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Steuerpflicht bei Doppelansässigkeit: Auswirkungen der abkommensrechtlichen Tie-Breaker-Regel
| Ein inländischer Wohnsitz führt zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Dies gilt dann nicht, wenn sich eine weitere Wohnung nebst Lebensmittelpunkt im Ausland befindet und der Steuerpflichtige nach einem DBA dort als ansässig gilt (FG Baden-Württemberg, 7.10.15, 1 K 2833/12); die Nichtzulassungsbeschwerde unter I R 74/16 anhängig). |
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen Architekten, der sowohl im Inland als auch in Rumänien einen Wohnsitz hatte, sein Lebensmittelpunkt befand sich in Rumänien. In Deutschland erklärte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Tonstudio), aus selbständiger Arbeit sowie aus VuV diverser Objekte. Für einzelne Vermietungsobjekte erklärte er langfristige Verluste im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige. Eine beschränkte Steuerpflicht sieht auch das FG als gegeben. Dies hat zur Folge, dass seine in Rumänien erzielten Einkünfte nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Anmerkungen
Das FG ging von einer beschränkten Steuerpflicht des Architekten gemäß § 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG aus. Der Architekt habe zwar eine Wohnung im Inland, aber auch einen Wohnsitz in Rumänien und dort seinen Lebensmittelpunkt, sodass er als in Rumänien ansässig gilt (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a) DBA Rumänien).
Hintergrund: Ist eine Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, wird die sogenannte Tie¬-Breaker-Regel gemäß Art. 4 Abs. 2 des OECD-MA angewendet, damit nur einer der beiden Staaten als Ansässigkeitsstaat nach dem Doppelbesteuerungsabkommen gilt. Der andere Staat muss dann zurücktreten und gilt als Quellenstaat.
Im Kern ging es in dem Urteil jedoch um eine andere Frage, nämlich ob der Architekt für seine diversen Immobilien eine Einkünfteerzielungsabsicht hatte, sodass er den Werbungskostenabzug in Anspruch nehmen kann. Insofern waren die Finanzrichter zur tatsächlichen Beweisaufnahme aufgerufen, die entscheidungserheblichen Fragen lagen mithin auf tatsächlichem Gebiet. Deswegen wurde die Revision zum BFH nicht zugelassen, wohingegen jedoch Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wurde.
PRAXISHINWEIS | Sollte der Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben werden und es zu einer Entscheidung des BFH kommen, wird sich dieser folglich mit der Frage befassen, ob ein inländischer Wohnsitz auch dann zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht führt, wenn auch im Ausland ein Wohnsitz unterhalten wird und sich dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet. Der BFH hatte zuletzt in einem Beschluss vom 25.5.16 (I B 139/11) - zwar in anderer Sache (nämlich zur Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 S. 1 EStG) - entschieden, dass ein inländischer Wohnsitz auch dann zur unbeschränkten Steuerpflicht führt, wenn der Mittelpunkt der Lebensinteressen sich im Ausland befindet. |