· Fachbeitrag · Betriebsstättenbegriff
Tochtergesellschaft als feste Niederlassung? Unterschiede im Umsatz- und Ertragsteuerrecht
von VRiFG a. D. Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
| Der EuGH sollte entscheiden, ob die polnische Tochtergesellschaft einer koreanischen Muttergesellschaft eine „feste Niederlassung“ i. S. d. Umsatzsteuerrechts darstellt. Die Antwort auf diese Frage war für die Beurteilung des Orts der Dienstleistungserbringung maßgebend. In der gesamten Entscheidung verlor der EuGH aber kein Wort darüber, ob die koreanische Gesellschaft in Polen eine Betriebsstätte ‒ nach nationalem Recht oder DBA ‒ besitzt. Damit stellt sich die Frage, ob die Existenz einer Betriebsstätte unterschiedlich beantwortet werden muss, je nachdem, ob es sich um Ertragsteuer- oder Umsatzsteuerrecht handelt (EuGH 7.5.20, C-547/18). |
1. Sachverhalt
Der EuGH entschied über zwei polnische Vorlagefragen des polnischen Gerichts. Streitig war, wo die Dienstleistung eines polnischen Lohnveredelers an ein koreanisches Unternehmen (K-Ltd.) steuerbar ist. Grundsätzlich liegt der Ort der Leistung in Korea, am Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Leistungsempfängers. Die Leistung wäre allerdings in Polen steuerbar und steuerpflichtig, wenn die K-Ltd. eine feste Niederlassung in Polen hat, an welche die Dienstleistung erbracht wurde. Als eine solche feste Niederlassung sah die polnische Finanzverwaltung die polnische Tochtergesellschaft der K-Ltd. an. Strittig war, ob dies korrekt ist.
2. Anmerkungen
Der EuGH stellte fest, dass eine Tochtergesellschaft die feste Niederlassung ihrer Muttergesellschaft sein kann. Allerdings reiche allein die Tatsache, dass eine Drittstaaten-Gesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat eine Tochtergesellschaft besitzt, nicht aus, dass die Muttergesellschaft eine feste Niederlassung in der EU besitzt. Es müssen vielmehr ergänzende Umstände hinzutreten, die die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 MwSt-DVO erfüllen. Diese sind unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität zu prüfen.
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