, auch eine Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes nach § 32 b Abs. 2 EStG komme nicht in Betracht. Anders als nach der bis 1995 geltenden Rechtslage, wonach bei der Ermittlung des Progressionstarifs eine sogenannte „Schattenveranlagung“ durchzuführen gewesen sei, fänden nunmehr nach § 32 b Abs. 2 EStG Sonderausgaben im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften keine Berücksichtigung mehr. Es werde insoweit auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen (BFH vom 18.04.2012 - X R 62/09, BStBl II 2012, 721). Es seien nur „Einkünfte“ in die Berechnung einzubeziehen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Abzug der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 4.448 € versagt.

    I.

    Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist Voraussetzung für den Abzug der in § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3 a EStG bezeichneten Vorsorgeaufwendungen, dass sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Diese Voraussetzung für einen Sonderausgabenabzug ist im Streitfall nicht erfüllt. Die von den Klägern mit ihrer Klage geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge stehen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen.

    1. Die niederländischen Sozialversicherungsbeiträge stehen in „unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang“ mit den niederländischen Renten der Kläger.

    Die Definition der Tatbestandsvoraussetzung „unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang“ muss sich am Zweck des Sonderausgabenabzugsgebotes nach § 10 Abs. 1 EStG und dem Zweck des Abzugsverbots des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG orientieren.

    § 10 Abs. 1 EStG verfolgt den Zweck, eine verfassungsrechtlich zulässige Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer zu schaffen. Hierzu muss eine Beeinträchtigung der individuellen subjektiven Leistungsfähigkeit durch Privatausgaben, die für den Steuerpflichtigen unvermeidbar sind, steuermindernd berücksichtigt werden (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz. A 18). § 10 Abs.1 EStG soll dem Umstand Rechnung tragen, dass „die erzielten Einkünfte durch unvermeidbare Privataufwendungen reduziert werden“ und nur die "Restgröße" der Besteuerung zugänglich machen (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz. A 17). Privatausgaben werden abgezogen, weil sie aus den in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogenen Einkünften finanziert werden müssen, so dass nur der Restbetrag für eine Steuerzahlung zur Verfügung steht. Vorsorgeaufwendungen sind als unvermeidbare Privatausgaben abzuziehen. Sowohl der Schutz vor existenziellen Lebensrisiken als auch das Bedürfnis nach einer existenziellen Sicherung zwingen zur Vorsorge, weil sie Voraussetzung für eine sozialgerechte Existenz geworden ist. Dies gilt für Pflichtbeiträge als auch für freiwillige Beiträge (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz. A 26).

    § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG begründet ein Abzugsverbot für Vorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Nach § 10 Abs. 1 EStG sollen Privatausgaben von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden, da die in die Bemessungsgrundlage einbezogenen Einkünfte nicht uneingeschränkt, sondern nur in Höhe einer um die Privatausgaben reduzierten Restgröße für die Steuerzahlung zur Verfügung stehen. Ein derartiger Abzug ist aber nicht geboten, wenn die Privatausgaben mit Einkünften im Zusammenhang stehen, die überhaupt nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden, d. h., wenn die in die Bemessungsgrundlagen einbezogenen Einkünfte nicht durch die Privataufwendungen reduziert werden. Sind die im Zusammenhang mit den Aufwendungen stehenden Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen, braucht insoweit die Bemessungsgrundlage nicht reduziert zu werden. Für ein Abzugsverbot reicht es allerdings nicht aus, dass nicht erfasste Einkünfte vorhanden sind, aus denen Privatausgaben finanziert werden können. Es muss vielmehr ein Zusammenhang mit den steuerfreien Einkünften bestehen, der die Annahme rechtfertigt, dass die Vorsorgeaufwendungen aus den steuerfreien Einkünften getragen werden.

    Im Streitfall ist ein derartiger unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den niederländischen Renten gegeben. Hätten die Kläger die Renten nicht bezogen, wären die Beiträge nicht zu zahlen gewesen. Die Beitragspflicht ergibt sich aus dem Rentenbezug. Auch die Höhe der Beiträge richtet sich ‑ so auch der Vortrag der Kläger ‑ nach der Höhe der Rentenbezüge. Die Sozialversicherungsbeiträge werden zudem von vornherein von den Renten einbehalten. Dieser Zusammenhang rechtfertigt die Annahme des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, dass die Sozialversicherungsbeiträge den Renteneinnahmen als Finanzierungsquelle zuzuordnen sind und die Sozialversicherungsbeiträge nicht die sonstigen Einnahmen der Kläger, die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer sind, mindern. In diesem Sinne hat auch der BFH einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang bejaht, wenn die Erzielung steuerfreier Einkünfte Versicherungsbeiträge auslöst, wie dies bei Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung der Fall ist (BFH vom 29.04.1992 - I R 102/91, BStBl II 1993, 149; vom 18.04.2012 - X R 62/09, BStBl II 2012, 721; vom 18.07.1980 - VI R 97/77, BStBl II 1981, 16; vom 03.11.2010 - I R 73/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH ‑ BFH/NV ‑ 2011, 773; vgl. auch Finanzgericht ‑ FG ‑ Köln vom 26.05.2009 - 1 K 3199/07, juris (für in den Niederlanden gezahlte Arbeitnehmerbeiträge zur Krankenversicherung); FG Hamburg vom 06.02.2014 - 2 K 73/13, juris). In diesem Fall werde ‑ so die Formulierung des BFH ‑ die mit der Verausgabung der Pflichtbeiträge verbundene Minderung der Leistungsfähigkeit bereits durch den Bezug der steuerfreien Einnahmen aufgefangen (vgl. BFH vom 18.04.2012 - X R 62/09, BStBl II 2012, 721).

    2. Die Sozialversicherungsbeiträge stehen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Renten der Kläger, nicht mit den früheren Einkünften der Kläger aus nichtselbstständiger Tätigkeit. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG versagt den Abzug für Privataufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Vorsorgeaufwendungen aus den steuerfreien Einnahmen getragen werden. Im Streitfall besteht ein solcher Zusammenhang im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG mit den Renteneinkünften, deren Zahlung die Sozialversicherungsbeiträge auslöst.

    3. Die niederländischen Renten sind auch als „steuerfreie Einnahmen“ im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren.

    Die Renten sind „steuerfrei“, auch wenn sie in den Niederlanden besteuert werden. Dies folgt schon aus § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG. Nach dieser Vorschrift ist ein besonderer Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden (Progressionsvorbehalt), wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte bezogen hat, „die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind“. Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei sind, sind aber typischerweise nur in Deutschland steuerfrei und werden in dem anderen Vertragsstaat besteuert, d. h., der Gesetzgeber versteht den Begriff „steuerfrei“ im Sinne von „in Deutschland steuerfrei“. Im Übrigen entspricht diese Definition auch dem vorstehend skizzierten Zweck des § 10 Abs. 1 EStG und des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, die darauf abstellen, ob die Einnahmen in die Bemessungsgrundlage einbezogen sind.

    Die Annahme, dass die niederländischen Renten steuerfrei sind, steht auch nicht entgegen, dass sie unter Progressionsvorbehalt stehen. Der Progressionsvorbehalt bedeutet nur, dass auf das sonstige, nach § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden ist (§ 32 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünfte selbst bleiben unbesteuert.

    II.

    Die Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG führt auch nicht zu einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG). Es können zwar privat Krankenversicherte ihre Krankenversicherungsbeiträge auch dann als Sonderausgaben abziehen, wenn sie nach einem DBA steuerfreie Einnahmen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielen, während den Klägern ein entsprechender Abzug von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG verwehrt wird. Für diese unterschiedliche Behandlung besteht jedoch ein sachlich rechtfertigender Grund. Es lässt sich bei selbstständig tätigen, privat versicherten Steuerpflichtigen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Krankenversicherungsbeiträge mit nach DBA steuerfreien Einnahmen feststellen, der es rechtfertigen könnte, die ungekürzte Bemessungsgrundlage der Besteuerung zu Grunde zu legen.

    III.

    Die Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG auf die Sozialversicherungsbeiträge der Kläger bedeutet auch keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht in Form der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV (so für die niederländischen Sozialversicherungsbeiträge auch: FG Hamburg vom 06.02.2014, 2 K 73/13, juris).

    Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, kommt eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch die vorliegende Versagung des Sonderausgabenabzugs nur dann in Betracht, wenn ein Steuerpflichtiger weder im Tätigkeitsstaat (als beschränkt Steuerpflichtiger) noch im Inland (als unbeschränkt Steuerpflichtiger) seine Vorsorgeaufwendungen geltend machen kann (BFH vom 18.04.2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721; FG Hamburg vom 06.02.2014, 2 K 73/13, EFG 2014, 1000).

    Im Streitfall berücksichtigt der niederländische Fiskus die von den Klägern geleisteten Sozialversicherungsbeiträge. Nach den von dem Beklagten vorgelegten Unterlagen des niederländischen Belastingdienstes wird eine Abgabenermäßigung gewährt, die ihrer Höhe nach davon abhängt, ob für den Steuerpflichtigen in den Niederlanden eine Versicherungspflicht für die Einheitsversicherung besteht. Der Leistungsträger berücksichtigt die allgemeine Abgabenermäßigung beim Einbehalt, und es gelten Sonderregeln für die Berechnung der veranlagten Steuern, wenn der Steuerpflichtige für einen Zeitraum nicht in der Einheitsversicherung oder nicht in einer Krankenversicherung versichert war (zu der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge im niederländischen Steuerrecht vgl. auch FG Hamburg vom 06.02.2014, 2 K 73/13, EFG 2014, 1000).

    Dass die Abgabenermäßigung, die im Hinblick auf gezahlte Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden gewährt wird, geringer ist als die steuerliche Auswirkung eines Sonderausgabenabzugs in Deutschland, begründet keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Es handelt sich insoweit um eine Auswirkung der unterschiedlichen nationalen Steuersysteme. Die Niederlande lassen ‑ worauf auch die Kläger hinweisen ‑ in wesentlich geringerem Maße „Werbungskosten“ zum Abzug zu und sehen auch weniger Steuerermäßigungen vor, haben damit eine stärkere Bruttobesteuerung, die andererseits aber wiederum grundsätzlich niedrigere Steuersätze ermöglicht als eine Nettobesteuerung.

    Die Berücksichtigung der niederländischen Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden und nicht in Deutschland entspricht im Übrigen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs –EuGH– vom 24.02.2015 (C-559/13, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2015, 474) in der Sache Grünewald. Der EuGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Lage und seines Familienstandes ergibt, leichter an dem Ort beurteilt werden kann, an dem der Mittelpunkt seiner persönlichen Interessen und seiner Vermögensinteressen liegt und der in der Regel der Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ist. Der Gerichtshof habe andererseits aber entschieden, dass sich Gebietsansässige und Gebietsfremde in Bezug auf Aufwendungen, die unmittelbar mit der Tätigkeit zusammenhängen, aus der die in einem Mitgliedstaat zu versteuernden Einkünfte erzielt worden seien, in einer vergleichbaren Lage befänden. Dementsprechend seien bei einer vorweggenommenen Erbfolge beim gebietsfremden Steuerpflichtigen von den Einkünften aus dem übertragenen Vermögen die Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abzuziehen, die er im Gegenzug an die Übertragenden zu zahlen habe.

    Der Berücksichtigung der niederländischen Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden entspricht auch die Regelung des § 50 Abs. 1 S. 4 EStG, die für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer die Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG anordnet.

    IV.

    Von den Klägern in den Niederlanden gezahlte Sozialversicherungsbeiträge können auch nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts bei der Bemessung des auf das zu versteuernde Einkommen der Kläger anzuwendenden Steuersatzes berücksichtigt werden.

    Nach § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG sind die durch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der deutschen Besteuerung freigestellten Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Daran anknüpfend bestimmt § 32 b Abs. 2 Nr. 2 EStG, dass die betreffenden Einkünfte den anzuwendenden Steuersatz erhöhen oder vermindern, so dass in die von § 32 b Abs. 2 Nr. 2 EStG vorgeschriebene Berechnung nur „Einkünfte“ eingehen. Sonderausgaben zählen nicht zu den Einkünften, sondern werden erst im Anschluss an die Einkünfte vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen (§ 2 Abs. 4 EStG). Dies schließt ihre Berücksichtigung im Rahmen des Progressionsvorbehaltes aus (so BFH vom 18.04.2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721; vom 03.11.2010, I R 73/09, BFH/NV 2011, 773; FG Köln vom 26.05.2009, 1 K 3199/07, EFG 2010, 415, FG Saarland vom 17.07.2008, 2 K 2194/05, EFG 2008, 1708; Schleswig-Holsteinisches FG vom 15.08.2012, 2 K 9/1, EFG 2012, 2109). Da der Gesetzgeber die Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung den Sonderausgaben zugewiesen hat (vgl. hierzu BFH vom 16.11.2011, X R 15/09, BStBl II 2012, 325), sind die von den Klägern gezahlten Sozialversicherungseiträge nicht bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes abzuziehen (vgl. auch BFH vom 18.04.2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721; vom 03.11.2010, I R 73/09, BFH/NV 2011, 773).

    Es bestehen gegen diese Nichtberücksichtigung der niederländischen Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts auch keine durchgreifenden gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Es obliegt dem nationalen Gesetzgeber, in welcher Höhe er die Einkünfte, deren Besteuerung ihm nach dem DBA zusteht, besteuert (so FG Hamburg vom 06.02.2014, 2 K 73/13, EFG 2014, 1000; Schleswig-Holsteinisches FG vom 15.08.2012, 2 K 9/11, EFG 2012, 2109; FG Köln vom 26.05.2009, 1 K 3199/07, juris; FG Saarland vom 17.07.2008, 2 K 2194/05, EFG 2008, 1708; so im Ergebnis auch BFH vom 18.04.2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721; vom 03.11.2010, I R 73/09, BFH/NV 2011, 773).

    V.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.