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  • 20.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122715

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 26.04.2012 – 10 K 2440/11

    Rechtsanwalts- und Steuerberaterkosten, die einem Steuerpflichtigen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bzgl. eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG aus Anlass eines Verständigungsverfahrens mit den USA entstehen, mindern als Veräußerungskosten den Gewinn nach § 17 Abs. 2 EStG.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 26. April 2012 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung nach § 17 EStG Veräußerungskosten zu berücksichtigen sind.
    Der Kläger war im Streitjahr 2000 in den USA ansässig und mit seinen Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig.
    Im Jahre 2000 veräußerte der Kläger Anteile an der Firma A GmbH; der Gewinn wurde mit 3.960.000 DM ermittelt.
    Der Kläger legte gegen den daraufhin erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 27. August 2003 Einspruch ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass der Veräußerungsgewinn auch in den USA versteuert wurde und insoweit eine Doppelbesteuerung vorliege. Er beantragte ein Verständigungsverfahren mit den USA und das Ruhen des Einspruchsverfahrens.
    Mit Schreiben vom 23. März 2010 teilte das Bundeszentralamt für Steuern mit, dass in dem Verständigungsverfahren mit der amerikanischen Finanzverwaltung eine Einigung erzielt wurde. Der Bundesrepublik Deutschland stehe danach ein Besteuerungsrecht in Höhe von 60 % an dem Veräußerungsgewinn zu. Der Kläger stimmte dem Verständigungsergebnis mit Schreiben vom 4. Juni 2010 zu. Daraufhin änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 2000. Der Änderungsbescheid vom 24. August 2010 wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
    In diesem Einspruchsverfahren macht der Kläger ergänzend geltend, dass ihm im Zusammenhang mit dem Verständigungsverfahren Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskosten entstanden seien. Diese macht er zusätzlich als Veräußerungskosten geltend.
    Da der Beklagte dieser Auffassung nicht folgte, wies er mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 2011 den Einspruch nach Erlass des Änderungsbescheides nunmehr als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus:
    Eine Berücksichtigung der Kosten des Verständigungsverfahrens wäre nur möglich, wenn es sich um Veräußerungskosten handelte. Veräußerungskosten seien nur solche Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stünden. Dabei sei auf den Veranlassungszusammenhang abzustellen. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Die Steuerberatungskosten des Verständigungsverfahrens hingen weder objektiv mit der Veräußerung zusammen noch dienten sie subjektiv der Veräußerung. Das auslösende Moment für das Verständigungsverfahren sei nicht die Veräußerung der Anteile, sondern die privaten Verhältnisse des Klägers gewesen. Das Verständigungsverfahren sei weder für die Anteilsveräußerung erforderlich gewesen noch habe es ihr gedient.
    Mit der Klage trägt der Kläger vor:
    Bei dem geltend gemachten Betrag handele es sich um nachträgliche Steuer- und Rechtsberatungskosten aus dem Jahre 2006 und 2007, die durch die Durchführung des Verständigungsverfahrens entstanden sind. Wegen der Einzelheiten wird auf den Klageschriftsatz vom 2. August 2011 sowie die beigefügten Anlagen Bezug genommen.
    Der Kläger beantragt,
    den Einkommensteuerbescheid für 2000 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 24. August 2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Veräußerungskosten in Höhe von 62.838,66 EUR (60 % von 104.731,10 EUR) bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb steuermindernd berücksichtigt werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2000 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
    Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Rechts- und Steuerberatungs kosten nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG steuermindernd berücksichtigt.
    Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind solche Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stehen (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.02.1992 VIII R 43/90, BFH/NV 1993, 520; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 17 Rz. 150).
    Danach gehören zu den Veräußerungskosten z.B. auch Anwalts- und Steuerberatungskosten (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.08.1992 VIII R 13/90, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1993, 34).
    Zu den in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stehenden Kosten gehören nach Auffassung des erkennenden Senats auch die Kosten, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren entstehen.
    Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Rechtsverfolgungskosten betreffend die Einkommensteuer insoweit als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar, als sie mit dem Einkünftebereich zusammenhängen (vgl. BFH, Urteil vom 13.04.2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038). Damit sind z.B. auch abzugsfähig Kosten für einen Finanzgerichtsrechtsstreit betreffend die Einkommensteuer, soweit der Rechtsstreit die Einkünfteebene betrifft. Wenn aber ein Rechtsstreit über z.B. gewerbliche Einkünfte zu abzugsfähigen Kosten führt, dann muss dies erst recht für Kosten zur Vermeidung eines solchen Rechtsstreits gelten. Um solche Kosten handelt es sich bei Aufwendungen, die im Rahmen eines Verständigungsverfahrens anfallen.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
    Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren die Einkünfteebene betreffen und damit als Aufwendungen einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.

    VorschriftenEStG § 17