29.08.2013
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 30.01.2013 – 12 K 12056/12
1. Das einer ausländischen Tochtergesellschaft gewährte Darlehen ist – ob eigenkapitalersetzend oder nicht – als Geschäftsbeziehung
i. S. des § 1 AStG a. F. in der in den Streitjahren 2004 bis 2007 geltenden Fassung anzusehen.
2. Einkünfte aus einer Darlehensgewährung sind im Rahmen des § 1 Abs. 1 AStG a. F. nicht nur insoweit zu prüfen, als dass
die Konditionen der Darlehensbeziehung betroffen sind, sondern im Grundsatz ist auch die Substanz des Darlehens maßgeblich
zu berücksichtigen. Im Rahmen der Prüfung des § 1 AStG a. F. ist daher bei der Frage, ob ein Darlehen unter (nicht) fremdvergleichskonformen
Bedingungen gewährt wurde, die (fehlende oder unzureichende) Besicherung des Darlehens als Bedingung im Sinne des § 1 Abs.
1 AStG a. F. zu berücksichtigen.
3. Der Teilwert einer Forderung wird durch die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungswilligkeit des Schuldners sowie durch ihre
Verzinslichkeit beeinflusst. Allein aus der bilanziellen Überschuldung des Schuldners kann nicht auf die Wertlosigkeit einer
gegen diesen gerichteten Forderung geschlossen werden, sondern hieraus kann lediglich eine mangelnde Realisierbarkeit am Bewertungsstichtag
abgeleitet werden. Ist die Erfüllung der Forderung nach den am Bewertungsstichtag vorliegenden Umständen (Vermögensverhältnisse,
Zahlungsfähigkeit des Schuldners) zweifelhaft, bestimmt sich ihr Teilwert danach, in welchem Umfang der Ausfall der Forderung
mit einiger Wahrscheinlichkeit droht.
4. Auf die Darlehensforderungen der inländischen Muttergesesellschaft gegen die bilanziell überschuldete US-amerikanische
Tochtergesellschaft sind Teilwertabschreibungen vorzunehmen, wenn u. a. die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der
Tochtergesellschaft negativ ist, die Rückführung der Darlehensbeträge dadurch unwahrscheinlich wird, die Darlehensforderungen
praktisch uneinbringlich sind und die bilanzielle Überschuldung kontinuierlich ansteigt. Die vom Finanzamt als „Konzernrückhalt”
gewertete Erklärung, die Tochtergesellschaft weiter unterstützen zu wollen, ändert daran nichts.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 12. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. Januar 2013 durch den Präsidenten
des Finanzgerichts …, den Richter am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtliche Richterin
… und die ehrenamtliche Richterin …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die in den Jahren 2004 bis 2007 (Streitjahre) gemäß § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) in der
in den Streitjahren anzuwendenden Fassung (a. F.) erfolgte Hinzurechnung der Wertberichtigung bzw. Teilwertabschreibung von
Darlehensforderungen.
In den Streitjahren war die damals unter A. Familien GmbH firmierende Klägerin zu 95 % an der B. GmbH beteiligt. Mit Verschmelzungsvertrag
vom 29. August 2008 wurde die B. GmbH rückwirkend zum 31. Dezember 2007 auf die Klägerin verschmolzen. Die B. GmbH wiederum
war Alleineigentümerin der A. International GmbH, mit der ein Ergebnisabführungsvertrag bestand.
Im Jahre 2000 wurde zur Erschließung des US-amerikanischen Marktes – zunächst als „Joint Venture” unter Beteiligung eines
israelischen Partnerunternehmens – die C. & Co. Inc. mit Sitz in Chicago, USA, gegründet. Gesellschafter waren die A. International
GmbH zu 60 % und das israelische Unternehmen zu 40 %. Die C. & Co. Inc. wurde mit Kapital i. H. v. insgesamt 510.000 US-Dollar
ausgestattet („Common stock” i. H. v. 160.000 US-Dollar sowie „Additional paid-in capital” i. H. v. 350.000 US-Dollar). Zu
Beginn ihrer Tätigkeit gewährte das Bankhaus D. der C. & Co. Inc. ein Darlehen i. H. v. knapp 1.500.000 US-Dollar, das die
Gesellschafter der C. & Co. Inc. durch Bürgschaften absicherten. Zum 31. Dezember 2003 wies die Bilanz der C. & Co. Inc. einen
nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i. H. v. 951.249 US-Dollar auf. Im Jahr 2004 kam es dann zur Auflösung des Joint
Ventures mit dem israelischen Unternehmen, so dass die A. International GmbH ab dem 30. Juni 2004 alleinige Gesellschafterin
der C. & Co. Inc. wurde. Daraufhin stellte das Bankhaus D. das der C. & Co. Inc. gewährte Darlehen fällig. Da diese nicht
in der Lage war, das Bankdarlehen zu bedienen, zahlte die B. GmbH auf die Darlehensforderung des Bankhauses D.. Zum 31. Dezember
2004 wies die Bilanz der C. & Co. Inc. sodann einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i. H. v. 454.046 US-Dollar
auf, der zum 31. Dezember 2005 auf 1.593.193 US-Dollar, zum 31. Dezember 2006 auf 2.517.823 US-Dollar und zum 31. Dezember
2007 auf 3.541.896 US-Dollar anwuchs.
In den Streitjahren gewährte die A. International GmbH ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft mit 5 % jährlich verzinste,
unbesicherte Darlehen. Die Darlehen, die aus der Liquidität zukünftiger Gewinne der C. & Co. Inc. zurückgezahlt werden sollten,
setzten sich wie folgt zusammen:
– 2004: | 261.756,22 EUR | |
– 2005: | 1.103.140,00 EUR | |
– 2006: | 158.553,39 EUR | |
– 2007: | 75.000,00 EUR. |
H. v. 1.103.140 EUR, 2006 i. H. v. 158.000 EUR sowie 2007 i. H. v. 75.000 EUR).
Im Jahr 2009 wurden bei der A.-Gruppe mehrere, die Jahre 2004 bis 2007 umfassende Betriebsprüfungen durchgeführt, u. a. auch
bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der B. GmbH. Prüfungsgegenstand war u. a. das Verhältnis der B. GmbH zur A. International
GmbH bzw. zu deren US-amerikanischen Tochtergesellschaft C. & Co. Inc. Strittig blieben die Wertberichtigungen der der C.
& Co. Inc. gewährten Darlehen. In der Textziffer (Tz.) 44 des Berichts über die bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung
vom 02. Mai 2011 wies die Prüferin auf die vom Finanzamt (FA) E. bei der A. International GmbH parallel durchgeführte Betriebsprüfung
hin. Die Prüferin des FA E. habe die Wertberichtigungen der Darlehensforderungen dem Einkommen der A. International GmbH in
den Streitjahren gemäß § 1 AStG a. F. hinzugerechnet. Dementsprechend seien die Zurechnungen bei der Klägerin als Organträgerin
der A. International GmbH der Besteuerung zu unterwerfen, und zwar laut der Anlage 1 des Betriebsprüfungsberichts in 2004
i. H. v. 261.052 EUR, in 2005 i. H. v. 1.103.140 EUR, in 2006 i. H. v. 158.000 EUR und 2007 i. H. v. 30.800 EUR.
Der Beklagte folgte dem Ergebnis der Betriebsprüfung und erließ am 13. Juli 2011 für die Streitjahre u. a. entsprechend geänderte
Bescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag. Das hiergegen von der Klägerin geführte Einspruchsverfahren
blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2012), so dass die Klägerin am 15. Februar 2012 Klage erhoben hat.
Die zunächst auch gegen die Bescheide für 2004 bis 2006 über den Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer sowie die Bescheide
für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer gerichtete Klage hat die Klägerin am 13. März 2012 zurückgenommen.
Vorausgegangen war ein Hinweis des Berichterstatters an die Klägerin in der Eingangsverfügung, wonach es sich bei den Bescheiden
über den Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer sowie „über die Gewerbesteuer 2007” um bloße Folgebescheide im Sinne
des § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) handele, so dass insoweit die Klage wohl unzulässig und die Rücknahme anzuraten sei.
Nach der Erklärung der teilweisen Klagerücknahme hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 15. März 2012 insoweit unter
dem Aktenzeichen 12 K 12085/12 abgetrennt und eingestellt.
Die aufrecht erhaltene Klage begründet die Klägerin wie folgt:
Die in den Streitjahren vorgenommenen Wertberichtigungen der Darlehensforderungen seien anzuerkennen; eine Hinzurechnung nach
§ 1 AStG a. F. sei nicht vorzunehmen. Die in den Streitjahren gewährten Darlehen hätten dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprochen.
So habe der Darlehenszinssatz von 5 % einen Risikoaufschlag enthalten. Für das erste, im Januar 2004 gewährte Darlehen sei
der Risikoaufschlag mit etwa 3,5 Prozentpunkten angesetzt worden, da der maßgebliche seinerzeitige LIBOR-Zinssatz, zu dem
Banken am Markt Gelder von anderen Banken aufnehmen,1,477 % betragen habe.
Der vom Beklagten behauptete Rückhalt im Konzern sei nicht gegeben. Es habe keine Verpflichtung der A. International GmbH
oder anderer Konzerngesellschaften gegeben, für die Verbindlichkeiten der C. & Co. Inc. einstehen zu müssen. Die Ausführungen
in den Jahresabschlüssen der C. & Co. Inc., dass die A. International GmbH die amerikanische Tochter unterstützen werde, seien
zu allgemein gehalten, um daraus rechtliche Folgerungen ziehen zu können.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 2004 bis 2006 und den Gewerbesteuermessbetrag 2004 bis 2007 vom 13. Juli 2011 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2012 dahingehend zu ändern, dass von einer Hinzurechnung von Einkünften gemäß §
1 des Außensteuergesetzes in Höhe von 261.052 EUR in 2004, in Höhe von 1.103.140 EUR in 2005, in Höhe von 158.000 EUR in 2006
und in Höhe von 75.000 EUR in 2007 abgesehen wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er begründet diesen Antrag wie folgt:
Nach den Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in seinem Schreiben vom 29. März 2011 (Bundessteuerblatt [BStBl]
I 2011, 277) sei bei dem Vorliegen eines Konzernrückhalts für eine Teilwertabschreibung kein Raum, da ein solcher Fall als
fremdübliche Sicherheit anzusehen und der Rückzahlungsanspruch nicht gefährdet sei. Der Konzernrückhalt ergebe sich im Streitfall
aus den vorliegenden Jahresabschlüssen der C. & Co. Inc. So werde in den Jahresabschlüssen der Streitjahre darauf hingewiesen,
dass die A. International GmbH als Mutter (bzw. „Parent”) weiterhin die C. & Co. Inc. unterstützen werde. Da somit schon die
Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) – der dem § 1 AStG a. F. vorgehe – nicht vorlägen,
seien die Teilwertabschreibungen in jedem Fall zu korrigieren.
Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin lediglich behauptet habe, dass der Darlehenszinssatz einen Risikoaufschlag
enthalten habe, ohne die Berechnung dieses Risikoaufschlags nachvollziehbar zu belegen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig. Das Gericht geht – in Übereinstimmung mit den Beteiligten – davon aus, dass die teilweise Klagerücknahme
vom 13. März 2012 insoweit unwirksam ist, als dass sie auch in Bezug auf den Gewerbesteuermessbescheid 2007 erklärt worden
ist. Dieser Einschätzung steht der Einstellungsbeschluss vom 15. März 2012 nicht entgegen, da dieser lediglich deklaratorischer
Natur ist (vgl. nur Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 06. Juli 2005 XI R 15/04, BStBl II 2005, 644).
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO]).
Zwar lagen die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung der Darlehensforderungen nach den gegenüber § 1 AStG a. F. vorrangig
zu prüfenden Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie §
7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) vor (vgl. zur Nachrangigkeit des § 1 AStG a. F. das BFH-Urteil vom 09. November
1988 I R 335/83, BStBl II 1989, 510) – dazu unter 1. Der Beklagte hat jedoch den Einkünften der Klägerin als Organträgerin
der A. International GmbH zu Recht die Teilwertabschreibungen der Darlehen – 2004 i. H. v. 261.052 EUR, 2005 i. H. v. 1.103.140
EUR, 2006 i. H. v. 158.000 EUR und 2007 i. H. v. 75.000 EUR – gemäß § 1 AStG a. F. wieder hinzugerechnet – dazu unter 2.
1. Die gegenüber der C. & Co. Inc. bestehenden Darlehensforderungen waren nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 8 Abs.
1 KStG sowie § 7 Satz 1 GewStG mit einem niedrigeren Teilwert anzusetzen (sog. Teilwertabschreibung), da der Teilwert unter
dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusetzenden Wert lag und dies auf einer voraussichtlich dauernden Wertminderung beruhte.
Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut
ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Der Teilwert einer Forderung wird durch die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungswilligkeit des Schuldners sowie durch ihre Verzinslichkeit
beeinflusst (vgl. Finanzgericht [FG] München, Urteil vom 04. Februar 2004 7 K 337/99, juris). Allein aus der bilanziellen
Überschuldung des Schuldners kann nicht auf die Wertlosigkeit einer gegen diesen gerichteten Forderung geschlossen werden.
Hieraus kann lediglich eine mangelnde Realisierbarkeit am Bewertungsstichtag abgeleitet werden. Ist die Erfüllung der Forderung
nach den am Bewertungsstichtag vorliegenden Umständen (Vermögensverhältnisse, Zahlungsfähigkeit des Schuldners) zweifelhaft,
bestimmt sich ihr Teilwert danach, in welchem Umfang der Ausfall der Forderung mit einiger Wahrscheinlichkeit droht (Fischer
in Kirchhof, EStG, 11. Auflage [2012], § 6 Rn. 135).
Diese Gesichtspunkte führen hier dazu, dass eine vollständige Abschreibung der strittigen Darlehen vorzunehmen war. Neben
der bilanziellen Überschuldung der C. & Co. Inc., die in den Streitjahren erheblich angewachsen ist, verdeutlicht der unstrittige
Vortrag der Klägerin, dass sich die C. & Co. Inc. in einer tatsächlichen Krise befand. Nach dem Ausscheiden des israelischen
Partnerunternehmens war die C. & Co. Inc. gezwungen, den vom Bankhaus D. über etwa 1.500.000 EUR gewährten Kredit zu bedienen.
Ohne die finanzielle Unterstützung der A. International GmbH bzw. der B. GmbH hätte die C. & Co. Inc. dieser Verpflichtung
nicht nachkommen können. Insbesondere die unbestrittene negative wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der C. & Co.
Inc. ließ die Rückführung der Darlehensbeträge unwahrscheinlich werden; die Darlehensforderungen waren praktisch uneinbringlich
(vgl. zum Gesichtspunkt der Uneinbringlichkeit: Fischer in Kirchhof, EStG, 11. Auflage [2012], § 6 Rn. 135). Zudem gab es
keine Anhaltspunkte für eine etwaige ratenweise Rückzahlung der Darlehen in der Folgezeit (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. November
2002 I R 30/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2002, 677; FG Köln, Urteil vom 30. Januar 2001 13 K 2347/99,
juris), so dass die A. International GmbH davon ausgehen durfte, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für den vollständigen Ausfall
der gewährten Darlehen sprach. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die bilanzielle Überschuldung der C. & Co. Inc. bis zum
31. Dezember 2007 auf knapp 3.542.000 US-Dollar anwuchs und damit die Gesamtsumme der durch die A. International GmbH gewährten
Darlehen deutlich überstieg.
Der vom Beklagten behauptete „Konzernrückhalt” kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Der Beklagte beruft sich insoweit auf
die US-amerikanischen Jahresabschlüsse der C. & Co. Inc., in denen darauf hingewiesen wird, dass die A. International GmbH
als Mutter (bzw. „Parent”) die C. & Co. Inc. weiterhin unterstützen werde. Abgesehen davon, dass diese Erklärung äußerst allgemein
gehalten ist, kann eine derartige Absichtserklärung der Darlehensgeberin – der A. International GmbH – gegenüber der Darlehensnehmerin
– der C. & Co. Inc. – nicht dazu führen, von einer Werthaltigkeit der Darlehensforderungen auszugehen. Denn bei dieser Erklärung
handelt es sich insoweit nur um ein „Geschäft mit sich selbst”, so dass die US-amerikanischen Jahresabschlüsse vielmehr gegen
die Anwendung der Figur des „Konzernrückhalts” sprechen, da für die A. International GmbH danach das wirtschaftliche Überleben
des US-amerikanischen Tochter maßgeblich zu sein scheint, nicht hingegen die Realisierung der eigenen Darlehensforderungen.
Allenfalls gegenüber Dritten, die ihrerseits Forderungen gegenüber der C. & Co. Inc. haben, könnten die vom Beklagten angeführten
Absichtserklärungen in den Jahresabschlüssen Geltung erlangen und u. U. gegen eine Teilwertabschreibung solcher Drittforderungen
sprechen. Um eine derartige Konstellation geht es hier jedoch gerade nicht.
2. Die in zulässiger Weise gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG sowie § 7 Satz 1 GewStG vorgenommenen
Teilwertabschreibungen waren jedoch in vollem Umfang zu korrigieren. Der Beklagte konnte zwar nicht auf § 8b Abs. 3 KStG a.
F. zurückgreifen, da der BFH die Anwendung dieser Vorschrift auf Gesellschafterdarlehen zutreffend abgelehnt hat (Urteil vom
14. Januar 2009 I R 52/08, BStBl II 2009, 674); der Beklagte hat jedoch zu Recht § 1 AStG a. F. auf den Streitfall angewendet.
a) Gemäß § 1 Abs. 1 AStG a. F. sind, wenn Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden
Person dadurch gemindert werden, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von
denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, seine Einkünfte
unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen
wären.
Eine Geschäftsbeziehung ist jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche
Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahe stehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die
die §§ 13, 15, 18 oder § 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die
Tätigkeit im Inland vorgenommen würde, so § 1 Abs. 4 AStG a. F. Da nach dem Wortlaut „jede” schuldrechtliche Beziehung ausreichend
ist – ausgenommen sind nur gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen –, ist es unbedeutend, ob die strittige Vereinbarung gesellschaftsrechtlich
veranlasst ist oder nicht. Der für die Veranlagungszeiträume vor 2003 bestehende Streit, ob eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen
in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AStG fallen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 30. Mai 1990 I R 97/88, BStBl II 1990, 875;
vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123), ist damit nach der Auffassung des Senats nicht mehr relevant (vgl. auch
Pohl in Blümich, AStG, § 1 Rn. 187 f.), so dass auch das einer ausländischen Tochtergesellschaft gewährte Darlehen – ob eigenkapitalersetzend
oder nicht – als Geschäftsbeziehung i. S. des § 1 AStG a. F. anzusehen ist (vgl. auch BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl
I 2011, 277; Prinz/Scholz in Finanzrundschau [FR] 2011, 925, m. w. N.).
b) Für den Streitfall bedeutet dies das Folgende:
aa) Zwischen der Klägerin bzw. der A. International GmbH auf der einen Seite und der C. & Co. Inc. auf der anderen Seite bestand
in den Streitjahren aufgrund der jährlich geleisteten Darlehen eine Geschäftsbeziehung i. S. des § 1 Abs. 4 AStG a. F. Denn
dadurch entstand eine schuldrechtliche Beziehung, die zumindest bei der C. & Co. Inc. Teil einer Tätigkeit war, die zu gewerblichen
Einkünften geführt hätte, wenn sie im Inland ausgeübt worden wäre.
bb) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG a. F. sind erfüllt. § 1 Abs. 1 AStG a. F. setzt voraus, dass Einkünfte
dadurch gemindert werden, dass der Einkünfteermittlung andere als fremdübliche Bedingungen zugrunde gelegt werden.
Als Einkünfte sind die Einkünfte im Sinne des EStG zu verstehen (Pohl in Blümich, AStG, § 1 Rn. 44 m. w. N.). Resultieren
die Einkünfte aus einer Darlehensgewährung sind die Einkünfte nicht nur insoweit zu prüfen, als dass die Konditionen der Darlehensbeziehung
betroffen sind, sondern ist im Grundsatz auch die Substanz des Darlehens maßgeblich zu berücksichtigen. Dies folgt aus dem
Sinn und Zweck des § 1 AStG, der Gewinnverlagerungen bzw. steuerliche Vorteile verhindern will, die dadurch entstehen, dass
international tätige Unternehmen bzw. Konzerne aufgrund des Auslandsbezugs steueroptimierende Maßnahmen vornehmen können (Pohl
in Blümich, AStG, § 1 Rn. 4).
Im Rahmen der Prüfung der fremdüblichen Bedingungen sind hiernach bei Darlehensgewährungen die Darlehenskonditionen zu berücksichtigen.
Zu den Konditionen eines Darlehens gehört neben der Zinsvereinbarung auch die Frage der Besicherung der Darlehensforderung
(insoweit anderer Meinung: Prinz/Scholz in FR 2011, 925, wonach die [unzureichende] Besicherung eines Darlehens keine Bedingung
im Sinne des § 1 Abs. 1 AStG a. F. sei). Dieses Verständnis von Darlehenskonditionen ergibt sich aus der Auslegung des Begriffs
der Bedingung, der von § 1 Abs. 1 AStG a. F. verwendet wird, und folgt schon aus dem weit zu verstehenden Wortlaut. Bestätigt
wird dieses Verständnis durch die spätere Änderung des § 1 Abs. 1 AStG, wonach „Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise)”
seien, also auch andere Bedingungen als Preise – z. B. unzureichende Besicherungen von Darlehen –, die dem Fremdvergleich
nicht entsprechen, eine Korrektur nach § 1 AStG rechtfertigen können (vgl. Pohl in Blümich, AStG, § 1 Rn. 36).
Hier beruhte die Einkünfteminderung, die durch die Teilwertabschreibung, also den Substanzverlust des Darlehens eingetreten
ist, auf den Konditionen der Darlehensgewährung in Gestalt der (fehlenden) Besicherung der Darlehen. Es ist nicht fremdüblich,
dass Darlehen ohne jede Sicherheit gewährt werden. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als dass die A. International GmbH über
die Streitjahre hinweg Darlehen in insgesamt siebenstelliger Höhe hingab und sich während der gesamten Zeit die wirtschaftliche,
finanzielle und bilanzielle Situation der C. & Co. Inc. verschlechterte. Ein fremder Dritter hätte daher auf einer Absicherung
der gewährten Darlehen bestanden. Diese fehlende Absicherung kann hier weder durch den vereinbarten Darlehenszinssatz – der
mit 5 % zumindest insoweit zu niedrig ist, als dass damit eine fehlende Besicherung ausgeglichen werden könnte – noch durch
einen etwaigen Konzernrückhalt ausgeglichen werden (vgl. insoweit BMFSchreiben vom 29. März 2011,BStBl I 2011, 277). Denn
einziger Anhaltspunkt für einen solchen Rückhalt ist die Aussage der A. International GmbH, die selbst die Darlehensgeberin
ist, sie werde die US-amerikanische Tochter weiterhin unterstützen. Entsprechende Aussagen bzw. Handlungen anderer Konzerngesellschaften
der A.-Gruppe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auf die Frage, ob die Zinsvereinbarung – wie der Beklagte es meint – ebenfalls fremdüblich ist, kommt es dann nicht mehr an.
Allerdings ist dem Beklagten insoweit zuzugeben, dass die Klägerin die Art und Weise der Festlegung des Darlehenszinssatzes
nicht substantiiert dargelegt hat. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich an dem maßgeblichen seinerzeitigen LIBOR-Zinssatz
orientiert und unter dessen Berücksichtigung einen Risikoaufschlag vereinbart. Allerdings hat sie weder dem steigenden LIBOR-Zinssatz
Rechnung getragen – der unter Beibehaltung eines zumindest gleichbleibenden Risikoaufschlags in den Streitjahren zu einem
höheren Darlehenszinssatz hätte führen müssen, was jedoch nicht geschehen ist – noch hat sie die sich verschlechternde wirtschaftliche
bzw. finanzielle Situation der C. & Co. Inc. durch steigende Darlehenszinssätze berücksichtigt, was fremde Dritte im Zweifel
getan hätten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Revision zum BFH war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist bislang höchstrichterlich
nicht entschieden, ob im Rahmen der Prüfung des § 1 AStG a. F. bei der Frage, ob ein Darlehen unter (nicht) fremdvergleichskonformen
Bedingungen gewährt wurde, die (fehlende oder unzureichende) Besicherung des Darlehens als Bedingung im Sinne des § 1 Abs.
1 AStG a. F. zu berücksichtigen ist.