25.07.2013
Finanzgericht Köln: Urteil vom 11.04.2013 – 13 K 1911/08
1) Die vom Steuerpflichtigen an eine direkt oder indirekt beherrschte belgische Gesellschaft gezahlten Dauerschuldzinsen sind
bei der Berechnung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen.
2) Diese deutsche Rechtslage verstößt nicht gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit, so dass eine Vorlage an den
EuGH nicht geboten ist.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 13. Senat in der Besetzung Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht
… ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11.04.2013 für Recht
erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Änderung der Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen
Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2003. Die Klägerin begehrt, die von ihr in den Jahren 1999 bis 2001 an eine
in diesen Jahren von ihr direkt oder indirekt beherrschte belgische Gesellschaft gezahlten Schuldzinsen nicht als Dauerschuldzinsen
bei der Berechnung des Gewerbeertrages hinzuzurechnen. Hinsichtlich der Änderung der Bescheide für die Streitjahre 2002 und
2003 wird (nur) die Anpassung an die Änderung der Bescheide der Vorjahre begehrt.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine amerikanische Inc., die seit ihrer Gründung 1988 ihren satzungsmäßigen Sitz in den
Vereinigten Staaten von Amerika – USA – und ihre Geschäftsleitung in Deutschland hat, wo sie seit 1989 mit einer Zweigniederlassung
im Handelsregister erfasst ist. Sie war in den Streitjahren 100%ige Tochtergesellschaft der L Inc., J/, USA. Sie ist die Holdinggesellschaft
eines Teils der Firmengruppe. Zwischen ihr und diversen inländischen Gesellschaften bestand jeweils ein Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag
– GAV –. Sie war vor den Streitjahren körperschaftsteuerliche Organträgerin der inländischen Gesellschaften des Firmenverbundes.
Außerdem war sie in den Jahren 1995 bis 1998 unter anderem an der belgischen L Europe S.A. N.V. zu 99,999% beteiligt. Im ersten
Streitjahr, 1999, ergaben sich insoweit Veränderungen. Zum 29. November 1999 wurde eine hundertprozentige dänische Tochtergesellschaft,
die L Denmark ApS, gegründet. Mit Vertrag vom 31. Dezember 1999 wurden die Anteile an der belgischen Gesellschaft in die dänische
Tochtergesellschaft zu Buchwerten eingelegt.
Die L Europe S.A. N.V. ihrerseits war bis zum 30. Dezember 1999 mit anderen ausländischen hundertprozentigen Tochtergesellschaften
der Klägerin an der L Services N.V.IS.A., Belgien – X – zu 100% beteiligt. Mit Vertrag vom 30. Dezember 1999 erwarb die Klägerin
52,655% der Anteile an dieser Gesellschaft. Der Kaufpreis für den Anteil an der X von 300.000.000 DM wurde durch ein Darlehen
der Verkäuferin, der in die dänische Tochtergesellschaft eingelegten L Europe S.A. N.V., finanziert.
Ausweislich der Bilanz der Klägerin hielt zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 eine hundertprozentige kanadische Tochtergesellschaft
der Klägerin, die L Canada Inc., die weiteren Anteile von 47,345% an der X. Wie der Rechtsübergang von der L Europe S.A. N.V.
auf die L Canada Inc. erfolgt ist, kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden.
Nach der Darstellung in Anl. VI, Seite 21/22 zum Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1999 hatte die Klägerin gegenüber der
X Verbindlichkeiten i.H.v. 500.000.000 DM, die unterjährig mit 5,5% verzinst worden waren. Die Zinsaufwendungen gegenüber
der X sind mit 20.000.000 DM (Anl. VI, Seite 29) ausgewiesen. Die Bilanz der Klägerin für das Jahr 1999 weist keine Beteiligungserträge
von der X aus.
Zum 29. Dezember 2000 schüttete die kanadische Tochtergesellschaft Gewinn an die Klägerin aus und beglich einen Teil der Ausschüttungsverpflichtung
durch „Einlage” ihrer Beteiligung (47,345%) an der belgischen X in das Vermögen der Klägerin (Bilanz 2000, Anlage VI, Seite
5). Ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 2000 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mit 99,9% an der belgischen Gesellschaft
beteiligt. Weitere 0,1% sollen sich im Besitz von Dritten befunden haben. Weiterhin weist die Bilanz 2000 einen Beteiligungsertrag
von der X von 30.000.000 DM (entspricht 17.000.000 EUR) aus. Wie und wann die Ausschüttung erfolgt ist, kann den Unterlagen
nicht entnommen werden. Die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der X sind mit 600.000.000 DM (Anl. VI, Seite 19 zur
Bilanz), die Zinszahlungen mit 30.000.000 DM (Anl. VI, Seite 27) ausgewiesen.
Nach der Bilanz auf den 31. Dezember 2001 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt weiterhin mit 99,9% an der X beteiligt. Die
restlichen 0,1% sollen sich im Besitz anderer Unternehmen der Gruppe befunden haben. Die Bilanzerläuterungen weisen aus, dass
zum 14. Mai 2001 eine Kapitalerhöhung im Umfang von ca. 51 Millionen Euro bei der X stattgefunden hat, wofür die Klägerin
eine Zahlung in zumindest nahezu voller Höhe erbracht hat. Zum Bilanzstichtag ist die Beteiligung nur noch mit null Euro bilanziert.
Die Erläuterungen zur Bilanz zeigen insoweit einen Abgang aus dem Anlagevermögen in Höhe von 300.000.000 EUR. Die X weise
nur geringfügige Posten auf und solle nur noch bis zum Abschluss der Betriebsprüfung bestehen bleiben. Hinsichtlich der bevorstehenden
Liquidation seien das Kapital an der X und der bei der Klägerin ausgewiesene Beteiligungsansatz aufgelöst worden. Die Bilanz
2001 weist einen Beteiligungsertrag von der X in Höhe von 48.000.000 EUR aus. Die Verbindlichkeiten gegenüber der X waren
vom vorangegangenen Bilanzstichtag (300.000.000 EUR) zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 auf 500.000 EUR (Anl. V, Seite 19
zur Bilanz), die Zinszahlungen auf 7.000.000 EUR (Anl. V, Seite 28) gesunken.
Nach dem Außenprüfungsbericht des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C – Betriebsprüfung – vom 20. Dezember
2006 unter Textziffer 2.2.10 war die Klägerin an der X nur mittelbar beteiligt. In den Streitjahren laut Betriebsprüfung erzielte
Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter zwischen ca. 8 und 24 Millionen DM sind für die Jahre 1999 bis 2002 gemäß §§
7, 10 des Außensteuergesetzes – AStG – der Klägerin zugerechnet worden.
In den Steuererklärungen für die Streitjahre deklarierte die Klägerin insgesamt (zu 50%) hinzuzurechnende Entgelte für Dauerschulden
i.S.d. § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – im Ergebnis in folgender Höhe:
1999 | 40.000.000,00 DM (darin Zinsen X: 20.000.000 DM) |
2000 | 8.000.000,00 DM (darin Zinsen X: 30.000.000 DM) |
2001 | 10.000.000,00 DM (darin Zinsen X: 6.000.000 EUR) |
2002 | 8.000.000,00 EUR |
2003 | 9.000.000,00 EUR |
„A NL OHG/B OHG” abgesetzt wurden (es handelt sich bei den beiden offenen Handelsgesellschaften um hundertprozentige deutsche
Tochtergesellschaften der Klägerin). Die entsprechenden Zahlen für das Jahr 2000 betragen 90.000.000 DM Zinsen und 80.000.000
DM Abzug. Für das Jahr 2001 fehlt die entsprechende Erläuterung.
Die Erklärungen führten zu im Wesentlichen erklärungsgemäßen Veranlagungen bei den Gewerbesteuermessbeträgen und den Feststellungen
der vortragsfähigen Gewerbeverluste. Die Gewerbesteuermessbescheide lauteten für alle Streitjahre durchgängig auf null DM
oder Euro. Bei den gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2003 waren
jeweils Verluste über 350 Millionen DM (1999 bis 2001) bzw. von über 100 Millionen EUR (2002 und 2003) festgestellt. Alle
Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2006 beantragte die Klägerin u.a. die Änderung der Gewerbesteuermessbescheide 1999 bis 2001
mit dem Ziel, die von ihr an die X gezahlten Zinsen nicht mehr als Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen.
Zur Begründung verwies sie auf das Verfahren „Marks & Spencer” vor dem Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH – (Urteil
vom 13. Dezember 2005, C-446/03, Sammlung der Entscheidungen des EuGH – Slg. – 2005, I – 10837) und machte geltend, dass die
X in den Streitjahren finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ihr Unternehmen eingegliedert gewesen sei.
Der Antrag vom 23. Februar 2006 wurde mit Bescheid vom 13. Juli 2006 abgelehnt. Dabei bezog sich der Beklagte auf die in den
Art. 43 und 48 des Vertrages über die Europäischen Gemeinschaften in der Fassung vom 2. Oktober 1997 – EGV –, jetzt Art. 49
und 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –, geregelten Diskriminierungsverbote und legte dar,
dass seines Erachtens die hälftige Erfassung der an ausländische Konzerngesellschaften gezahlten Dauerschuldzinsen im Vergleich
mit der im Rahmen einer Organschaft hundertprozentigen Erfassung der an inländische Konzerngesellschaften gezahlten Dauerschuldzinsen
keine Diskriminierung darstelle. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 13. Juli 2006 verwiesen.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen vom 9. August 2006. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, dass bei Konzerndarlehen
über die Grenze die Zurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG gegen das Verbot der Diskriminierung bei der Gruppenbesteuerung
nach den Grundsätzen des Verfahrens „Marks & Spencer” verstoße. Sie legte dar, dass die X zumindest mittelbar finanziell in
ihr Unternehmen eingegliedert gewesen sei und sich eine wirtschaftliche Eingliederung aus der dienenden Funktion der X als
Factoring- und Cash-Pool-Gesellschaft des Konzerns ergebe. Die organisatorische Eingliederung habe sich daraus ergeben, dass
der Geschäftsführer der X bis zum 30. Juni 1998 eine europaweite Funktion innerhalb des Konzerngeflechtes innegehabt habe
und seither ihr Direktor sei. Wegen der weiteren inhaltlichen, europarechtlichen Begründung wird auf das Schreiben vom 6.
September 2006 verwiesen.
Unter dem 13. Dezember 2006 ergingen für alle Streitjahre „geänderte” Bescheide sowohl über die Gewerbesteuermessbeträge,
die weiterhin auf null Euro festgesetzt blieben, als auch über die gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste.
Diese Bescheide standen weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Gegen sie wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen
vom 15. Dezember 2006.
Die im Jahr 2005 angeordnete und begonnene Außenprüfung endete mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 20. Dezember 2006. Ausweislich
der Textziffer 2.5.2 i.V.m. Anlage 6a zum Betriebsprüfungsbericht wurden dabei die anzusetzenden Dauerschuldzinsen gem. §
8 Nr. 1 GewStG in Abstimmung mit der Klägerin berechnet. In den dabei berücksichtigten Dauerschuldzinsen waren die Zahlungen
an die X enthalten. Es besteht insoweit kein Streit zwischen den Beteiligten über die Qualifikation der zu Grunde liegenden
Schulden als Dauerschulden i.S.d. § 8 GewStG und über die Höhe der von der Klägerin erbrachten Zinszahlungen.
Unter dem 22. Januar 2007 ergingen die auf den Ergebnissen der Außenprüfung beruhenden nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung
– AO – geänderten Bescheide für die Streitjahre. Die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre wurden unter gleichzeitiger
Aufhebung der Vorbehalte der Nachprüfung weiterhin jeweils auf null Euro festgesetzt. Ihnen lagen u. a. die oben angegebenen,
in der Anlage zu dem Betriebsprüfungsbericht im Einzelnen aufgeführten, Dauerschuldzinsen zu Grunde. In den geänderten Bescheiden
über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2001 wurden bei der Berechnung
der Gewerbeverluste ebenfalls die an die X gezahlten Zinsen als Dauerschuldzinsen hinzugerechnet, soweit nicht die Zuordnung
zu den inländischen offenen Handelsgesellschaften „A NL OHG/B OHG” zu insgesamt geringeren Hinzurechnungen bei den Dauerschuldzinsen
führte. Alle Bescheide enthielten neben der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung insbesondere den Hinweis, dass ihnen
die Ergebnisse der Außenprüfung zu Grunde lägen. Unter anderem gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen
Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2003 wandte sich die Klägerin unter dem 6. Februar 2007 mit einem erneuten Einspruch.
Mit dem Begründungsschriftsatz vom 20. März 2007 begehrte sie unter anderem die Beseitigung von Hinzurechnungen nach dem Außensteuergesetz
und die Minderung der Dauerschuldzinsen um die – in unstreitiger Höhe – an die X gezahlten Zinsen. Wegen der verschiedenen
weiteren Streitpunkte wird auf den Schriftsatz vom 20. März 2007 verwiesen.
Der Beklagte setzte mit verbundener, eine Vielzahl weiterer Streitgegenstände behandelnder sowie die im Einzelnen aufgeführten
Streitgegenstände 6 bis 8 ausdrücklich nicht entscheidender, Teileinspruchsentscheidung vom 14. Mai 2008 die vortragsfähigen
Gewerbeverluste der Streitjahre wie folgt fest:
Verlust auf den 31. Dezember 1999 | 300.000.000,00 DM |
Verlust auf den 31. Dezember 2000 | 300.000.000,00 DM |
Verlust auf den 31. Dezember 2001 | 300.000.000,00 DM |
Verlust auf den 31. Dezember 2002 | 200.000.000,00 EUR |
Verlust auf den 31. Dezember 2003 | 200.000.000,00 EUR |
legte der Beklagte im Einzelnen dar, dass eine Hinzurechnung bei der inländischen Organschaft unterbleibe, weil sich die Zinszahlungen
innerhalb des Organkreises im Ergebnis neutral darstellten. Demgegenüber trete bei den Zinszahlungen an ausländische Empfänger
im Ergebnis eine Privilegierung ein, da die Zinsen zu 100% als Betriebsausgaben berücksichtigt, aber nur zu 50% als Dauerschuldzinsen
wieder hinzugerechnet würden. Eine der Rechtsprechung des EuGH zu § 8 Nr. 7 GewStG entsprechende Situation bestehe bei der
Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen nicht. Hinsichtlich der anderen im Rahmen der Teileinspruchsentscheidung entschiedenen
Streitpunkte des Einspruchsverfahrens, die insbesondere die Anwendung des AStG betrafen, blieben die Einsprüche ebenfalls
ohne Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung, insbesondere auf Textziffer 6 der Entscheidungsgründe
und die Anlagen zur Berechnung der festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverluste, verwiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende, fristgerecht am 4. Juni 2008 erhobene Klage, mit der die Klägerin zunächst auch wegen
weiterer Streitpunkte eine Abänderung unter anderem der hier streitigen Bescheide begehrte. Die Begründung der Klage betraf
sowohl die Problematik der streitbefangenen Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen als auch die weiteren Streitfragen des Verfahrens,
wobei insbesondere die Fragen der Besteuerung von Nutzungseinlagen und der Hinzurechnung nach dem AStG sich auch auf die für
die Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste relevanten Besteuerungsgrundlagen auswirken konnten. Hinsichtlich der
Hinzurechnung nach dem AStG führte die Klägerin in ihrem Begründungsschriftsatz aus, dass während des Einspruchsverfahrens
die erforderlichen Feststellungsbescheide gemäß § 18 AStG ergangen seien und sie daher Einwendungen gegen die Hinzurechnung
nach § 10 AStG im Verfahren nach § 18 AStG weiterverfolge. Im vorliegenden Verfahren wurden daher bewusst keine Anträge hinsichtlich
dieser Streitproblematik gestellt. Die rechtlichen Differenzen hinsichtlich dieser weiteren, gewerbesteuerrechtlich relevanten
Streitpunkte konnten im Verlauf des Klageverfahrens – unter anderem in dem Verfahren gegen den Feststellungsbescheid gemäß
§ 18 AStG – ausgeräumt werden (vgl. Schriftsatz vom 8. März 2010).
Der Beklagte hat daraufhin unter dem 18. Januar 2010 nach § 35 b GewStG geänderte Bescheide über die Feststellung der vortragsfähigen
Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2002 und unter dem 11. Februar 2010 einen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
geänderten Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 erlassen, mit denen
die Gewerbeverluste bei unverändertem Ansatz der Dauerschuldzinsen wie folgt festgestellt wurden:
1999 | 450.000.000 DM | zuvor 300.000.000,00 DM |
2000 | 500.000.000,00 DM | zuvor 300.000.000,00 DM |
2001 | 500.000.000,00 DM | zuvor 300.000.000,00 DM |
2002 | 250.000.000,00 EUR | zuvor 200.000.000,00 EUR |
2003 | 300.000.000,00 EUR | zuvor 200.000.000,00 EUR |
fortsetzt, verfolgt die Klägerin das Ziel, die unstreitig an die X gezahlten und bei der Berechnung der Gewerbeerträge erfassten
Dauerschuldzinsen in Höhe der Hinzurechnungsbeträge gem. § 8 Nr. 1 GewStG von
1999 | 5.000.000,00 EUR | (1/2 von 20.000.000,00 DM) |
2000 | 7.000.000,00 EUR | (1/2 von 30.000.000,00 DM) |
2001 | 3.000.000,00 EUR | (1/2 von 7.000.000,00 EUR) |
beiden Folgejahre entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Marks & Spencer” vertritt sie in Übereinstimmung mit dem
außergerichtlichen Vorbringen die Auffassung, der Ausschluss ausländischer Konzerngesellschaften aus der gewerbesteuerlichen
Organschaft stelle eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der jetzigen Art. 49 und 54 des AEUV dar.
Bei der Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gehe es um eine systematische Doppelbesteuerung von Schuldzinsen, welche nur bei
der Kreditaufnahme von inländischen Organgesellschaften, nicht aber bei einer Kreditaufnahme von ausländischen Konzerngesellschaften
beseitigt werde. Bei einer inländischen Organschaft würden die innerhalb des Organkreises von der Muttergesellschaft an die
Organgesellschaft gezahlten Zinsen im Ergebnis nicht versteuert, weil sich der Zinsabzug bei der Darlehnsnehmerin und die
Zinseinkünfte bei der Darlehensgeberin im Organkreis (weg)saldierten und eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG gemäß Abschnitt
41 Abs. 1 Satz 5 der Gewerbesteuerrichtlinien – GewStR – 1998 (entspricht R 7.1 Abs. 5 GewStR 2009) unterbleibe. Bei der ausländischen
Konzerngesellschaft müsse demgegenüber das die Zinsen empfangende Unternehmen die Zinseinnahmen vollständig der Gewerbesteuer
unterwerfen, obwohl das die Zinsen zahlende Unternehmen die Dauerschuldzinsen nur zur Hälfte von seinem Gewerbeertrag abziehen
könne. Die unterschiedliche Behandlung der inländischen und ausländischen Konzerngesellschaften, insbesondere der Ausschluss
der ausländischen Konzerngesellschaften aus der gewerbesteuerlichen Organschaft, stelle eine unterschiedliche Behandlung und
damit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar.
Die Diskriminierung sei auch nicht gerechtfertigt, da weder ein mit dem AEUV vereinbares Ziel verfolgt werde noch zwingende
Gründe des Allgemeininteresses vorlägen. Darüberhinaus seien die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit nicht zur Erreichung
des damit verfolgten Zieles geeignet und gingen über das hinaus, was gegebenenfalls erforderlich sei. Insbesondere greife
der Rechtfertigungsgrund der Steuerfluchtgefahr in der vorliegenden Konstellation nicht. Es werde kein ausländisches Steuersubstrat
zur Minderung der im Inland erwirtschafteten steuerlichen Leistungsfähigkeit herangezogen, sondern lediglich die doppelte
Besteuerung der Schuldzinsen vermieden. Die Ausführungen des Beklagten, zur Berechtigung der Mitgliedstaaten der Europäischen
Union eine doppelte Verlustberücksichtigung durch entsprechende Gesetze zu verhindern, beträfen daher den Streitfall nicht.
Es gehe nicht um die Hinzurechnung von Schulden einer ausländischen Konzerngesellschaft, sondern vielmehr um die eineinhalbfache
Erfassung der Zinszahlungen, da die belgische X die gesamten Zinseinnahmen und sie, die Klägerin, zusätzlich die hälftige
Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen versteuern müsse.
Eine Hinzurechnung der an die ausländische Konzerngesellschaft gezahlten Schuldzinsen zum Gewerbeertrag könne auch nicht mit
der Begründung gerechtfertigt werden, dass die ausländische Konzerngesellschaft im Inland nicht der Gewerbesteuer unterliege.
Dieser Betrachtung sei der EuGH bereits in dem Verfahren „Eurowings” (Urteil vom 26. Oktober 1999, C-294/97, Slg. 1999, I-7447)
entgegengetreten. Dort habe er ausgeführt, eine Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Vermietern bei der Hinzurechnung
von Mietausgaben zum Gewerbeertrag könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige
Vermieter möglicherweise einer geringeren steuerlichen Belastung unterlegen hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Klagebegründungsschrift vom 17. Dezember 2008 sowie die Schriftsätze vom 23. September 2009, 8. März 2010 sowie vom 28.
März 2011 verwiesen.
Ergänzend weist die Klägerin auf die Entscheidung des BFH vom 9. Februar 2011 (I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012,
106) hin, in der der BFH unter Berufung auf das Diskriminierungsverbot in Art. XX des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland – DBA Großbritannien – eine Organschaft
zwischen einer deutschen Organgesellschaft und einer britischen Organmutter steuerlich berücksichtigt hat.
Hinsichtlich der im Rahmen des Verfahrens „Scheuten Solar Technology” vor dem EuGH (C-397/09) vorgebrachten Argumente legt
sie dar, weshalb dieses Verfahren im Hinblick auf die geänderten Voraussetzungen für eine Organschaft ab dem Jahr 2002 keine
Bedeutung für das Streitverfahren entfalten könne. Auch die Ausführungen des BFH in der Folgeentscheidung vom 7. Dezember
2011 (I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507) könnten nicht als Argumente für die Zulässigkeit der diskriminierenden
Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen herhalten. Es handle sich insoweit um keinen Aspekt der Ergebniskonsolidierung. Im Übrigen
stellten die Aussagen des BFH lediglich obiter dicta dar, denen nicht gefolgt werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten
wird auf den Schriftsatz vom 11. Juli 2012 verwiesen.
Hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften des AEUV über die Niederlassungsfreiheit auf sie verweist die Klägerin
auf ihre Ausführungen in dem die gleichen Beteiligten betreffenden Vorlageverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union
(Az. C-47/12).
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2003 vom
18. Januar und 11. Februar 2010 dergestalt zu ändern, dass bei Ermittlung des jeweiligen vortragsfähigen Gewerbeverlustes
1999 bis 2001 die an die belgische X gezahlten Dauerschuldzinsen in hälftiger Höhe von 10.000.000 DM (entspricht 5.000.000
EUR für 1999), 14.000.000 DM (entspricht 7.000.000 EUR für 2000) und 6.000.000 DM (entspricht 3.000.000 EUR für 2001), maximal
in Höhe der insgesamt hinzugerechneten Dauerschuldzinsen, nicht gem. § 8 Nr. 1 GewStG dem jeweiligen gewerbesteuerpflichtigen
Einkommen des Streitjahres hinzugerechnet werden und die Feststellungen auf den 31. Dezember 2002 und 2003 entsprechend angepasst
werden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er vertritt die Auffassung, dass keine Diskriminierung im Sinne der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit des AEUV
vorliege. Die Hinzurechnung der Entgelte gemäß § 8 Nr. 1 GewStG werde sowohl bei der Zahlung an inländische Empfänger als
auch bei der Zahlung an ausländische Empfänger vorgenommen.
Im Falle der Zinszahlung eines inländischen Organträgers an eine inländische Organgesellschaft würden die Zinszahlungen neutral
behandelt. Während sie bei dem Organträger als Betriebsausgaben erfasst würden, seien sie bei der Organgesellschaft als Betriebseinnahmen
zu erfassen. Das Betriebsergebnis der Organgesellschaft werde zwar isoliert ermittelt, aber danach dem Organträger zugerechnet
und bei diesem erfasst. Da sich demnach die Dauerschuldzinsen innerhalb des Organkreises auf das Gesamtergebnis nicht auswirkten,
unterbleibe zwecks Vermeidung einer doppelten Erfassung – einmal über eine Zurechnung des Betriebsergebnisses der Organgesellschaft
und ein weiteres Mal über die hälftige Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG – eine nochmalige Erfassung beim Organträger.
Da die Ergebnisse einer ausländischen Konzerngesellschaft dem inländischen Organträger nicht zugerechnet würden, stelle sich
bei diesem das Problem der doppelten Erfassung nicht. Die im Ergebnis nur hälftige Erfassung diskriminiere die Zinszahlung
an ausländische Konzerngesellschaften nicht.
Der Beklagte weist weiterhin daraufhin, dass es nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, insbesondere dem Urteil in der
Sache „X-Holding” (vom 25. Februar 2010 C-337/08, Slg. 2010, I-1215), Rechtfertigungsgründe für eine auf das Inland beschränkte
Form der Gruppenbesteuerung gebe. Es könne nicht hingenommen werden, dass durch die Veränderung des Umfangs der steuerlichen
Einheit mit gebietsfremden Tochtergesellschaften ein Konzern die freie Wahl hätte, welches Steuersystem auf die eventuellen
Verluste einer Tochtergesellschaft anzuwenden sei und wo die Verluste berücksichtigt würden.
Unter Bezugnahme auf die Schlussanträge der Generalanwältin und die Entscheidung des EuGH in dem Verfahren „X-Holding” vertritt
er die Auffassung, dass die Entscheidung sich nicht nur mit der Thematik der doppelten Verlustberücksichtigung befasse, sondern
vielmehr eine umfassende Abwägung der Berechtigung, zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Systeme einer Gruppenbesteuerung
auf inländische Gesellschaften zu beschränken, vorgenommen habe. So seien die Vorteile des geringeren Deklarationsaufwandes,
die grenzüberschreitende Verlustverrechnung, die Möglichkeit steuerneutraler Umstrukturierungen sowie die sich durch die Vollkonsolidierung
ergebende Steuerneutralität von Transaktionen innerhalb der Unternehmensgruppe auf ihre Europarechtskonformität überprüft
worden. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf die Schriftsätze vom 29. Juni 2009 und 1. August 2011 verwiesen.
Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass eine Doppelbelastung nicht erfolge, weil die ausländische Organgesellschaft nicht
der Gewerbesteuer unterliege. Die Klägerin verkenne den Sinn und Zweck der Hinzurechnung und den Rechtscharakter der Gewerbesteuer
als Objektsteuer. Diese diene dazu, den Ertrag des Gewerbesteuerschuldners so zu ermitteln, wie er sich darstellen würde,
wenn der Betrieb losgelöst von seinem Inhaber betrachtete werde.
Hinsichtlich der europarechtlichen Fragen verweist der Beklagte letztlich darauf, dass die Klägerin seines Erachtens als unter
einem US-amerikanischen Gesellschaftsstatut errichtete Gesellschaft keine Gesellschaft im Sinne des Art. 54 AEUV sei und daher
nicht in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit falle.
Die Entscheidung des BFH in BStBl II 2012, 106 hält er für nicht einschlägig. Nach dem insoweit vergleichbaren Art. 24 Abs.
5 des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern – DBA Belgien – bestehe nur ein Anspruch auf gleichwertige Besteuerung
deutscher Unternehmen, deren Kapital ganz oder teilweise belgischen Anteilseignern zuzurechnen ist. Eine solche Konstellation
sei im Streitfall nicht gegeben.
Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte unter dem 26. Juli 2011 eine weitere Teileinspruchsentscheidung erlassen,
die unter anderem die hier streitbefangene Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2001 betrifft.
In diesem Verfahren ist über die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf die Verluste aus dem Abgang der Beteiligung an der X entschieden
worden. Die Teileinspruchsentscheidung ist Gegenstand des vor dem erkennenden Senat anhängigen Verfahrens 13 K 2604/11.
Der erkennende Senat hat mit Beschlüssen vom 15. und 16. Januar 2013, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten, das Verfahren
hinsichtlich der übrigen in der ursprünglichen Klage mit der Anfechtung der gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen
Gewerbeverluste verbundenen weiteren 25 Streitgegenstände abgetrennt. Hinsichtlich eines Teils der Streitgegenstände (Az.
13 K 161/13) konnte das Verfahren abgeschlossen werden. Hinsichtlich der verbleibenden Streitgegenstände (Az. 13 K 162/13)
wird geprüft, ob das Verfahren im Hinblick auf das Vorlageverfahren des Senats in dem Verfahren 13 K 482/07 an den Gerichtshof
der Europäischen Union (Az. C-47/12) ruhen oder eine gemeinsame Erledigung angestrebt werden soll.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes
auf die Stichtage 31. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten
(§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Der Beklagte hat die vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2001 gem. § 10a GewStG in der in den Streitjahren
geltenden Fassung (Gesetzeszitate betreffen jeweils die in den Streitjahren gültigen Fassungen) zutreffend ermittelt. Die
Feststellungen auf den 31. Dezember 2002 und 2003 sind unstreitig rechnerisch zutreffende Anpassungen an die Vorjahre gemäß
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der vortragsfähige Gewerbeverlust dergestalt ermittelt, dass der maßgebende Gewerbeertrag um
die Fehlbeträge gekürzt wird, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume
nach den §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen
Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.
Nach § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes – EStG – oder des Körperschaftsteuergesetzes
– KStG – zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum
entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in der §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten
Beträge.
Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, dass der Beklagte den bestandskräftig auf den 31. Dezember 1998 festgestellten
vortragsfähigen Gewerbeverlust zutreffend in die erste streitbefangene Veranlagung auf den 31. Dezember 1999 übernommen hat.
Weiterhin sind die im Rahmen der Außenprüfung im Konsens ermittelten körperschaftsteuerlichen Gewinne bzw. Verluste – soweit
sie im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens auf der Basis der zu Grunde liegenden Teileinspruchsentscheidung sachlich überprüft
werden können – unstreitig zutreffend in die hier angegriffenen Bescheide übernommen worden.
Weiterhin hat der Beklagte auch in Übereinstimmung mit der Klägerin die in den Steuererklärungen ausgewiesenen Dauerschuldzinsen
entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 8 Nr. 1 GewStG zu 50% dem nach § 7 GewStG ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb
hinzugerechnet. Der Senat verzichtet auf weitere Ausführungen, da insoweit weder Tatsachen noch Rechtsfragen zwischen den
Beteiligten streitig sind.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte auch ohne Rechtsverstoß die Anwendung der Regelung in Abschnitt 41 Abs.
1 Satz 5 und 6 GewStR 1998 (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) und damit den Verzicht auf die durch § 8 Nr. 1 GewStG vorgeschriebene
Hinzurechnung der hier streitbefangenen Dauerschuldzinsen abgelehnt.
Nach der Regelung in den GewStR unterbleibt in den Fällen der Organschaft eine Hinzurechnung nach § 8 GewStG, soweit die Hinzurechnungen
zu einer doppelten steuerlichen Belastung der Dauerschuldzinsen führen würden. Eine derartige doppelte Belastung kann eintreten,
wenn die für die Hinzurechnung in Betracht kommenden Beträge bereits in einem der zusammenzurechnenden Gewerbeerträge enthalten
sind. Daher unterbleibt eine Hinzurechnung bei Dauerkreditgewährungen zwischen Organträger und Organgesellschaft unabhängig
davon, welche der beiden Gesellschaften den Kredit gewährt und welche die Schuldzinsen erbringt. Hintergrund dieser Entscheidung
ist, wie sich aus Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 6 GewStR eindeutig ergibt, dass sich in beiden Fällen die Zinszahlungen nicht mindernd
auf den Gewerbeertrag ausgewirkt haben, weil nach der getrennten Berechnung der Gewerbeerträge für Organgesellschaft und Organträger
beide Ergebnisse zusammengerechnet werden, wodurch sich Zinszahlungen und Zinserträge neutralisieren. Abschnitt 41 GewStR
ist damit Ausdruck der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, wonach die Organgesellschaft als Betriebsstätte
des Organträgers gilt.
Eine vergleichbare Situation, also eine doppelte steuerliche Belastung der Dauerschuldzinsen bei der Klägerin, besteht im
Streitfall nicht. Bei der Ermittlung ihrer Gewerbeerträge für die verschiedenen Streitjahre haben sich die an die X gezahlten
Schuldzinsen – anders als bei Zahlungen an eine inländische Betriebsstätte einer Organgesellschaft – mindernd auf die Bemessungsgrundlage
ausgewirkt. Die Erträge der X, in denen die Zinszahlungen der Klägerin enthalten waren, sind nicht mit den Gewerbeerträgen
der Klägerin zusammengerechnet worden.
Unstreitig ist die zunächst erfolgte Zurechnung nach dem AStG rückgängig gemacht worden. Auch die Gewinnausschüttungen der
X an die Klägerin sind nicht in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer eingeflossen. Die Gewinnausschüttungen der X an
die Klägerin waren entsprechend Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Nr. 3 des DBA Belgien als so genannte Schachteldividenden in Deutschland
steuerbefreit (ebenso auch durch § 9 Nr. 8 GewStG ab 10% Beteiligungsquote). Die Voraussetzungen des Art. 23 DBA Belgien waren
erfüllt, denn die X war eine Aktiengesellschaft im Sinne des DBA (vgl. zur Begrifflichkeit Wilke in Gosch/ Kroppen/ Grotherr,
Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 3 DBA Belgien Rdnr. 4.) und die Klägerin war in den Streitjahren, in denen Beteiligungserträge
ausgeschüttet wurden, ganzjährig zu mehr als 25% an ihr beteiligt. Die Klägerin hat weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte
für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Nr. 3, 2. Halbsatz DBA Belgien. Im Übrigen würde
in einem derartigen Fall entsprechend Abschnitt 65 GewStR 1998 eine Kürzung des Gewerbeertrags der Klägerin nach § 9 Nr. 7
Satz 1 GewStG erfolgen, da die Beteiligten – wie sich aus den im Verlaufe des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden
ergibt – inzwischen einvernehmlich davon ausgehen, dass die X eine aktiv tätige ausländische Kapitalgesellschaft war.
Der Senat sieht keine Veranlassung zur Aussetzung des Verfahrens gem. § 74 FGO zwecks Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen
Union gem. Art. 267 AEUV im Hinblick auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen die Diskriminierungsvorschriften des
EGV, jetzt AEUV.
Instanzgerichte sind auch in Fällen, in denen weder ein offensichtlicher Europarechtsverstoß noch eine offensichtlich europarechtskonforme
Rechtslage besteht (vgl. Urteil vom 6. Oktober 1982, Cilfit u. a., 283/81, Slg. 1982, 3415, Rdnr. 21), grundsätzlich zur Vorlage
an den EuGH nicht verpflichtet (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV).
Eine Vorlage an den EuGH ist aber im Hinblick auf die Überzeugung des Senats, dass die hier betroffene deutsche Rechtslage
europarechtskonform ist, auch nicht geboten.
Im Streitfall kommt ausschließlich ein Verstoß gegen Art. 43 EGV/ jetzt Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) in Betracht.
Für die Beantwortung der Frage, ob eine nationale Regelung unter die Niederlassungsfreiheit oder unter die Kapitalverkehrsfreiheit
fällt, ist nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH auf den Gegenstand der betreffenden nationalen Regelung abzustellen (vgl.
u.a. EuGH-Urteile vom 10. Februar 2011, Haribo Lakritzen Hans Riegel BetriebsgmbH u.a., C-436-437/08, Slg. 2011, I-305, Rdnrn.
35-37; vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C-524/04, Slg. 2007, I-2107, Rdnr. 26 bis 34; EuGH-Beschluss
vom 4. Juni 2009, KBC Bank NV, C-439/07, Slg. 2009, I-4409, Rdnr. 68).
Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich weiter, dass der EuGH die in Rede stehenden Maßnahmen grundsätzlich nur
im Hinblick auf eine dieser beiden Freiheiten prüft, wenn sich herausstellt, dass unter den Umständen des Ausgangsfalls eine
der beiden Freiheiten der anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet werden kann (EuGH-Urteil vom 3. Oktober
2006, Fidium Finanz, C-452/04, Slg. 2006, I-9521, Rdnr. 34; Urteil vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium, C-414/06, Slg. 2008 I-3601,
Rdnr. 16). Nationale Vorschriften, die nur auf solche Beteiligungen anwendbar sind, die einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen
der Gesellschaft ermöglichen und deren Tätigkeit zu bestimmen, fallen danach (ausschließlich) unter die Niederlassungsfreiheit
(vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes, C-196/04, Slg. 2006, I-7995, Rdnrn. 31 und 32; vom 18.
Juli 2007, Oy AA, C-231/05, Slg. 2007, I-6373, Rdnr. 20). Insofern betreffen Rechtsvorschriften, die nur die Beziehungen innerhalb
einer Unternehmensgruppe regeln, vorwiegend die Niederlassungsfreiheit (z.B. EuGH-Urteil vom 26. Juni 2008 Burda, C-284/06,
Slg. 2008, I-4571 Rdnr. 68). Wenn mit solchen Vorschriften gleichzeitig Auswirkungen auf die Kapitalverkehrsfreiheit verbunden
sind, rechtfertigt dies regelmäßig keine eigenständige Prüfung der Vertragsregelungen über die Kapitalverkehrsfreiheit, weil
diese Auswirkungen lediglich als zwangsläufige Folge einer eventuellen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit anzusehen sind
(z.B. EuGH-Urteil vom 13. März 2007, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C-524/04, Slg. 2007, I-2107, Rdnr. 34;
EuGH-Beschluss vom 10. Mai 2007, Lasertec, C-492/04, Slg. 2007, I-3775 Rdnr. 20 ff.).
Da Voraussetzung für die Anwendung des Abschnitts 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6 GewStR 1998 u.a. eine Beteiligung ist, die einen
sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ermöglicht, können auf der Ebene des Europarechts ausschließlich
die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit Anwendung finden.
Voraussetzung für die Anwendung der hier umstrittenen Regelung in Abschnitt 41 Abs. 1 Sätze 5 und 6 GewStR 1998 (§ 2 Abs.
2 Satz 2 GewStG) ist das Vorliegen einer Organschaft. Die Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG voraus, dass eine
Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen in der Weise eingegliedert ist, dass die Voraussetzungen
des § 14 Nr. 1 bis 3 KStG erfüllt sind, also eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung z.B. in
eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft – wie die Klägerin – vorliegt. Unter dieser Voraussetzung gilt
die eingegliederte Kapitalgesellschaft als Betriebsstätte des anderen Unternehmens. Nach § 14 Nr. 1 KStG muss der Organträger
an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen und unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt
sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung).
Eine mittelbare Beteiligung genügt, wenn jede der Beteiligungen, auf denen die mittelbare Beteiligung beruht, die Mehrheit
der Stimmrechte gewährt.
Art. 43 EGV / Art. 49 AEUV ist aber nach Überzeugung des erkennenden Senats im Streitfall nicht verletzt, da weder eine offene
noch eine verdeckte Diskriminierung festgestellt werden kann.
Eine Diskriminierung durch die Hinzurechnung der hälftigen Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG besteht nicht. Grundsätzlich
ist in allen Fällen, in denen Dauerschuldzinsen gezahlt werden, eine Hinzurechnung vorzunehmen. Eine Differenzierung zwischen
inländischen und ausländischen Empfängern ist im Gesetz nicht vorgesehen. Anhaltspunkte für eine Diskriminierung fehlen daher
völlig.
Es besteht auch keine Rechtssituation, die mit der vergleichbar wäre, die in dem Verfahren Eurowings (EuGH-Urteil vom 26.
Oktober 1999 C-294/97, Slg. 1999, I-7447) Gegenstand der Entscheidung des EuGH war. Während in dem dortigen Verfahren § 8
Nr. 7 GewStG a.F. streitbefangen war, der bei der Frage der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen danach differenzierte,
ob der Empfänger der entsprechenden Zahlungen zur Gewerbesteuer heranzuziehen war, enthält § 8 Nr. 1 GewStG eine entsprechende
Differenzierung nicht. Gleichgültig ob inländische oder ausländische Empfänger die Dauerschuldzinsen erhalten, ist grundsätzlich
immer eine Hinzurechnung beim Zins zahlenden Steuerpflichtigen vorzunehmen. Dies gilt z.B. hinsichtlich der in Deutschland
weit verbreiteten Finanzierung durch Banken, bei der gleichgültig, ob eine deutsche oder ausländische Bank Empfänger der Zinszahlungen
ist, stets eine Hinzurechnung vorzunehmen ist. Eine Abhängigkeit von der Gewerbesteuerpflicht deutscher Banken bzw. dem Fehlen
jeglicher Gewerbesteuerpflicht z. B. belgischer Banken besteht bei der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG nicht.
Eine Diskriminierung ergibt sich auch nicht aus dem Ausschluss ausländischer Gesellschaften, hier der X, von der Möglichkeit,
eine gewerbesteuerliche Organschaft zu bilden. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die X nicht grundsätzlich von der
gewerbesteuerlichen Organschaft und damit von der Anwendung des Abs. 41 Sätze 5 und 6 GewStR 1998 (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG)
in Deutschland ausgeschlossen.
Zwischen der Klägerin und der X waren nach Lage der Akten alle Voraussetzungen für eine gewerbesteuerlichen Organschaft im
Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG erfüllt. Die Klägerin war im ersten Streitjahr zunächst über die L Europe S.A. N.V. mittelbar
zu 99,99% an der X beteiligt. Seit dem 30. Dezember 1999 bestand eine unmittelbare Beteiligung zu 52,655%. Dies reicht zur
Annahme einer finanziellen Eingliederung aus (vgl. Abschnitt 14 Abs. 1 Satz 3 GewStR in Verbindung mit Abschnitt 49 Satz 8
der Körperschaftsteuer-Richtlinien – KStR – 1995; vgl. auch BFH-Urteil vom 21. August 1996 I R 186/94, BFHE 182, 209, BStBl
II 1997, 434). In den weiteren unmittelbar von der Hinzurechnungsproblematik betroffenen Streitjahren 2000 und 2001 bestand
durchgängig eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung, die im Verlaufe der Streitjahre von 52,655% auf 99,99% aufgestockt wurde.
Die wirtschaftliche Eingliederung (vgl. § 14 Nr. 2 KStG; Abschnitt 50 KStR 1995) ergibt sich aus der Funktion der X als Factoringgesellschaft
der Klägerin und ihrer zugeordneten Tochtergesellschaften, die organisatorische Eingliederung (vgl. § 14 Nr. 2 KStG; Abschnitt
51 KStR 1995) aus der Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin zugleich als Geschäftsführer der X.
Die X war auch nicht auf Grund ihres ausländischen Sitzes oder Gesellschaftsstatutes von der Bildung einer Organschaft ausgeschlossen.
Vielmehr ergibt sich aus Abschnitt 14 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998 eindeutig, dass in den Streitjahren auch eine ausländische
Kapitalgesellschaft Organgesellschaft sein konnte, soweit sie im Inland einen Gewerbebetrieb unterhielt. Insoweit bestand
Übereinstimmung zwischen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 1979 I R 81/76, BFHE 127, 420,
BStBl II 1979, 447) und der Verwaltungsauffassung, die auf der zitierten Entscheidung des BFH beruhte.
Insofern wurden deutsche Organgesellschaften mit ausländischen Betriebsstätten und ausländische Organgesellschaften mit inländischen
Betriebsstätten vollkommen gleich behandelt. Wie sich aus Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 2 GewStR 1998 ergibt, wurden bei allen
Gewerbebetrieben, die sich auch auf das Ausland erstreckten, stets nur die im Inland befindlichen Betriebsstätten der Besteuerung
unterworfen. Dies ergibt sich bis heute bereits aus der Grundregelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, wonach in den Streitjahren
– wie auch gegenwärtig – jeder stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer (nur) unterliegt, soweit er im Inland betrieben wird.
Selbst wenn man im Hinblick auf die Tatsache, dass Dauerschuldzinsen innerhalb eines Konzerns bei ausländischen Konzerngesellschaften
häufiger an ausländische Betriebsstätten geleistet werden, als bei inländischen Konzerngesellschaften, eine Ungleichbehandlung
konstatierte, die nur dann mit den Bestimmungen des EGV/AEUV vereinbar wäre, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv
miteinander vergleichbar oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind (vgl. EuGHUrteil vom
25. Februar 2010, X-Holding, C-337/08, Slg. 2010, I-1215 Rdnr. 20 m.w.N.), sähe der Senat keine Veranlassung zu einer Vorlage
gemäß Art. 267 AEUV. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Vergleichbarkeit eines grenzüberschreitenden Sachverhalts
mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels
zu prüfen (vgl. EuGHUrteil vom 21. Februar 2013, A Oy, C-123/11, DStR 2013, 392 Rdnr. 33).
Danach sind die zu beurteilenden Situationen bereits nicht objektiv miteinander vergleichbar. Voraussetzung des Verzichts
auf die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. Abschnitt 41 Satz 5 GewStR 1998 ist, dass
es ansonsten zu einer doppelten Belastung mit Gewerbesteuer beim gleichen Steuerpflichtigen käme. Eine derartige Situation
ist aber im Streitfall nicht gegeben. Die Zinseinkünfte der X werden bei der Klägerin nicht der Gewerbesteuer unterworfen.
Es fehlt die doppelte steuerliche Belastung. Ein Verzicht auf die Hinzurechnung zur Vermeidung einer doppelten Belastung ist
demnach nicht geboten.
Selbst wenn man – was der erkennende Senat für nicht gerechtfertigt hält – auf die Besteuerung beider Gesellschaften, also
der Klägerin und der X abstellen würde, könnte keine Diskriminierung festgestellt werden. Es ist im konkreten Fall nicht zu
einer gewerbesteuerlichen Doppelbesteuerung der Zinsen gekommen, die durch einen Verzicht auf die Hinzurechnung vermieden
werden könnte. Die Zinseinnahmen der X sind bereits deshalb nicht der Gewerbesteuer unterworfen worden, weil es eine derartige
Steuer in Belgien nicht gibt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/2295, Seite 2).
Die Klägerin begehrt demnach im vorliegenden Verfahren den Verzicht auf die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gemäß § 8
Nr. 1 GewStG, obwohl sie durch die Zahlung der Dauerschuldzinsen an eine belgische Betriebstätte einer (belgischen) Tochtergesellschaft
konkret besser dasteht (50% der Dauerschuldzinsen haben die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer gemindert), als sie bei
Zahlung an eine deutsche Betriebstätte einer Tochtergesellschaft gestanden hätte (keine Minderung der Bemessungsgrundlage
durch Dauerschuldzinsen).
Auch wenn der konkrete Inhalt der einzelnen Diskriminierungsverbote des AEUV durch die Rechtsprechung des EuGH noch nicht
abschließend bestimmt ist, besteht doch nach Überzeugung des Senats kein Zweifel, dass kein Anspruch des privilegierten Steuerpflichtigen
auf doppelte Privilegierung aus den Diskriminierungsverboten abgeleitet werden kann. Der Senat stimmt insoweit mit dem BFH
(vgl. Urteil vom 7. Dezember 2011 I R 30/08, BStBl II 2012, 507) überein, dass es grundsätzlich unzulässig ist, einzelne Elemente
des Konsolidierungsprozesses bei Organschaften herauszugreifen und deren Nichtanwendung außerhalb eines Organkreises als Verstoß
gegen die Niederlassungsfreiheit zu kritisieren.
Letztlich ist der Senat mit dem BFH der Überzeugung, dass die bisherige Rechtsprechung des EuGH so verstanden werden kann,
dass es der Aspekt der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten erlaubt, Regelungen
als gerechtfertigt anzusehen, nach denen Muttergesellschaften steuerliche Einheiten nur mit gebietsansässigen, nicht aber
mit gebietsfremden Tochtergesellschaften bilden können (BFH a.a.O. unter Bezug auf die Entscheidung des EuGH in der Sache
„X-Holding”, Slg. 2010, I-1215). Dies gilt umso mehr im vorliegenden Streitverfahren, in dem eine Vorschrift aus einem Regelungskomplex
zur Besteuerung von Organschaften streitig ist, bei der gebietsfremde Tochtergesellschaften nicht generell, sondern nur hinsichtlich
ihrer gebietsfremden Betriebsstätten von der Einbeziehung in die steuerliche Einheit ausgeschlossen sind.
Dieser Ausschluss der gebietsfremden Betriebsstätten beruhte dabei nicht nur auf innerstaatlichem Recht, sondern auch auf
der vertraglichen Regelung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse durch das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik
und Belgien. Eine Einbeziehung der Zinserträge der belgischen Betriebsstätten der X in die gewerbesteuerliche Organschaft
als Voraussetzung für den Hinzurechnungsverzicht war auch durch das DBA ausgeschlossen.
Da nach Art. 7 des DBA Belgien Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden konnten,
es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübte,
war Deutschland nach dem DBA verpflichtet, die Gewerbeerträge aus den belgischen Betriebsstätten der X in Deutschland unbesteuert
zu lassen.
Im Ergebnis sieht der erkennende Senat im vorliegenden Streitfall keine eine Vorlage an den EuGH rechtfertigende Wahrscheinlichkeit
für eine gegen Art. 49 AEUV verstoßende Diskriminierung der Klägerin, da sie im Ergebnis steuerlich besser steht als bei einer
Zahlung an eine deutsche Tochtergesellschaft. Selbst wenn man eine abstrakte diskriminierende Differenzierung annähme, wäre
diese durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Teiländerungsbescheide im laufenden Verfahren haben keine kostenrechtliche
Bedeutung. Die Klägerin hat nach Ergehen der Feststellungsbescheide gemäß § 18 AStG ausdrücklich insoweit keinen Antrag im
vorliegenden Verfahren gestellt, da sie – wie auch der erkennende Senat – der Auffassung ist, dass der dahingehende Rechtsstreit
in dem Verfahren über den Feststellungsbescheide zu betreiben sei. Auswirkungen auf die angefochtenen Bescheide traten nach
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO ein.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.