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  • · Fachbeitrag · Beschränkte Steuerpflicht

    Entwurf des JStG 2018: Praxiseffekte für ausländische Real-Estate-Investoren

    von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG auf Entsendung in New York

    | Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Finanzen für ein Jahressteuergesetz 2018 sieht zahlreiche gesetzliche Neuregelungen vor, u. a. auch im Bereich der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte in § 49 EStG . Nachfolgend werden ausschließlich diese, in erster Linie ausländische Immobilieninvestoren betreffende, Aspekte des JStG 2018 erläutert und deren Praxiseffekte anhand von ausgewählten Beispielsfällen kritisch analysiert. |

    1. Wichtige Änderungen für ausländische Investoren

    Wie nahezu jedes Jahr sollen mittels eines Jahressteuergesetzes in verschiedenen Steuerbereichen zahlreiche Einzelaspekte gesetzlich neu geregelt bzw. geändert werden. Aufgrund der vergleichsweise lang andauernden Phase der Regierungsbildung liegt der Entwurf des BMF für ein JStG 2018 erst seit Kurzem vor. Gemäß der auf den 21.6.18 datierenden Entwurfsfassung ergeben sich für ausländische Investoren Änderungen insbesondere im Bereich der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte. Der Fokus ist hierbei auf Immobilieninvestitionen gerichtet.

     

    Die zentralen Aspekte des JStG 2018 sind insoweit zum einen die ‒ zwecks umfassender Ausübung abkommensrechtlich eröffneter Besteuerungsrechte ‒ vollumfängliche Neuregelung der beschränkten Steuerpflicht bei Gewinnen aus der Veräußerung von Immobilienkapitalgesellschaften (vgl. 2.). Zum anderen soll mittels rechtsprechungsbrechender Gesetzgebung die Wirkung eines BFH-Urteils hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus dem Wegfall eines Immobiliendarlehens (vgl. 3.) für die Zukunft aufgehoben werden. Im Folgenden werden diese Änderungen anhand konkreter Beispielsfälle näher analysiert sowie einer kritischen Würdigung unterzogen.

    2. Veräußerung von Immobilienkapitalgesellschaften

    2.1 Abkommensrechtliche Grundsätze

    Gemäß Art. 13 Abs. 4 OECD-MA können Gewinne einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, deren Wert zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar auf unbeweglichem Vermögen beruht, das im anderen Vertragsstaat belegen ist, (auch) im anderen Vertragsstaat besteuert werden. Dies dient der Verwirklichung des Belegenheitsprinzips und entspricht der herrschenden deutschen Abkommenspraxis.

     

    • Beispiel 1

    Die im Staat A ansässige A-Corp. ist 100%iger Gesellschafter der im Staat B ansässigen B-Corp. Aus deutscher Sicht werden beide Gesellschaften nach dem 2-stufigen Rechtstypenvergleich einheitlich als Kapitalgesellschaft eingestuft. Die B-Corp. wiederum besitzt sämtliche Anteile an der in Deutschland ansässigen GmbH. Während die B-Corp. eine Holdinggesellschaft darstellt, deren Wert nahezu vollständig aus der Beteiligung an der GmbH besteht, besitzt die GmbH in Deutschland belegenen Grundbesitz als einzige Assets.

     

     

     

    Aus rein abkommensrechtlicher Perspektive steht Deutschland sowohl im Falle der Veräußerung der Anteile an der GmbH als auch bei der Veräußerung der Anteile an der B-Corp. ein Besteuerungsrecht zu, vorausgesetzt zwischen Staat B und Deutschland bzw. zwischen Staat A und Deutschland ist ein dem OECD-MA entsprechendes DBA abgeschlossen. Ursächlich hierfür ist in erster Linie, dass Art. 13 Abs. 4 OECD-MA tatbestandsseitig nicht erfordert, dass die Kapitalgesellschaft, deren Anteile unmittelbar veräußert werden, im anderen Vertragsstaat, mithin in Deutschland, ansässig ist; die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach dem Belegenheitsprinzip erfolgt vielmehr unabhängig von dem Ansässigkeitsstaat der veräußerten Kapitalgesellschaft. Unstrittig qualifiziert sich die GmbH darüber hinaus als Immobilienkapitalgesellschaft, da ihr Vermögen (unmittelbar) ganz überwiegend aus in Deutschland belegenem Grundbesitz besteht. Und auch im Falle der Veräußerung der Anteile an der B-Corp. ist diese als „real estate rich entity“ einzustufen, da sich ihr Vermögen (mittelbar) mehrheitlich aus inländischem Grundbesitz zusammensetzt.

     

    MERKE | Für die weit überwiegende Mehrheit der aktuell bestehenden deutschen DBA dient die 2014er Fassung des OECD-MA als Muster. Während dort für die Prüfung des Überschreitens der 50 %-Grenze noch auf den Veräußerungszeitpunkt abgestellt wurde, wird Art. 13 Abs. 4 im OECD-MA 2017 nunmehr um einen 365-Tage-Prüfzeitraum erweitert. Entsprechend soll auch nach Art. 9 des Multilateralen Instruments ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht bereits dann bestehen, wenn die 50 %-Grenze zu irgendeinem Zeitpunkt des 365-Tage-Zeitraums vor der Veräußerung überschritten wird.

     

    Beachten Sie | Das jeweils anwendbare DBA sollte stets einer genauen Einzelfallprüfung unterzogen werden. So können verschiedene Besonderheiten einschlägig sein, etwa in Form einer 75 %- statt einer 50 %-Grenze (z. B. im DBA-Niederlande) oder einer ausnahmsweise doch bestehenden Relevanz des Ansässigkeitsstaats der unmittelbar veräußerten Kapitalgesellschaft (z. B. im DBA-USA).

     

    Im obigen Beispiel würde im Falle einer Ansässigkeit der A-Corp. als auch der B-Corp. in den USA die Veräußerung der Anteile an der B-Corp. nicht in einem deutschen Besteuerungsrecht aus Abkommenssicht münden. Ursächlich hierfür ist, dass die Anwendbarkeit des Art. 13 Abs. 2 Buchst. b) DBA-USA eine Ansässigkeit der unmittelbar veräußerten Kapitalgesellschaft (hier: B-Corp.) im anderen Vertragsstaat (hier: Deutschland) erfordern würde. Vielmehr stünde gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-USA ausschließlich den USA ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht zu.

     

    2.2 Wesentliche Beteiligungen

    Die effektive Wahrnehmung eines abstrakt bestehenden abkommensrechtlichen Besteuerungsrechts erfordert jedoch in einem ersten Schritt, dass nach nationalem Steuerrecht überhaupt ein deutsches Besteuerungsrecht gegeben ist. Denn DBA können nur nach nationalem Steuerrecht bestehende Besteuerungsansprüche einschränken, nicht jedoch solche begründen. Mit anderen Worten ist ein abkommensrechtliches (deutsches) Besteuerungsrecht irrelevant, sofern kein nationales (deutsches) Besteuerungsrecht vorliegt. Ein Gewinn aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen muss daher der beschränkten Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerpflicht unterliegen (§ 1 Abs. 4 EStG i. V. m. § 49 EStG bzw. § 2 Nr. 1 KStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG und § 49 EStG).

     

    Gemäß der derzeitigen Rechtslage kann ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht daher nur geltend gemacht werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. aa) EStG erfüllt sind. Hiernach müssen

    • zum einen die Voraussetzungen des § 17 EStG vorliegen, mithin muss eine wesentliche Beteiligung i. S. d. § 17 EStG i. H. v. zumindest 1 % innerhalb der letzten 5 Jahre gegeben sein, und
    • zum anderen müssen der Sitz und/oder der Ort der Geschäftsleitung der veräußerten Kapitalgesellschaft in Deutschland belegen sein.

     

    • Beispiel 2

    Die in Großbritannien ansässige natürliche Person A besitzt 100 % der Anteile an einer in Luxemburg ansässigen SARL, die aus deutscher Sicht nach dem zweistufigen Rechtstypenvergleich als Kapitalgesellschaft einzustufen ist. Die SARL wiederum ist alleiniger Gesellschafter einer inländischen GmbH, deren Vermögen ganz überwiegend aus in Deutschland belegenem Grundbesitz besteht.

     

     

     

    Eine Veräußerung der Anteile an der GmbH durch die SARL unterliegt somit der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht: Es liegt eine wesentliche Beteiligung an der GmbH vor (100 %-Anteilsbesitz) und die veräußerte Kapitalgesellschaft hat ihren Sitz bzw. Ort der Geschäftsleitung in Deutschland (zu einer vollständigen Steuerfreistellung unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 2 S. 1 KStG s. das nachfolgende Beispiel 3). Abkommensrechtlich weist Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg/Deutschland (auch) Deutschland ein Besteuerungsrecht zu, da die GmbH als Immobilienkapitalgesellschaft qualifiziert.

     

    Für einen Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der SARL durch A besteht nach gegenwärtigem nationalem Steuerrecht hingegen kein deutsches Besteuerungsrecht. Denn weder der Sitz noch der Ort der Geschäftsleitung der SARL liegen in Deutschland, infolgedessen sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. aa) EStG, ungeachtet des Vorliegens einer wesentlichen Beteiligung, nicht erfüllt. Dass Art. 13 Abs. 2 DBA Großbritannien/Deutschland (auch) Deutschland ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht zuweist, ist folglich unerheblich.

     

    Im Rahmen des JStG 2018 ist jedoch eine Erweiterung des Katalogs der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte geplant. So soll unter anderem § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG um einen Doppelbuchstaben cc) ergänzt werden. Danach wird die Veräußerung sowohl in- als auch ausländischer Kapitalgesellschaftsanteile in die beschränkte Steuerpflicht einbezogen, sofern

    • 1. eine wesentliche Beteiligung vorliegt,
    • 2. der jeweilige Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und
    • 3. die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren.

     

    Im obigen Beispiel 2 würde bei Inkrafttreten der geplanten Gesetzesänderung demzufolge der Veräußerungsgewinn des Investors A aus den Anteilen an der SARL fortan der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen. Wie oben erläutert besteht auch ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht, sodass es zu einer effektiven Besteuerung in Deutschland käme.

     

    Beachten Sie | Durch das Abstellen auf einen 365-Tage-Zeitraum soll verhindert werden, dass die Vermögensstruktur unmittelbar vor einem geplanten Anteilsverkauf unter die 50 %-Grenze gesenkt wird.

     

    Das Zurechnungserfordernis zielt begrüßenswerterweise darauf ab, nur diejenigen Fälle zu erfassen, in denen der Veräußerer an der Kapitalgesellschaft auch beteiligt war und somit die Vermögensstruktur beeinflussen konnte.

     

    • Beispiel 3

    Sachverhalt wie oben in Beispiel 2. Nunmehr ist alleiniger Gesellschafter der SARL jedoch eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft (Ltd.).

     

     

     

    Im Grundsatz würde nach der geplanten Gesetzesänderung der Verkauf der Anteile an der SARL durch die Ltd. eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Ltd. in Deutschland bewirken und abkommensrechtlich käme es zu keiner Einschränkung dieses Besteuerungsrechts (vgl. Art. 13 Abs. 2 DBA-Großbritannien).

     

    Der BFH hat allerdings mit Urteil vom 31.5.17 (I R 37/15) entschieden, dass der von einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft erzielte Gewinn aus der Veräußerung von inländischen Kapitalgesellschaftsanteilen gemäß § 8b Abs. 2 S. 1 KStG in voller Höhe steuerfrei ist (vgl. Scheuch, PIStB 18, 8; Loose, IWB 17, 912 ff.). Es sind keine Gründe ersichtlich, warum das Judikat nicht auf die geplante Gesetzesänderung anzuwenden sein sollte. Insbesondere unerheblich wäre somit, ob in- oder ausländische Kapitalgesellschaftsanteile veräußert werden ‒ letztendlich würde somit weder die Veräußerung der Anteile an der SARL noch jene an der GmbH eine effektive Besteuerung auslösen, da beide Rechtsformen und auch der jeweilige Veräußerer einheitlich als durch § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Kapitalgesellschaften einzustufen sind. In der Unternehmenspraxis wird die gesetzliche Neuregelung somit allenfalls im Falle der Veräußerung von Immobilienkapitalgesellschaften durch natürliche Personen Wirkung entfalten.

     

    PRAXISTIPP | Bereits im Jahre 2016 wurde eine Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht auf Veräußerungen auch bestimmter ausländischer Immobilienkapitalgesellschaften diskutiert. Die in der Entwurfsfassung des Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetzes enthaltene Gesetzesformulierung wurde jedoch nicht in die finale Gesetzesfassung (BGBl I 16, 3000) übernommen. Auch im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses des JStG 2018 können sich noch Änderungen oder sogar eine Streichung der geplanten Neuregelung ergeben. Die weiteren Entwicklungen sind daher sorgfältig zu beobachten.

     

    2.3 Mini-Beteiligungen

    Ferner soll durch das JStG 2018 in § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG ein neuer Buchstabe e) angefügt werden. Hierdurch sollen auch Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG in den Katalog der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aufgenommen werden. Die 1 %-Grenze des § 17 EStG wäre folglich insoweit irrelevant. Auch die Veräußerungen von Kapitalgesellschaften, an denen lediglich Mini-Beteiligungen bestehen, könnten somit eine inländische Besteuerung nach sich ziehen. Der Ansässigkeitsstaat der veräußerten Kapitalgesellschaft unterliegt dabei keiner tatbestandlichen Einschränkung, sodass auch die Veräußerung ausländischer Kapitalgesellschaftsanteile eine deutsche Besteuerung auslösen könnte.

     

    • Beispiel 4

    Sachverhalt grundsätzlich wie oben in Beispiel 2. Investor A ist an der SARL nunmehr jedoch lediglich mit 0,1 % beteiligt und auch in den vergangenen 5 Jahren lag keine höhere Beteiligung vor.

     

     

     

    Die Veräußerung der Anteile an der SARL durch A würde bei Umsetzung der durch das JStG 2018 geplanten Gesetzesänderung für Mini-Beteiligungen eine Besteuerung auslösen. Denn die beschränkte Einkommensteuerpflicht wäre nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. e) EStG eröffnet, eine Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG jedoch mangels Kapitalgesellschaftsstatus des A nicht anwendbar. Abkommensrechtlich erfolgt keine Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechts, da Art. 13 Abs. 2 DBA-Großbritannien/Deutschland ein Besteuerungsrecht auch an Deutschland zuweist.

     

    In Bezug auf die Anwendungsregel ergibt sich nach dem Entwurf des JStG 2018 für wesentliche Beteiligungen und Mini-Beteiligungen ein Gleichlauf. Nach § 52 Abs. 45a S. 1 EStG-E sollen beide gesetzlichen Neuregelungen erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden sein, „bei denen die Veräußerung nach dem 31.12.18 erfolgt ist, und nur soweit den Gewinnen nach dem 31.12.18 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen“.

     

    PRAXISTIPP | Es werden folglich nur solche Veräußerungsgewinne von den gesetzlichen Neuregelungen erfasst, die durch Veräußerungen ab dem 1.1.19 realisiert werden. Darüber hinaus wird nur auf Wertveränderungen ab dem 1.1.19 abgestellt. Dies resultiert für am 1.1.19 im Besitz befindliche Anteile in einer faktischen Verstrickung mit dem an diesem Zeitpunkt maßgeblichen Wert. Für zu einem späteren Zeitpunkt erworbene Anteile sind die jeweiligen Anschaffungskosten maßgeblich. Einzelfallspezifisch sollten Steuerpflichtige prüfen, ob steuerplanerische Maßnahmen vor Inkrafttreten der geplanten Gesetzesänderung vorteilhaft sein können.

     

    2.4 Kritische Würdigung

    Die in der Entwurfsfassung des JStG 2018 vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte sollten m. E. ersatzlos gestrichen werden. Ursächlich hierfür ist zuvörderst, dass ein verfassungswidriges strukturelles Erhebungsdefizit droht. Denn insbesondere bei der Veräußerung von (ausländischen) Mini-Beteiligungen durch im Ausland ansässige Personen mit nur mittelbarem inländischen Grundbesitz ist mehr als fraglich, wie der verfassungsrechtlich zwingend erforderliche umfassende Gesetzesvollzug (Stichwort „Dummensteuer“, vgl. BVerfG 9.3.04, 2 BvL 17/02) sichergestellt werden soll. Dem Vernehmen nach wird im BMF zumindest über eine Streichung der Neuregelung für Mini-Beteiligungen bereits intensiv nachgedacht.

     

    Darüber hinaus würden sich zahlreiche, mitunter hoch problematische Auslegungsfragen stellen. Zu nennen sind hier z. B. die unklare Ermittlungstechnik für nur mittelbar gehaltenen Grundbesitz in tief gestaffelten Konzernstrukturen. Ist z. B. die relevante Bezugsgröße der Wert des Saldos aus aktiven und passiven Wirtschaftsgütern oder vielmehr ‒ was die Gesetzesbegründung nahelegt ‒ der Wert nur der aktiven Wirtschaftsgüter? Sind Joint-Venture-Gesellschaften einzubeziehen? Welche genauen Konsolidierungstechniken sollen zur Anwendung kommen? Kommt es zu Entstrickungsbesteuerungen infolge geänderter Vermögenszusammensetzungen, ohne dass spiegelbildliche Verstrickungen greifen? Schließlich drohen Doppel- und sogar Mehrfachbesteuerung, insbesondere sofern auch andere Staaten entsprechende Vorschriften zur Erfassung auch nur mittelbarer Veräußerungen von Immobilienkapitalgesellschaften einführen (vgl. hierzu ausführlich Kempf/Loose/Oskamp, IStR 18, 533 ff.). Sofern an den Neuregelungen festgehalten wird, sollten die Zweifelsfragen eine gesetzgeberischen Klärung zugeführt werden.

    3. Gewinn aus Wegfall eines Immobiliendarlehens

    Mit Urteil vom 7.12.16 hat der BFH (I R 76/14, BStBl II 17, 704) zur Steuerverstrickung von Darlehensverbindlichkeiten bei beschränkt steuerpflichtigen Immobiliengesellschaften entschieden. Das von einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aufgenommene Finanzierungsdarlehen stellt bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. Veräußerung inländischen Grundbesitzes kein (fiktives) Betriebsvermögen dar. Der Verzicht auf die Darlehensforderung seitens des Gläubigers führt insoweit nicht zu den ‒ bei ausländischen Kapitalgesellschaften nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) S. 3 EStG als gewerblich fingierten ‒ Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung inländischen Grundbesitzes (zur grafischen Veranschaulichung der zentralen Aspekte des Urteilssachverhalts s. nachfolgendes Beispiel 5). Das Urteil wurde im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BStBl II 17, 704) und ist daher von der Finanzverwaltung allgemein anzuwenden.

     

    • Beispiel 5

    Die in Großbritannien ansässige LP hat ihrer (mittelbar) 100%igen Tochterkapitalgesellschaft, der in Luxemburg ansässigen SARL 2, ein fremdvergleichsübliches Darlehen zwecks Erwerbs einer in Deutschland belegenen Immobilie gewährt; weiterer inländischer Grundbesitz liegt nicht vor, ebenso wird keine Betriebsstätte in Deutschland unterhalten. Zunächst vermietet die SARL 2 das Grundstück, anschließend veräußert sie es. Der erzielte Veräußerungserlös reicht jedoch nicht dazu aus, um das gesamte Darlehen zu tilgen. Im Anschluss verzichtet die LP infolgedessen gegenüber der SARL 2 auf den verbleibenden Teilbetrag ihrer Darlehensforderung.

     

     

     

    Mit dem JStG 2018 soll § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG um die Sätze 4 bis 6 erweitert werden. Primäres Ziel ist es, die Wirkkraft des BFH-Urteils für die Zukunft zu überschreiben und somit den Ertrag aus dem Wegfall des Darlehens der beschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen. Eine separate Anwendungsregel ist für die Neuerungen nicht vorgesehen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie entsprechend der allgemeinen Anwendungsregel ab dem Veranlagungszeitraum 2019 greifen sollen.

     

    Konkret werden in dem neuen Satz 4 die Einkünfte aus der Veräußerung (klarstellend) definiert als Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie den noch nicht berücksichtigten Betriebsausgaben, die nicht mit anderen Einkünften in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die hierdurch vorgesehene Kürzung des Veräußerungsgewinns dient laut der Gesetzesbegründung dazu, dass z. B. für ein ausschließlich zur Weiterveräußerung bestimmtes Grundstück während der Besitzzeit anfallende laufende Kosten (etwa für die Energieversorgung, Finanzierungskosten oder die Grundsteuer) steuermindernd berücksichtigt werden können anstatt wie bisher ‒ mangels Vorliegens beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte ‒ ins Leere zu laufen. Gemäß S. 5 mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dabei um (Sonder-)AfA, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 oder 6 EStG abziehbar sind. Die Kürzung um die AfA, die bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wird, stellt nach der Gesetzesbegründung sicher, dass die stillen Reserven in zutreffender Höhe ermittelt werden.

     

    Schließlich wird in S. 6 festgelegt ‒ und dies ist die zentrale Neuerung ‒, dass zu den Einkünften aus der Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens auch „Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen“ gehören. Im Beispiel 5 könnte der Ertrag aus dem Verzicht auf das verbleibende Immobiliendarlehen demnach künftig von der beschränkten Steuerpflicht umfasst werden.

     

    Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass es tatsächlich zu einer Besteuerung in Deutschland kommt. Denn abkommensrechtlich sollte m. E. ein derartiger Ertrag nicht in Deutschland besteuert werden können: Nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 1. HS OECD-MA, Art. 13 Abs. 5 OECD-MA bzw. Art. 21 Abs. 1 OECD-MA sollte vielmehr ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht zugewiesen und entsprechend in Deutschland eine abkommensrechtliche Freistellung bewirkt werden (vgl. Buchholz/Gebhardt, IStR 17, 413 ff., inklusive einer ausführlichen Analyse des der Gesetzesänderung zugrunde liegenden o. g. BFH-Urteils). In Nicht-DBA-Fällen droht jedoch eine Doppelbesteuerung, da der Ansässigkeitsstaat im Regelfall keine Freistellung gewähren wird.

     

    Beachten Sie | Durch das Abstellen auf den Begriff „Wertveränderungen“ werden generell nicht nur Erträge, sondern auch Aufwendungen erfasst. Es verbleiben allerdings verschiedene Zweifelsfragen, z. B. ob (auch) aus dem Ansatzvorbehalt des § 5 Abs. 2a EStG etwaig resultierende Erträge bzw. Aufwendungen tatbestandlich von der gesetzlichen Neuregelung erfasst werden.

     

    FAZIT | Die durch das JStG 2018 angedachten gesetzlichen Neuregelungen im Bereich der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte betreffen in erster Linie ausländische Immobilieninvestoren. Im Ergebnis sollten die gesetzlichen Neuregelungen ersatzlos gestrichen werden. Andernfalls drohen insbesondere bei der Veräußerung von Immobilienkapitalgesellschaften verfassungsrechtliche Bedenken, Doppelbesteuerungen und signifikante Tax-Compliance-Kosten. Der weitere Gesetzgebungsverlauf ist daher aufmerksam zu beobachten.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 258 | ID 45422894