13.03.2003 · IWW-Abrufnummer 030585
Bundesfinanzhof: Urteil vom 13.11.2002 – I R 67/01
1. § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 bezieht sich nur auf den unmittelbar vorangehenden Satz 2 der Vorschrift. Demgemäß sind auch die in Satz 3 aufgeführten inländischen Einkünfte, die nach einem DBA nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, in die inländische Einkommensteuerveranlagung gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG 1997 einzubeziehen.
2. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer ist die rechnerische Gesamtsteuer quotal aufzuteilen und sodann der Steuersatz für die der Höhe nach nur beschränkt zu besteuernden Einkünfte zu ermäßigen.
3. Die Körperschaftsteuer ist nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 EStG 1997 anzurechnen. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997 steht dem nicht entgegen, weil die betreffenden Einnahmen nach einem DBA nicht ausschließlich in dem anderen Vertragsstaat, sondern auch im Quellenstaat besteuert werden können.
Gründe:
I.
Die in Belgien wohnenden Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) auf Antrag zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter einer inländischen GmbH und erzielte im Streitjahr 1998 als deren Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 90 825 DM. Er erzielte im Streitjahr darüber hinaus Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 in Höhe von 17 142,86 DM, die aus einer Gewinnausschüttung der GmbH resultierten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) verweigerte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 die Einbeziehung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Veranlagung und damit auch die Anrechnung der Körperschaft- und Kapitalertragsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 EStG 1997.
Das Finanzgericht (FG) wies die gegen den Einkommensteuerbescheid gerichtete Klage als unbegründet ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1288 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997. Sie beantragen, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1998 unter Einbeziehung der Kapitaleinkünfte festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das dem Revisionsverfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat keine Anträge gestellt.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Steuerfestsetzung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG hat die Erfassung der Dividenden und der darauf entfallenden Körperschaftsteuer einschließlich ihrer Anrechnung zu Unrecht versagt.
a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 werden natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, soweit sie inländische Einkünfte i.S. des § 49 EStG 1997 erzielen (sog. fingierte unbeschränkte Steuerpflicht). Dies gilt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 allerdings nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 v.H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 12 000 DM im Kalenderjahr betragen. Handelt es sich bei der natürlichen Person um einen Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, wird nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997 auf Antrag auch der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland für die Anwendung von § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, wobei auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Betrag von 12 000 DM zu verdoppeln ist.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen steht im Streitfall fest, dass die Kläger diese Voraussetzungen der § 1 Abs. 3 Satz 2 und § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997 erfüllen: Bei den Einkünften des Klägers handelt es sich um beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 Buchst. a und b EStG 1997. Die Einkunftsgrenzen des § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 1997 werden eingehalten.
b) Die Beteiligten streiten lediglich darüber, ob auch die vom Kläger vereinnahmte Gewinnausschüttung der GmbH als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a und b i.V.m. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 EStG 1997) in die inländische Einkommensteuerveranlagung gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG 1997 einzubeziehen ist. Mit den Klägern und entgegen der Vorinstanz ist die Einbeziehung zu bejahen. Dem steht insbesondere § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 nicht entgegen.
aa) Allerdings handelt es sich bei diesen Einkünften um solche, die im Inland der Höhe nach nur beschränkt besteuert werden dürfen. Das Besteuerungsrecht für Dividendeneinkünfte steht im Grundsatz Belgien als dem Wohnsitzstaat der Kläger zu. Deutschland hat gemäß Art. 10 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern (DBA-Belgien) nur ein begrenztes Quellenbesteuerungsrecht von höchstens 15 v.H. Derartige im Inland der Höhe nach nur beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gelten nach § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 aber als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.
bb) § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 löst jedoch entgegen der Annahme des FA und des FG nicht die Rechtsfolge aus, dass die dort genannten Einkünfte keine "inländischen Einkünfte" i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG sind. Die Vorschrift bezieht sich vielmehr nur auf den vorangehenden Satz 2 und dient infolgedessen lediglich dazu, die Einkunftsgrenzen des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 zu berechnen (im Ergebnis ebenso z.B. Saß, Der Betrieb --DB-- 1996, 295; Mössner/Kellersmann, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 505, 515; Kaefer, Betriebs-Berater --BB-- 1995, 1615, 1616; Lüdicke, Internationales Steuerrecht --IStR-- 1996, 111; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 10 MA Rz. 55; Gosch in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 32, 43; Eicher in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 1 EStG Rz. 92g; Jelinek in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 1 Rz. 120).
aaa) Gegen die Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 durch die Vorinstanz ist vor allem der Regelungswortlaut anzuführen. Wenn danach inländische Einkünfte, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, "hierbei" als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend gelten, so steht es in Einklang mit der Regelungssystematik und dem Sprachgebrauch, die Regelung allein auf den unmittelbar vorangehenden Satz 2 der Vorschrift zu beziehen, nicht aber (auch) auf deren Satz 1. Gegen das Gesetzesverständnis des FG spricht zudem, dass in Satz 1 von "inländischen Einkünften im Sinne des § 49" die Rede ist, während sowohl Satz 2 als auch Satz 3 der Vorschrift übereinstimmend von "der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünften" handeln. Aus dem insoweit mit § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 wortgleichen, in § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 enthaltenen Passus ergibt sich nichts Gegenteiliges. Das FG räumt selbst ein, dass dem Progressionsvorbehalt gleichwohl ein eigenständiger Regelungsgehalt verbleibt, nämlich für solche Einkünfte, die in Deutschland keiner Besteuerung unterliegen.
bbb) Der Einwand des FG, dass der Einkommensteuerveranlagung das Nettoprinzip zugrunde liege, während die Begrenzung der Quellenbesteuerung nach DBA die Bruttoeinkünfte betreffe, trägt nicht. Vielmehr hätte es des § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 nicht bedurft, wenn es --der Auffassung des FG folgend-- selbstverständlich wäre, dass die dort genannten Einkünfte nicht in die Veranlagung einbezogen werden dürften. Das ergäbe sich bereits aus dem Nettoprinzip und rechtfertigt deshalb eher die gegenteilige Annahme.
ccc) Nichts anderes ergibt sich aus der Vorgängerregelung des § 50 Abs. 4 EStG 1994. Der Hinweis auf diese Regelung greift schon deshalb nicht durch, weil ihr zwar ein ähnliches, letztlich aber doch abweichendes Besteuerungskonzept zugrunde lag. § 50 Abs. 4 EStG 1994 regelte die Besteuerung aller sog. Grenzpendler, die ihre Einkünfte im Wesentlichen im Inland bezogen, als beschränkt Steuerpflichtige. Er gewährte dieser Personengruppe sachliche und verfahrensrechtliche Vergünstigungen, nicht jedoch solche familienbezogener Art (vgl. Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 1 Rz. 43). § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 beruht --wie der gesamte Abs. 3 und auch § 1a EStG 1997-- auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- (Urteil vom 14. Februar 1995 Rs. C-279/93 "Schumacker", EuGHE 1995, I-225), welcher beanstandet hatte, dass dem in § 50 Abs. 4 EStG 1994 genannten Personenkreis keine familienbezogenen Vergünstigungen gewährt wurden. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber den betroffenen Personenkreis fiktiv als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt (vgl. auch die amtliche Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 1996, BTDrucks 13/1558).
ddd) Der Einwand des dem Verfahren beigetretenen BMF, dem Quellenstaat stehe kein Besteuerungsrecht für das Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997) zu, weil es sich hierbei nicht um Dividenden i.S. von Art. 10 DBA-Belgien, sondern um Einkünfte gemäß Art. 21 DBA-Belgien handele, für die Deutschland kein Besteuerungsrecht habe, geht fehl. Das DBA unterstellt eine prinzipielle Doppelbelastung mit Körperschaftsteuer bei der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter. Es äußert sich nicht dazu, wie diese Belastung ggf. innerstaatlich aufzulösen ist. Dies ist deshalb dem jeweiligen Mitgliedsstaat überlassen und konnte folglich auch nach Maßgabe des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens erfolgen (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 10 MA Rz. 12).
eee) Die vom Senat vorgenommene Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997, wonach sich diese Vorschrift allein auf die Ermittlung der in Satz 2 geregelten Einkunftsgrenzen bezieht, hat den Vorzug, europarechtskonform zu sein. Indem sie auch bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen durch Einbeziehung seiner Kapitaleinkünfte in die inländische Besteuerung die Anrechnung der auf diese Einkünfte entfallenden Abzugsteuern sicherstellt, vermeidet sie dessen Ungleichbehandlung gegenüber einem im Inland ansässigen Steuerpflichtigen.
Eine derartige Ungleichbehandlung ist vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote (insbesondere Art. 52 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, nunmehr Art. 43 nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. C-340/1997 S. 1) rechtswidrig. Der EuGH hat zwar anerkannt, dass eine Diskriminierung durch die kohärente Anwendung von Steuerregelungen eines Mitgliedsstaates auf Gebietsfremde gerechtfertigt sein kann (EuGH-Urteile vom 28. Januar 1992 Rs. C-204/90 "Bachmann", Slg. 1992, I-249 Rn. 28 und Rs. C-300/90 "Kommission gegen Belgien", Slg. 1992, I-305). Das deutsche Steuerrecht könnte es hiernach erfordern, dass nur derjenige zur Einbeziehung von Kapitaleinkünften und damit zur Anrechnung inländischer Abzugsteuern berechtigt sein soll, der im Inland sein Welteinkommen zu versteuern hat. Eine solche Sichtweise versagt jedoch, wenn der gebietsfremde Steuerpflichtige --wie im Streitfall die Kläger-- nahezu seine gesamten Einkünfte in Deutschland erzielt und gerade deswegen als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden muss. Der EuGH hat dazu in der "Schumacker"-Entscheidung (in Slg. 1995, I-225, dort Rn. 41 und 58; zur Abgrenzung s. auch Urteil vom 14. September 1999 Rs. C-391/97 "Gschwind", Slg. 1999, I-5451, 5478 Rn. 27) ausgeführt, dass jedenfalls die Nichtberücksichtigung der persönlichen Lage und des Familienstandes durch den Staat, in dem die berufliche Tätigkeit ausgeübt wird, dann nicht aufgrund der Kohärenz gerechtfertigt werden kann, wenn im Wohnsitzstaat die dortige Steuerlast nicht ausreicht, um diese Verhältnisse zu berücksichtigen.
So verhält es sich hier. Belgien steht zwar als Wohnsitzstaat gemäß Art. 10 Abs. 1 DBA-Belgien das Besteuerungsrecht für die vom Kläger bezogenen Dividenden zu. Indessen kann der Kläger die in Deutschland angefallenen Abzugsteuern --abgesehen von einer Erstattungsmöglichkeit in Höhe von 10 v.H. der einbehaltenen Kapitalertragsteuer (vgl. BMF, Schreiben vom 28. August 1969, BStBl I 1969, 545)-- nicht in Belgien steuerlich anrechnen oder anderweitig geltend machen; das belgische Steuerrecht kennt weder eine Anrechnungsmöglichkeit für auf Dividenden an Private abgeflossene Quellensteuern noch für in Deutschland von der Körperschaft gezahlte Körperschaftsteuer (vgl. Straka in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 23 DBA-Belgien Rz. 43; Fort in Mennel/Förster, Steuern in Europa, Belgien Tz. 177).
Auch die Tatsache, dass nach dem einschlägigen DBA grundsätzlich eine Anrechnungsmöglichkeit für Quellensteuern besteht, kann im Streitfall keine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Wie der EuGH in seinem Urteil vom 11. August 1995 Rs. C-80/94 "Wielockx" (Slg. 1995, I-2493, dort Rn. 24 f.) ausgeführt hat, kann der Grundsatz der Kohärenz jedenfalls dann nicht zur Rechtfertigung der Verweigerung einer steuerlichen Vergünstigung gegenüber Gebietsfremden herangezogen werden, wenn die steuerliche Kohärenz auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens gewährleistet wird. In diesen Fällen wird die steuerliche Kohärenz gerade nicht auf der Ebene der Einzelperson, sondern auf einer anderen Ebene hergestellt, nämlich auf derjenigen der Gegenseitigkeit der in den Vertragsstaaten anwendbaren Vorschriften.
2. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer muss berücksichtigt werden, dass der auf die Dividenden entfallende Steuersatz gemäß Art. 10 Abs. 2 DBA-Belgien insgesamt 15 v.H. nicht übersteigen darf. Wie diese Höchstbegrenzung durchzusetzen ist, ist allerdings umstritten. Teilweise wird vertreten, auf die im Inland einem nur beschränkten Besteuerungsrecht unterworfenen Eink ünfte sei der Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG 1997) anzuwenden (so Kaefer, BB 1995, 1615, 1619; Lüdicke, IStR 1996, 111, 112). Teilweise wird stattdessen eine quotale Aufteilung der rechnerischen Gesamtsteuer mit anschließender Reduzierung des Steuersatzes für die betreffenden Einkünfte befürwortet (so Saß, DB 1996, 295, 296; Eicher in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 1 EStG Rz. 92g). Der Senat hält Letzteres für richtig. Denn auch die der Höhe nach beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte bleiben inländische. Allein die quotale Reduzierung sichert den korrekten Einklang mit den abkommensrechtlichen Vorgaben.
3. Vor dem Hintergrund dieses Gesetzesverständnisses des Senats war die Klage zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht.
a) Denn den Klägern geht es um die Anrechnung der auf die Dividendeneinnahmen entfallenden Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer auf die festgesetzte Einkommensteuer. Voraussetzung dafür ist gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 und Nr. 3 Satz 4 Buchst. f EStG 1997, dass die betreffenden Dividenden und die darauf entfallende anrechenbare Körperschaftsteuer bei der Veranlagung erfasst werden (vgl. Senatsurteile vom 27. März 1996 I R 87/95, BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473; vom 26. November 1997 I R 110/97, BFH/NV 1998, 581).
b) Die erstrebte Anrechnung der Körperschaftsteuer scheitert nicht an § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997. Zwar ist die Anrechnung danach ausgeschlossen, wenn die Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden können. Das ist hier der Fall; Belgien als Wohnsitzstaat kann die vom Kläger vereinnahmten Dividenden besteuern. Hat der betreffende Steuerausländer jedoch beantragt, gemäß § 1 Abs. 3 EStG im Tätigkeitsstaat fiktiv als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden, so ist der Anrechnungsausschluss des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997 entsprechend einengend zu verstehen. Der Ausschluss der Anrechnung kommt unter diesen Umständen nur in Betracht, wenn die Einnahmen ausschließlich in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden können, nicht aber dann, wenn auch dem Quellenstaat ein --der Höhe nach begrenztes-- Besteuerungsrecht zusteht (ebenso Saß, DB 1996, 295, 296). Nur so wird verhindert, dass "originär" und fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtige entgegen gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen unterschiedlich behandelt werden. Nur ein solches Regelungsverständnis entspricht überdies in systematischer Hinsicht der vom Senat (unter 1.) vorgenommenen Auslegung des § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997, wonach die ihrer Höhe nach begrenzt zu besteuernden Einkünfte in die durchzuführende Veranlagung einzubeziehen sind. Nur ein solches Ergebnis geht mit dem EG-Recht konform.
4. Da die Vorinstanz eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Der angefochtene Steuerbescheid war antragsgemäß in der Weise zu ändern, dass die vom Kläger im Streitjahr bezogenen Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sind und hiernach die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des abkommensrechtlich erlaubten Höchststeuersatzes von 15 v.H. festzusetzen ist. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).