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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 07.02.1998 – III 70/97

    Wird das Mietverhältnis aufrechterhalten, bleibt die Wohnung mit eigenen Möbeln eingerichtet, besteht der Telefonanschluß weiterhin und erfolgt auch keine Ab- und spätere Wiederanmeldung, so liegt keine Aufgabe des Wohnsitzes vor. Auch eine zeitlich begrenzte Untervermietung der eingerichteten Wohnung ändert daran nichts.


    Tatbestand

    Streitig ist im Hinblick auf die deutsche Steuerpflicht, ob die Kläger während eines etwa einjährigen Aufenthaltes in den USA in Deutschland einen Wohnsitz beibehielten.

    Der 1948 geborene Kläger und die 1950 geborene Klägerin sind seit 1973 miteinander verheiratet und haben zwei 1976 und 1977 geborene Kinder. Die Kläger beantragten auch für das Streitjahr 1989 die Zusammenveranlagung.

    Die Klägerin ist im Hamburger Schuldienst Lehrerin. Ihr wurde mit Verfügung vom 6.5.1988 für die Zeit vom 1.8.1988 bis 31.7.1989 unter Fortfall der Dienstbezüge Sonderurlaub für eine Tätigkeit im Lehreraustausch mit dem Bundesstaat Texas (USA) gewährt; nach dem vorliegenden „Teacher one year term contract” sollte ihre Entlohnung etwa 23.000 US-Dollar betragen; auf die Verfügung und den contract wird Bezug genommen.

    Im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin in Texas hielten sich die Kläger und ihre beide Kinder, die derweil dortige Schulen besuchten, etwa ein Jahr in den USA auf; während dieser Zeit ging der Kläger, der bis zum 31.8.1988 bei der A AG in Hamburg und ab dem 15.11.1989 bei der B AG in Hamburg angestellt war, nach eigenen Angaben keiner Erwerbstätigkeit nach.

    Die Kläger bewohnen mit ihren Kindern seit vielen Jahren eine angemietete, mit eigenen Möbeln eingerichtete Wohnung unter der Anschrift X-Weg, Hamburg, und zwar sowohl schon vor als auch nach dem Aufenthalt in den USA. Auch während der etwa einjährigen Abwesenheit lief das Mietverhältnis weiter; die Wohnung blieb mit eigenen Möbeln eingerichtet, der Telefonanschluß wurde aufrechterhalten und eine Ab- und (Wieder-) Anmeldung erfolgte nicht. Nach Darstellung der Kläger lebte auf der Grundlage der dazu vorgelegten Vereinbarung vom 7.8.1988 Herr L in der Wohnung; auf die Vereinbarung wird Bezug genommen.

    Der Beklagte setzte mit Einkommensteuerbescheid 1989 vom 21.5.1992 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.2.1997 die Einkommensteuer 1989 auf 6.732 DM fest; er berücksichtigte dabei einen auf 27.460 DM geschätzten Arbeitslohn der Klägerin aus ihrer Tätigkeit in Texas. Auf die zugrundeliegende Einkommensteuererklärung 1989 nebst Anlagen und Nachträgen, auf den Einkommensteuerbescheid 1989, auf den Schriftwechsel im Einspruchsverfahren und auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

    Zur Begründung der dagegen fristgerecht erhobenen Klage tragen die Kläger im wesentlichen vor: Zu Unrecht habe der Beklagte in den USA erzielte Einkünfte der Besteuerung unterworfen. Während des Aufenthaltes in den USA hätten sie - die Kläger - in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt. Die Hamburger Wohnung sei an einen fremden Dritten vermietet gewesen und hätte ihnen dementsprechend nicht zur Verfügung gestanden. Tatsächlich seien sie auch ein Jahr lang nicht in Deutschland und damit auch nicht in der Wohnung gewesen. Bei der Veranlagung 1988 habe selbst der Beklagte keine Einkünfte aus den USA in die Besteuerung einbezogen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Kläger im einzelnen wird auf deren Schriftsätze vom 22.3, 2.5., 18.6. und 20.7.1997 Bezug genommen.

    Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 21.5.1992 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.2.1997 mit der Maßgabe zu ändern, daß die in den USA erzielten Einkünfte der Klägerin unberücksichtigt bleiben und die Einkommensteuer 1989 entsprechend herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht sich der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung; wegen des ergänzenden Vorbringens des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze vom 28.5. und 30.6.1997 Bezug genommen.

    Die Sachakten des Beklagten (ein Band EStA II, ein Band Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet und zugestimmt, daß der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet.

    Gründe

    I.

    Die Entscheidung ergeht gemäß § 79a Abs. 3 u. 4 FGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter, und zwar gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

    II.

    Die Klage ist nicht begründet.

    Die Einkommensteuer 1989 ist nicht zu hoch festgesetzt. Insbesondere hat der Beklagte zu Recht auch die von der Klägerin in den USA erzielten Einkünfte der deutschen Besteuerung unterworfen; denn die Kläger unterhielten im gesamten Streitjahr 1989 in Deutschland einen Wohnsitz.

    Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO).

    Eine zu Wohnzwecken für eine Familie angemietete Wohnung erfüllt regelmäßig die Anforderungen an eine Wohnung i.S. von § 8 AO. Wird die Wohnung von der Familie mit eigenen Möbeln eingerichtet, bezogen und in der Folgezeit dergestalt bewohnt, daß von dort aus der Erwerbs- oder Ausbildungstätigkeit nachgegangen wird, so ist der Wohnsitz im allgemeinen begründet und beibehalten. Aufgegeben wird ein solcher Wohnsitz beispielsweise dadurch, daß die Wohnung gekündigt und geräumt wird. Eine Beibehaltung des Wohnsitzes kommt dagegen in Betracht, wenn im Zusammenhang mit einem befristeten Auslandsaufenthalt das Mietverhältnis nicht gekündigt, die Wohnung nicht geräumt und die Rückkehr in die Wohnung beabsichtigt wird; in derartigen Fällen kann unter Umständen auch eine zeitlich begrenzte Untervermietung der eingerichteten Wohnung unschädlich für den Fortbestand des Wohnsitzes sein (vgl. Koch-Scholz, AO, 5. Aufl. 1996, § 8 Rdz 7 m.w.N.; Kühn-Hoffmann, AO und FGO, 17. Aufl. 1995, § 8 Anm. 5 m.w.N.; Tipke-Kruse, AO und FGO, 16. Aufl., § 8 AO Rdz. 6 m.w.N.).

    Auf der Grundlage dieser allgemeinen Erwägungen ergibt sich für den Streitfall, daß die Kläger im gesamten Veranlagungsjahr 1989 einen Wohnsitz in Deutschland hatten.

    Die Kläger stellen selbst nicht in Frage, daß sie bis zu ihrem Aufenthalt in den USA und auch danach wieder in ihrer angemieteten Wohnung X-Weg einen Wohnsitz unterhielten. Abgesehen von dem in den USA verbrachten Zeitraum handelte es sich um ihre Familienwohnung, die dauerhaft benutzt wurde.

    Bei der hier gegebenen Sachlage, wie sie sich auch nach dem Vorbringen der Beteiligten ergibt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Kläger ihren Wohnsitz auch nicht während ihres USA-Aufenthaltes aufgegeben haben; zur Bildung dieser Überzeugung haben u.a. im wesentlichen die folgenden Gesichtspunkte beigetragen:

    a) Nach den im Steuerrecht maßgeblichen objektiven Umständen kann kein Zweifel daran aufkommen, daß der USA-Aufenthalt von vornherein auf ein Jahr beschränkt war. Dafür sprechen schon die zur Steuerakte gelangten Unterlagen über die nur einjährige Beschäftigung der Klägerin in den USA; dies folgt aber auch aus dem Verhalten der Kläger selbst, die z.B. in der Vereinbarung vom 7.8.1988 zum Ausdruck gebracht haben, daß sie zum 6.8.1989 in die Wohnung zurückkehren werden.

    b) Für den somit auf höchstens ein Jahr begrenzten Aufenthalt in den USA haben die Kläger keine Maßnahmen getroffen, die als Aufgabe des Wohnsitzes gewertet werden könnten. Das Mietverhältnis wurde aufrechterhalten, die Wohnung blieb mit den eigenen Möbeln eingerichtet, ihr Telefonanschluß lief weiter und eine Ab- und spätere Wiederanmeldung erfolgte nicht.

    c) In der von den Klägern eingereichten Vereinbarung vom 7.8.1988 mit Herrn L ist zu Ziff. 1 ausdrücklich von der „Betreuung der Wohnung” die Rede; im Einklang damit hat sich Herr L zu Ziff. 2 Satz 2 verpflichtet, die Wohnung „nie länger als 6 Wochen unbeaufsichtigt” zu belassen. Daraus wird deutlich, daß selbst ein im übrigen möglicherweise gewolltes Untermietverhältnis überlagert wird von dem Bestreben der Kläger, ihre eingerichtete Wohnung auch für die Zeit ihres USA-Aufenthaltes behütet zu wissen.

    Gegen die damit gegebene unbeschränkte Steuerpflicht der Kläger läßt sich auch nicht mit Erfolg einwenden, daß der Beklagte dies bei im wesentlichen gleicher Sachlage im Veranlagungsjahr 1988 unbeachtet ließ. Nach den vorstehenden Ausführungen hätte der Beklagte bei voller Kenntnis des Sachverhaltes und zutreffender Rechtsanwendung schon die im Jahre 1988 in den USA erzielten Einkünfte der Klägerin der deutschen Besteuerung unterwerfen müssen; daß dies im Ergebnis zu Unrecht nicht geschah, begründet keinen Anspruch auf Fortsetzung der Fehlbehandlung im Folgejahr („Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht im Unrecht”).

    Die der deutschen Besteuerung unterworfenen Einkünfte aus den USA sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Da die Kläger ihre dortigen Einkünfte nicht beziffert haben, war der Beklagte berechtigt, sie nach Maßgabe der vorliegenden Unterlagen zu schätzen und sich dabei der Höhe nach an den „Teacher one year term contract” auszurichten. Gegen die Höhe selbst haben die Kläger auch keine Einwendungen erhoben.

    Weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die in den USA erzielten Einkünfte der Klägerin der dortigen Besteuerung unterlegen haben könnten; die Kläger behaupten dies auch nicht. Damit scheidet auch eine Anrechnung solcher Steuern in Deutschland von vornherein aus.

    Auch ansonsten sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, daß die Einkommensteuer 1989 zu hoch festgesetzt sein könnte. Da das Gericht nicht befugt ist, die festgesetzte Einkommensteuer 1989 zu erhöhen, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt sein könnte, etwa weil noch der Bezug von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen wäre (Progressionsvorbehalt); nach den Angaben in der Einkommensteuererklärung 1989 war der Kläger nach der Rückkehr aus den USA „arbeitslos bis 15.11.89”.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 115 FGO nicht erfüllt sind.

    Anmerkung

    Rechtskräftig

    VorschriftenAO § 8, EStG § 1 Abs. 1 S. 1

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