· Fachbeitrag · Innergemeinschaftlicher Handel
Umsatzsteuer in Kroatien - Die Folgen des EU-Beitritts
von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann und WP StB Hans-Joachim Kraatz, beide kmk Steuerberatungsgesellschaft mbH, Dortmund/Dresden
| Zum 1.7.13 ist Kroatien der EU beigetreten. Der Beitritt führt in Kroatien zu erheblichen Änderungen der nationalen Rechts- und Steuersysteme, die nunmehr den europäischen Vorgaben anzupassen sind. So musste Kroatien zum Beitrittstag das gemeinsame Mehrwertsteuersystem einführen. Grundsätzlich ist dazu keine Übergangsfrist eingeräumt worden. Der Beitrag stellt die umsatzsteuerlichen Folgen des EU-Beitritts für deutsche Unternehmen vor. |
1. Europäische Rechtsgrundlagen
Der EU-Beitrittberuht auf dem Vertrag der (damaligen) EU-Mitgliedstaaten mit der Republik Kroatien vom 7.11.11. Die (wenigen) Regelungen zur Umsatzsteuer finden sich hier in Anhang III.6 (http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/11/st14/st14409.de11.pdf).
Das europäische Mehrwertsteuersystem wurde ohne Übergangsfrist eingeführt. Wie aber schon in den vorangegangenen Fällen (EU-Osterweiterung zum 1.5.04, EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum 1.1.07) gestattet die EU-Kommission auch dieses Mal Übergangsregeln zur endgültigen Anpassung an das EU-Mehrwertsteuersystem. Diese betreffen z.B. ermäßigte Steuersätze oder Nullsätze für bestimmte Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen.
2. Einführungsschreiben des BMF
Die deutsche Finanzverwaltung stellt die aus ihrer Sicht wesentlichen Umsatzsteuerfolgen in einem Einführungsschreiben vor (BMF 28.6.13, IV D 1 - S 7058/07/10002, BStBl I 13, 852 [BMF-Einführungsschreiben]). Mit dem Einführungsschreiben passt das BMF auch den Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) dem EU-Beitritt Kroatiens an - und zwar kurz und knapp wie folgt:
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„Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird in Abschnitt 1.10 … (UStAE) … nach dem 9. Gedankenstrich folgender neuer Gedankenstrich eingefügt: - Kroatien (ab 1.7.2013)“. |
Kroatien ist nunmehr ein „ganz normales“ EU-Mitglied. Damit sind die allgemeinen Binnenmarktregeln zu beachten (Abschnitt I. des BMF-Schreibens).
Hinweis | Zur Vermeidung von Wiederholungen setzt dieser Beitrag auf das BMF-Schreiben auf und beschränkt sich auf kurze Querverweise und die aus der Sicht des Praktikers notwendigen Ergänzungen.
3. Arbeit mit der kroatischen USt-IdNr.
Das BMF äußert sich allgemein zur kroatischen USt-IdNr. und führt insbesondere eine Übergangsregelung für den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung ein (BMF-Einführungsschreiben, Abschnitt II.4). Diese ist wichtig für
- den Abschluss neuer Geschäfte,
- die Umstellung (Fortsetzung) bereits laufender Geschäfte.
Danach wird zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten für Lieferungen nach dem 30.6.13 und vor dem 1.10.13 die fehlende Auszeichnung der USt-IdNr. eines kroatischen Kunden nicht beanstandet, wenn
- der Abnehmer schriftlich erklärt, dass er die Erteilung beantragt hat und dass die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen (Bestätigung) und
- die zunächst fehlende Aufzeichnung nachgeholt wird.
PRAXISHINWEIS | Das BMF stellt auf den Lieferzeitpunkt ab (vgl. hierzu A. 13.1 Abs. 2 UStAE). Das Datum des zugrunde liegenden Vertrages oder der Rechnungsstellung sind dafür ohne Bedeutung. Der Lieferant muss vor allem die nachträgliche Aufzeichnung überwachen. Er trägt das Risiko, dass der Abnehmer ihm entgegen seiner Erklärung keine USt-IdNr. benennt. Dann stellt sich freilich die Frage des Gutglaubensschutzes. |
Um kroatischen Kunden zunächst einmal diese Rechtslage zu erläutern, schlägt das Außenwirtschaftscenter Zagreb der Wirtschaftskammer Österreich (WKO.at) folgende Erläuterung in kroatischer Sprache vor:
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„Pri isporukama od pristupanja Hrvatske Europskoj uniji unutar zajedničkog unutarnjeg tržišta EU-a nedostajući PDV identifikacijski broj neće biti osporavan, ukoliko primatelj isporučitelju pismeno potvrdi da je pokrenuo postupak ishođenja PDV identifikacijskog broja, da ispunjava uvjete za dobivanje istog i da će isti dostaviti do zakonom predviđenog roka za predaju porezne prijave.“ |
Gleichzeitig hat die WKO.at das Muster für eine derartige Bestätigung in deutscher und kroatischer Sprache erarbeitet (http://portal.wko.at/wk/ format_detail.wk?angid=1&stid=730694&dstid=15), das nach Anpassungen auch deutschen Unternehmern zu empfehlen ist:
Musterschreiben / Bestätigung der Beantragung einer USt-IdNr. |
- Deutsche Sprachfassung - An ___________________________________________________ [Name und Anschrift des deutschen Lieferanten]
Innergemeinschaftliche Lieferung _________________________ ______________________________________________________ [Lieferdaten einsetzen, etwa Lieferscheinnummer] |
Der Unterzeichner/die Unterzeichnerin erklärt, dass in Kroatien die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) beantragt wurde, diese sich aber leider verzögert. Es wird bestätigt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der USt-IdNr. vorliegen.
Der Unterzeichner/die Unterzeichnerin erklärt rechtsverbindlich für das unten stehende erwerbende kroatische Unternehmen das Einverständnis zur Nachbelastung mit der deutschen Umsatzsteuer, wenn die kroatische USt-IdNr. nicht bis zum 30.12.13 nachgereicht werden sollte.
- Kroatische Sprachfassung -
Prima _________________________ (Upisati naziv i adresu njemačkog isporučitelja)
Predmet: isporuka unutar zajedničkog unutarnjeg tržišta EU-a ________________________________________________________ (Upisati broj računa i datum isporuke iz Njemačke)
Potpisnik/potpisnica izjavljuje, da je podnesen zahtjev za dodjelu PDV identifikacijskog broja u Hrvatskoj, te da je se ishođenje na žalost odužilo. Ja/mi potvrđujemo da su ispunjeni uvjeti za dodjelu potpisniku/postpisnici PDV identifikacijskog broja u Hrvatskoj.
Potpisnik/potpisnica u ime predmetnog hrvatskog poduzeća izjavljuje svoju pravovaljanu suglasnost za naknadno terećenje njemački porezom na dodanu vrijednost, ukoliko PDV identifikacijski broj ne bude naknadno dostavljen do 30.12.13. |
PRAXISHINWEIS | Die WKO.at weist darauf hin, dass die kroatische Sprachfassung vorrangig der Information der kroatischen Kunden dient und für sich allein den Nachweisanforderungen an den Lieferanten nicht genügt. Daher sollten Sie vorzugsweise mit der deutschen Sprachfassung arbeiten und immer auf deren Unterzeichnung bestehen. |
Zum Anfordern der USt-IdNr. vom kroatischen Kunden ist nach WKO.at folgendes Anschreiben zu empfehlen:
Musterschreiben / Anforderung der USt-IdNr. |
- Deutsche Sprachfassung -
Bitte um Mitteilung Ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)
Sehr geehrter Kunde,
damit die Steuerfreiheit unserer Lieferungen an Ihr Unternehmen sichergestellt ist, benötigen wir Ihre USt-IdNr. sowie den genauen Firmenwortlaut und Firmenadresse, unter der Ihr Unternehmen in Ihrem USt-Identifikationsbüro gespeichert ist.
Ihre USt-IdNr.: _________________________ |
Genauer Firmenwortlaut und Adresse, unter der Ihr Unternehmen beim Finanzamt gespeichert ist: _________________________
Gerne legen wir diesem Schreiben eine Kopie des Bescheides der deutschen Finanzbehörde bei, mittels dessen uns eine USt-IdNr. zugeteilt wurde.
-Kroatische Sprachfassung -
Predmet: Dostava PDV identifikacijskog broja
Poštovani!
Kako bi osigurali oslobađanje od poreza naše isporuke Vašoj tvrtci, potrebni su nam Vaš PDV identifikacijski broj, kao i točan naziv i poslovna adresa Vaše tvrtke, pod kojim se Vaša tvrtka vodi kod nadležnog ureda za vođenje evidencije o PDV identifikacijskim brojevima.
Vaš PDV identifikacijski broj:_______________________________________
Točan naziv i poslovna adresa, pod kojim se Vaša tvrtka vodi kod porezne uprave: __________________________________________________________________
U prilogu Vam dostavljamo kopiju rješenja njemački Porezne uprave, kojim nam je dodijeljen PDV identifikacijski broj. |
Hinweis | Da es im Gegenzug natürlich wichtig ist, kroatischen Lieferanten eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu ermöglichen, sollte der deutsche Unternehmer auch die eigene USt-IdNr. möglichst schon mit der Bestellung benennen.
4. Umstellung bereits laufender Geschäftsbeziehungen
Deutsche Unternehmer sind von den Neuerungen insbesondere dann betroffen, wenn sie zu Kroatien bereits laufende Geschäftsbeziehungen unterhalten, also bereits
- in Kroatien Tochtergesellschaften, Niederlassungen und Betriebsstätten haben oder
- Leistungen nach Kroatien erbringen oder aus Kroatien beziehen.
4.1 Ausfuhrlieferungen werden zu innergemeinschaftlichen Lieferungen
Aus Ausfuhrlieferungen werden innergemeinschaftliche Lieferungen. In der UStVA 2013 werden statt der bisherigen Eintragungen unter Kz. 43 nunmehr Eintragungen unter den Kz. 41 und 44 (Sonderbestimmung für den Kfz-Handel) erforderlich.
Klarstellung: Kz. 49 erfasst ausschließlich Geschäfte außerhalb eines Unternehmens und kann damit bei den in einem Unternehmen nunmehr anstehenden Umstellungsarbeiten unberücksichtigt bleiben.
Für den Beurteilungswechsel ist der Lieferzeitpunkt maßgeblich; das Datum des zugrunde liegenden Vertrages oder der Rechnungsstellung sind dafür ohne Bedeutung (s.o.). Die EDV ist entsprechend anzupassen.
4.2 B2B-Leistungen an kroatische Unternehmenskunden werden zu EU-Dienstleistungen
Dienstleistungen an kroatische Unternehmenskunden, die sich nach § 3a Abs. 2 UStG beurteilen, folgen nunmehr den mit dem „Mehrwertsteuerpaket 2010“ eingeführten Vereinfachungsregeln. In der UStVA 2013 werden bisherige Eintragungen unter Kz. 45 ab dem Voranmeldungszeitraum Juli 2013 durch Eintragungen unter Kz. 21 ersetzt.
Auch hier ist für den Beurteilungswechsel der Leistungszeitpunkt maßgeblich (vgl. Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE). Das Datum des zugrunde liegenden Vertrages oder der Rechnungsstellung sind gleichwohl ohne Bedeutung. Flankierend sind Angaben in der Zusammenfassenden Meldung erforderlich. Die EDV ist auch hier entsprechend anzupassen.
4.3 B2B-Leistungen von kroatischen Dienstleistern werden zu EU-Dienstleistungsbezügen
Bei Dienstleistungen von kroatischen Anbietern, die sich nach § 3a Abs. 2 UStG beurteilen, ersetzen nunmehr die Eintragungen in den Kz. 46 und 47 die bisherigen Eintragungen in den Kz. 52 und 53.
Der korrespondierende Vorsteuerabzug (Kz. 67) bleibt unverändert erhalten.
5. Nachversteuerung von Yachten und Booten
Einhergehend mit dem EU-Beitritt und der damit verbundenen Nachversteuerungspflicht für Wasserfahrzeuge hat Kroatien Sonderregelungen im Parlament verabschiedet. Diese Sonderregelungen umfassen einen zeitlich begrenzten reduzierten Mehrwertsteuersatz und Zollsatz für ausländische Bootsbesitzer in Kroatien.
Ausländische Boote (ohne Rücksicht auf deren Ursprung) konnten vom 1.1.13 bis zum 31.5.13 zu einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 5 % nach Kroatien eingeführt werden. Seit dem 1.6.13 wird bei der Nachversteuerung von Booten der volle Mehrwertsteuersatz von 25 % verlangt.
Wichtig | Inwiefern die Mehrwertsteuer-Regelung von der EU anerkannt wird, ist noch offen. Am 3.7.13 hat sich die EU-Kommission dazu erstmals beraten. Die 5 %-Regelung widerspricht wohl der MwStSystRL. Einzelheiten dazu veröffentlicht tagesaktuell der ADAC (www.adac.de).
6. Intrastat-Meldungen
Die Aufgriffsgrenze, ab der für Unternehmer in Deutschland eine Meldepflicht entsteht, beträgt sowohl für Einkäufe als auch für Verkäufe derzeit je 500.000 EUR pro Jahr. In die Berechnung sind nunmehr ab dem 1.7.13 auch Umsätze mit Kroatien einzubeziehen. Einzelheiten erläutert das Statistische Bundesamt (Merkblatt zur Intrahandelsstatistik 2013, www.destatis.de).