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  • · Nachricht · Frankreich

    Französische Schachtelstrafe bei fehlender Möglichkeit zur Gruppenbesteuerung unionsrechtswidrig

    | Die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) ist dahin auszulegen ist, dass sie der französische Beschränkung der Dividendenfreistellung auf 95 % der vereinnahmten Dividende (Schachtelstrafe) entgegensteht, wenn im vergleichbaren Inlandsfall die Gesellschaften eine Option zur Gruppenbesteuerung hätten ausüben können und dadurch keine der Schachtelstrafe entsprechende Belastung eingetreten wäre ( EuGH 2.9.15, C-386/14, Groupe Steria). |

     

    Sachverhalt

    Nach französischem Recht können die Dividendeneinkünfte einer Muttergesellschaft aus Beteiligungen, die sie an anderen Gesellschaften hält, von ihrem Nettogesamtgewinn abgezogen werden und sind somit vorbehaltlich eines Anteils von 5 % steuerbefreit, der den Ausgaben und Aufwendungen entspricht, die sich auf die Beteiligungen beziehen. Dieser steuerpflichtige Anteil von 5% ähnelt dem Konzept der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG in Deutschland.

     

    Stammen die Dividenden jedoch von Gesellschaften eines steuerlichen Konzerns, ist die Konzernobergesellschaft allein körperschaftsteuerpflichtig für das Gesamtergebnis des Konzerns (Art. 223 A CGI), wobei kein Anteil für Ausgaben und Aufwendungen der Steuer unterliegt, sodass Dividenden im Ergebnis vollständig steuerbefreit sind. Zu einem steuerlichen Konzern können nur Gesellschaften gehören, an denen eine mindestens 95 %-ige Beteiligung besteht und die in Frankreich ansässig sind. Somit schließt die in Rede stehende Regelung Dividenden von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten von der vollständigen Steuerbefreiung der bezogenen Dividenden aus.

     

    Die Groupe Steria SCA, die zur Steria-Gruppe gehört, hält Beteiligungen von jeweils mindestens 95% an Tochtergesellschaften, die sowohl in Frankreich als auch in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind. Hinsichtlich der in den Jahren 2005 bis 2008 bezogenen Dividenden beantragte sie in Frankreich eine vollständige Steuerbefreiung mit der Begründung, dass die französische Regelung gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße. Nach nationalem Recht wurde der Abzug des Anteils für Ausgaben und Aufwendungen bei den von ihren in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden verweigert, während sie diesen Abzug vornehmen könnte, wenn die Tochtergesellschaften ihren Sitz in Frankreich hätten.

     

    Anmerkungen

    Auf das Vorlageersuchen des Cour administrative d’appel de Versailles urteilte der EuGH, dass die durch die französische Regelung eingeführte unterschiedliche Behandlung nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.

     

    In Bezug auf die vollständige oder nur 95 %-ige Freistellung von Dividenden konnte der EuGH keine Rechtfertigungsmöglichkeiten erkennen, insbesondere könne die durch diese unterschiedliche Behandlung hervorgerufene Beschränkung nicht mit dem Erfordernis gerechtfertigt werden, die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, da sie nur eingehende Dividenden beträfe, die von gebietsansässigen Muttergesellschaften bezogen werden, so dass die Steuerhoheit ein und desselben Mitgliedstaats betroffen ist.

    PRAXISHINWEIS | Auch in Deutschland sind grundsätzlich Dividenden sowohl von gebietsansässigen als auch von gebietsfremden Tochtergesellschaften nur zu 95 % steuerbefreit, während der Gewinnbezug im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft ohne diese Schachtelstrafe erfolgen kann. Ähnlich wie bei der französischen Regelung sind ausländische Tochtergesellschaften faktisch von der Organschaft ausgeschlossen. Daher stellt sich die Frage, inwieweit sich durch das EuGH-Urteil Möglichkeiten ergeben, die 5 %-ige Steuerpflicht von Dividenden bei ausländischen Tochtergesellschaften als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit anzugreifen. Hierbei wird man allerdings berücksichtigen müssen, dass sich die deutsche und die französische Regelung aufgrund der Systematik beider Gruppenbesteuerungssysteme voneinander unterscheiden.

     

    Quelle: ID 43618560