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  • 21.02.2013 · IWW-Abrufnummer 131772

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 19.12.2012 – 5 K 302/09

    Wegen zollrechtlicher Pflichtverletzungen dem Zolllagerinhaber nach Art. 203, 204 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer kann als Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG bei diesem abzugsfähig sein.


    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten über den Abzug von Einfuhrumsatzsteuer (i. F. EUSt) als Vorsteuer.
    Die Klägerin ist seit dem ... 1994 im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg-1 unter der Nummer HRB ... eingetragen. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die „Lagerung und Distribution von Waren” bzw. seit Gesellschafterbeschluss vom ... 2007 die „Lagerung und Distribution von Waren aller Art mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Geschäfte”. Die Klägerin betrieb in dem für das Klageverfahren relevanten Jahr 2006 ein Zolllager Typ D und ein Zolllager Typ C (Bewilligung Hauptzollamt -HZA- Hamburg-2 vom ... 2006 ..., Bewilligungsnummer DE/.../.../...-2), seit ... 2006 auch an dem Lagerort X-Straße, ... Hamburg. Zu diesem Zeitpunkt übernahm die Klägerin das Geschäft mit einem ihrer - ab dann - Hauptlagerkunden, A, B (i. F. A), und diesen Lagerort nebst noch vorhandenem Lagerbestand von einem anderen Unternehmen. Im Rahmen des Zolllagerverfahrens Typ C lagerte die Klägerin die Waren ihrer Kunden ein und übernahm die zollrechtliche Abwicklung. Die A ließ vorwiegend Haushaltsgeräte und Waren der Unterhaltungselektronik in das Zolllager Typ C der Klägerin einlagern. Die aus ... bezogenen Waren wurden in Containern auf dem Seeweg nach Hamburg transportiert und mit wenigen Ausnahmen an den Lagerort X-Straße verbracht. Auftraggeber der A waren überwiegend Unternehmen aus Russland und der Ukraine, die die Waren teilweise noch während des Transports bzw. der Lagerung an Abnehmer in verschiedenen osteuropäischen Staaten, meistens Russland und Ukraine, weiterverkauften. Im Lager der Klägerin wurden die Waren auf Abruf der Auftraggeber der A jeweils zu Sendungen zusammengestellt und durch von den Auftraggebern der A beauftragte, in den Empfängerländern ansässige Spediteure mit eigenen Fahrzeugen am Lager der Klägerin übernommen (Bericht HZA vom 06.08.2008, Ziffer 4.3.1.3 - Anlage K6). An das Zolllagerverfahren schloss sich jeweils ein Versandverfahren bzw. Verfahren Carnet TIR an. Die entsprechenden Zollanmeldungen erfolgten mittels eines Zolldeklaranten und nicht im Namen und für Rechnung der Klägerin. Eigentum an den von A eingelagerten Waren erlangte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt. Für die Führung von Bestandsaufzeichnungen, die Erstellung von Zollanmeldungen sowie die Abwicklung der Logistik- und Transportaufgaben setzte die Klägerin verschiedene Datenverarbeitungssysteme ein.
    Für den Zeitraum 01.04. bis 31.12.2006 führte das HZA Hamburg-3, beginnend am 31.01.2007, eine Zollprüfung gemäß Art. 13, 14 sowie Art. 78 Zollkodex (Verordnung EWG Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABl EG- L 302/1 - i. F. ZK) i. V. m. §§ 193 ff. Abgabenordnung (i. F. AO) bei der Klägerin durch. Geprüft wurde (nur) das ihr bewilligte Zolllagerverfahren Typ C betreffend (nur) die für den Lagerkunden A erbrachten Leistungen. Im Rahmen der Prüfung wurde festgestellt, dass seitens der Klägerin - im Wesentlichen bedingt durch Probleme bei der Handhabung und Integration der z. T. neu verwendeten Datenverarbeitungssysteme - zollrechtliche Bestandsaufzeichnungen nicht korrekt geführt, insbesondere Entnahmen zum Teil nicht oder verspätet gebucht wurden, Gegenstände einer neuen zollrechtlichen Bestimmung erst mehrere Tage nach der Entnahme zugeführt wurden bzw. Nachweise des Erhalts einer neuen zollrechtlichen Bestimmung nicht oder nicht formal korrekt erbracht wurden. Die tatsächlichen Feststellungen des HZA wurden von der Klägerin nicht angegriffen. Wegen der hieraus resultierenden Entziehung von einfuhrabgabepflichtigen Waren aus der zollamtlichen Überwachung i. S. v. Art 203 Abs. 1 ZK und Verletzung von Pflichten aus der Inanspruchnahme des Zolllagerverfahrens i. S. v. Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK erließ das HZA unter dem 26.06.2008, 27.06.2008, 30.06.2008 und 01.07.2008 insgesamt 7 - nach Fallgruppen getrennte - Einfuhrabgabenbescheide (siehe Anlagenkonvolut K5). Mit den Bescheiden setzte das HZA EUSt in Höhe von insgesamt EUR 2.792.009,80 fest. Die Bescheide ergingen (ausschließlich) an die Klägerin als Schuldnerin der Einfuhrabgaben gemäß Art. 203 Abs. 3, 4. Anstrich und Art. 204 ZK, weil sie die Verpflichtungen, die sich aus der Inanspruchnahme des Zolllagerverfahrens hinsichtlich der einfuhrabgabepflichtigen Waren ergaben, nicht eingehalten hatte. Weitere Personen neben der Klägerin, wie z. B. Lieferanten oder Empfänger der Waren, sind in den Bescheiden nicht benannt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt, zu der Höhe der durch die Einfuhrabgabenbescheide jeweils festgesetzten EUSt und zu dem genauen Inhalt der Bescheide wird auf den Bericht des HZA vom 06.08.2008 über die Prüfung bei der Klägerin (Anlage K6) und die Einfuhrabgabenbescheide (Anlagenkonvolut K5) verwiesen. Auf Erlassanträge und Einsprüche der Klägerin erließ das HZA (Teil-)Erlassbescheide gemäß Art. 236 Abs. 1 ZK und Einspruchsentscheidungen, nach denen die EUSt gegenüber der Klägerin insgesamt auf eine Höhe von EUR 1.759.321,64 reduziert festgesetzt wurde (wegen der Teilerlassbescheide und der sich danach jeweils und in der Summe noch ergebenden EUSt siehe im Einzelnen Schreiben des HZA Hamburg-3 vom 22.11.2012 nebst Anlagen - Anlagenkonvolut K13). Bei zweien der Einfuhrabgabenbescheide wurden die Einspruchsverfahren geteilt und jeweils nur für einen Teil der Einfuhrabgaben Einspruchsentscheidungen des HZA Hamburg-3 erlassen. Die verbliebenen Teile der Einspruchsverfahren (RLNr. 18­3/10 und 101/10) ruhen noch bei dem HZA.
    Die Klägerin erhob gegen sämtliche Einfuhrabgabenbescheide (Zoll und EUSt) vor dem 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg Klage, soweit zu diesen Einspruchsentscheidungen ergangen waren. Durch Urteile vom 25.11.2010 (Az. 4 K 283/09, 4 K 284/09 und 4 K 117/10) wurde die Festsetzung der in den Klagen jeweils streitgegenständlichen Einfuhrabgaben als rechtmäßig erkannt. Die hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden wies der Bundesfinanzhof (i. F. BFH) durch Beschlüsse vom 22.02.2012 (Az. VII B 17/11, VII B 18/11 und VII B 19/11) als unbegründet ab. Über die weiteren Klageverfahren (Az. 4 K 101/12, 4 K 150/12 vormals 4 K 285/09, 4 K 151/12 vormals 4 K 7/10 und 4 K 152/12 vormals 4 K 8/10) ist noch nicht entschieden. Auf eine Vorlage des FG Hamburg zum Verfahren 4 K 285/09 hat der Europäische Gerichtshof (i. F. EuGH) durch Urteil vom 06.09.2012 (Az. C-28/11) entschieden, Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK sei dahin auszulegen, dass bei Nichtgemeinschaftsware die Nichterfüllung der Pflicht, die Entnahme der Ware aus einem Zolllager spätestens zum Zeitpunkt ihrer Entnahme in den dafür vorgesehenen Bestandsaufzeichnungen anzuschreiben, auch dann zur Entstehung der Zollschuld für diese Ware führt, wenn sie wieder ausgeführt wurde.
    EUSt wurde von der Klägerin bislang lediglich in der durch die genannten Urteile des Finanzgerichts Hamburg rechtskräftig festgesetzten Höhe von EUR 48.221,21 entrichtet. Für die übrigen Beträge hat das HZA Hamburg-3 Aussetzung der Vollziehung gewährt.
    Mit am 04.02.2009 bei dem Beklagten eingegangener Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2009 machte die Klägerin den Abzug der ihr gegenüber durch die Einfuhrabgabenbescheide festgesetzten EUSt in Höhe von EUR 2.792.009,80 als Vorsteuer geltend. Beträge für eigene Ausgangsumsätze und ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer erklärte sie zunächst nicht. Der Beklagte stimmte der Anmeldung am 13.02.2009 zunächst zu und setzte im Steuerkonto eine Auszahlungssperre zwecks nachfolgender Umbuchung an das HZA Hamburg-3. Mit am 16.02.2009 eingegangenem Schreiben vom 11.02.2009 informierte das HZA den Beklagten über den der EUSt-Festsetzung gegenüber der Klägerin zugrunde liegenden Sachverhalt und stellte deren Vorsteuerabzugsberechtigung insoweit in Frage. Der Beklagte teilte der Klägerin hierauf mit Schreiben vom 18.02.2009 mit, dass dem Abzug der EUSt als Vorsteuer nach Kenntnis der Gründe für die Schuldnerschaft der Klägerin nicht zugestimmt werde. Unter dem 10.03.2009 gab die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2009 ab, mit welcher sie die Angaben zu ihren umsatzsteuerpflichtigen (EUR 246.147) und umsatzsteuerfreien Umsätzen mit Vorsteuerabzug (EUR 27.560) sowie der ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (EUR 31.069,45) nachholte. Der Beklagte stimmte dieser Anmeldung nicht zu und erließ - jeweils unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung - zunächst unter dem 13.03.2009 einen und sodann erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert unter dem 24.03.2009 den - im Übrigen erklärungsgemäßen - Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Februar 2009, mit welchem er unter Hinweis auf sein Schreiben vom 18.02.2009 den Abzug der gegenüber der Klägerin festgesetzten EUSt als Vorsteuer ablehnte. Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 16.04.2009 bzw. 27.04.2009 blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung gleichen Datums wurde am 20.08.2009 zur Post gegeben. Am 15.09.2009 hat die Klägerin Klage erhoben.
    Nach Klageerhebung reichte die Klägerin bei dem Beklagten die Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 vom 09.02.2011, dort eingehend am selben Tag, ein. Unter der Rubrik „abziehbare Vorsteuerbeträge” erklärte die Klägerin in dem Feld „entrichtete Einfuhrumsatzsteuer” keinen Betrag und machte keine EUSt zum Abzug geltend. Der Beklagte prüfte die Umsatzsteuererklärung am 02.03.2011, stellte keinen Änderungsbedarf fest und erfasste sie datenverarbeitungsmäßig als nicht zustimmungsbedürftige Erklärung ohne Abweichung. Die Umsatzsteuer betrug danach EUR 99.539,96. Am 05.12.2012 reichte die Klägerin bei dem Beklagten eine geänderte Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 ein, mit der sie ergänzend die vorliegend streitige EUSt in Höhe von EUR 1.759.321,64 als abziehbaren Vorsteuerbetrag erklärt. Der Beklagte hat der geänderten Anmeldung nicht zugestimmt und durch Bescheid für 2009 über Umsatzsteuer vom 11.12.2012 die Umsatzsteuer unverändert in Höhe von EUR 99.539,96 festgesetzt.
    Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Klagebegehrens vor, sie sei bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG zum Abzug der ihr gegenüber festgesetzten EUSt als Vorsteuer berechtigt.
    Sie habe die Waren i. S. v. § 1 Abs. 4 UStG eingeführt. Umsatzsteuerrechtlich sei Einfuhr nicht nur der Regelfall der Überführung der Ware in das Zollverfahren des zollrechtlichen und steuerrechtlich freien Verkehrs gemäß Art. 79 ZK mit der Einfuhrabgabenentstehung nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG, sondern auch die widerrechtliche Überführung der Ware in den freien Verkehr durch zollrechtliche Verfehlungen gemäß Art. 203 und 204 ZK. Diese Einordnung liege den Einfuhrabgabenbescheiden an die Klägerin zugrunde und werde in den Schreiben der Europäischen Kommission vom 12.06.2009 (Anlage K7) und des Bundesministeriums der Finanzen (i. F. BMF) vom 30.04.2009 (Anlage K8) bestätigt.
    Zwar sei die EUSt bislang entgegen dem Wortlaut von § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG -mit Ausnahme von EUR 48.221,21 - nicht entrichtet worden. Das Erfordernis der Entrichtung widerspreche indes dem Gemeinschaftsrecht gemäß Art. 168 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl EU- L 347/1 (i. F. MwStSystRL), wonach bereits die geschuldete Mehrwertsteuer abzugsfähig sei. Dieses stehe seit dem EuGH-Urteil vom 29.03.2012 C-414/10 (Véleclair ABl EU 2012, Nr. C 151,5) zwischenzeitlich auch fest.
    Entgegen der hergebrachten Rechtsprechung des BFH und der hierauf basierenden Verwaltungsauffassung erfordere § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG zudem mit der Formulierung „Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind” zum einen nicht, dass der Unternehmer, hier die Klägerin, bei Einfuhr Verfügungsmacht im Sinne von Eigentum oder einer eigentümerähnlichen Position an den bzw. über die eingeführten Gegenstände gehabt haben müsse, zum anderen nicht, dass die Gegenstände von dem Unternehmer zur Ausführung von eigenen Ausgangsumsätzen in Gestalt einer Weiterlieferung verwendet worden seien. Diese einengende Auslegung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG verstoße gegen die Regelungen der MwStSystRL, wonach weder Verfügungsmacht ein Kriterium für den Vorsteuerabzug sei noch als besteuerter Umsatz des Abzugsberechtigten eine (Weiter-)Lieferung vorausgesetzt werde. Erforderlich für den Vorsteuerabzug des Steuerpflichtigen gemäß Art. 168 Buchst. e i. V. m. Art. 178 Buchst. e MwStSystRL sei allein, dass die Gegenstände, für deren Einfuhr Mehrwertsteuer angefallen sei, für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet würden und er ein die Einfuhr bescheinigendes Dokument besitze, das ihn als Empfänger der Lieferung oder Importeur ausweise sowie den Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer ausweise oder deren Berechnung ermögliche.
    Des Erfordernisses der Verfügungsmacht über die eingeführten Gegenstände als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug bedürfe es jedenfalls seit der Änderung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 nicht mehr. Seither sei nicht mehr die „Einfuhr in das Inland” sondern die „Einfuhr im Inland” steuerbar und komme es unstreitig nicht auf das körperliche Verbringen des Gegenstandes über die Grenze, sondern auf die - auch vorschriftswidrige - Überführung des Gegenstandes in den freien Verkehr an. Causa legis der Steuerbarkeit einer Einfuhr sei, dass ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland verbracht werde und hier in den freien Verkehr gelange. Entscheidend sei für den Vorsteuerabzug mithin, wer die Überführung in den freien Verkehr bestimme, also der Zollanmelder oder die Person, welche die Unregelmäßigkeit gemäß Art. 202 ff. ZK zu verantworten habe. Auch der BFH habe mit Blick auf seine ältere Rechtsprechung bereits Zweifel und Klärungsbedarf geäußert, ob das Abstellen auf die Verfügungsmacht richtlinienkonform sei (Entscheidungen vom 23.09.2004 V R 58/03, BFH/NV 2005, 825 und vom 13.10.2004 V B 52/04, BFH/NV 2005, 259 - bezogen noch auf die insoweit den Art. 168 Buchst. e, 178 Buchst. e MwStSystRL gleichlautenden Art. 17 Abs. 2 Buchst. b und Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, ABl EG L 145/1 -i. F. 6. MwStRL-, ersetzt ab 01.01.2007 durch die MwStSystRL). Unbeschadet dessen habe sie, die Klägerin, im vorbezeichneten Sinne Verfügungsmacht besessen. Im Regelfall der Überführung der Ware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr durch amtliche Überlassung bzw. Freigabe habe der Zollanmelder, der gemäß Art. 201 Abs. 3 Satz 1 ZK Zollschuldner sei, auch die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht. Anders sei es hingegen, wenn der Gegenstand nicht zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet werde, sondern gemäß Art. 202 ff. ZK vorschriftswidrig in diesen gelange. In solchen Fällen sei der Täter der Unregelmäßigkeit dem Zollanmelder gleichzustellen. Er maße sich durch sein regelwidriges Handeln eine eigentümerähnliche Position über den fraglichen Gegenstand an und bestimme damit, dass dieser in den freien Verkehr gelange. Hierin liege die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht begründet. Diese habe sie, die Klägerin, als Verantwortliche der Unregelmäßigkeiten und Schuldnerin der Einfuhrabgaben gemäß Art. 203 und 204 ZK innegehabt.
    Wie von Art. 168 MwStSystRL vorausgesetzt, habe sie die Gegenstände für die Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwendet. Sie habe die eingeführten Gegenstände im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit im eigenen Unternehmen eingesetzt, nämlich sie zu steuerpflichtigen Lagerumsätzen verwendet. Entscheidend sei allein, dass die eingeführten Gegenstände direkt und unmittelbar mit besteuerten Umsätzen, worunter auch Dienstleistungen fielen, zusammenhingen. Das Erfordernis einer Lieferstruktur im Sinne von kongruenten, eigenen Eingangs- und Ausgangsumsätzen des Steuerpflichtigen für dessen Vorsteuerabzug, wie es vom Beklagten vorausgesetzt werde, sei bereits deswegen unvertretbar, weil danach jedenfalls bei Dienstleistungsunternehmen, insbesondere bei Logistikunternehmen, ein Vorsteuerabzug systemwidrig ausgeschlossen wäre. Die EUSt stehe in einem Spannungsverhältnis, da ihre Entstehung sich nach dem Zollschuldrecht richte, ihr Abzug als Vorsteuer hingegen nach dem Mehrwertsteuerrecht. Die Entstehung der EUSt stelle entsprechend dem Zollrecht ausschließlich auf das körperliche Verbringen der Ware als solches und nicht auf Eigentumsverhältnisse, Verfügungsbefugnis und Unternehmereigenschaft ab. Der Abzug der EUSt sei hingegen rein umsatzsteuerrechtlich geregelt, wobei die Unternehmensbezogenheit charakteristisch sei. Mithin könne zwar wegen warenbezogener Unregelmäßigkeiten nach Art. 202 ff. ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG einerseits EUSt in der Person des Unternehmers entstehen. Er könnte diese „für sein Unternehmen entstandene” EUSt aber andererseits allein deswegen nicht als Vorsteuer abziehen, weil seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht in Liefergeschäften, sondern in der Erbringung von Dienstleistungen bestehe. Ein solches Ergebnis wäre system- und rechtswidrig und verstieße gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Ein Unternehmer dürfe nicht durch eine enge, restriktive Auslegung der Vorsteuerabzugsregelung an dem Abzug von im Rahmen seiner steuerpflichtigen Umsätze entstandenen EUSt gehindert werden.
    Mit den Einfuhrabgabenbescheiden des HZA besitze sie, die Klägerin, auch die i. S. v. Art 178 Buchst. e MwStSystRL erforderlichen Dokumente, die sie als Importeur und den Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer auswiesen.
    Die Klägerin beantragt, den Bescheid für 2009 über Umsatzsteuer vom 11.12.2012 dahingehend zu ändern, dass EUSt in Höhe von EUR 1.759.321,64 als weitere Vorsteuer abgezogen und die Umsatzsteuer in Höhe von Minus EUR 1.659.781,68 festgesetzt wird.
    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
    Er hält die Klage für unbegründet.
    Der rechtlichen Einschätzung der Europäischen Kommission im Schreiben vom 12.06.2009 komme für den Streitfall keine Bedeutung zu. Zum einen sei allein die nationale vorgesetzte Behörde gegenüber dem Beklagten weisungsbefugt. Diese teile die Rechtsauffassung des Beklagten. Zum anderen habe den Ausführungen der Europäischen Kommission nach dem Wortlaut des Schreibens ein vom Streitfall abweichender Sachverhalt zugrunde gelegen, denn die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Waren selbst eingekauft und nach der Lagerung wieder verkauft.
    Die Voraussetzungen des Abzugs der EUSt als Vorsteuer lägen nicht vor. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG könne ein Unternehmer nur entrichtete EUSt als Vorsteuer abziehen. Vorliegend sei die EUSt weitestgehend nicht entrichtet.
    Zudem könne ein Unternehmer nur EUSt für Gegenstände abziehen, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden seien. Eine Einfuhr für sein Unternehmen liege vor, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand seinem im Inland (Erhebungsgebiet) belegenen Unternehmen zuordne, um ihn im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einzusetzen. Nach bisheriger Rechtsprechung setze dieses voraus, dass der Unternehmer im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand innehabe. Die Verschaffung von Verfügungsmacht sei jede Übertragung eines körperlichen Gegenstandes, welche die andere Partei ermächtige, über diesen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, und setze die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag voraus. Die Klägerin habe hingegen dafür Sorge zu tragen gehabt, dass Drittlandsgegenstände nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen werden und die sich aus der Inanspruchnahme eines Zolllagers ergebenden Pflichten erfüllt werden. Durch Entziehungshandlungen und Pflichtverletzungen habe die Klägerin hiergegen verstoßen und sei dadurch Schuldnerin der EUSt geworden. Durch die Zuwiderhandlungen seien die Drittlandsgegenstände in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr gelangt und hätten fortan nicht mehr der Zolllagerregelung unterlegen. In dem Zeitpunkt der (steuerrechtlichen) Einfuhr hätte die Klägerin nicht die Verfügungsmacht über die Drittlandsgegenstände gehabt. Sie sei nie zivilrechtliche Eigentümerin dieser Waren gewesen. Dies seien allein die chinesischen Lieferanten und deren Abnehmer, russische und ukrainische Unternehmen, gewesen. Als Zolllager Typ C habe sie nach den Vertragsbedingungen auch nicht wie ein Eigentümer über die bei ihr eingelagerten Waren verfügen können. Eine unmittelbare Verwendung der Waren zur Ausführung von eigenen (Anschluss-)Umsätzen der Klägerin, welche zum Vorsteuerabzug berechtigten, habe nie stattgefunden.
    Auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.12.2012 wird verwiesen.
    Dem Gericht haben folgende, bei dem Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer .../.../... (alt) bzw. .../.../... (neu) geführte Akten vorgelegen: Umsatzsteuernebenakten Band I, Ausheftung aus der Umsatzsteuerakte betreffend „Umsatzsteuer 2009” sowie Rechtsbehelfsakten Band 1 betreffend „USt 02/09”.
    Gründe
    I.
    Die Klage richtet sich als Anfechtungsklage gegen den Bescheid für 2009 über Umsatzsteuer vom 11.12.2012.
    Mit dem Einspruch und der vorliegenden Klage wurde ursprünglich der gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Februar 2009 vom 24.03.2009 angefochten. Dieser Bescheid wurde nach Einspruchsentscheidung vom 20.08.2009 und Klageerhebung vom 15.09.2009 durch die am 09.02.2011 bei dem Beklagten eingegangene Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 der Klägerin ersetzt. Die Umsatzsteuerjahreserklärung 2009, mit der keine EUSt zum Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, führte nicht zu einer Herabsetzung der bisher von der Klägerin zu entrichtenden Umsatzsteuer oder zu einer Steuervergütung und stand damit - ohne Zustimmungserfordernis i. S. v. § 168 Satz 2 AO - einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung mit dem Datum ihres Eingangs gleich. Ergeht nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung über einen angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid ein Umsatzsteuer-Jahresbescheid, respektive wie im Streitfall eine nicht zustimmungsbedürftige Umsatzsteuerjahreserklärung, wird diese/r gemäß § 68 Satz 1 FGO Klagegegenstand. Dies gilt unbeschadet hierdurch gegebenenfalls eintretender Wechsel zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren. Dem Zweck der Vorschrift entsprechend ist entscheidend, ob der angefochtene ursprüngliche und der neue Bescheid „dieselbe Steuersache” betreffen. Das ist im Verhältnis des Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids zum Umsatzsteuer-Jahresbescheid (respektive der Umsatzsteuerjahreserklärung) der Fall (st. Rspr., vgl. nur BFH-Urteil vom 03.11.2011 V R 32/10, BFH/NV 2012, 832 m. w. N.). Gegenstand des Klageverfahrens wurde damit zwischenzeitlich die Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 vom 09.02.2011. Diese wurde wiederum gemäß § 164 Abs. 2 AO ersetzt durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2009 vom 11.12.2012. Mit der am 05.12.2012 bei dem Beklagten eingereichten, geänderten Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 macht die Klägerin - dem Einspruchs- und Klagebegehren entsprechend - die aktuell noch festgesetzte EUSt als abziehbare Vorsteuer geltend. Da diese Erklärung zu einer Herabsetzung der bisher gegenüber der Klägerin festgesetzten Umsatzsteuer von EUR 99.539,96 um EUR 1.759.321,64 führt, handelt es sich um eine zustimmungsbedürftige Anmeldung i. S. v. § 168 Satz 2 AO. Da der Beklagte die Zustimmung verweigert, hat er die Umsatzsteuer abweichend von der Anmeldung durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2009 vom 11.12.2012 festgesetzt. Diese Festsetzung ersetzt die Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 vom 09.02.2011 und wurde damit gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens.
    Das Klagebegehren richtet sich auf die betragsmäßige Änderung der durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2009 des Beklagten vom 11.12.2012 festgesetzten Umsatzsteuer durch das Gericht und ist daher in Gestalt der abändernden Anfechtungsklage i. S. v. § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO zu verfolgen.
    II.
    Die zulässige Klage ist begründet.
    Die Versagung des Abzugs der gegen die Klägerin festgesetzten EUSt als Vorsteuer ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
    Die Klägerin ist bei richtlinienkonformer Anwendung und Auslegung von § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG berechtigt, die EUSt vom Betrag der von ihr geschuldeten Umsatzsteuer abzuziehen. Der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2009 vom 11.12.2012 war daher insoweit zu ändern, als zugunsten der Klägerin ein um EUR 1.759.321,64 höherer abziehbarer Vorsteuerbetrag anerkannt und ihr gegenüber die Umsatzsteuer 2009 in Höhe von Minus EUR 1.659.781,68 (bisher festgesetzte USt EUR 99.539,96 abzüglich EUSt EUR 1.759.321,64) festgesetzt wird.
    Die Einfuhr von Gegenständen im Inland unterliegt als steuerbarer Umsatz der EUSt, § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG kann der Unternehmer die entrichtete EUSt für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind, von der für die von ihm erbrachten Leistungen geschuldeten Umsatzsteuer abziehen.
    1. Die Klägerin ist Unternehmer und dem Grunde nach zum Abzug von Vorsteuer berechtigt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Dissens.
    Sie übt selbständig mit der nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht betriebenen Lagerung und Distribution von Waren eine gewerbliche Tätigkeit i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG aus. Die von der Klägerin im Inland gegen Entgelt erbrachten Lagerhalterumsätze sind sonstige Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9 UStG und als solche nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Hiermit hat sie im Streitjahr Umsätze zum allgemeinen Steuersatz i. H. v. EUR 2.110.377 und steuerfreie Umsätze i. H. v. EUR 59.670 bewirkt. Auch soweit die Klägerin steuerfreie Umsätze ausgeführt hat, ist die Steuer für die Einfuhr von Gegenständen nicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt nicht ein, da die Umsätze nach § 4 Nr. 3 UStG steuerfrei sind, § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG.
    2. Gegenüber der Klägerin ist mit den Einfuhrabgabenbescheiden EUSt für die Einfuhr von Gegenständen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG festgesetzt worden.
    a. Damit ist die EUSt geschuldet i. S. v. Art. 168 Buchst. e i. V. m. Art. 201 MwStSystRL.
    Der Umsatzsteuer - in Form der EUSt - unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in für den Streitfall nicht relevanten österreichischen Gebieten. Für die EUSt gilt § 21 Abs. 2 UStG, der die sinngemäße Anwendung der Vorschriften für Zölle vorschreibt. Eine Definition der Einfuhr enthält das UStG nicht. Der Begriff lässt sich jedoch anhand von Art. 30, 60 f. und 70 f. MwStSystRL bestimmen. Danach gilt als Einfuhr eines Gegenstands die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Art. 24 EGV (jetzt Art. 29 AEUV) befindet, in die Gemeinschaft (Art. 30 MwStSystRL). Die Einfuhr des Gegenstandes erfolgt in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet sich der Gegenstand im Zeitpunkt des Verbringens befindet (Art. 60 MwStSystRL) bzw. bei einem Gegenstand, der sich nicht im freien Verkehr befindet und der vom Zeitpunkt seiner Verbringung in die Gemeinschaft an einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren unterliegt, in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Gegenstand nicht mehr diesem Verfahren unterliegt (Art. 61 MwStSystRL). Als im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich gelten diejenigen Waren aus dritten Ländern, für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhrförmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind (Art. 29 AEUV). Nach Art. 70 MwStSystRL treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Einfuhr des Gegenstands erfolgt. Bei Gegenständen, die Zöllen oder anderen gemeinschaftlichen Abgaben unterliegen, treten der Steuertatbestand und der Steueranspruch nach Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL zu dem Zeitpunkt ein, zu dem der Tatbestand und der Anspruch dieser gemeinschaftlichen Abgaben entstehen. Die durch Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL angeordnete enge Verknüpfung des Rechts der Umsatzsteuer bei der Einfuhr mit dem Zollrecht wird durch § 21 Abs. 2 UStG in nationales Recht umgesetzt. Durch die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften soll nach ständiger Rechtsprechung des BFH insbesondere sichergestellt werden, dass die bei der Einfuhr zu erhebenden Abgaben von ein und derselben Behörde in einem Bescheid nach dem gleichen Verfahren aufgrund einheitlich getroffener Feststellungen einfach und zweckmäßig erhoben werden. Der Zweck wird nach dieser Auffassung nur erreicht, wenn es regelmäßig zur Anwendung der Zollvorschriften auf die EUSt kommt (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 06.05.2008 VII R 30/07, BFH/NV 2008, 1971 m. w. N., dezidiert erneut jüngst BFH-Beschluss vom 22.02.2012 VII B 17/11, ZfZ 2012, 134).
    Im Streitfall sind für die in Rede stehenden, in der Obhut der Klägerin als Lagerhalterin befindlichen Gegenstände seitens des HZA die Tatbestände der Entziehung von einfuhrabgabepflichtigen Waren aus der zollamtlichen Überwachung i. S. v. Art 203 Abs. 1 ZK und der Verletzung von Pflichten aus der Inanspruchnahme des Zolllagerverfahrens i. S. v. Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK als erfüllt sowie der Anspruch auf den Zoll als entstanden angesehen und die hieraus resultierenden Zollschulden festgesetzt worden. Auf dieser Grundlage hat das HZA im Rahmen der Einfuhrabgabenbescheide auch den Tatbestand der Einfuhr gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG als erfüllt und den Anspruch gemäß § 13 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG als entstanden angesehen und gegenüber der Klägerin EUSt festgesetzt.
    Für den mit der vorliegenden Klage begehrten Vorsteuerabzug ist allein maßgebend, ob die zum Abzug begehrte EUSt wirksam festgesetzt und deswegen entrichtet wurde bzw. geschuldet wird (dazu siehe unten). Ob die EUSt tatsächlich entstanden ist, insbesondere bei zollrechtlichen Pflichtverletzungen gemäß Art. 203, 204 ZK auch dann zwingend zu erfolgen hat, wenn die Nichtgemeinschaftsware dadurch nicht zugleich in den freien Verkehr gelangt, ob mithin die hier in Rede stehenden Einfuhrabgabenbescheide insoweit rechtmäßig sind, muss daher offenbleiben (für einige der hier relevanten Einfuhrabgabenbescheide rechtskräftig bereits dafür BFH-Beschlüsse vom 22.02.2012 VII B 17/11, VII B 18/11 und VII B 19/11 s. o. - dagegen Reiche, AW-Prax 2011, 83 ff.; Schrömbges, Zf­Z 2010, 313 ff.; ders. ZfZ 2012, 85 ff.; Schrömbges/Scheller „Grenzüberschreitender Warenverkehr aus Sicht der Umsatzsteuer” 2011, Ziff. 3.5.3.3.; Lux, AW-Prax 2012, 305 ff.; - zum Einfuhrbegriff des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG siehe auch von Streit UStB 2004, 89 ff.; von Streit/Wrobel US­tB 2008, 153 ff.).
    b. Entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG setzt das Recht zum Vorsteuerabzug nicht voraus, dass die EUSt entrichtet ist. Die Vorschrift steht insoweit nicht im Einklang mit Art. 168 Buchst. e und Art. 178 Buchst. e MwStSystRL und ist daher insoweit nicht anwendbar. Die Bedingungen gemäß Art. 178 Buchst. e MwStSystRL sind im Streitfall seitens der Klägerin erfüllt.
    Nach dem Wortlaut des Art. 168 Buchst. e MwStSystRL ist der Steuerpflichtige befugt, die Mehrwertsteuer abzuziehen, die für die Einfuhr von Gegenständen „geschuldet wird oder entrichtet worden ist”. Hiernach betrifft das Recht des Steuerpflichtigen auf Steuerabzug auch die von ihm geschuldete, das heißt die von ihm noch zu entrichtende Mehrwertsteuer. Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder von den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt, Art. 201 ZK. Der Begriff „geschuldet” setzt eine rechtlich durchsetzbare Steuerschuld voraus und damit, dass der Steuerpflichtige zur Zahlung des Mehrwertsteuerbetrags verpflichtet ist, den er als Vorsteuer abziehen möchte. Aus Art. 167 i. V. m. Art. 70 f. MwStSystRL ergibt sich, dass das Recht auf Vorsteuerabzug unabhängig von geleisteten Zahlungen bereits mit der Entstehung des Anspruchs auf die abziehbare Steuer entsteht. Für die „geschuldete oder entrichtete” Mehrwertsteuer gemäß Art. 168 Buchst. a MwStSystRL ist ebenfalls ohne Bedeutung, ob die geschuldete Mehrwertsteuer tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurde. Selbst die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts ist nach Art. 178 Buchst. e MwStSystRL hiervon unabhängig. Für sie ist allein Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige ein die Einfuhr bescheinigendes Dokument besitzt, welches ihn als Empfänger der Lieferung oder Importeur ausweist und den Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer ausweist oder deren Berechnung ermöglicht. Durch den Verzicht auf die Entrichtung der EUSt und die sofort mögliche Ausübung ist sichergestellt, dass das grundsätzlich nicht einschränkbare Abzugsrecht integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer bleibt. Das gebietet der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Der Unternehmer soll durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und Ergebnis, sofern diese Tätigkeit selbst der Mehrwertsteuer unterliegt. Es verbietet sich daher, dem Steuerpflichtigen auch nur für eine gewisse Zeit eine von ihm nicht zu tragende wirtschaftliche Belastung aufzuerlegen, indem er die EUSt erst zahlen muss, bevor er sie nachfolgend wieder abziehen kann (so EuGH-Urteil vom 29.03.2012 C-414/10 Véleclair, DStR 2012, 697 m. w. N. zu den insoweit gleichlautenden Art. 17 Abs. 2 Buchst. b, Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der 6. MwStRL).
    Die Bedingungen gemäß Art. 178 Buchst. e MwStSystRL, um das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. e MwStSystRL in Bezug auf die Einfuhr von Gegenständen ausüben zu können, erfüllt die Klägerin. Sie besitzt mit den Einfuhrabgabenbescheiden in Gestalt der (Teil-)Erlassbescheide und der Einspruchsentscheidungen, die die Einfuhren bescheinigenden Dokumente, welche sie als Importeur und den Betrag der geschuldeten Einfuhrmehrwertsteuer ausweisen.
    3. Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführten Gegenstände wurden für Zwecke der besteuerten Umsätze der Klägerin verwendet. Damit ist dem Merkmal „Einfuhr für das Unternehmen” i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG im Zuge richtlinienkonformer Auslegung Genüge getan.
    a. Eine Einfuhr für sein Unternehmen ist nach bisher ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand seinem im Inland belegenen Unternehmensbereich zuordnet, um ihn im eigenen Unternehmen oder zur Ausführung von Umsätzen einzusetzen. Hierfür soll es nicht ausreichen, dass der Unternehmer den Gegenstand nur wirtschaftlich durch Verwendung zum Bewirken von Umsätzen nutzt. Er müsse ihn im umsatzsteuerrechtlichen Sinne seinem Unternehmen eingliedern, um ihn im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einzusetzen. Diese Voraussetzung sei nur bei einem Unternehmer gegeben, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitze. Dies sei der Fall, wenn er befähigt sei, im eigenen Namen mit dem eingeführten Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer nutzen und veräußern zu können, und er einen entsprechenden Herrschaftswillen ausübe. Allein dieser Unternehmer sei in der Lage, den Gegenstand in sein Unternehmen einzugliedern und nur er sei daher zum Abzug der EUSt als Vorsteuer berechtigt; nicht entscheidend sei hingegen, wer Schuldner der EUSt gewesen sei und wer diese entrichtet habe (vgl. BFH-Urteile vom 24.04.1980 V R 52/73, BStBl II 1980, 615, vom 18.07.1985 V R 8/85, BFH/NV 1986, 243, vom 12.09.1991 V R 118/87, BStBl II 1991, 937, vom 16.03.1993, V R 65/89, BStBl II 1993, 473, zweifelnd BFH-Urteil vom 23.09.2004 V R 58/03, BFH/NV 2005, 825 und Beschluss vom 13.10.2004 V B 52/04, BFH/NV 2005, 259).
    Die Rechtsprechung folgte damit der früheren Auslegung der Verwaltung (BMF-Erlass vom 29.06.1969, BStBl I 1969, 349) und ist wiederum Grundlage für die den Beklagten bindenden amtlichen Umsatzsteuerrichtlinien in Abschnitt 199 Abs. 4 u. 5 bzw. ab 01.11.2010 den Umsatzsteuer-Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen in Abschnitt 15.8 Abs. 4 u. 5 (BStBl I 2010, 846 ff - i. F. UStAE). Personen, die eine Einfuhr bewirken oder bei der Einfuhr mitwirken, ohne über den Gegenstand verfügen zu können (z. B. Spediteure, Frachtführer, Handelsvertreter), sind danach ausdrücklich nicht zum Abzug der EUSt als Vorsteuer berechtigt.
    Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall wäre der Vorsteuerabzug der Klägerin bezüglich der ihr gegenüber festgesetzten EUSt zu versagen. Verfügungsmacht im vorbezeichneten Sinne hatte die Klägerin nicht. Die der EUSt-Festsetzung zugrunde liegenden Gegenstände befanden sich zu keinem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin, auch konnte sie nach den mit den Eigentümern geschlossenen Verträgen als Lagerhalterin damit nicht nach Belieben verfahren, insbesondere die Gegenstände nicht wie ein Eigentümer nutzen und veräußern. Die eingelagerten Gegenstände waren auch nicht zwischenzeitlich in das Umlauf- oder Anlagevermögen des Unternehmens der Klägerin eingegliedert.
    Es kann dahinstehen, ob die Klägerin in anderer Form Verfügungsmacht über die von ihr eingelagerten Gegenstände allein dadurch innehatte, dass sie entweder durch die vertraglichen Vereinbarungen in den mit den Auftraggebern geschlossenen Lagerhalterverträgen hinsichtlich der Waren bestimmte Vorgänge eigenständig veranlassen durfte oder durch die von ihr erfolgten und zu verantwortenden Unregelmäßigkeiten im Zolllagerverfahren rein faktisch die die Einfuhr der Gegenstände auslösenden Vorgänge allein gesteuert hat. Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es auf eine derartige Verfügungsmacht des EUSt-pflichtig gewordenen Unternehmers für dessen Vorsteuerabzug i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG nicht an.
    Zunächst bietet der - alte und neue - Gesetzeswortlaut für das einengende Merkmal der Verfügungsmacht keine hinreichende Stütze (vgl. Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange UStG, § 15 Rn. 203 unter Hinweis auf FG-München Urteil vom 05.04.1989 III 64/83 U, EFG 1989, 602; Weymüller in Dorsch Zollrecht § 15 UStG Rn. 34). Der Gesetzgeber hat auch im Zuge der Änderung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG durch das Zweite Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645 ff. - i. F. StÄndG 2003) das Kriterium der Verfügungsmacht des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers nicht in das Gesetz aufgenommen. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG nimmt Bezug auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, wonach die Entstehung der EUSt - anders als § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG - nicht durch eine Lieferung der Gegenstände, sondern durch deren Einfuhr ausgelöst wird. Als Einfuhr gilt die Verbringung eines Gegenstands in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft (s. o.). Dieser Vorgang ist unabhängig von der eigentümerähnlichen Verfügungsmacht, wie eine Lieferung sie vorsieht, und von einem entsprechenden Herrschaftswillen des Handelnden.
    Die der Rechtsprechung des BFH zugrundeliegenden Erwägungen für die Erforderlichkeit des Kriteriums der Verfügungsmacht sind mit der Neufassung der § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG durch das StÄndG 2003 zudem weitestgehend entfallen.
    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG a. F. unterlag der Umsatzsteuer die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet „in das” Inland und nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG a. F. setzte der Vorsteuerabzug voraus, dass die Gegenstände „für sein Unternehmen in das Inland eingeführt” worden sind. Da, so der BFH, anders als bei § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG bei der Einfuhr als steuerbarem Vorgang der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer nicht in der Person des Leistungsempfängers vorbestimmt sei, diene das Merkmal „Einfuhr für das Unternehmen” der notwendigen Auswahl des abzugsberechtigten Unternehmers. Den Vorsteuerabzug jenem Unternehmer zuzubilligen, welcher die EUSt entrichtet hat, hielt der BFH nicht für angezeigt. Danach könnte die Person des Vorsteuerabzugsberechtigten bei gleichartiger Geschäftsabwicklung je nach der vereinbarten Lieferkondition („unverzollt und unversteuert” oder „verzollt und versteuert”) wechseln; dies müsse bei einem Reihengeschäft zudem nicht einheitlich durchgehalten sein. Die Bestimmung des (einen) abzugsberechtigten Unternehmers müsse sich indes nach objektiven, für alle Fallgestaltungen gleichen Kriterien richten. Dessen Bestimmung müsse für alle Beteiligten am Leistungsaustausch jederzeit übersehbar sein. Die Anknüpfung an die Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Einfuhr ermögliche insoweit eine klare Bestimmung. Nach der Neufassung des Gesetzes ist für die Entstehung der EUSt nicht mehr der Zeitpunkt des tatsächlichen Grenzübertritts, sondern der der Überführung des Gegenstandes in den freien Verkehr maßgebend. Die zu diesem Zeitpunkt als Einführer im Sinne des Zoll- und Umsatzsteuerrechts verantwortliche Person lässt sich ungleich einfacher bestimmen. Handelt es sich um den Regelfall der Überführung in den freien Verkehr gemäß Art. 201 Abs. 1 ZK, ist die Person der Zollanmelder oder bei indirekter Vertretung (auch) die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Diese werden gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK Zoll- und über § 21 Abs. 2 UStG auch EUSt-Schuldner. Kommt es hingegen zu einer vorschriftswidrigen Verbringung in das Zollgebiet, einer Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung oder zu einer Pflichtverletzung des in Anspruch genommenen Zollverfahrens, ist die verantwortliche Person nach ZK im Grundsatz jeweils die tatsächlich regelwidrig handelnde Person. Da sie durch ihr Handeln die Einfuhrabgaben entstehen lässt, ist sie als Einführer gemäß Art. 202, 203 und 204, jeweils Abs. 3, ZK Zoll- und über § 21 Abs. 2 UStG auch EUSt-Schuldner.
    Schließlich steht das zusätzliche Erfordernis der Verfügungsmacht nicht im Einklang mit Art. 168 Buchst. e und 178 Buchst. e MwStSystRL. Hiernach besteht das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug bereits, soweit die Gegenstände für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und er ein amtliches Dokument besitzt, das ihn als Importeur ausweist. Die Befähigung, im eigenen Namen mit dem eingeführten Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer nutzen und veräußern zu können, und die Ausübung eines entsprechenden Herrschaftswillens setzt die MwStSystRL nicht voraus. Die richtlinienkonforme Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG gestattet keine diese Vorschrift im Wortlaut ergänzenden und deren Anwendung zuungunsten der Steuerpflichtigen einschränkenden Voraussetzungen.
    b. Das Merkmal „für das Unternehmen eingeführt” gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG bedarf der Auslegung. Diese muss im Einklang mit dem entsprechenden Merkmal „für Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet” in Art. 168 Buchst. e MwStSystRL erfolgen.
    Mit dem Erfordernis „für das Unternehmen” sollen Aufwendungen für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden. Das sind solche, die den nichtunternehmerischen Bereich betreffen. Hierbei handelt es sich um die Sphäre, welche nicht der Umsatzerbringung dient. Der nichtunternehmerische Bereich ist die Sphäre, die nicht in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer fällt. Sie wird durch diejenigen Tätigkeiten gebildet, die keine der Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätze i. S. v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellen, weil sie nicht in den entgeltlichen Lieferungen von Gegenständen oder in der Erbringung von Dienstleistungen bestehen (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter UStG § 15 Rn. 268 f., 783). In positiver Hinsicht verlangt das Verhältniswort „für” einen objektiven Zusammenhang des Aufwands mit dem Unternehmen. Dieser ist indes nicht zweckbezogen zu sehen, da das Ziel der Kostenneutralität der Umsatzsteuer gebietet, auch solche Aufwendungen als für das Unternehmen entstanden anzusehen, die der unternehmerischen Tätigkeit (Umsatzerbringung) zwar nicht dienen, aber gleichwohl mit ihr zusammenhängen, z.B. wenn sie durch das Unternehmen ausgelöst werden (ders. a. a. O. Rn. 289 f.). Die objektive Verknüpfung des Aufwandes mit dem Unternehmen kann als wirtschaftlicher Zusammenhang bezeichnet werden, denn die unternehmerische Tätigkeit ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die in den Anwendungsbereich der MwStSystRL fällt (Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL). Auch Kosten auslösende Fehlmaßnahmen, die den mit ihnen beabsichtigten unternehmensbezogenen Zwecken letztlich nicht gedient haben, sind durch die unternehmerische Tätigkeit veranlasst und nicht für einen privaten Verbrauch in Anspruch genommen worden. Um die Mehrwertsteuer nicht zum Kostenfaktor für das Unternehmen werden zu lassen, ist die Vorsteuerabzugsfähigkeit zu bejahen, wenn ein sachlicher (wirtschaftlicher) Zusammenhang mit den steuerpflichtigen Umsätzen und eine Verknüpfung mit dem Unternehmen gegeben sind. „Für das Unternehmen” i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG meint mithin grundsätzlich dasselbe, wie „durch den Betrieb veranlasst” i. S. v. § 4 Abs. 4 EStG bzw. nicht „für betriebsfremde Zwecke” i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG (vgl. ders. a. a. O. Rn. 292, 295 f.).
    Diese Auslegung entspricht der Regelung in Art. 168 Buchst. e MwStSystRL, wonach die EUSt abgezogen werden kann, wenn die deren Festsetzung zugrundeliegenden eingeführten Gegenstände „für Zwecke der besteuerten Umsätze” des Steuerpflichtigen verwendet werden.
    Die Gegenstände, für deren Einfuhr die hier streitige Mehrwertsteuer geschuldet wird, sind für das Unternehmen bzw. für Zwecke der besteuerten Umsätze der Klägerin verwendet worden.
    Dies folgt daraus, dass die Klägerin im Zuge ihrer Tätigkeit als gewerbliche Lagerhalterin, im Rahmen derer diejenigen Sachverhalte verwirklicht wurden, die zur Festsetzung von EUSt wegen Unregelmäßigkeiten gemäß Art. 203 und 204 ZK geführt haben, ausschließlich besteuerte bzw. steuerbare Umsätze bewirkt hat und die Übernahme von Dienstleistungen in Ansehung der hier in Rede stehenden eingeführten Gegenstände allein zu diesem Zweck erfolgte. Ohne die eingeführten Gegenstände hätte sie keine Lagerleistungen erbringen können. Die Festsetzung der EUSt ist mithin unmittelbare Konsequenz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin.
    Ableiten lässt sich dieses zunächst aus der Regelung für die - hier nicht einschlägigen - gemischten Aufwendungen i. S. v. Art. 173 MwStSystRL. Für die Aufteilung von gemischten Aufwendungen, welche bei einem Steuerpflichtigen zu einer Belastung mit Mehrwertsteuer geführt haben, einerseits in solche, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht und andererseits in solche, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug nicht besteht, ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 06.09.2012 C-496/11, DStR 2012, 1859) zum Zwecke der Abgrenzung nach Art. 17 Abs. 5 der 6. MwStRL (gleichlautend mit Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL) grundsätzlich darauf abzustellen, ob die Aufwendungen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen. Das Recht auf Abzug von auf der Eingangsstufe entrichteter Mehrwertsteuer ist danach gegeben, wenn die getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der auf der Ausgangsstufe versteuerten, zum Abzug berechtigenden Umsätze gehören. Ein Recht zum Vorsteuerabzug wird darüber hinaus zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die angefallenen Kosten zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und als solche Kostenelemente der von ihm erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen. Dieses Kriterium für den Abzug von Mehrwertsteuer als Vorsteuer ist von grundsätzlicher Art und gilt nach Ansicht des Senats als solches daher auch jenseits der Aufteilung gemischter Aufwendungen. Nichts anderes kann darüber hinaus gelten, wenn dem Steuerpflichtigen Kosten nicht durch mit EUSt belastete Aufwendungen, sondern unmittelbar durch von ihm geschuldete EUSt entstehen. Die Anwendung des Mehrwertsteuersystems und damit des Abzugsmechanismus hängen davon ab, dass ein Steuerpflichtiger als solcher handelt. Das tut er, wenn er für die Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit i. S. v. Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 2 MwStSystRL handelt (Urteile vom 08.03.2001 C-415/98, Bakcsi, Slg. 2001 I-1831, Rn. 29 und vom 22.03.2012 C-153/11, DStR 2012, 653). Im Streitfall ist die Festsetzung von EUSt als Kosten der Klägerin direkte und unmittelbare Folge ihrer wirtschaftlichen Kerntätigkeit, nämlich der - in Teilen fehlerhaften - Erbringung von mehrwertsteuerbaren gewerblichen Lagerhalterleistungen. Soweit und solange ein Steuerpflichtiger die von ihm geschuldete EUSt nicht wieder in Abzug bringen kann, stellt sie ein Kostenelement der von ihm erbrachten Dienstleistungen dar, welches das Ergebnis seiner wirtschaftlichen Tätigkeit negativ beeinflusst.
    Den Abzug der EUSt als Vorsteuer gebietet insbesondere die Gewährleistung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer.
    In ständiger Rechtsprechung weist der EuGH darauf hin, dass das in den Art. 167 und 168 MwStSystRL geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann (Urteile vom 30.09.2010 C-392/09, HFR 2010, 1371; vom 15.07.2010, Pannon Gép Centrum, C-­368/09, Slg. 2010, I-7463, Randnr. 37 m. w. N. zur eigenen Rechtsprechung). Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet somit die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten, unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten grundsätzlich selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. Urteile vom 22.02.2001, Abbey National, C-­408/98, Slg. 2001, I-1361, Randnr. 24, vom 21.04.2005, HE, C-25/03, Slg. 2005, I-3123, Randnr. 70 und vom 06.07.2006, Kittel und Recolta Recycling, C-439/04 und C-440/04, Slg. 2006, I-6161, Randnr. 48).
    Wie bereits ausgeführt, ist die in Rede stehende EUSt allein wegen zum Teil fehlerhafter Ausübung der Dienstleistung der Klägerin als Lagerhalterin entstanden und wird daher von ihr ausschließlich im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldet. Ein Zusammenhang mit anderen - nichtunternehmerischen bzw. nichtwirtschaftlichen - Tätigkeiten der Klägerin scheidet aus. Die nach dem vorgenannten Grundsatz gebotene vollständige Entlastung von dieser Mehrwertsteuer (EUSt) kann allein durch deren vollständigen Abzug als Vorsteuer erreicht werden. Nur hierdurch wird die Neutralität hinsichtlich der durch die EUSt-Festsetzung bereits eingetretenen steuerlichen Belastung der Klägerin wieder hergestellt. Durch das Abzugssystem soll bereits die auch nur vorübergehende wirtschaftliche Belastung vermieden werden, die einträte, wenn die EUSt erst nach ihrer Entrichtung als Vorsteuer abgezogen werden dürfte, und daher der Vorsteuerabzug davon nicht abhängig gemacht werden darf (so EuGH-Urteil vom 29.03.2012 C-414/10, Véleclair, DStR 2012, 697). Erst recht muss dies für eine dauerhafte Belastung gelten. Die Gefahr einer dauerhaften Belastung der Klägerin mit der gegen sie festgesetzten EUSt bestünde aber bei einer Versagung des diesbezüglichen Vorsteuerabzugs. Insbesondere ist im Streitfall nicht naheliegend, dass die Klägerin die EUSt aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche von dritter Seite erstattet bekommt und daher - jedenfalls wirtschaftlich - entlastet wird (vgl. hierzu u. a. BFH-Urteil vom 24.04.1980 V R 52/73 a. a. O. Gründe zu 5. a. E.; Stadie in Rau/Dürrwächter UStG § 15 Rn. 753 a. E. unter Hinweis auf BFH-Beschluss vom 13.10.2004 V B 52/04 a. a. O.) Die Entstehung der EUSt gemäß §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i. V. m. Art 203, 204 ZK beruht auf Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Zollverfahren, für die allein die Klägerin verantwortlich ist. Eine Festsetzung der EUSt (auch) gegen den oder die Auftraggeber der Klägerin erfolgte nicht. Da die Unregelmäßigkeiten gerade keine vertragsgemäße Abwicklung der geschuldeten Lagerhaltertätigkeit darstellen, dürfte ein Rückgriff der Klägerin wegen der EUSt als ihr entstandene Zusatzkosten bei den Auftraggebern ausscheiden.
    4. Der Inhalt der Einfuhrabgabenbescheide trägt ebenfalls zur Stützung des vorliegend gefundenen Ergebnisses bei. Allein die Klägerin ist in den Bescheiden als mit der Entstehung der Zollschuld und der EUSt in Zusammenhang stehende Person benannt. Selbst wenn, was im Streitfall unstreitig nicht gegeben ist, die Auftraggeber der Klägerin diese mit der Durchführung des Zolllagerverfahrens betraut hätten, um die Waren gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt selber in den freien Verkehr zu überführen und nicht wieder Drittländer ausführen zu lassen, könnten die Auftraggeber die hier wegen Unregelmäßigkeiten gemäß Art 203 und 204 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 UStG angefallene EUSt wegen der Anforderungen gemäß Art. 178 Buchst. e MwStSystRL auf der Grundlage der ergangenen Bescheide nicht als Vorsteuer abziehen. Sie sind in den Einfuhrabgabenbescheiden nicht als Empfänger der Lieferung oder Importeur ausgewiesen (Art. 178 Buchst. e MwStSystRL). Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer bis zur Stufe des Letztverbrauchs erfordert indes deren Abzug als Vorsteuer. Dieser kann im vorliegenden Fall nur in der Person der Klägerin umgesetzt werden.
    Durch das Erfordernis, dass der Steuerpflichtige in dem die Einfuhr bescheinigenden Dokument zum einen namentlich benannt sein muss und zum anderen im Besitz dieses Dokumentes sein muss, um sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, ist die Gefahr eines Missbrauchs oder eines fehlerhaften Abzugs nach Auffassung des erkennenden Senats bereits in ausreichender Weise ausgeschlossen. Insbesondere besteht hiernach nicht die Gefahr einer doppelten Geltendmachung und Anrechnung der EUSt. Im Fall betrügerischer Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug kann die zuständige Finanzbehörde zudem rückwirkend die Zahlung der abgezogenen Beträge verlangen oder von vorneherein den Vorsteuerabzug versagen. Über die in Art. 168 Buchst. e, Art. 178 Buchst. e MwStSystRL aufgestellten Anforderungen hinausgehende Begrenzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug durch nationale Vorschriften sind daher auch vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.
    III.
    Der Senat hält die Auslegung der im Streitfall anzuwendenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage der zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht für zweifelhaft und sieht sich daher nicht veranlasst, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Vorabentscheidung vorzulegen.
    IV.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 155, § 151 Abs. 3 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 FGO zuzulassen. Mit der vorliegenden Entscheidung weicht das erkennende Gericht von Abschnitt 15.8 Absatz 4 UStAE (zuvor Abschnitt 199 Abs. 4 der UStR) und von der bisherigen, zitierten Rechtsprechung des BFH ab, wonach die Verfügungsmacht des Unternehmers über die eingeführten Gegenstände und deren Eingliederung in sein Unternehmen notwendige Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug sind. Die Rechtsprechung beruht auf der Gesetzesfassung des UStG vor dem StÄndG 2003. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine erneute Entscheidung des BFH, zumal dieser selbst in den - soweit ersichtlich - letzten Entscheidungen zu den vorliegenden Rechtsthemen (Urteil vom 23.09.2004 V R 58/03 a. a. O. und Beschluss vom 13.10.2004 V B 52/04 a. a. O.) die bisherigen Rechtsgrundsätze als zweifelhaft und klärungsbedürftig bezeichnet hat.

    VorschriftenUStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, UStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, UStG § 21 Abs. 2, MwStSystRL Art. 168 Buchst. e, MwStSystRL Art. 178 Buchst. e ZK Art. 203 ZK Art. 204