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  • · Fachbeitrag · Abkommensrecht

    Dienstreisen im Geflecht der DBA-Grenzgängerregelungen ‒ Teil 2: DBA-Frankreich

    von StB Dr. Dino Höppner und Philip Poerschke, M. Sc., beide Frankfurt (Oder)

    | Diese dreiteilige Beitragsreihe untersucht die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Grenzgängerregelungen, geht dabei auf Übereinstimmungen und Abweichungen bei der Behandlung von Dienstreisetagen ein und betrachtet die Auswirkungen der Änderungsprotokolle zum DBA-Schweiz und DBA-Österreich. Im ersten Teil wurde das DBA-Schweiz behandelt (s. PIStB 24, 7 ). Der zweite Teil befasst sich mit dem DBA-Frankreich. |

    1. Grenzgängerregelung nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich

    • Beispiel 1

    Dieter wohnt in Deutschland und ist bei einem in Frankreich in Grenznähe ansässigen Arbeitgeber beschäftigt. Von dem Wohnsitz in der Nähe der Grenze zu Frankreich pendelt er regelmäßig zum Arbeitsort und zurück. Als Teamleiter im Vertrieb ist Dieter nicht nur im Büro seines Arbeitgebers in Frankreich tätig, sondern gelegentlich auch bei Kunden vor Ort. Im VZ 2023 besuchte er an 20 einzelnen Tagen Kunden in Deutschland und an 15 einzelnen Tagen Kunden in Frankreich. Darüber hinaus war er für zehn Tage auf Dienstreise in Polen (Hinreise am Montag und Rückreise am Mittwoch der Folgewoche). Die Wochenendtage in Polen nutzte Dieter, um liegen gebliebene E-Mails zu bearbeiten und sich mit Kunden zum Essen zu treffen. Darüber hinaus arbeitete er an 35 Tagen von zu Hause aus. Arbeitsvertraglich ist eine fünftägige Arbeitswoche an Werktagen vereinbart. Eine Überstundenegelung besteht nicht.

     

    Dieter ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG i. V. m. § 8 AO) und in Frankreich beschränkt steuerpflichtig. Abkommensrechtlich steht das Besteuerungsrecht Frankreich als Tätigkeitsstaat zu, wenn er seine Arbeit dort ausübt und die Einkünfte aus Frankreich herrühren (Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich). Übt er seine Tätigkeit in Deutschland oder einem Drittstaat aus, steht dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht nicht über Art. 13 Abs. 1, sondern über Art. 18 DBA-Frankreich (sonstige Einkünfte) zu.

     

    Nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich erfolgt ‒ abweichend vom Arbeitsortprinzip ‒ die Besteuerung des Arbeitslohns eines Grenzgängers allein im Ansässigkeitsstaat. Dabei steht dem Tätigkeitsstaat ein Fiskalausgleich i. H. v. 1,5 % der gesamten Bruttojahresvergütungen des Grenzgängers zu (Art. 13a Abs. 1 DBA-Frankreich).

     

    PRAXISTIPP | Der Fiskalausgleich betrifft nicht den Steuerpflichtigen. Diesen führen lediglich die Vertragsstaaten untereinander durch. Allerdings müssen die jeweiligen Arbeitgeber beiderseits der Grenze die jährlichen Bruttovergütungen von Grenzgängern an die Steuerbehörden übermitteln (Art. 13a Abs. 2 i. V. m. 3 bzw. 4 DBA-Frankreich). Ein deutscher Arbeitgeber muss die Daten für einen französischen Grenzgänger an das BZSt übermitteln.

     

    Die Grenzgängereigenschaft liegt vor (Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA-Frankreich), wenn der Arbeitnehmer

    • im Grenzgebiet des einen Vertragsstaats arbeitet,
    • seine ständige Wohnstätte (i. F. nur Wohnstätte) im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaats hat und
    • er i. d. R. jeden Tag an diese Wohnstätte zurückkehrt.

     

    Als Grenzgebiet gilt ein Korridor von 20 km beiderseits der Grenze, wenn der Arbeitnehmer in Deutschland ansässig ist (Art. 13 Abs. 5 Buchst. b) DBA-Frankreich). Für Arbeitnehmer, die ihre ständige Wohnstätte in den französischen Grenzdepartements haben, umfasst das Grenzgebiet einen Korridor von 30 km (Art. 13 Abs. 5 Buchst. c DBA-Frankreich).

     

    Damit fällt Dieter grundsätzlich unter die Grenzgängerregelung und Deutschland hat das alleinige Besteuerungsrecht. Dies gilt jedoch nur, wenn die Grenzgängereigenschaft nicht aufgrund von Nichtrückkehrtagen entfällt.

     

    Beachten Sie | Das Besteuerungsrecht am Arbeitslohn für die Dienstreisetage nach Polen steht mangels Arbeitsausübung in Frankreich auch ohne Grenzgängerregelung allein Deutschland zu (Art. 18 DBA-Frankreich). Im Verhältnis zu Polen, wo Dieter beschränkt steuerpflichtig ist, findet das Arbeitsortprinzip keine Anwendung, da die 183-Tage-Regel greift (Art. 15 Abs. 1 und 2 DBA-Polen).

    2. Begriff der Nichtrückkehrtage i. S. d. DBA-Frankreich

    Im Gegensatz zum DBA-Schweiz enthält das DBA-Frankreich selbst keine Regelung zum Begriff der Nichtrückkehrtage. Allerdings war im Verhältnis zu Frankreich in der Konsultationsvereinbarung vom 3.4.06 und ist nunmehr in der Konsultationsvereinbarungsverordnung vom 20.12.10 (i. F. KonsVerFRAV) bestimmt, dass die Grenzgängereigenschaft erhalten bleibt, wenn nicht mehr als 45 Nichtrückkehrtage im VZ vorliegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 KonsVerFRAV). Auch wenn dieser Schwellenwert nicht im Abkommenstext, sondern in der KonsVerFRAV verankert ist, akzeptiert der BFH mittlerweile diese Schwelle (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 15; BFH 25.11.02, I B 136/02, BStBl II 05, 375, II., 2., b]).

     

    Mangels einer Definition des Begriffs der Arbeitstage im DBA sind ersatzweise die Bestimmungen der KonsVerFRAV heranzuziehen. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 KonsVerFRAV gelten als Arbeitstage die vertraglich vereinbarten Arbeitstage sowie alle weiteren Tage, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet (zu Wochenenden und Feiertagen s. unter 3.3). Krankheitstage sind daher keine Arbeitstage und sind während einer Dienstreise ‒ wie nach dem DBA-Schweiz ‒ keine Nichtrückkehrtage (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 27, 30).

     

    PRAXISTIPP | Ist der Arbeitnehmer nicht während des gesamten Kalenderjahres im Grenzgebiet beschäftigt, ist die Schwelle der Nichtrückkehrtage auf 20 % der gesamten Arbeitstage im Rahmen des Arbeitsverhältnisses, höchstens jedoch auf 45 Tage, begrenzt (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 KonsVerFRAV).

     

    Anders als nach dem DBA-Schweiz ist im DBA-Frankreich ein Grenzgebiet definiert. Folglich kommt es für das Vorliegen von Nichtrückkehrtagen nicht nur auf die Rückkehr zur Wohnstätte an, sondern auch auf die Arbeitsausübung im Grenzgebiet. Nach § 7 Abs. 1 KonsVerFRAV ‒ vom BFH grundsätzlich bestätigt (vgl. BFH, 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390) ‒ liegt ein Nichtrückkehrtag vor, wenn der Arbeitnehmer

    • nicht zum Wohnsitz (gemeint ist die abkommensrechtliche Wohnstätte) zurückkehrt oder
    • ganztägig außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist.

     

    Dabei gilt bei einer fehlenden Rückkehr zur Wohnstätte auch für Zwecke des DBA-Frankreich: Das Ausbleiben der Rückkehr muss berufsbedingt erfolgen, auch wenn dies im DBA nicht ausdrücklich bestimmt ist. Eine Nichtrückkehr aus privaten Gründen führt daher zu keinem Nichtrückkehrtag (vgl. Wassermeyer/Schwenke in: Wassermeyer, DBA, Art. 15 OECD-MA, Rn. 170; BFH 10.12.01, I B 94/01, BFH/NV 02, 479).

     

    Außerdem ist das Vorliegen eines Nichtrückkehrtages stets ausgeschlossen, wenn die Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets erfolgt. Dabei ist es unerheblich, ob der Grenzgänger die Arbeit im Tätigkeitsstaat oder im Ansässigkeitsstaat ausübt. Demzufolge sind Tage der Arbeitsausübung an der Wohnstätte im Grenzgebiet des Ansässigkeitsstaats (z. B. Homeoffice-Tage) keine Nichtrückkehrtage (vgl. BFH 9.10.14, I R 34/13, BFH/NV 15, 167, Rn. 18; § 7 Abs. 2 KonsVerFRAV; zuletzt auch BMF 28.12.21, IV B 3 ‒ S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl 22 I, 92, 1.1.4.3.3.).

     

    Im Ergebnis bedeutet dies für die 35 Arbeitstage, die Dieter im Homeoffice arbeitet: Sie stellen keine Nichtrückkehrtage i. S. d. DBA-Frankreich dar (analog DBA-Schweiz). Bei den Dienstreisetagen ist im Folgenden zu unterscheiden, ob es sich um ein- oder mehrtägige Dienstreisen handelt.

    3. Behandlung von Dienstreisen als Nichtrückkehrtage

    3.1 Eintägige Dienstreisen

    Im Gegensatz zum DBA-Schweiz können eintägige Dienstreisen ein Nichtrückkehrtag i. S. d. DBA-Frankreich sein. Die Einordnung als Nichtrückkehrtag hängt davon ab, wo der Grenzgänger seine Arbeit ausübt.

     

    • Dienstreise innerhalb des Grenzgebiets: Arbeitet der Grenzgänger am Tag der Dienstreise innerhalb des Grenzgebiets, liegt kein Nichtrückkehrtag vor. In diesem Fall sind beide Voraussetzungen erfüllt: Sowohl die Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets als auch die Rückkehr zur Wohnstätte liegen vor.

     

    • Dienstreise außerhalb des Grenzgebiets: Dagegen liegt bei eintägigen Dienstreisen ein Nichtrückkehrtag vor, wenn der Grenzgänger seine Tätigkeit ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets ausübt. Dies stellt den Grundsatz dar, und zwar unabhängig davon, ob der Grenzgänger die Arbeit im gewöhnlicherweise aufgesuchten Tätigkeitsstaat, Ansässigkeitsstaat oder in Drittstaaten verrichtet (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 17 f.; s. auch BMF 3.4.06, IV B 6 ‒ S 1301 FRA ‒ 26/06, BStBl 06 I, 304, Rn. 8.3).

     

    • Aufgrund der vom BFH geforderten ausschließlichen Arbeitsausübung außerhalb des Grenzgebiets ergibt sich jedoch eine Ausnahme: Es liegt auch bei eintägigen Dienstreisen außerhalb des Grenzgebiets kein Nichtrückkehrtag vor, wenn der Arbeitnehmer vor Beginn oder im Anschluss an die Dienstreise (am selben Tag) auch innerhalb des Grenzgebiets seine Tätigkeit ausübt. Dabei ist der zeitliche (stundenmäßige) Umfang der Tätigkeit innerhalb des Grenzgebiets unerheblich. Bereits ein nur kurzzeitiges Tätigwerden innerhalb des Grenzgebiets schließt die Behandlung dieses Arbeitstages als Nichtrückkehrtag aus (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 19; s. auch BMF 3.4.06, IV B 6 ‒ S 1301 FRA ‒ 26/06, BStBl I 06, 304, Rn. 8.1 und 8.2; zuletzt auch BMF 28.12.21, IV B 3 ‒ S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl I 22, 92, 1.1.4.3.2.).

     

    Beachten Sie | Bloße Reisetätigkeiten innerhalb des Grenzgebiets ‒ also das Durchqueren des Grenzgebiets auf dem Weg zum Zielort ‒ stellen keine Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets dar. Solche Reisetätigkeiten sind der Arbeitsausübung außerhalb des Grenzgebiets zuzurechnen (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 19).

     

    Im Beispielfall bedeutet dies für die Dienstreisen innerhalb Deutschlands (20 Tage) und Frankreichs (15 Tage), dass keine Nichtrückkehrtage vorliegen, wenn die Dienstreisen zu Kunden innerhalb des Grenzgebiets erfolgen. Muss Dieter jedoch zu Kunden außerhalb des Grenzgebiets reisen und übt er seine Tätigkeit ausschließlich dort aus, liegt jeweils ein Nichtrückkehrtag vor. Jedoch ist die Ausnahme zu beachten:

     

    Es liegt kein Nichtrückkehrtag vor, wenn Dieter vor Antritt der Dienstreise noch am selben Tag zum Arbeitsort nach Frankreich fährt und dort z. B. Vorbereitungen für die anschließende Dienstreise trifft. Gleiches muss gelten, wenn er diese Arbeiten am selben Tag an seiner Wohnstätte ausführt. In beiden Fällen erfolgt die Tätigkeitsausübung nicht ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets und eine Rückkehr zur Wohnstätte ist gegeben. Etwas anderes gilt u. E. auch dann nicht, wenn die Tätigkeitsausübung im Anschluss an die Dienstreise innerhalb des Grenzgebiets erfolgt (z. B. Nachbereitung der Dienstreise), sofern dies am selben Tag geschieht. Die am selben Tag im Grenzgebiet ausgeübten Arbeiten müssen dabei nach Art und Umfang der originären Tätigkeit entsprechen. So können z. B. das Bearbeiten von E-Mails oder das Führen von geschäftlichen Telefonaten solche Tätigkeiten darstellen. Nicht zur Tätigkeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets gehören Arbeiten, die der Reisetätigkeit zuzurechnen sind (Heraussuchen der Route o. Ä.).

     

    MERKE | Eintägige Dienstreisen sind nur dann als Tage der Nichtrückkehr zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsausübung ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets erfolgt. Bereits geringfügige Tätigkeiten (nicht aber Reisetätigkeiten), die der Grenzgänger am Tag der Dienstreise innerhalb des Grenzgebiets ausübt, führen zur Ablehnung eines Nichtrückkehrtages.

     

    3.2 Mehrtägige Dienstreisen

    Auch bei mehrtägigen Dienstreisen kann für das Vorliegen von Nichtrückkehrtagen entscheidend sein, ob der Steuerpflichtige seine Arbeit innerhalb oder außerhalb des Grenzgebiets ausübt. Dabei ist zwischen den einzelnen Dienstreisetagen zu unterscheiden:

     

    • Tage zwischen Hin- und Rückreisetag: An den Dienstreisetagen zwischen dem Hin- und Rückreisetag fehlt es stets an der Rückkehr zur Wohnstätte. Diese Tage sind daher grundsätzlich als Nichtrückkehrtage zu behandeln, was unabhängig vom Ort der Dienstreise gilt (zu Wochenend- und Feiertagen s. nächster Abschnitt).

     

    Nach § 7 Abs. 5 KonsVerFRAV sind der Hin- und Rückreisetag stets als Nichtrückkehrtage zu berücksichtigen. Dieser pauschalen Auffassung folgt der BFH jedoch nicht (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390):

     

    • Hinreisetag: Der Hinreisetag ist grundsätzlich ein Nichtrückkehrtag. Dies gilt unabhängig davon, ob die Dienstreise innerhalb oder außerhalb des Grenzgebiets erfolgt, da es an der Rückkehr zur Wohnstätte fehlt. Jedoch greift auch hier die Ausnahme und es liegt kein Nichtrückkehrtag vor, wenn eine vorherige Pendelbewegung besteht, d. h. der Grenzgänger sich zur Arbeitsausübung in den Tätigkeitsstaat begibt und anschließend zur Wohnstätte zurückkehrt, von der er die Dienstreise antritt. An solchen Hinreisetagen liegt ‒ unabhängig vom Ziel der Dienstreise ‒ sowohl eine Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets (im Tätigkeitsstaat) als auch eine Rückkehr zur Wohnstätte vor (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 22; so nun auch BMF 28.12.21, IV B 3 - S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl I 22, 92, 1.1.4.3.4.).

     

    • Rückreisetag: Bei Rückreisetagen ist die Rückkehr zur Wohnstätte stets gegeben, sodass es für das Vorliegen eines Nichtrückkehrtages nur auf den Ort der Arbeitsausübung ankommt:

     

      • Bei Dienstreisen innerhalb des Grenzgebiets liegt aufgrund der dortigen Arbeitsausübung stets kein Nichtrückkehrtag vor.

     

      • Bei Rückreisetagen von außerhalb des Grenzgebiets ist eine Differenzierung erforderlich:

     

    • Grundsätzlich gilt: Der Rückreisetag von einer Dienstreise außerhalb des Grenzgebiets ist als Nichtrückkehrtag zu werten. Denn arbeitet der Grenzgänger am Rückreisetag ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets, mangelt es an der Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets. Daran fehlt es ebenso, wenn der Grenzgänger am Rückreisetag überhaupt nicht arbeitet und eine bloße Reisetätigkeit vorliegt (Ausnahme Wochenend- und Feiertage siehe sogleich). Denn wie bei eintägigen Dienstreisen außerhalb des Grenzgebiets stellt die bloße Reisetätigkeit keine Arbeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets dar (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 24).

     

    • Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Grenzgänger am Rückreisetag seine Tätigkeit noch innerhalb des Grenzgebiets ausübt, d. h. am selben Tag im Anschluss an die Rückkehr (s. ausführlich unter 3.1). Auch in diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Grenzgänger die Arbeit innerhalb des Grenzgebiets des Tätigkeitsstaats oder des Ansässigkeitsstaats ausübt. Denn eine Tätigkeitsausübung innerhalb des Grenzgebiets genügt, um einen Nichtrückkehrtag abzulehnen (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 24; so nun auch BMF 28.12.21, IV B 3 - S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl 22 I, 92, 1.1.4.3.4.).

     

    Die zehntägige Dienstreise nach Polen im Beispiel kann also grundsätzlich zu acht bis zehn Nichtrückkehrtagen führen. Zehn Nichtrückkehrtage können vorliegen, wenn Dieter an allen Dienstreisetagen nur in Polen arbeitet (ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets) oder an den Reisetagen überhaupt nicht arbeitet (bloße Reisetätigkeit). Acht Nichtrückkehrtage können bestehen, wenn Dieter am Hinreisetag vor der Abreise eine beruflich bedingte Pendelbewegung macht und am Rückreisetag nach der Rückkehr noch im Grenzgebiet arbeitet. In diesem Fall sind der Hin- und der Rückreisetag keine Nichtrückkehrtage. Neun Nichtrückkehrtage können vorliegen, wenn entweder nur der Hinreise- oder nur der Rückreisetag kein Nichtrückkehrtag ist.

     

    MERKE | Bei mehrtägigen Dienstreisen gelten grundsätzlich alle Tage vor dem Rückreisetag als Nichtrückkehrtag. Dabei ist es unerheblich, ob die Dienstreise innerhalb oder außerhalb des Grenzgebiets stattfindet. Ausnahmen bestehen für den Hinreisetag, wenn an diesem Tag eine beruflich bedingte Pendelbewegung vorliegt. Der Rückreisetag ist dann kein Nichtrückkehrtag, wenn der Grenzgänger noch am selben Tag innerhalb des Grenzgebiets seine Arbeit ausübt

     

    3.3 Behandlung von Wochenend- und Feiertagen

    Als Nichtrückkehrtage kommen nur Arbeitstage in Betracht. Nach der Definition in § 7 Abs. 3 S. 1 KonsVerFRAV gelten als Arbeitstage die vertraglich vereinbarten Arbeitstage sowie alle weiteren Tage, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet. Folglich sind Wochenendtage und gesetzliche Feiertage nur als Arbeitstage zu behandeln, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit an diesen Tagen tatsächlich verrichtet oder dies vereinbart ist (so auch BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 27).

     

    Beachten Sie | Dies ist ein gravierender Unterschied zum DBA-Schweiz a. F. Denn nach Auffassung des BFH ist ein Wochenend- oder Feiertag für Zwecke des DBA-Schweiz a. F. nur dann als Arbeitstag zu behandeln, wenn dies mit dem Arbeitgeber vereinbart ist und dafür ein zusätzliches Entgelt oder ein Freizeitausgleich gewährt wird. Es kommt nicht allein auf die tatsächliche Arbeitsausübung an. Jedoch gilt dies mit dem Änderungsprotokoll vom 23.8.23 zum DBA-Schweiz nicht mehr. Ab dem VZ 2025 genügt es bereits, wenn der Arbeitgeber entweder die Reisekosten übernimmt oder die Arbeitsausübung anordnet (vgl. Höppner/Poerschke, PIStB 224, 16).

     

    • Eintägige Dienstreisen: Eintägige Dienstreisen an Wochenend- und Feiertagen sind nicht anders zu behandeln als eintägige Dienstreisen an Werktagen. Da eine Rückkehr zur Wohnstätte gegeben ist, liegt ein Nichtrückkehrtag nur vor, wenn der Grenzgänger an einem Wochenend- oder Feiertag seine Tätigkeit tatsächlich und ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets ausübt.

     

    • Mehrtägige Dienstreisen: Komplexer verhält es sich bei mehrtägigen Dienstreisen. Hier gilt der Grundsatz: Bei einer mehrtägigen Dienstreise sind alle Wochenend- und Feiertage keine Arbeitstage und damit auch keine Nichtrückkehrtage. Dies gilt sowohl für die Tage zwischen Hin- und Rückreisetag als auch für die Hin- und Rückreisetage selbst, wenn an diesen Tagen nur die An- bzw. Abreise erfolgt (bloße Reisetätigkeit). Denn die bloße Reisetätigkeit stellt keine Arbeitsausübung dar (vgl. BFH 11.11.09, I R 84/08, BStBl II 10, 390, Rn. 28; so auch BMF 28.12.21, IV B 3 - S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl 22 I, 92, 1.1.4.3.5.). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Dienstreise innerhalb oder außerhalb des Grenzgebiets erfolgt.

     

    • Eine Ausnahme gilt, wenn der Grenzgänger seine Tätigkeit an einem Wochenend- oder Feiertag tatsächlich ausübt oder sich dazu vertraglich verpflichtet hat. In diesen Fällen liegt ein Arbeitstag vor, sodass auch ein Nichtrückkehrtag bestehen kann. Ob ein Nichtrückkehrtag vorliegt, richtet sich dann nach den oben dargestellten Konstellationen bei mehrtägigen Dienstreisen (s. auch BMF 3.4.2006, IV B 6 - S 1301 FRA ‒ 26/06, BStBl 06 I, 304, Rn. 8.7 und auch BMF 28.12.21, IV B 3 - S 1301-FRA/19/10018 :001, BStBl 22 I, 92, 1.1.4.3.5.).

     

    • Für Dieter sind die Wochenendtage während der Dienstreise in Polen ‒ anders als nach dem DBA-Schweiz ‒ Nichtrückkehrtage, da er seine Tätigkeit an diesen Tagen tatsächlich und ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets ausübt. Ebenso können die eintägigen Dienstreisen in Deutschland und Frankreich Nichtrückkehrtage darstellen, wenn diese an Wochenend- oder Feiertagen ausschließlich außerhalb des Grenzgebiets erfolgen.

     

    • MERKE | Für das DBA-Frankreich gelten Wochenend- und Feiertage bereits dann als Arbeitstage, wenn an diesen Tagen die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird oder dies vereinbart ist. Dementsprechend können Wochenenden und Feiertage bei Dienstreisen auch Nichtrückkehrtage sein.

       

    4. Vereinfachtes Schaubild zu den Nichtrückkehrtagen bei Dienstreisen

    Die Ausführungen zur Behandlung von Dienstreisen als Nichtrückkehrtage lassen sich in einem Schaubild zusammenfassen. Besonderheiten in Einzelfällen sind jedoch nicht berücksichtigt.

     

    5. Fazit

    Im Vergleich zur Grenzgängerregelung im DBA-Schweiz a. F. ist die Beurteilung, ob eine Dienstreise zu Nichtrückkehrtagen führt, aufgrund des festgelegten Grenzgebiets im DBA-Frankreich komplexer. Im Wesentlichen sind zwei Unterscheidungen zu treffen. Zum einen kommt es darauf an, ob es sich um eine ein- oder mehrtägige Dienstreise handelt. Zum anderen ist entscheidend, ob die Dienstreise außerhalb oder innerhalb des Grenzgebietes stattfindet. Während eintägige Dienstreisen innerhalb des Grenzgebiets stets keine Nichtrückkehrtage darstellen, sind solche Dienstreisen außerhalb des Grenzgebiets bis auf wenige Ausnahmen regelmäßig Nichtrückkehrtage. Bei mehrtägigen Dienstreisen ist eine einzelne Betrachtung der Tage erforderlich.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2024 | Seite 39 | ID 49745608