Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · EuGH

    Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist nicht abhängig von der vorherigen Zahlung

    | Europarecht überholt wieder einmal nationales Steuerrecht. Bisher galt nach dem UStG und seinem Anwendungserlass, dass nur nachweislich entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden kann. EuGH kippte nun die nationale Steuergesetzgebung, die den Vorsteuerabzug von der vorherigen Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer abhängig macht ( EuGH 29.3.12, C-414/10, DStR 12, 697). |

     

    Ein französisches Unternehmen hatte Fahrräder aus einem Drittland nach Frankreich importiert. Der französische Zoll erhob später Einfuhrabgaben - darunter auch Einfuhrumsatzsteuer - auf diese Gegenstände nach. Das Unternehmen zahlte die Steuer nicht und die Finanzverwaltung versäumte es, die betreffende Forderung im Konkursverfahren geltend zu machen, sodass die fällige Einfuhrumsatzsteuer endgültig nicht mehr durchgesetzt werden konnte. Das französische Unternehmen wollte die nicht abgeführte Einfuhrumsatzsteuer trotzdem als Vorsteuer abzuziehen. Sie trug dazu vor, ihr Vorsteuerabzug dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass sie diese Steuer vorher bezahlt habe.

     

    Der EuGH gab dem Unternehmen Recht und entschied, dass das EU-Recht es den Mitgliedern nicht erlaubt, den Vorsteuerabzug für Einfuhrumsatzsteuer davon abhängig zu machen, dass die Einfuhrumsatzsteuer vorher gezahlt worden ist. Dies soll zumindest dann gelten, wenn - worauf die Vorlagefrage des französischen Gerichts abzielte - der Steuerschuldner und der Abzugsberechtigte dieselbe Person ist.

     

    Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. b) der Sechsten Richtlinie (entspricht Art. 168 Buchst. b) der Mehrwertsteuer- Systemrichtlinie) könne nicht nur die entrichtete, sondern auch die geschuldete EUSt als Vorsteuer abgezogen werden. Der Steuerpflichtige müsse lediglich ein Dokument besitzen, das die Einfuhr bescheinigt und das zum einen ihn selbst als Empfänger oder Importeur des eingeführten Gegenstands, zum anderen auch die Mehrwertsteuer ausweise. Dass der EuGH die „geschuldete“ Steuer als „rechtlich durchsetzbare“ Steuerschuld definierte, während der französische Staat die Zahlung aber zuletzt gerade nicht mehr durchsetzen konnte, ist dabei offenbar durch den Umstand zu erklären, dass die Entrichtung des betreffenden Einfuhrumsatzsteuer-Betrags zumindest bei der Nacherhebung der Einfuhrabgaben sehr wohl rechtlich durchsetzbar gewesen war.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung ist zwar nur zum französischen Steuerrecht ergangen. Allerdings gibt es in § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG eine absolut vergleichbare Regelung. Danach kann als Vorsteuer nur die Einfuhrumsatzsteuer abgezogen werden, die der Steuerpflichtige zuvor gezahlt hat. Nach der Entscheidung des EuGH dürften die Tage dieser Regelung allerdings gezählt sein.

    Von Bedeutung dürfte die Entscheidung außerdem in allen Fällen sein, in denen die Verwaltung Steuerpflichtigen die Hinterziehung von Einfuhrumsatzsteuer vorwirft.

    Quelle: ID 34992300