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  • 30.05.2007 · IWW-Abrufnummer 071790

    Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 15.02.2007 – C-345/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    15. Februar 2007(*)

    ?Freier Dienstleistungsverkehr ? Steuerrecht ? Körperschaftsteuer ? Darbietungen und Lektionen aus dem Pferdedressursport, die in einem Mitgliedstaat durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen veranstaltet werden ? Berücksichtigung der Betriebsausgaben ? Voraussetzungen ? Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird?

    In der Rechtssache C‑345/04

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. Mai 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2004, in dem Verfahren

    XXX

    gegen

    Bundesamt für Finanzen

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung XXX

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    ? der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch C.‑D. Quassowski und A. Tiemann als Bevollmächtigte,

    ? der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,

    ? der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Eggers und R. Lyal als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Juni 2006

    folgendes

    Urteil

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 59 EG‑Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 49 EG).

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Gesellschaft portugiesischen Rechts Centro Equestre da Lezíria Grande Lda (im Folgenden: CELG) und dem Bundesamt für Finanzen (im Folgenden: Bundesamt), bei dem es um dessen Ablehnung des Antrags auf Erstattung der im Wege des Steuerabzugs einbehaltenen Körperschaftsteuer auf die Einnahmen geht, die CELG in Deutschland als beschränkt Steuerpflichtige erzielt hat.

    Nationales Recht

    Nach § 2 Abs. 1 des deutschen Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung von 1991 (BGBl. 1991 I S. 639, im Folgenden: KStG) sind Gesellschaften, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, beschränkt steuerpflichtig und werden mit der Körperschaftsteuer in Deutschland nur für die dort erzielten Einkünfte besteuert.

    Nach § 49 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in seiner 1997 geltenden Fassung (BGBl. 1997 I S. 821, im Folgenden: EStG 1997) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG und Art. 17 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 15. Juli 1980 (BGBl. 1982 II S. 129) unterliegen Einkünfte, die eine Gesellschaft portugiesischen Rechts im Rahmen künstlerischer Darbietungen in Deutschland erzielt, dort der Körperschaftsteuer.

    § 50a Abs. 4 Nr. 1 des EStG in der Fassung von 1990 (BGBl. 1990 I S. 1898) in seiner 1996 geltenden Fassung lautet wie folgt:

    ?Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigem im Wege des Steuerabzugs erhoben, ? bei Einkünften, die durch künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen im Inland oder durch deren Verwertung im Inland erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen ??

    Jedoch sieht § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997, der rückwirkend für das Steuerjahr 1996 galt, Folgendes vor:

    ?[E]in beschränkt Steuerpflichtiger, dessen Einnahmen dem Steuerabzug nach § 50a Absatz 4 Nummer 1 oder 2 unterliegen, [kann] die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer [beantragt[en]. Die Erstattung setzt voraus, dass die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten höher sind als die Hälfte der Einnahmen.?

    Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige im Unterschied zu den beschränkt Steuerpflichtigen von ihren steuerbaren Einkünften in diesem Mitgliedstaat sämtliche Ausgaben im Zusammenhang mit künstlerischen oder sportlichen Darbietungen, die dort stattfinden, abziehen können.

    Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

    CELG, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist eine Kapitalgesellschaft portugiesischen Recht, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in Portugal hat. CELG ist in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig; die Körperschaftsteuer wird nur auf die Einkünfte geschuldet, die dort erzielt werden. 1996 veranstaltete sie eine Tournee mit Darbietungen und Lektionen im Pferdedressursport in vierzehn Städten verschiedener Länder der Europäischen Union, von denen elf in Deutschland liegen.

    1997 beantragte CELG beim Bundesamt die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs in Deutschland einbehaltenen Körperschaftsteuer in Höhe von 71 758 DM gemäß § 50 Abs. 5 EStG 1997 i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG.

    Zu diesem Zweck legte CELG eine beglaubigte portugiesische Bilanz vor, die eine Aufstellung der Kosten für die gesamte 1996 durchgeführte Tournee enthielt. Diese Aufstellung führte Kommunikations‑, Reise‑, Unterkunfts‑ und Werbungskosten, Personalkosten, laufende Kosten für die Pferde, Wasser‑ und Stromkosten, Kosten für Tierarzt und Medikamente, Hufschmiedkosten, Ausstattung von Pferden und Reitern, Kosten für LKW‑Beförderung und Steuerberatungskosten sowie Abschreibungen für die Pferde auf. Später machte CELG weitere Kosten, für Buchhaltung und Lizenzgebühren, geltend. Ihres Erachtens waren 11/14 aller dieser Kosten von den in Deutschland erzielten Einkünften abzuziehen.

    Das Bundesamt lehnte die beantragte Erstattung mit der Begründung ab, dass keine Originalbelege für die geltend gemachten Kosten eingereicht worden seien.

    Der von CELG gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde u. a. wegen des fehlenden unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs der angemeldeten Kosten mit den Einnahmen in Deutschland zurückgewiesen.

    CELG erhob gegen diesen ablehnenden Bescheid Klage beim Finanzgericht Köln. Dieses wies die Klage mit der Begründung ab, dass die geltend gemachten Kosten zum einen zum Teil in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den in Deutschland der Steuer unterliegenden Einnahmen stünden und zum anderen nicht 50 % dieser Einmahmen überstiegen.

    CELG legte daraufhin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln Revision beim Bundesfinanzhof ein.

    Der Bundesfinanzhof führt aus, aus den Feststellungen des Finanzgerichts Köln gehe hervor, dass die CELG entstandenen Kosten, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang zu den von diesem Unternehmen in Deutschland erzielten Einnahmen stünden, 50 % dieser Einnahmen nicht überstiegen. Allerdings mache CELG auch Gemeinkosten geltend, obwohl in Bezug auf Art, Zusammensetzung und Höhe dieser Allgemeinkosten und auf die Frage, ob zusätzliche Einnahmen zu berücksichtigen seien, Unklarheiten bestünden, gehe aus diesen Feststellungen hervor, dass die ihr entstandenen Kosten insgesamt höher seien als die Hälfte der Einnahmen.

    Der Bundesfinanzhof ist jedoch der Ansicht, dass die unterschiedliche Behandlung bei der Ermittlung der steuerbaren Einkünfte zwischen einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen, der unbeschränkt steuerpflichtig sei, und einem gebietsfremden Steuerpflichtigen, der nur beschränkt steuerpflichtig sei, Zweifel in Bezug auf die Vereinbarkeit von § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997 mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere im Hinblick auf den durch Art. 59 des Vertrags garantierten freien Dienstleistungsverkehr, aufwerfe. Er verweist hierfür auf das Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2003, Gerritse (C‑234/01, Slg. 2003, I‑5933).

    Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Widerspricht es Art. 59 des EG‑Vertrags, wenn der im Inland beschränkt steuerpflichtige Angehörige eines Mitgliedstaats die Erstattung der auf seine inländischen Einnahmen entfallenden und im Wege des Steuerabzugs erhobenen Steuer nur dann beanspruchen kann, wenn die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben höher sind als die Hälfte der Einnahmen?

    Zur Vorlagefrage

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 59 des Vertrags einer Regelung entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende bei einem beschränkt Steuerpflichtigen, der die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs einbehaltenen Körperschaftsteuer beantragt, die Berücksichtigung von Betriebsausgaben, die im Rahmen von Tätigkeiten, mit denen in diesem Staat Einnahmen erzielt wurden, von der doppelten Voraussetzung abhängig macht, dass diese Ausgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Einnahmen steht und die Hälfte dieser Einnahmen übersteigen.

    Vorab sei darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass diese ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen (vgl. in diesem Sinn insbesondere Urteile vom 15. Mai 1997, Futura Participations und Singer, C‑250/95, Slg. 1997, I‑2471, Randnr. 19, vom 26. Oktober 1999, Eurowings Luftverkehr, C‑294/97, Slg. 1999, I‑7447, Randnr. 32, vom 28. Oktober 1999, Vestergaard, C‑55/98, Slg. 1999, I‑7641, Randnr. 15, vom 14. Dezember 2000, AMID, C‑141/99, Slg. 2000, I‑11619, Randnr. 19, und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer, C‑446/03, Slg. 2005, I‑10837, Randnr. 29).

    Ferner verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 59 des Vertrags die Aufhebung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die darauf beruhen, dass der Dienstleister in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niedergelassen ist, in dem die Leistung erbracht wird (vgl. in diesem Sinn insbesondere Urteile vom 4. Dezember 1986, Kommission/Deutschland, 205/84, Slg. 1986, 3755, Randnr. 25, vom 26. Februar 1991, Kommission/Italien, C‑180/89, Slg. 1991, I‑709, Randnr. 15, und vom 3. Oktober 2006, FKP Scorpio Konzertproduktionen, C‑290/04, Slg. 2006, I‑0000, Randnr. 31).

    Zum Vorliegen eines unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs

    Wie aus Randnr. 18 dieses Urteils hervorgeht, besteht die erste Voraussetzung für die Erstattung im Wege des Steuerabzugs einbehaltener Körperschaftsteuer darin, dass die Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen stehen, die in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, erzielt werden.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht eine Steuerregelung, wonach für die Berechnung der Bemessungsgrundlage der in einem bestimmten Mitgliedstaat gebietsfremden Steuerpflichtigen nur die Gewinne und Verluste berücksichtigt werden, die aus deren Tätigkeiten in diesem Staat stammen, mit dem im internationalen Steuerrecht verankerten Territorialitätsprinzip, das vom Gemeinschaftsrecht anerkannt wird, in Einklang (vgl. in diesem Sinn Urteile Futura Participations und Singer, Randnrn. 21 und 22, sowie Marks & Spencer, Randnr. 39).

    Die Berücksichtigung von Betriebskosten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, die ein Gebietsfremder in einem Mitgliedstaat ausübt und mit der dort steuerbare Einkünfte erzielt worden sind, muss grundsätzlich in diesem Staat stattfinden, wenn die Nettoeinkünfte der Gebietsansässigen nach Abzug solcher Kosten besteuert werden. Wie der Gerichtshof in Randnr. 27 des Urteils Gerritse festgestellt hat, befinden sich nämlich bei der Berücksichtigung solcher Kosten Gebietsansässige und Gebietsfremde in gleicher Lage. Soweit ein Mitgliedstaat den Gebietsansässigen die Möglichkeit bietet, die in Rede stehenden Kosten abzuziehen, darf er daher ihre Berücksichtigung bei Gebietsfremden grundsätzlich nicht ausschließen (vgl. in diesem Sinn Urteil Gerritse, Randnr. 27).

    Daher muss bei der Ausübung der steuerlichen Zuständigkeit durch den Staat, in dessen Gebiet mit der Tätigkeit steuerbare Einkünfte erzielt worden sind, vorgesehen werden, dass die mit dieser Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Kosten bei der Besteuerung eines Gebietsfremden berücksichtigt werden können. Das Gemeinschaftsrecht hindert einen Mitgliedstaat jedoch nicht daran, dadurch weiter zu gehen, dass er die Berücksichtigung von Kosten zulässt, bei denen kein solcher Zusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinn Urteil FKP Scorpio Konzertproduktionen, Randnrn. 50 bis 52).

    Unter Betriebsausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Einkünften in dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, stehen, sind Ausgaben zu verstehen, die einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Leistung, aufgrund deren die Besteuerung in diesem Staat erfolgt, aufweisen und die von dieser nicht getrennt werden können, wie z. B. die Reise‑ und die Unterkunftskosten. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf den Ort und den Zeitpunkt an, wo oder zu dem diese Kosten entstanden sind.

    Nach den Akten hat CELG, die ihren Sitz in Portugal hat, in Deutschland Einkünfte aus den von ihr dort veranstalteten künstlerischen Darbietungen erzielt. Im Zusammenhang mit diesen Darbietungen sind ihr, teils im Voraus für die Veranstaltung und die Planung dieser Darbietungen, teils beim Ablauf dieser Darbietungen die in Randnr. 10 dieses Urteils erwähnten Betriebsausgaben entstanden, deren Berücksichtigung in Deutschland sie beantragt. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, bei dem das Ausgangsverfahren anhängig ist und das die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung hat, im Rahmen dieses Verfahrens zu ermitteln, welche der von CELG geltend gemachten Betriebsausgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit den Leistungen stehen, aufgrund deren die Besteuerung in diesem Staat erfolgt und die daher von dieser nicht getrennt werden können.

    Daher ist davon auszugehen, dass Art. 59 einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs einbehaltenen Körperschaftsteuer auf die Einnahmen eines beschränkt Steuerpflichtigen davon abhängig macht, dass die Betriebsausgaben, deren Berücksichtigung dieser Steuerpflichtige beantragt, in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen stehen, die im Rahmen einer im betreffenden Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit erzielt worden sind, soweit alle Kosten, die sich von dieser Tätigkeit nicht trennen lassen, unabhängig vom Ort oder Zeitpunkt ihrer Entstehung betrachtet werden.

    Zum Erfordernis, dass die Kosten die Hälfte der Einnahmen übersteigen

    Die zweite Voraussetzung, die in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung für die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs einbehaltenen Steuer auf die Einnahmen eines gebietsfremden Steuerpflichtigen in Deutschland vorgesehen ist, besteht in dem Erfordernis, dass die Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen Einnahmen stehen, die Hälfte dieser Einnahmen übersteigen.

    Eine solche Voraussetzung kann eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs für ein Unternehmen darstellen, das Tätigkeiten künstlerischer, sportlicher oder anderer Art in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem es seinen Sitz hat, betreiben möchte.

    Diese Voraussetzung hat nämlich zur Folge, dass ein solches Unternehmen, wenn es die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs erhobenen Steuer beantragt, im Rahmen der Besteuerung der Einkünfte aus der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit nicht systematisch die Berücksichtigung ihrer in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stehenden Kosten erwirken kann.

    Daher stellt eine Regelung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art grundsätzlich eine nach Art. 59 des Vertrags verbotene Beschränkung dar, indem sie die Berücksichtigung der einem beschränkt Steuerpflichtigen entstandenen Betriebsausgaben von dieser zusätzlichen Voraussetzung abhängig macht.

    Deshalb ist zu prüfen, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt werden kann.

    Die von der deutschen Regierung geltend gemachte Rechtfertigung, dass die nationale Regelung die doppelte Berücksichtigung der Kosten, nämlich sowohl in dem Staat, in dem sich der Gesellschaftssitz befindet, als auch in demjenigen in dem die Dienstleistungen erbracht und die Einnahmen besteuert werden, verhindern solle, kann nicht durchgreifen.

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen die sogenannte Anrechnungsmethode anwendet.

    Daraus folgt, dass ein portugiesisches Unternehmen in Portugal auf der Grundlage aller seiner Einnahmen einschließlich derjenigen besteuert wird, die es im Rahmen einer in Deutschland ausgeübten Tätigkeit, wo diese ebenfalls besteuert werden, erzielt hat. Die Doppelbesteuerung wird durch den Abzug eines Betrags in Höhe der im zweiten Staat entrichteten Steuer vermieden. Ein solcher Mechanismus ist geeignet, die doppelte Berücksichtigung der Kosten zu verhindern, denn wenn er vom ersten Staat angewandt wird, kann dieser die Betriebsausgaben überprüfen, die bei der Berechnung der im zweiten Staat entrichteten Steuer berücksichtigt worden sind.

    Ferner sieht § 50 Abs. 5 EStG 1997 ein Verfahren vor, in dessen Rahmen das deutsche Finanzministerium dem Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen Auskunft über den von diesem gestellten Erstattungsantrag erteilen kann. Dieser Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden ermöglicht es ebenfalls, eine doppelte Berücksichtigung der Kosten zu verhindern. Auch trägt die Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) zur Verwirklichung dieses Ziels dadurch bei, dass sie den Informationsaustausch zwischen den betroffenen Finanzbehörden vorsieht.

    Daher ist eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch eine nationale Regelung nicht gerechtfertigt, die die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs einbehaltenen Steuer auf die von einem beschränkt Steuerpflichtigen im betreffenden Mitgliedstaat erzielten Einnahmen von der Voraussetzung abhängig macht, dass die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Einnahmen stehenden Betriebsausgaben die Hälfte von diesen übersteigt. Somit steht Art. 59 des Vertrags einer solchen Regelung entgegen.

    Nach allem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 59 des Vertrags einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, soweit diese die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs von einem beschränkt Steuerpflichtigen erhobenen Körperschaftsteuer davon abhängig macht, dass die Betriebsausgaben, deren Berücksichtigung dieser Steuerpflichtige zu diesem Zweck beantragt, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen stehen, die im Rahmen einer im betreffenden Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit erzielt worden sind, und soweit alle Kosten, die sich von dieser Tätigkeit nicht trennen lassen, unabhängig vom Ort oder Zeitpunkt ihrer Entstehung als solche Ausgaben betrachtet werden. Art. 59 des Vertrags steht dagegen einer nationalen Regelung entgegen, soweit sie die Erstattung der betreffenden Steuer an diesen Steuerpflichtigen von der Voraussetzung abhängig macht, dass die genannten Betriebsausgaben die Hälfte der erwähnten Einnahmen übersteigen.

    Kosten

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

    Art. 59 EG‑Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 49 EG) steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, soweit diese die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs von einem beschränkt Steuerpflichtigen erhobenen Körperschaftsteuer davon abhängig macht, dass die Betriebsausgaben, deren Berücksichtigung dieser Steuerpflichtige zu diesem Zweck beantragt, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen stehen, die im Rahmen einer im betreffenden Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit erzielt worden sind, und soweit alle Kosten, die sich von dieser Tätigkeit nicht trennen lassen, unabhängig vom Ort oder Zeitpunkt ihrer Entstehung als solche Ausgaben betrachtet werden. Art. 59 EG‑Vertrag steht dagegen einer nationalen Regelung entgegen, soweit sie die Erstattung der betreffenden Steuer an diesen Steuerpflichtigen von der Voraussetzung abhängig macht, dass die genannten Betriebsausgaben die Hälfte der erwähnten Einnahmen übersteigen.

    Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

    RechtsgebieteEinkommensteuerrecht, GemeinschaftsrechtVorschriften§ 50a Abs. 4 EStG; Art. 59 EGV