· Fachbeitrag · Arbeitnehmerfreizügigkeit
Keine Gleichbehandlung mit Gebietsansässigen nach Wegzug im laufenden Jahr
von VRiFG a.D. Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
Der moderne Arbeitsmarkt verlangt vom Arbeitnehmer Flexibilität hinsichtlich des Arbeitsortes. Das kann aber auch steuerliche Nachteile nach sich ziehen, wie einem aktuellen Urteil des EuGH zu entnehmen ist. Hier ging es vorrangig um die Auslegung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 Abs. 2 AEUV (Art. 39 EGV). Nach Auffassung des EuGH stellt es keinen Verstoß gegen diese dar, wenn einem in den Niederlanden für drei Monate Beschäftigten, aber in Deutschland wohnhaften Steuerpflichtigen von der niederländischen Steuerverwaltung der Abzug der für seine deutsche Wohnung entrichteten Hypothekenzinsen nicht gewährt wird (EuGH 18.6.15, C-9/14, Kieback). |
Sachverhalt
Herr Kieback ist deutscher Staatsangehöriger, der in der Zeit vom 1.1. bis 31.3.05 in Deutschland in einer eigenen Wohnung lebte und in den Niederlanden seiner nichtselbstständigen Arbeit nachging. Im April 05 zog Herr Kieback mit der Familie in die USA, wo er dann einen Wohnsitz nahm, seiner nichtselbstständigen Tätigkeit nachging und den wesentlichen Teil seiner Einkünfte erzielte. Die niederländische Finanzverwaltung versteuerte die in 2005 in den Niederlanden erzielten Einkünfte ohne allerdings - was von Herrn Kieback beantragt worden war - Zinsen und Tilgung für ein Darlehen zu berücksichtigen, welches für den Erwerb der in Deutschland belegenen Eigentumswohnung aufgenommen war. Herr Kieback erhob Einspruch und sodann Klage beim Gericht von Breda, welches seiner Klage stattgab; das Berufungsverfahren beim Gerichtshof von Den Bosch bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
Hiergegen legte die niederländische Finanzverwaltung eine Kassationsbeschwerde ein und trug vor, dass nach der Rechtsprechung des EuGH Steuervorteile nur dann Gebietsfremden zu gewähren seien, wenn sie mindestens 90 % des Welteinkommmens im Beschäftigungsstaat erzielen würden (vgl. auch § 1 Abs. 3 S. 1 u. 2 EStG). Da dem Gerichtshof Zweifel an seiner Entscheidung kamen, legt er dem EuGH die Frage vor, ob Art. 39 EGV (Art. 45 AEUV) einen Mitgliedstaat hindere, einen Steuervorteil einem gebietsfremden Arbeitnehmer zu verweigern, der lediglich einen Teil des Jahres in dem Beschäftigungsstaat verbracht und lediglich einen Teil seiner gesamten Einkünfte erzielt habe, im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer, der seine gesamten Einkünfte während eines vollständigen Kalenderjahrs erzielt habe.
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