07.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187073
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 06.04.2016 – V R 25/15
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Setzt Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraus, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet?
2. Für den Fall, dass Frage 1. zu verneinen ist:
a) Reicht für die Angabe der Anschrift nach Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL eine Briefkastenadresse?
b) Welche Anschrift ist von einem Steuerpflichtigen, der ein Unternehmen (z.B. des Internethandels) betreibt, das über kein Geschäftslokal verfügt, in der Rechnung anzugeben?
3. Ist für den Fall, dass die formellen Rechnungsanforderungen des Art. 226 MwStSystRL nicht erfüllt sind, der Vorsteuerabzug bereits immer dann zu gewähren, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Steuerpflichtige die Einbeziehung in einen Betrug weder kannte noch kennen konnte oder setzt der Vertrauensschutzgrundsatz in diesem Fall voraus, dass der Steuerpflichtige alles getan hat, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden kann, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen?
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Tenor:
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Setzt Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (MwStSystRL) die Angabe einer Anschrift des Steuerpflichtigen voraus, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet?
2. Für den Fall, dass Frage 1. zu verneinen ist:
a) Reicht für die Angabe der Anschrift nach Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL eine Briefkastenadresse?
b) Welche Anschrift ist von einem Steuerpflichtigen, der ein Unternehmen (z.B. des Internethandels) betreibt, das über kein Geschäftslokal verfügt, in der Rechnung anzugeben?
3. Ist für den Fall, dass die formellen Rechnungsanforderungen des Art. 226 MwStSystRL nicht erfüllt sind, der Vorsteuerabzug bereits immer dann zu gewähren, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Steuerpflichtige die Einbeziehung in einen Betrug weder kannte noch kennen konnte oder setzt der Vertrauensschutzgrundsatz in diesem Fall voraus, dass der Steuerpflichtige alles getan hat, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden kann, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung durch den EuGH ausgesetzt.
Gründe
1
I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) aus Rechnungen der Firma Z (Z) den Vorsteuerabzug geltend machen kann.
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Der Kläger betreibt einen Kraftfahrzeughandel. In den Streitjahren (2009 bis 2011) kaufte er u.a. Fahrzeuge von Z, der sein Unternehmen im Jahr 2006 in die E–Straße in R (Inland) verlegt hatte. Unter dieser Adresse hat Z dem Kläger die streitbefangenen Rechnungen ausgestellt.
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Z hatte in N (Inland) von der dort ansässigen Firma U Räumlichkeiten angemietet. Ob es sich dabei um einen Raum oder nur um den Teil eines Raumes handelte, ist streitig. Unstreitig ist, dass Z dort kein Autohaus unterhielt. Er vertrieb ausschließlich im Onlinehandel. Die Fahrzeuge wurden dem Kläger oder seinen Mitarbeitern zum Teil in R in der E–Straße, zum Teil an öffentlichen Plätzen —z.B. Bahnhofsvorplätzen— übergeben. Nach dem Vortrag des Klägers kam in dem Büro Post an, wurde dort sortiert und bearbeitet und es wurden dort die Akten geführt. Außen am Gebäude befand sich ein Firmenschild mit dem Aufdruck "Z". Ob sich dort auch ein Briefkasten befand, ist nicht geklärt. Z wurde unter der vorgenannten Anschrift beim Finanzamt T geführt.
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Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen des Z nicht in Abzug gebracht werden könnten, weil die in den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des leistenden Unternehmers tatsächlich nicht bestanden habe. Z habe im Inland keine Betriebsstätte. Die Geschäftsadresse diene nur als Briefkastenadresse (Scheinadresse), an der lediglich von Z die Post abgeholt worden sei. Es sei dort nichts vorhanden gewesen, was auf ein Unternehmen hindeute.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte der Auffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und erließ am 13. September 2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2011. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2013 lehnte es den Antrag des Klägers auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) ab. Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Z habe unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift zwar keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltet, denn es sei bereits unklar, ob Z überhaupt einen abgeschlossenen Raum oder lediglich eine Teilfläche in einem Raum gemietet habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass Z einen ganzen Raum angemietet habe, sei dieser nicht so eingerichtet gewesen, dass dort geschäftliche Aktivitäten hätten stattfinden können.
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Der Klage sei aber stattzugeben, weil die Angabe der Anschrift i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfordere, dass dort geschäftliche Aktivitäten stattfänden. Die anderslautende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei in Anbetracht der technischen Fortentwicklung und der Änderung des Geschäftsgebarens überholt.
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Im Übrigen habe die Klage auch mit dem Hilfsantrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen Erfolg. Der Kläger habe alles getan, was von ihm zumutbarer Weise verlangt werden könne, um die Unternehmereigenschaft des Z und die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen.
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Hiergegen richtet sich die Revision, mit der das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 UStG) sowie Verfahrensfehler (Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) geltend macht.
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Das FG habe im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung aufklären müssen, ob es sich bei den Lieferungen des Z um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt habe; hierfür gebe es zahlreiche Anhaltspunkte.
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Im Übrigen scheitere der Vorsteuerabzug daran, dass die Rechnungen des Z nicht die Anschrift auswiesen, unter der er seine geschäftlichen Aktivitäten entfaltet habe.
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Die Gewährung der Vorsteuern im Billigkeitsverfahren komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht alles ihm Zumutbare getan habe, um sich von der Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überzeugen.
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Das FA beantragt sinngemäß,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
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Soweit das FA rüge, das FG habe nicht aufgeklärt, ob es sich bei den Lieferungen des Z um innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt habe, liege neuer, im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigender Sachvortrag vor.
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Im Übrigen hätten die Rechnungen des Z dessen zutreffende Anschrift ausgewiesen. Denn dort habe sich dessen Unternehmen befunden. Z habe dort Miete gezahlt, einen eigenen Briefkasten und ein Firmenschild gehabt, geschäftliche Unterlagen dort verwahrt, Post sei dort für ihn angenommen und abgeholt worden und er habe einen Festnetztelefonanschluss unterhalten.
II.
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Der Senat legt dem EuGH die in den Leitsätzen bezeichneten Fragen zur Auslegung der MwStSystRL vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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1. Rechtlicher Rahmen
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a) Unionsrecht
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Art. 168 MwStSystRL bestimmt zum Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden; ...".
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Art. 178 MwStSystRL regelt die Voraussetzungen zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug wie folgt:
"Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige folgende Bedingungen erfüllen:
a) für den Vorsteuerabzug nach Artikel 168 Buchstabe a in Bezug auf die Lieferung von Gegenständen oder das Erbringen von Dienstleistungen muss er eine gemäß Titel XI Kapitel 3 Abschnitte 3 bis 6 ausgestellte Rechnung besitzen; ...".
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Gemäß Art. 220 Abs. 1 MwStSystRL stellt jeder Steuerpflichtige in folgenden Fällen eine Rechnung entweder selbst aus oder stellt sicher, dass eine Rechnung vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder in seinem Namen und für seine Rechnung von einem Dritten ausgestellt wird:
"1. Er liefert Gegenstände oder erbringt Dienstleistungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person; ...".
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Art. 226 MwStSystRL bestimmt zu den obligatorischen Rechnungsangaben:
"Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß den Artikeln 220 und 221 ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:
...
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5. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers; ...".
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In Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwerststeuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) heißt es:
"Im Sinne dieser Richtlinie gilt
1. als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Artikel 4 Absatz 1 der [Sechsten] Richtlinie, der in dem Zeitraum nach Artikel 3 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie in diesem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch – in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung – seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat und der in dem gleichen Zeitraum in dem in Artikel 2 genannten Mitgliedstaat keine Gegenstände geliefert oder Dienstleistungen erbracht hat ...".
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b) Nationales Recht
§ 14 UStG bestimmt zur Ausstellung von Rechnungen:
"(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers ... .
...
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(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:
1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, ...".
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§ 15 Vorsteuerabzug
(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt.
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§ 163 AO regelt zur abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen:
"Steuern können niedriger festgesetzt werden, und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Die Entscheidung über die abweichende Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden."
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§ 227 AO bestimmt zum Erlass:
"Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden."
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2. Vorbemerkungen zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen
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a) Für 15 v.H. der Lieferungen, die der Kläger von Z bezogen hat, hat das FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass die Fahrzeuge "aus Deutschland stammten". Der Senat versteht dies dahingehend, dass die Lieferungen in Deutschland ausgeführt wurden und die materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Damit ist für diese Lieferungen die Frage entscheidungserheblich, ob die Rechnungen des Z den Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigen.
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b) Für 85 v.H. der Fahrzeuglieferungen sind die an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung zu stellenden Voraussetzungen und die Vorlagefragen im derzeitigen Verfahrensstadium (noch) nicht entscheidungserheblich, weil das FG nicht geklärt hat, ob überhaupt die materiellen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG —hier die vom leistenden Unternehmer "geschuldete Steuer"— erfüllt sind.
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Da die Fahrzeuge nach den Feststellungen des FG aus Frankreich stammten, Z dort seinen Wohnsitz und seine Bankverbindung hatte und in Deutschland in R keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltete, liegt es nicht fern, dass die Fahrzeuge bei der Lieferung an den Abnehmer (Kläger) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt und diese Lieferungen des Z an den Kläger deshalb gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei sind. Damit würden bereits die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts nach § 15 Abs. 1 UStG nicht vorliegen, weil diese eine vom leistenden Unternehmer "geschuldete" Steuer voraussetzen. Die Frage nach den Rechnungsanforderungen würde sich folglich nicht stellen.
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3. Zur Rechtslage ...
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a) ... nach nationalem Recht
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aa) Festsetzungsverfahren
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Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies erfordert, dass die dem Unternehmer erteilte Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht (z.B. BFH-Urteil vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80, Rz 26, 28). Das umfasst gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG die Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers. Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (BFH-Urteile vom 22. Juli 2015 V R 23/14, BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 22; vom 2. September 2010 V R 55/09, BFHE 231, 332, BStBl II 2011, 235, Rz 12; vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 31 f.; vom 23. September 2009 II R 66/07, BFHE 227, 212, BStBl II 2010, 712, Rz 10; vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432, Rz 13 ff.).
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird das Merkmal "vollständige Anschrift" in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur durch die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Denn sowohl Sinn und Zweck der Regelung in § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG als auch das Prinzip des Sofortabzugs der Vorsteuer gebieten es, der Finanzverwaltung anhand der Rechnung eine eindeutige und leichte Nachprüfbarkeit des Tatbestandsmerkmals der Leistung eines anderen Unternehmers zu ermöglichen. Deshalb ist die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuer abzuziehen, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des leistenden Unternehmers bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungstellung tatsächlich bestanden hat; die Angabe eines "Briefkastensitzes" mit nur postalischer Erreichbarkeit, an dem im Zeitpunkt der Rechnungstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht als zutreffende Anschrift nicht aus (BFH-Urteile vom 22. Juli 2015 V R 23/14, BStBl II 2015, 914, Rz 25; vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256, Rz 16; vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 32, 39; vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, Rz 33; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, Rz 50; vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620, Rz 15). Die im BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, Rz 50 in einem obiter dictum geäußerte Ansicht, dass "nach den Umständen des Einzelfalles ... auch ein 'Briefkasten-Sitz' mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen ..." könne, hat der BFH im Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 25 (die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2419/15 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 13. Februar 2016 nicht zur Entscheidung angenommen) ausdrücklich aufgegeben.
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Da nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG unter der von Z in den Rechnungen angegebenen Adresse keine wirtschaftlichen Aktivitäten stattgefunden haben, kann dem Kläger nach deutschem Umsatzsteuerrecht im Festsetzungsverfahren der Vorsteuerabzug nicht gewährt werden.
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bb) Billigkeitsverfahren
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(1) Allerdings kann der Vorsteuerabzug auch beim Fehlen einer materiellen oder formellen Voraussetzung aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls unter Vertrauensschutzgesichtspunkten zu gewähren sein. Denn die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sind Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung und müssen von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Gemeinschaftsrichtlinien einräumen, beachtet werden (ständige Rechtsprechung des EuGH, z.B. EuGH-Urteile Salomie und Oltean vom 9. Juli 2015 C–183/14, EU:C:2015:454, Rz 30; Tomoiaga vom 9. Juli 2015 C–144/14, EU:C:2015:452, Rz 33; Elmeka vom 14. September 2006 C–181/04, C–182/04, C–183/04, EU:C:2006:563, Rz 31; Goed Wonen vom 26. April 2005 C–376/02, EU:C:2005:251, Rz 32; Belgocodex vom 3. Dezember 1998 C–381/97, EU:C:1998:589, Rz 26).
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(2) Soweit der Vorsteuerabzug danach nicht aus den objektiven Merkmalen des § 15 UStG, sondern aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes und somit aus dem guten Glauben des Leistungsempfängers an das Vorliegen der —tatsächlich nicht erfüllten— materiellen oder formellen Merkmale des Vorsteuerabzugs hergeleitet wird, ist er nach deutschem Verfahrensrecht nicht bei der Steuerfestsetzung nach §§ 16, 18 UStG, sondern im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß §§ 163, 227 AO zu gewähren (BFH-Urteile in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 31 f.; in BFH/NV 2016, 80, Rz 48; in BFH/NV 2010, 256, Rz 19; in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 46). Dabei ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden (z.B. BFH-Urteil in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 48).
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(3) Die Entscheidung nach § 163 AO ist zwar grundsätzlich eine Ermessensentscheidung (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 Gms-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603, zu § 131 der Reichsabgabenordnung; BFH-Urteile in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 48; vom 21. August 1997 V R 47/96, BFHE 183, 304, BStBl II 1997, 781, Rz 11), die im finanzgerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist (§ 102 FGO). Erfordern aber gemeinschaftsrechtliche Regelungen eine Billigkeitsmaßnahme, ist das in § 163 AO eingeräumte Ermessen des FA auf Null reduziert (BFH-Urteile vom 30. Juli 2008 V R 7/03, BFHE 223, 372, BFH/NV 2009, 438, Rz 49; vgl. auch BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373, Rz 30).
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(4) Das deutsche Verfahrensrecht, das Vertrauensschutzgesichtspunkte nur in einem gesonderten Billigkeitsverfahren berücksichtigt, steht nicht im Widerspruch zum Unionsrecht; denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats (EuGH-Urteile Reemtsma vom 15. März 2007 C–35/05, EU:C:2007:167, Rz 40; i–21 Germany und Arcor vom 19. September 2006, C–392/04 und C–422/04, EU:C:2006:586, Rz 57; vgl. auch EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth und Strobel vom 19. September 2000 C–454/98, EU:C:2000:469, Rz 65, 66, Leitsatz 2 zur Berichtigung von zu Unrecht in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer).
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(5) Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren setzt voraus, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer gutgläubig war und alles getan hat, was von ihm in zumutbarer Weise verlangt werden kann, um die Richtigkeit der Rechnungsangaben zu überprüfen (BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 V R 63/07, BFH/NV 2009, 1473, Rz 65). Denn durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass "Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug —sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug— einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren" (EuGH-Urteile Kittel und Recolta Recycling vom 6. Juli 2006 C–439/04 und C–440/04, EU:C:2006:446, Rz 51; vgl. auch BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2014 V B 19/14, BFH/NV 2015, 243, Rz 6). Das ist aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles zweifelhaft, weil die Übergabe neuer Fahrzeuge an öffentlichen Orten und Orten, an denen kein Geschäftsbetrieb stattfindet, zu besonderer Achtsamkeit Anlass bietet.
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b) ... nach Unionsrecht.
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Die formellen Rechnungsvoraussetzungen mit Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet, entsprechen nach Auffassung des Senats dem Unionsrecht (BFH-Urteile in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 34 ff.; in BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, Rz 34). Die Regelungen in § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG beruhen auf Art. 168, 178, 226 MwStSystRL. Nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL ist die Ausübung des in Art. 168 Buchst. a dieser Richtlinie bezeichneten Rechts auf Vorsteuerabzug an den Besitz einer Rechnung geknüpft, die die in Art. 226 MwStSystRl genannten Angaben enthalten muss (EuGH-Urteil Pannon Gép vom 15. Juli 2010 C–368/09, EU:C:2010:44, Leitsatz sowie Rz 39, 40; Dankowski vom 22. Dezember 2010 C–438/09, EU:C:2010:818, 7 ff. zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern —Richtlinie 77/388/EWG––).
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Nach Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL muss die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers enthalten. Art. 226 MwStSystRL regelt die Ausstellung der Rechnung "verbindlich" (EuGH-Urteil Reisdorf vom 5. Dezember 1996 C–85/95, EU:C:1996:466, Rz 21 zu der inhaltsgleichen Regelung in Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Mit Art. 226 MwStSystRL sind "Mindestanforderungen" an die Angaben festgelegt worden, die "zwingend" in der Rechnung oder dem an ihre Stelle tretenden Dokument enthalten sein müssen (vgl. EuGH-Urteil Langhorst vom 17. September 1997 C-141/96, EU:C:1997:417, Rz 16, 17 zu Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG).
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Nach Ansicht des Senats umfasst der Begriff der "vollständigen Anschrift des Steuerpflichtigen" nur die zutreffende Anschrift. Die Angabe einer Scheinadresse, an der keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet werden, ist nicht mit dem Begriff der "vollständigen Anschrift" in Art. 226 MwStSystRL zu vereinbaren. Ein bloßer "Briefkastensitz" reicht nicht aus. Dies folgt auch aus dem EuGH-Urteil Planzer Luxembourg vom 28. Juni 2007 C–73/06 (EU:C:2007:397). Der EuGH hat darin zum Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. von Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 86/560/EWG entschieden, dass sich eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohfirma" charakteristisch ist, nicht als derartiger Sitz ansehen lässt (EuGH-Urteil Planzer Luxembourg EU:C:2007:397, Rz 62). Das lässt sich auf den Begriff der "vollständigen Anschrift" i.S. des Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL übertragen: Der EuGH hat im selben Urteil nämlich auch entschieden, dass die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (EuGH-Urteil Planzer Luxembourg, EU:C:2007:397, Rz 43). Ein bloßer "Briefkastensitz" bildet die wirtschaftliche Realität in vielen Fällen aber gerade nicht ab, sondern verschleiert sie (BFH-Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 28).
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Hinzu kommt, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und Missbräuchen ein Ziel ist, das von der MwStSystRL anerkannt und gefördert wird (z.B. EuGH-Urteile Italmoda vom 18. Dezember 2014 C–131/13, C–163/13, C–164/13, EU:C:2014:2455, Rz 42; Maks Pen vom 13. Februar 2014 C–18/13, EU:C:2014:69, Rz 26; Mahagében und David vom 21. Juni 2012 C–80/11 und C–142/11, EU:C:2012:373, Rz 41). Der EuGH hat dies zwar jeweils zu der Frage, ob im konkreten Einzelfall der Vorsteuerabzug wegen eines missbräuchlichen Verhaltens aberkannt werden kann, entschieden. Diese Zielsetzung kann nach Auffassung des Senats aber auch bei Zweifeln über die Auslegung einzelner Merkmale der Vorsteuerabzugsberechtigung Berücksichtigung finden.
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4. Zur ersten und zweiten Vorlagefrage
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Der Senat hat Zweifel, ob seine Auslegung des Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL im Einklang mit dem EuGH-Urteil PPUH Stehcemp vom 22. Oktober 2015 C-277/14 (EU:C:2015:719) steht. Der EuGH hat im Urteil PPUH Stehcemp zwar entschieden, dass Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 178 Buchst. a MwStSystRL) vorsieht, dass der Steuerpflichtige eine nach Art. 22 Abs. 3 dieser Richtlinie (Art. 226 MwStystRL) ausgestellte Rechnung besitzen muss, was insbesondere auch voraussetzt, dass die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen ausweist (EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, Rz 29). Der Gerichtshof ist dabei aber vom Vorliegen der formellen Rechnungsvoraussetzungen ausgegangen, obwohl an der im Handelsregister (und wohl auch in der Rechnung) als Gesellschaftssitz bezeichneten Anschrift keine wirtschaftliche Tätigkeit möglich war und hat entschieden, dass einem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug nicht mit der Begründung versagt werden darf, dass die Rechnung von einem Wirtschaftsteilnehmer ausgestellt wurde, der als ein nicht existenter Wirtschaftsteilnehmer anzusehen ist, und dass es unmöglich ist, die Identität des tatsächlichen Lieferers der Gegenstände festzustellen (EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, Rz 49, 53). Das lässt möglicherweise den Schluss zu, dass es für den Vorsteuerabzug nicht auf das Vorliegen aller formellen Rechnungsvoraussetzungen ankommt oder zumindest die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen keine Anschrift voraussetzt, unter der wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet wurden (hierzu die Vorlagefragen zu 1. und 2.).
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5. Zur dritten Vorlagefrage
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Der Senat hat auch Zweifel, ob die Anforderungen, die er an die Gewährung des Vorsteuerabzugs aus Vertrauensschutzgesichtspunkten stellt, wenn dessen materielle und formelle Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt sind, im Einklang mit dem Unionsrecht in der Auslegung durch den EuGH im Urteil PPUH Stehcemp stehen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, einen Steuerpflichtigen, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde, durch die Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug zu sanktionieren, wenn die nach der Richtlinie vorgesehenen materiellen und formellen Voraussetzungen für die Entstehung und die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erfüllt sind (EuGH-Urteile PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, Rz 49; Maks Pen, EU:C:2014:69, Rz 26 ff.; Bonik vom 6. Dezember 2012 C–285/11, EU:C:2012:774, Rz 36 ff.; Mahagében und Dávid, EU:C:2012:373, Rz 44, 45 und 47; Optigen u.a. vom 12. Januar 2006 C–354/03, C–355/03 und C–484/03, EU:C:2006:16, Rz 51, 52 und 55; Kittel und Recolta Recycling, EU:C:2006:446, Rz 44 bis 46 und 60). Dem hat sich der BFH bereits angeschlossen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, Rz 44).
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Sind dagegen die materiellen und formellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs —wie nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall— nicht in vollem Umfang erfüllt, kann ihr (teilweises) Fehlen zwar unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzgrundsatzes durch den guten Glauben des Steuerpflichtigen an das Vorliegen dieser Voraussetzungen ersetzt werden. Die Voraussetzungen hierfür können aber nicht dieselben sein, wie sie vorliegen müssten, um den Vorsteuerabzug trotz Vorliegens der materiellen und formellen Voraussetzungen zu versagen. Deshalb reicht es nach Auffassung des Senats nicht aus, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Steuerpflichtige von der Steuerhinterziehung nichts wusste und auch nichts wissen konnte. Denn wäre der Vorsteuerabzug —jenseits seiner materiellen und formellen Voraussetzungen— stets dann zu gewähren, wenn keine Steuerhinterziehung vorliegt oder der Steuerpflichtige von einer vorliegenden Steuerhinterziehung nichts wusste und auch nichts wissen konnte, würden die materiellen und formellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs jede Bedeutung verlieren.
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Vorsteuerabzug unter Vertrauensschutzgesichtspunkten setzt beim (teilweisen) Fehlen der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs deshalb nach Auffassung des Senats nach den Vorgaben der EuGH-Urteile Teleos vom 27. September 2007 C-409/04 (EU:C:2007:548, Rz 66) und Netto Supermarkt vom 21. Februar 2008 C-271/06 (EU:C:2008:105, Rz 24, 25 und 27); vgl. auch EuGH-Urteil Vlaamse Oliemaatschappij vom 21. Dezember 2011 C–499/10 (EU:C:2011:871, Leitsatz sowie Rz 26 zur gesamtschuldnerischen Haftung des Lagerinhabers und des steuerpflichtigen Eigentümers der Güter) voraus, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer gutgläubig war und bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außerstande war, das Fehlen der formellen Rechnungsanforderungen zu erkennen, weil er alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu überzeugen und seine Beteiligung an einem Betrug ausgeschlossen ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 1473, Rz 65).
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Der Hinweis des EuGH im Urteil PPUH Stehcemp (EU:C:2015:719, Rz 49) lässt demgegenüber möglicherweise den Schluss zu, dass der Vorsteuerabzug aus Vertrauensschutzgesichtspunkten bereits dann zu gewähren ist, wenn der Steuerpflichtige weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde. Der EuGH geht in Rz 49 zwar anscheinend vom Vorliegen der materiellen und formellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug aus. Andererseits war in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt die Rechnung von einem nicht existenten Wirtschaftsteilnehmer ausgestellt worden und es war zudem unmöglich, die Identität des tatsächlichen Lieferers der Gegenstände festzustellen, so dass auch vom Fehlen der Voraussetzungen des Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL auszugehen sein könnte. In diesem Fall wäre ggf. die Gewährung des Vorsteuerabzugs aus Vertrauensschutzgründen in Betracht zu ziehen, was die Frage nach deren Voraussetzungen aufwirft.
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6. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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7. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO.